Im folgenden habe ich mal meine persönlichen Notizen zum Lauf zusammen gefasst. Eigentlich bin ich gar nicht so ein exessiver Schreiberling. Trotzdem ist der Bericht relativ lang geworden. Vorab, Danke allen, die bis zum Ende des Berichtes durchhalten.

Acht Wochen lang hatte ich mich auf den Kölnmarathon vorbereitet. Jeweils fünf Trainingseineinheiten pro Woche absolviert. Insgesamt war ich 732 Trainingskilometer gelaufen. Und dann war die „Stunde der Wahrheit“ gekommen: Es waren nur noch wenige Minuten bis zum Start des Marathon. In der zweiten Startreihe, direkt hinter den Spitzenathleten hatte ich noch einmal die absolvierten Trainingsläufe vor Augen. Zweifellos war ich gut vorbereitet, aber trotzdem war ich unheimlich nervös. Mein Pulsmesser zeigte ungewöhnlich hohe Werte. Dann war es soweit: Die Karnevalsmusik aus den Lautsprecherboxen verstimmte und der Countdown wurde von zehn heruntergezählt. Und ab ging es. Ein Feld von mehr als 12000 Läufern nahm die 42,195 km in Köln in Angriff. Um mein Handgelenk trug ich ein Tabelle auf der die exakten Zwischenzeiten für jeden einzelnen Kilometer notiert waren. Ziel war es jeden Kilometerabschnitt in 4:45 Minuten zu absolvieren. Damit wollte ich meine im Mai diese Jahres aufgestellte Bestzeit von 3 Stunden 36 Minuten unterbieten. Die Schallmauer von 3 Stunden und 30 Minuten wollte ich knacken. Insgeheim hatte ich nach einem Plan trainiert, der eine Zielzeit von 3 Stunden und 20 Minuten ermöglichen sollte. Aber vor dem Rennen hielt ich eine solche Zeit für mich für völlig utopisch. Dazu hatte ich im Training auf den langen Läufen am Wochenende über 35 km immer wieder festgestellt, dass meine Ausdauerkraft ab 30 km zu stark abnimmt.
Mittlerweile hatte ich im Rennen die Fünf-Kilometer-Marke passiert. Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass ich zu schnell unterwegs war. Ich hatte mich einfach zu sehr von dem schnellen Läuferfeld mitreißen lassen. Einige der nächsten Kilometermarken habe ich dann einfach im den Zuschauermassen an der Strecke übersehen, so dass ich meine Zwischenzeiten nicht weiter prüfen konnte. Bei Kilometer 10 war ich mit einer Durchgangszeit von 45:09 bereits 3 Minuten schneller als geplant. Daraufhin entschied ich meine Taktik zu ändern. Meine berechneten Zwischenzeiten auf meinem Armband hatte ich fort an ignoriert und lief das derzeitige Tempo weiter, wohlwissend, dass ich dieses hohe Tempo bisher noch nie gelaufen war. Ich lief jetzt nach dem Motto: „Was ich habe das habe ich und wenn es nicht mehr geht muss ich mich durchbeißen.“
Bis zur Halbmarathondistanz lief alles weiter wie am Schnürchen. Mein Zeitpolster konnte ich auf fast fünf Minuten ausbauen. Auf den folgenden Kilometern stellte sich dann aber die ersten Probleme ein: Der rechte Schuh scheuerte und am Zeh bildete sich ein Blase. Jeder Schritt schmerzte. Trotzdem konnte ich mein hohes Tempo weiter halten. An der 30 Kilometermarke hatte ich einen sechsminütigen Vorsprung auf meine Sollzeit. Langsam merkte ich jedoch wie die Kräfte nachließen. Es war klar, das sich das hohe Anfangstempo rächen würde. Aber noch lag ich phantastisch in der Zeit. Jetzt war kämpfen angesagt. Und das Kölner Publikum half dabei ungemein. Mit lautstarken Rufen, wie „Du schaffst das“ „ Ist nicht mehr weit“ oder „Gib alles“ feuerten die Kölner die Läufer an. Ebenso bewirkten die unzähligen Sambabands an der Stecke mit ihren tollen Rhythmen immer wieder für einen Motivationsschub. Mittlerweile verspürte ich den Schmerz am Zeh schon nicht mehr, da die komplette Beinmuskulatur höllisch schmerzte. Einige Kopfsteinpfasterpassagen in der Altstadt von Köln lief ich wie auf Eiern.
Das Ziel rückte in greifbare Nähe. Die Zuschauermassen nahmen zu und die Anfeuerungsrufe wurde lauter. Mein Zielzeit vor Augen, biss ich die Zähne zusammen und gab noch einmal alles. Auf dem letzten leichten Anstieg vor dem Ziel, der Deutzer Brücke, jubelte mir meine Familie zu und sorgte nochmals für einen Motivationsschub. Das Ziel war in Sichtweite und setzte nochmals Kräfte für einen Endspurt frei. Bei 3 Stunden und 17 Minuten erreichte ich, den Tränen nahe, die Ziellinie. Ich hatte nicht nur die 3 Stunden 30 geknackt, sondern eine Zeit erreicht, die ich für unmöglich gehalten hatte. Mein persönlich Bestzeit hatte ich um ganze 19 Minuten unterboten. Von über 12000 Startern erreichte ich in der Gesamtwertung den Platz 639. In meiner Alterklasse (M45) ging ich als 99. durch Ziel. Das war bestimmt nicht der letzte Marathon für mich. Aber trotzdem habe ich fürs erste genug und werde mich nach einer ausgiebigen Regenerationsphase wieder mehr den kürzen Distanzen widmen.