
Bin einfach spontan rechts abgebogen statt - wie üblich - links. Muss leider an dieser Stelle schon einmal vorausschicken, das ich einen schlechten Orientierungssinn habe. Und durch eine etwas unschöne Begegnung am späten Nachmittag noch ziemlich aufgewühlt. (Ex-Affäre meines Freundes beim Einkaufen getroffen!)



Wollte den Kopf frei kriegen.

Hab mich körperlich gut gefühlt - trotz Grippe in der Woche vorher - und wollte die Gunst der Stunde nutzen. Nette Musik im Ohr. Also weiter gings. Mmh, nette Gegend. Dann kam ein kleiner Weg rechts rein. Gesperrt für normalen Strassenverkehr. Forst- und landwirtschaftlicher Verkehr frei. Och, ich bin ja bloss ne harmlose Joggerin. Schöner Weg. Links hohes Maisfeld. Hinten in der Pampa Windräder, die sich leise summend drehten. Der Himmel wunderschön, leicht dämmerig. Am Ende der Strasse dann ein Hochsitz, ja genau so ein Jagdhochsitz. Huch, nicht das mir hier jemand in den Po schiesst? Die Strasse zuende. Niemandsland. Umpf. Ich also wieder umgedreht. Kleine Häschen rannten mit mir um die Wette. Ist das nicht schön??? Die dumme Kuh schon fast vergessen. Mein Kopf wurde herrlich frei. Leider merkte ich plötzlich nach ca 10km, dass ich körperlich irgendwie gar nicht mehr konnte.

Also wieder auf einen grösseren Weg. Und dann gucken, dass ich Richtung Uphuser Meer komme. Aber wo ist jetzt das Uphuser Meer. Mmmh. Rechts? Bingo. Nach ca 11,5km am Uphuser Meer. Mittlerweile ziemlich dunkel geworden. Dann eine Kreuzung. Rechts oder links. Riepe- Aurich oder Riepe-Simonswolde? Beides irgendwie falsch.

Ich muss doch Richtung Petkum. Steht hier nicht. Egal. Vielleicht ist es doch richtig. Ich also rechts ab. Und immer geradeaus. 12,25km gejoggt. 85min. Am Ende arg geschwächelt. Die Beine sehr schlapp.

Die Grippe? Keine Ahnung. Jedenfalls bin ich dann "spazierengegangen". Im Dunkeln. Kein Handy dabei, keine Taschenlampe und in einer stockfinsteren Gegend mitten in der Pampa. Aber Navman und MP3-Player.

Am Horizont mehrere Windräder mit roter Beleuchtung, damit kein Flugzeug reinfliegt. Und ich? Völlig orientierungslos. Nicht die leisteste Ahnung, wohin ich musste. Es gibt hier viele Windräder. Es war merklich abgekühlt und mittlerweile total dunkel. Dann auf der rechten Seite ein grosser Bauernhof. Ich all meinen Mut zusammengenommen und bin auf den Hof und wollte klingeln und fragen, ob ich meinen Freund anrufen darf. Der wird sich sicherlich schon Sorgen machen. Oder zumindest wundern.

Und wenn ich noch bis Riepe weiterlaufe, was noch ca ne halbe Stunde Spaziergang wäre, bin ich 12km von Zuhause entfernt. Schluck. Dann ein Junge auf dem Hof. Er hat mir sein Handy gegeben und ich habe Zuhause angerufen.

Der Junge hat meinem Freund erklärt, wo ich war und mein Freund hat mich nach ca 20 Minuten abgeholt. Ich war mittlerweile am Zittern. Mir war arschkalt. Stand wie Piek Sieben 20 min frierend im Dunkeln. Nur ne kleine Mieze, hat mir Gesellschaft geleistet. Nachdem er mir sein Handy geliehen hatte ist der Junge rein ins Haus.
Zuhause merkte ich dann, wie kaputt ich war. Meine Beine wie Pudding. Zittrig. Hab dann die Badewanne fertig gemacht und mich ins heisse Wasser gelegt. Klar, dass mein Freund mir im Auto ne Standpauke gehalten hat.

Im Dunkeln mitten in der Pampa. Ohne Handy. Ohne Geld. Ohne Lampe. Was soll ich sagen? Er hatte Recht. War total ballaballa. Und mir war total übel. Warum mich dieser Lauf so mitgenommen hat, weiss ich gar nicht. Vielleicht wirklich wegen der Grippe. Aber ich war körperlich echt am Ende. Hab in der Wanne ne Banane gegessen,

ein Erdinger alk.frei getrunken und dann erst mal mit den Füssen hoch aufs Sofa. Dort hab ich dann 2 Zwieback und einen Jogurt gegessen. Immer mit dem Gefühl, dass mir das gleich wieder hochkommt. Dann mit Wärmflasche in die warmen Schlafsachen und ab ins Bett. Und da kam dann irgendwie das grosse Grinsen.

Was war das irgendwie schön. Der Himmel. Die Natur. Einfach laufen. Die Begegnung am Nachmittag war vergessen. Dazu gute Musik im Ohr. Herrlich. Ich glaube ich werde den gestrigen Abend in Erinnerung behalten. Laufen macht den Kopf und die Seele frei. Auch in extremen Situationen. Auch, wenn ich gelernt habe, dass ich in Zukunft besser vorbereitet starte. Es tat gut an die Grenze zu gehen und irgendwie war auch das ganze Drumherum im Nachhinein ziemlich lustig.


Meine Beine taten noch ne Weile weh heute Nacht. Aber heute Morgen gings mir super!
Habt ihr euch auch schon mal "verlaufen" beim Laufen?