Ich hatte frei. Eine Woche Urlaub enthob mich von beruflichen Verpflichtungen, und da meine Familie für drei Tage verreist war, konnte ich am letzten Donnerstag einen Lauf ganz nach eigenem Belieben planen. Und weil solche Gelegenheiten selten sind, sollte das ein besonderer Lauf werden.
Die Strecke hatte ich schon seit einiger Zeit im Kopf. Ich wollte auf dem Radwanderweg die Ahr von der Rheinmündung flussaufwärts bis Ahrbrück laufen, eine Strecke von rund 30 Kilometern. Ich parkte mein Auto in Bad Bodendorf am Bahnhof und lief von dort aus los. Die einzige Ampelkreuzung der Strecke kam gleich am Anfang und ich konnte sie bei Grün überqueren. Nach wenigen Minuten lief ich auf die erste Ahrbrücke und kam dort auf den Radwanderweg. Der Weg war hervorragend ausgeschildert, neben den Richtungspfeilen halfen auch exakte Entfernungsangaben bei der Orientierung.
Von Anfang an führte der Weg direkt am Ufer entlang. Immer wieder passierte ich kleine Stromschnellen, die das Wasser gemütlich plätschernd umspülte. Es war noch früh und kühl, der Atem dampfte noch, doch die kommende Wärme der langsam höher steigenden Sonne war schon zu ahnen. Überall blühten Bäume und Büsche – was für ein schöner Morgen.
Nach einigen Kilometern wurden Ahr und Weg zwischen einer Schnellstraße und der Eisenbahnlinie eingezwängt, das war der am wenigsten reizvolle Streckenabschnitt. Es half der Blick auf den rechts auftauchenden Vulkankegel „Landskrone“ mit seinen schroffen Basaltfelsen. Die Reste der „Burg Landskrona“ waren von hier unten nicht zu sehen, aber meine Beine erinnerten sich noch gut an das Bergtraining, dass ich ihnen dort vor zwei Tagen zugemutet hatte – drei Mal dort rauf und wieder runter! Für diesmal hatte ich den Knien eine flache Strecke versprochen.
Bald nach den heiligen, aber schmucklosen Hallen von Apollinaris erreichte ich das Stadtgebiet von Bad Neuenahr, wo der Weg zu einer schmalen, asphaltierten Allee zwischen schönen, hochgewachsenen Bäumen wurde. Dort war Wellness angesagt, es wurde gewalkt und gejoggt, und ich wurde etwas schneller. Die ersten zehn Kilometer hatte ich nach exakt einer Stunde geschafft.
Den Übergang von Bad Neuenahr nach Ahrweiler merkte ich kaum, aber plötzlich lief ich auf ein Stadttor in der wunderschönen alten Stadtmauer von Ahrweiler zu. Dort bog ich zum Kloster Calvarienberg ab, hinter dessen dicken Mauern meine älteste Tocher wohl gerade in einer Mathestunde säße, wären nicht noch Ferien. Am Fuß des Klosters lief ich das erste Mal zwischen den Weinstöcken hindurch. Vor mir erhoben sich jetzt steile Hänge, die sich zunehmend verengten. In Walporzheim verließ ich die ausgeschilderte Route und nahm statt dessen einen Wanderweg auf der anderen Seite der Ahr. Er wurde zu einem schmalen Trampelpfad. der sich ein gutes Stück über die nun schon wilder rheinwärts sprudelnde Ahr erhob. Ich weiß, liebe Knie, was ich euch versprochen hatte, aber der Weg war einfach zu schön. Irgendwann musste ich über einige größere Felsstufen klettern. Vor mir verengte sich das Tal jetzt zu einem schmalen Einschnitt zwischen steilen Felswänden. Kurz vor der engsten Stelle traf ich wieder auf den Radwanderweg und folgte ihm an der Bahnlinie entlang. In Marienthal war kurz die malerische Ruine des alten Augustinerinnenklosters zu sehen. Die Stolleneingänge zum ehemaligen Regierungsbunker blieben zum Glück dahinter verborgen.
Bei Dernau öffnete sich das Tal wieder zu einem größeren Kessel, rechts erhoben sich die Weinberge, auf denen der eigenwillige und hochgeschätzte Spätburgunder wächst. Langsam wurde es warm, aber die Luft blieb klar und angenehm. In Rech verlief ich mich dann trotz der guten Ausschilderung, ich hatte den Wegweiser hinter einem geparkten Traktor nicht gesehen. Ich merkte den Irrtum jedoch bald und fand schnell auf den richtigen Weg zurück. Kurz darauf lief ich durch einen Tunnel, der Fußgängern und Radfahrern vorbehalten war. Es wurden 235 angenehm kühle Meter, nach dem hellen Sonnenlicht draußen konnte ich allerdings die im Tunnel aufgehängten Kunstwerke im Halbdunkel kaum erkennen.
Je weiter ich in die Eifel kam, desto schöner wurde die Strecke. Blühte es hier noch romantischer oder benebelten die Endorphine langsam meine Sinne? Ich genoss jeden Meter. Kurz vor Altenahr erreichte ich die 20 Kilometer nach präzise 2:00 Stunden. Jetzt wurde es langsam etwas steiler und ich musste mich zunehmend anstrengen. Weil ich unbedingt mehr als 30 Kilometer laufen wollte, bog ich in ein kleines Seitental ab und lief eine zusätzliche Schleife. Das erste Stück bergan trieb den Puls zwar hoch, wirklich unangenehm war aber erst der letzte Abschnitt mit ordentlichem Gefälle. So erreichte ich den Bahnhof in Ahrbrück nach 3:23 Stunden und 34 Kilometern mit müden Beinen und einem großen Glücksgefühl. Was kann Laufen herrlich sein! Und auf dem Rückweg konnte ich die schönsten Ausblicke noch einmal genießen – entspannt in ein Zugpolster gelehnt.
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Ein schöner Bericht, der in mir den Gedanken weiterleben läßt, irgendwann mal die Ahr von der Quelle bis zur Mündung zu laufen!
Stefan

~~~ Frisch gebloggt: http://stefansnotizblog.blogspot.com/2009/12/spikeschuhe-fur-bastler.htmlnix ;-) ~~~
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NRW von A-Z (ein Laufprojekt quer durch's Alphabet)
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Das sind dann aber noch ein paar Kilometer mehr. Aber ein reizvoller Gedanke, keine Frage...Lauflöwe hat geschrieben:Ein schöner Bericht, der in mir den Gedanken weiterleben läßt, irgendwann mal die Ahr von der Quelle bis zur Mündung zu laufen!
Stefan
Es läuft ...
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Das ist wirklich toll da, bin mal den Rotweinwanderweg mit dem MTB gefahren, zurück dann über besagten Radweg im Tal.
