Mai 2006 – im Forum geht’s hoch her, enthusiastische Rennsteigberichte wohin das Auge auch schaut. Klein-Cathy beschließt, nächstes Jahr musst du da auch hin, denn schließlich hatte schon mein Großvater zu DDR-Zeiten vom schönen Rennsteig berichtet.
Weihnachten 2006 – es ist offiziell; ich bin angemeldet. Drucke mir einen Plan aus und versuche mich nach einer Verletzungspause langsam auf den Halbmarathon vorzubereiten. Zur Motivation, wenn es anstrengend wird, lade ich mir das Rennsteiglied auf den MP3-Player und trällere fortan laufend „diesen Weg auf den Höhn…“ vor mich hin.
Anfang Mai – wie oft kann man sich das Überflugsvideo eigentlich noch anschauen und wie oft darf man in die Karte gucken und überlegen, wie man denn so von Schmiedefeld nach Oberhof und zurück gelangt, ohne dass einen Andere für bekloppt erklären? Selbst meine Schüler müssen darunter leiden, dass ich immer mal wieder was von „hoffentlich gutes Wetter, nein wir können keine LK schreiben, bin nich da, Rennsteig…“ vor mich hin murmle.
18. 5. gegen 15 Uhr – jetzt aber fort, ich wollte doch schon mittags los, habe aber den Schlafsack nicht gefunden. Nach einer Wohnungsdurchsuchung, einem Abstecher auf meinen dreckigen Dachboden und einen Trip in den Keller, wo mir beim kramen der Basketball auf den Kopf fällt, finde ich das blöde Ding letztendlich zufällig im Hause meiner Eltern unter der Treppe. Auf der Autobahn begegnen mir ein Pferd, ein brennendes Auto, eine LKW-Stoßstange und dann plötzlich Autos mit Rennsteigschild am Fenster!!! Sofort fängt mein Herz wie wild an zu klopfen, juchee, wir haben das gleiche Ziel.
Später Nachmittag, Oberhof Ich stehe im Stau. Überall Leute unterwegs mit den weißen Beuteln. Als ich in der Startnummernausgabe stehe, merke ich, dass ich meine Bestätigung im Auto vergessen habe. Also noch mal Berg runter, wieder hoch und schon halte ich auch meine Startertüte in den Händen. Insgesamt ist die Messe in Oberhof eher dürftig, ein paar Stände und sonst primär Ausgabe. In einer Ecke ein kleines Podium, wo ein Moderator einen mir unbekannten Sportler interviewte. Entlang der Strecke die wir morgen laufen werden geht’s zurück nach Schmiedefeld.
Abends Foritreffen - Den Großteil der Leute kannte ich noch nicht, aber wir kommen schnell ins Gespräch. Das Restaurant Gastinger bietet beachtliche und leckere Portionen, sowohl Thüringer Klöße als auch Nudeln. Rohars Söhne verdrücken zum Carboloading für den Juniorcross beeindruckend große Eisbecher.
Nachts – ich schlafe in der Gemeinschaftsunterkunft direkt am Fuße des Berges zum Ziel. Es ist kalt, einige schnarchen und es irritiert mich, dass die ganze Nacht das Licht brennt. So ungefähr anderthalb Stunden Schlaf kann ich zusammenkratzen, bevor um 2.30 Uhr die Supermarathonis aufbrechen. Ich übe mich in Bewunderung für die unglaubliche Leistung, die diese Leute in den folgenden Stunden absolvieren werden und versuche daher nicht über die gestörte Nachtruhe zu grummeln. Nächstes Jahr buche ich aber ein Zimmer.
Oberhof in der Früh –Es ist kalt. Wir stehen am Klohäuschen und frieren vor uns hin. Die Gepäckabgabe ist ein ganzes Stück vom Start entfernt, also musste ich mich eine dreiviertel Stunde vor Beginn von meiner kuscheligen Jacke trennen. Ich sortiere mich im letzten Drittel des Startblocks III&IV ein. In Oberhof wird erstmals in 3 Etappen gestartet, um der Massen Herr zu werden. Über uns kreist ein gelber Hubschrauber und wir üben uns in Winken, La Ola Welle und schunkeln. Sowohl das Rennsteiglied als auch das Rennsteiglauflied und der Schneewalzer werden zum Besten gegeben, bevor es endlich, endlich losgeht. Mir ist ein bisschen wie heulen zu Mute. Komisch das.
Die ersten Kilometer verläuft der Lauf entlang der Strasse und bietet ein klein wenig Gelegenheit das Feld auseinander zu ziehen. Trotzdem ist es irre voll und ich merke, dass ich einiges unter meinem üblichen Halbmarathon-Starttempo laufe. Ein wenig nach links und rechts gehüpft, ein paar Leute überholt und dann kommt auch schon der Rennsteig. Der Läuferlindwurm verdichtet sich, pegelt sich etwa auf einen 6er Schnitt ein. So richtig einen Rhythmus finde ich nicht. An den ersten mäßigen Anstiegen zum Beerberg walken bereits einige. Mir kommt das gar nicht entgegen. Ich liebe Bergläufe und bin bergan in der Regel recht flott unterwegs. Überholen ist aber auch schlecht, ich will mir an den unebenen Rändern der Strecke ja nicht die Haxen verknacksen. Ich beschließe nicht genervt davon zu sein, dass ich hier nicht wie üblich meinen Schritt laufen kann. Lieber klatsche ich den vereinzelt am Rand stehenden Zuschauern zu, grinse in mich hinein und schaue in den schönen Wald.
Der erste Berg und höchste Punkt der Strecke wird von einer famosen Aussicht rechts ins Tal hinein (nach Suhl) belohnt. Im Nu sind wir auch auf der Schmücke. Dort gibt es was zu trinken. Da es mittlerweile recht warm geworden ist, nutze ich das Angebot ausgiebig. Kurz danach verlassen wir den Rennsteig schon wieder und begeben uns auf einen Abstecher nach rechts Richtung Großer Eisenberg. Wir laufen auf einer Art Serpentine erst hinunter und dann auf der anderen Seite wieder hinauf. Ich kann die anderen Läufer sehen, die vor und hinter uns sind. Es scheint, als höre der Strom an Halbmarathonis nicht auf. Es ist ab etwa KM 10 entspannter geworden. Man trampelt sich weniger auf den Füßen herum und etwaige Überholmanöver bedeuten nicht mehr, dass man waghalsige Sprünge in die Botanik vornehmen muss. Trotzdem kann man diesen Lauf wohl schlecht auf Zeit laufen, denn nach der Hälfte der Strecke holt man hier auch kaum noch was raus.
Mir macht es einfach Spaß. Die Berge vor denen ich vorher Bammel hatte, entpuppen sich als lange sachte Anstiege. Ich komme nicht ein Mal in ernsthaftes Keuchen und der Schnitt pegelt sich bei 5:45 -5:30 ein. An sich geht es den letzten Teil ja eh nur noch bergab. Die Schilder der Supermarathonis bei KM 71 entlocken mir wohliges Gruseln und Gänsehaut. Wie die sich wohl fühlen, wenn sie hier vorbei kommen? Sicher nicht so entspannt wie ich.
In Schmiedefeld höre ich dann die Zuschauer schon von weitem. Je näher man kommt, desto mehr Menschen stehen an der Strecke und jubeln, bis der Spaß in eine langgezogene Zielgasse mündet. Och menno, ich muss dabei schon wieder ein wenig heulen, so klasse fühlt sich das alles an. Vor Aufregung vergesse ich mal wieder meine Stoppuhr zu betätigen, was ich dann bei drei Bechern kaltem Wasser nachhole. Die Versorgung im Ziel ist Top, nur die Cola war bereits alle. Nach etwas rumsitzen und grinsen kann ich gemütlich meine Sachen holen, duschen und was zu essen besorgen. Irgendwann zwischendrin läuft mir auch Sumowalker mehrmals über den Weg.
Mittags - postiere ich mich dann mit ein paar netten Leuten an der Gabelung, wo Marathon und Supermarathon zusammentreffen, um den Läufern zuzujubeln. Natürlich bekommt jeder SM besonders lautes Klatschen und Rufen, besonders die Frauen. Ich halte zwar Ausschau nach bekannten Gesichtern, sehe aber nur Schnatterinchen, Rohar, Lachmöwe + Burkhart und dann schließlich Tati bei der ich extralaut kreische und mich freue. Überhaupt überkommt mich bei manchen der ankommenden Läufer immer mal wieder dieses freudige, gleich-heulst-du-Gefühl. Sei es beim Papa der sich das lachende Töchterchen über die Schulter schwingt, die SM-Läufer mit den beeindruckenden Bärten, die stolz die farbig unterlegte Startnummer tragen, welche 25 bzw. 30 Teilnahmen auszeichnet oder der alte Mann, der in Begleitung mehrer Kinder und Enkel mit dem Plakat „Nur Lieben ist schöner“ die Stadionrunde dreht. Irgendwas ist anders hier bei diesem Rennsteig.
Abends – findet dann die berühmte Party statt. Ein paar der Foris mussten zwar bereits nach Lachmöwes Siegerehrung abreisen, aber wir sind noch genügend Leute um eine Tischreihe zu füllen. Nach kurzer Zeit ist es aus mit sitzen und wir tanzen auf den Bänken „Dieser Lauf wird kein leichter sein, wo er auch beginnt, sein Ziel ist in Schmiedefeld…“, den berühmten Schneewalzer, das Rennsteiglied und schließlich natürlich wieder das Rennsteiglauflied „Heiheiho im nächsten Jahr sind wir alle wieder da….“
Na dann - bis nächstes Jahr

Cathleen