es ist soweit, ich darf auch endlich von meinem ersten Marathon (gestern) berichten

Viel Spaß dabei und schöne Grüße,
bibee
Mein erster Marathon
Dresdner Kleinwort Frankfurt Marathon am 28.10.2007
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Was vorher geschah
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Nun sollte es also wirklich soweit sein. Ich hatte ja eigentlich dieses Jahr schon im Mai in Mainz mein Marathondebüt geplant. Die Anmeldung stand, aber irgendwie lief es mit der Vorbereitung gar nicht rund. Anfang des Jahres bekam ich Probleme mit den Füßen. Schon nach einem läppischen 10km Trainingslauf bekam ich Schmerzen an der Außenseite der Füße, die dann nach dem Halbmarathon in Frankfurt wirklich schlimm wurden. Trotzdem bin ich bei meinem damals zweiten Halbmarathon Bestzeit gelaufen (2:00:47). Danach konnte ich nur kaum noch Gehen vor Schmerzen. Erstmal war also eine Trainingspause angesagt. Ein Besuch beim Orthopäden hatten dann Einlagen zur Folge, die mir beim Training ordentliche Blasen bescherten. Also wieder kleine Trainingspausen. So hatte ich beschlossen, in Mainz nur den Halbmarathon zu laufen. Meine Füße waren übrigens voll in Ordnung, die Schuhe, die ich trug waren nur schon komplett runter. Neue Schuhe haben es dann gebracht ;) Im Nachhinein war ich über die Entscheidung, nur die halbe Distanz zu laufen, sogar ganz froh, denn selbst die war wirklich sehr schwer, da es einfach viel zu warm war (ich war 3 Minuten langsamer als in FFM). Mein Mann Micha ist in Mainz seinen ersten Marathon gelaufen und es wurde ein schwerer und langsamer Lauf, zudem bei der zweiten Runde für die langsameren Läufer auch sehr einsam.
Ok, also zweiten Anlauf planen und in Frankfurt anmelden. Soll sowieso von der Stimmung her noch besser sein, ein richtig großer City-Marathon eben. Und der Einlauf in der Frankfurter „Gudd Stubb“ (Festhalle) auf dem roten Teppich in Diskoatmosphäre soll sowieso legendär sein. Gesagt, getan.
Allerdings mussten wir das Lauftraining dann ein wenig runterschrauben und unsere Mountainbikes mehr malträtieren, weil dieses Jahr Mitte Juli auch unser erster Alpencross stattfinden sollte. War eine leichte Variante aber auch die hatte es in sich. War aber genial! Und die Ausdauer und unsere Oberschenkelmuskulatur hat das allemal trainiert.
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Das Training
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Bis dahin hatte ich fast drei Jahre Lauferfahrung und hatte auch schon zwei Halbmarathons (Bestzeit 2:00:47) und ein paar kürzere Distanzen (10 km Bestzeit 56:43) hinter mich gebracht. Aber wie sollte ich das Training richtig angehen? Als Trainingsplan hatte ich mir den Anfängerplan von Herbert Steffny (Zielzeit ca. 4:45) ausgesucht. Ich hatte zudem immer, auch im Training und vor allem bei den Läufen einen wie mir schien recht hohen Puls. Ob das also alles so hinhaut, wie ich mir das denke?
Also habe ich mich erstmal dazu entschieden, eine Leistungsdiagnostik mit Laktatmessung durchführen zu lassen. Der Arzt bestätigte mir danach meine Marathontauglichkeit und nannte mir, was mir am wichtigsten war, meine Trainingspulszonen. Was? Puls 125- allerhöchstens 140 (besser einiges drunter) für GA1? Da kann ich ja höchstens schnell gehen! Aber gut, ich wollte meine persönlichen Zonen erfahren und habe mich dann im Training dazu gezwungen, diese einzuhalten.
Im Übrigen habe ich damit natürlich auch meinen Mann dazu gezwungen, langsamer zu laufen, weil wir zusammen trainiert haben. Aber der Arzt meinte auch, dass das für meinen Mann genauso gut ist, wenn er langsamer trainiert, für mich es aber schlimmer wäre, wenn ich schneller trainieren würde. Und er hat mitgemacht ;)
In der Mitte des Trainingsplans fuhren wir dann noch für zwei Wochen in den Urlaub in die Bretagne. Ganz schön hügelig da! Da wollte ich nicht laufen! Zum Glück hatten wir einen langen Strand (2,5 km) in der Nähe, den wir dann immer auf und ab gelaufen sind. Einmal sogar die 20 km, immer hin und her. Die Leute müssen uns für verrückt gehalten haben *g* Zumal es in die eine Richtung immer extremen Gegenwind gab. Es war wirklich schwer, unter den 140 zu bleiben, aber ich bin eben einfach noch langsamer gelaufen. Zudem sind wir auch einige Male Rad gefahren. Ein paar Mal sogar beides an einem Tag. Aufgrund der langen An- und Abreise im Auto haben wir aber doch zwei Läufe ausfallen lassen müssen.
Zurück in FFM gingen dann die richtig langen Läufe los. Wir sind dann mehr nach Puls und auf Dauer gelaufen und nicht nach den KM-Angaben. Unser längster Lauf hatte nach Google Earth ca. 28 km, wofür wir 3:18 gebraucht haben. Aber es war immer ein entspanntes Laufen und ich war nie kaputt danach. Na klar, die Beine taten schon ein bisschen weh, aber das war ja klar.
Achja, dass wir auf dem richtigen Weg sind, zeigten uns auch die beiden Testläufe. 10km in Bensheim beim Jog&Rock (meine persönl. Bestzeit von 53:29) und der Halbmarathon in Weinheim (wieder meine persönl. Bestzeit von 1:55:43). Beides waren auch sehr schöne Läufe!
Nur so ca. zwei Wochen vor dem großen Tag bekam ich etwas Bedenken. Eigentlich waren wir ja dabei, die KM-Anzahl schon runterzuschrauben und zu regenerieren, aber nach jedem Lauf merkte ich mein Oberschenkelmuskulatur. Kein Muskelkater und auch keine wirklichen Schmerzen, aber irgendwie war es nicht so, wie es meiner Meinung nach hätte sein sollen. Selbst dann in der letzten Woche, Donnerstag nach 6 km wieder diese Art Schmerzen.
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Der Tag davor
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Ich habe mich dann dafür entschieden, am Samstag vor dem Lauf die 3km nicht mehr zu laufen, die noch auf dem Plan standen. Und ich denke, das war eine gute Entscheidung. Aber eine noch viel schwierigere Entscheidung war zu treffen: Was zieh ich bloß an? Bis vor kurzem hatte ich immer in kurzer Hose und kurzem Shirt trainiert, bis es so kalt wurde. Und da hatte ich mich dann immer gut eingepackt, um mich kurz vorher nicht noch zu erkälten. Angesagt waren 10-12 Grad und bedeckt. Hmm… schwierig. Ich entschied mich dann für meine kurze Hose (wie ne Radlerhose), ein kurzes Unterhemd und das kurze Shirt. Was sich wieder als eine gute Entscheidung herausstellen sollte. Also Nummer dran und zurechtlegen. Auch den Chip hab ich schon mal am Schuh befestigt. Eine weitere Entscheidung musste auch noch getroffen werden… nehme ich meine Trinkgürtel mit? Im Training war er immer super aber beim Marathon gibt es eigentlich genügend Verpflegungsstellen mit Getränken und außerdem will ich ja schneller laufen und dann könnte er stören. Als doch lieber das Nummernband umschnüren und ein Täschchen daran befestigen für die Powergels. So viele Entscheidungen schon vor dem Lauf… aber auch diese war im Nachhinein gut.
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Der Lauf
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Ich konnte in der Nacht erstaunlich gut schlafen. Durch die Zeitumstellung war ich sogar schon kurz vor dem Weckerklingeln (6:30 Uhr) wach. Ich musste sogar Lachen beim Aufwachen, weil mir der Satz aus Steffnys Buch wieder einfiel: „Aufgeregt und beklommen schleicht der Marathonläufer zum Frühstück und danach gefasst zum Start.“ Aufgeregt? Naja klar, bin ich schon seit Wochen. Aber irgendwie hält sich die Aufregung heute sogar in Grenzen. Beklommen? Ein bisschen vielleicht…
Für das schon mehrmals erprobte Frühstück (weißes Toastbrot mit Magerquark und Honig sowie zerdrückte Bananen mit Magerquark und fettarmer Milch verrührt, dazu ein Tässchen Kaffee) ließen wir uns genügend Zeit. Wenn eines heute nicht mehr aufkommen sollte, dann war das vermeidbare Hektik!
Also dick einpacken, Tasche umhängen und zur S-Bahn. Schon von Weitem erkannte man die ganzen anderen Läufer an den Klamotten und dem Kleiderbeutel. Die wollen sich das also auch antun… An der Messe war schon ganz schön viel los. Wir setzen uns an die Seite auf ein Podest und tranken in aller Ruhe unser letztes Wasser und die Spezialmischung mit einem Powerpulver. Eine Stunde vor Start war alles leer getrunken und ich musste schon zum x-ten Mal pinkeln. Super, gut hydriert, aber wenn das so weitergeht… Bis wir dann endlich das letzte Mal die Toilette aufgesucht hatten, waren es auch nur noch 15 Minuten bis zum Start.
Jetzt also raus zum Startblock. Micha startet mit Michi (einen Freund, den wir trotz 18000 Läufern zufällig getroffen haben) vor mir, letztes Küsschen und hinter zu meinem Block, dem letzten, in dem alle Erstlinge starten. Kleinen Smalltalk mit einer Mitläuferin. Die Pulsuhr zeigt 89. Nicht zu fassen, bei meinem ersten Halbmarathon hatte ich im Startblock beim Rumstehen schon 140! Und irgendwie hielt sich auch jetzt noch meine Aufgeregtheit in Grenzen. Ich sehe einen Zug- und Bremsläufer neben mir stehen. Auf seinem Luftballon steht 4:59. Mein oberstes Ziel heute ist es, anzukommen. Und das möglichst laufend und lächelnd. Als zweites Ziel habe ich mir vorgenommen, das erste Ziel unter 5 Stunden zu erreichen. Und wenn wirklich alles passt und es gut läuft, denke ich mir, sind sogar die 4:30 drin. Aber ich sage mir immer wieder, eher auf den Puls zu schauen und in mich reinzuhören, als auf die Zeit. Und es nicht zu schnell anzugehen. Denn den Hammermann will ich erst wieder auf der Zielgeraden sehen, wenn ich auf die Messe zusteuere. Und dann an der Seitenlinie, ganz groß in schwarz (ein Wahrzeichen Frankfurts). Vorher will ich ihm keine Chance geben.
Es geht los. Während die Spitzentruppe losrennt, entledige ich mich meiner Plastiktüten und gehe ganz ruhig weiter vor. Bis wir endlich in die Nähe des Starts kommen (das Ganze dauert ca. 11 Minuten), steht wieder ein Zug- und Bremsläufer etwas vor mir. Auf seinem Ballon steht die 4:29. Ein Wink mit dem Zaunpfahl? Ich erwische mich dabei, wie ich mir denke: „Naja, kannst es ja mal probieren, Dich dranzuhängen und schauen, wie es Dir dabei geht.“ Ich versuche mich, zu ermahnen, aber jetzt erst mal die Zeituhr starten, denn es geht los, ich überquere die Startmatte. Ich lasse es locker angehen, kurz vor mir immer noch der Zugläufer. Erster Kilometer bei ca. 6:15, Puls prima. Mittlerweile laufe ich neben dem Zugläufer. Klasse, das scheint wirklich mein Tempo zu sein, denn die Pulsuhr gibt grünes Licht, liegt sogar noch etwas unter 150. Allerdings ist es mir in dem Pulk um den Zugläufer zu eng und zu voll, also werde ich ein klein wenig schneller und laufe eine Weile vor dem Zugläufer her. Nun wird es doch wieder ein bisschen voller. Vor mir läuft jemand auch mein Tempo. Plötzlich schießt von der Seite einer an, drängelt sich zwischen uns beide durch und schneidet mir so voll den Weg ab. Ich bin in vollem Lauf, kann nicht anders als meinen Schritt zu beenden und treffe ihn am Schuh hinten. Es passiert, er verliert seinen Schuh. Mist, „sorry!“, rufe ich. Er geht zurück und holt seinen Schuh. Tut mir echt leid für ihn, aber irgendwie ist er ja auch selber Schuld. Ich denke mir, ist ja auch weiter nix passiert, er muss seinen Schuh eben wieder anziehen und hat so ne halbe Minute verloren. Nix dramatisches. Also weiter laufen…
Ich liege immer noch bei den 6:15 bis 6:20 je Kilometer. Und der Puls ist immer noch prima, also kann ich so weiterlaufen. Ich drehe mich um und sehe, dass der Zeitläufer schon ein bisschen weiter weg ist. Ich ermahne mich, nicht übermütig zu werden. Außerdem kommt gleich die erste Verpflegungsstation. Trinken werde ich an jeder Station, und das im Gehen, damit ich mich nicht verschlucke, denn auf Sekunden kommt es mir bei meinem ersten Marathon nun wirklich nicht an. Außerdem überlege ich, ob ich mir schon eines meiner 5 Powergels reinziehen soll. Beim Training hab ich dies alle 10 Kilometer getan, aber Micha meinte, er fängt schon bei KM 5 an und dann alle 5 KM, später gibt’s ja auch Bananen, außerdem kommt das dann ja vielleicht gar nicht mehr an so spät. Ich bin zwar immer noch eigentlich satt vom Frühstück und der Banane kurz vor dem Lauf, aber ich entscheide mich doch dafür, jetzt schon ein Gel zu genießen, damit erst überhaupt kein Hungergefühl aufkommen kann. Ich schaue um mich, ich scheine die Einzige zu sein, die schon ein Powergel zückt. Wurscht, konzentrier Dich auf Deinen Lauf und schau nicht nach den Anderen, was die machen, sage ich mir. KM 5 erreiche ich bei 31:44. Läuft doch richtig gut. Aber dadurch, dass ich beim Trinken gehe, hat mich der Zugläufer schon fast wieder eingeholt. Also weiterlaufen, ein klein wenig anziehen und dann wieder drosseln, so dass ich wieder vor ihm herlaufe. Ich denke mir zum ersten Mal: „Solange Du diesen Ballon hinter Dir lässt, läuft es noch viel besser, als Du Dir erträumt hast!“ Und die Stimmung am Streckenrand ist super.
Irgendwann sehe ich Hubi, den ersten Bekannten an der Strecke. Er ruft mir zu: „Lauf!“. Ja, genau das hab ich vor, und das noch ne ganze Weile

Dann geht es zur Alten Brücke und ich sehe Petra, die ganz kurz mitläuft und mir Glück wünscht. Kurz darauf sehe ich auch Moni. Hach, ist das toll, wenn doch so viele Bekannte am Streckenrand stehen! Das gibt Mut für den langen Lauf raus aus der Stadt Richtung Höchst, wo ich wohne. Und es werden bis auf ein paar Stimmungsnester recht ruhige, ja fast schon etwas öde Kilometer werden. Trotzdem, irgendwie scheinen die Kilometerschilder nur so an mir vorbei zu fliegen und es ist schon fast so, dass ich bei jedem Schild denke: „Ach, schon wieder ein Kilometer rum?“ Bei KM 15, bei dem ich mir ein drittes Gel zu Gemüte führe und den ich bei sage und schreibe 1:33:01 passiere, meldet sich die Blase. Mist. Aber beim Trinken im Gehen sehe ich, dass eines der drei Dixi-Klos frei ist. Also rein und weiter… der Zugläufer ist auch wieder näher gekommen, als ich weiterlaufe. Und auch jetzt noch kommen die Kilometerschilder überraschend früh. Es läuft super, ich bin gut drauf. Der Puls ist mittlerweile etwas gestiegen, aber ich denke, ich kann es riskieren, in dem Tempo weiter zu laufen. Auch wenn ich mir immer wieder die Worte ins Gedächtnis rufe: „Denk dran, ein Marathon fängt bei KM 30 erst an.“ Wird sich das rächen, dass ich schneller angehe als geplant? Die ersten um mich rum gehen schon. Egal, weiterlaufen…
Kurz vor KM 20, den ich bei 2:04:25 erreiche, hole ich ein weiteres Gel aus der Tasche. Aber ich bekomme es kaum aus der Tüte… irgendwie ist die Konsistenz… naja, ziemlich fest. Ein bisschen bekomm ich raus und schlucke es runter. Hoffentlich ist es nicht schon schlecht. Den Rest werfe ich weg und nehme mir lieber ein Stückchen Banane. Und wieder trinken, trinken, trinken im Gehen. Das Anlaufen danach geht immer noch recht locker. Witzig, schon zweimal hab ich jetzt am Rand der Strecke jemand rufen hören: „Da hinten kommt der nächste Zugläufer, das muss der für 4:30 sein“. Ich drehe mich um, sehe ihn gar nicht, aber er muss ja da sein. Ich scheine konstant vor ihm herzulaufen. Dann ruft eine Frau: „Die erste Hälfte habt ihr gleich geschafft!“ Ich drehe mich zu meiner Nebenfrau um und sage nur: „Naja, die ist ja auch nicht das Problem.“ Sie lacht, ich lache. Echt kein Problem, alles noch entspannt. Klar, die Beine tun mir weh, aber das schon seit KM 10. War ja zu erwarten, nachdem sie mir selbst nach den kurzen Trainingsläufen etwas weh taten.
Die Halbmarathonmarke passiere ich bei 2:11:20. Na, wenn das mal nicht ne richtig gute Zeit ist für meinen ersten Marathon! Ich wage erste Prognosen. Wenn das so bleibt… aber jetzt beginnt ja erst Neuland 1, denn in einem Wettkampf bin ich noch nie mehr als einen Halbmarathon gelaufen. Die Schwanheimer Brücke hoch wurde es etwas schwerer und der Puls ging hoch. Wie sehr sich doch so eine winzige Steigung bemerkbar machen kann. Es gehen einige. Sogar Staffelläufer gehen, ich fasse es nicht, ich überhole gehende und laufende Staffelläufer. In Nied angekommen, meldet sich die blöde Blase schon wieder. Kein Dixi in der Nähe, also schnell ins Gebüsch. Bringt ja nix, es mit sich rumzutragen. Und weiter im Takt. Der Puls hat sich auch wieder beruhigt, wenn auch mittlerweile etwas höher eingependelt.
Km 25 erreiche ich in 2:36:30. Klar, etwas langsamer geworden, aber Trinken, Pinkeln… Ich rechne auch gar keine KM-Zeiten mehr. Ich denke immer nur noch, so weiterlaufen und den Zielläufer hinter mir lassen, dann ist alles gut. Außerdem wird’s jetzt auch wieder stimmungsvoller und ich laufe durch meinen Wahlheimatstadtteil Höchst. Klasse, die letzten zwei Jahre hab ich hier als Zuschauer gestanden. Ich erkenne einige Zuschauer wieder, z. B. den Herrn mit dem Waldhorn. Herrlich. Und die Sambatruppe ist auch wieder dabei. Aber die Bolongarostraße hoch ist auch wieder ganz schön anstrengend. Es gehen immer mehr Läufer. Aber jetzt schon? Was machen die dann erst ab KM 30? Und da steht ja auch schon wieder ein Zuschauer, den ich in der Stadt schon gesehen habe und über dessen Schild ich da schon schmunzeln musste: „Genieße es, Du hast dafür bezahlt.“ Recht hat er ;)
Bei KM 28 betrete ich Neuland Nummer 2. Weiter bin ich im Training nie gelaufen. Jetzt wird sich zeigen, was passiert. Ich sehe, was passieren kann. Mir scheint, als würden fast alle Läufer um mich rum nur noch gehen. Jedenfalls sehr viele. Ich sehe Läufer mit Krämpfen am Wegesrand stehen. Eine junge Läuferin muss sich übergeben, aber sie hat Begleitung dabei, es ist also für sie gesorgt. Irgendwie tun mir die armen Läufer leid, aber andererseits freue ich mich tierisch, dass es mir noch gut geht und ich einen nach dem anderen einkassiere, ja sogar jede Menge Staffelläufer überhole. Ein tolles Gefühl. Irgendwo hab ich auch Gaby noch mal gesehen, keine Ahnung mehr, wo das war.
KM 30 passiere ich dann bei 3:07:08. So, jetzt geht der Marathon also erst los. Wir werden sehen, ob sich der Hammermann traut, sich mir zu zeigen. Ich schiebe mir das letzte Gel rein. Aber irgendwie passiert nix… klar, die Beine sind ganz schön schwer und tun weh. Aber ich sage mir: „Das tun sie auch schon seit KM 10, also stell Dich nicht so an, ansonsten geht’s Dir ja noch richtig gut.“ Das einzige, was jetzt anders ist, sind die Kilometerschilder. Irgendwie scheinen die jetzt weiter auseinander zu sein ;) Aber dann höre ich am Seitenrand einen rufen: „Super, ihr seid klasse, noch auf Kurs unter 4:30. Enttäuscht mich nicht, lasst Euch bloß nicht einholen vom gelben Ballon!“. Ja, denke ich mir und verspreche ihm still, dass ich mein Bestes geben werde!
Aber jetzt geht’s ja auch wieder in die Stadt, und da ist dann wieder Bombenstimmung. Und wenn ich erst bei KM 35 bin, dann schaff ich den Rest auch noch. Vorher betrete ich aber noch Neuland Nummer 3, denn länger als 3:18 bin ich im Training auch noch nicht gelaufen. Km 35 passiere ich übrigens bei 3:38:25. Ich gönne mir jetzt auch mal ne Cola, was ich sonst nie trinke.
Ab jetzt wurde es schon schwer und die Beine taten immer mehr weh. Und die Cola, die sich durch die weggeworfenen Becher auf der Straße verteilt, wirkt wie Klebstoff. Es ist ja so schwer genug, die Beine zu heben, aber jetzt kleben sie auch noch mit Cola auf dem Boden, denke ich mir. Aber jetzt ist wieder Bombenstimmung, ich sehe Hubi, Rainer und Petra. Petra läuft wieder ein Stückchen neben mir her, fragt mich wie´s mir geht, schaut mich an und sagt: „Mensch, Du siehst ja noch richtig gut aus!“ Danke Petra

Mensch, und es sind nur noch ein paar läppische Kilometer! Das gibt’s doch nicht! Ich dreh mich um, sehe den Zugläufer nicht. Aber ich weiß, er muss da irgendwo hinter mir sein. Bei KM 39 sehe ich noch mal Ingo und Martina, und auch Holger sehe ich noch mal. Unglaublich, endlich KM 40. Was sind schon 2,195 KM? Lächerlich! Ich hab mit den ersten Tränen zu kämpfen und denke mir: „Reiß Dich noch zusammen, ist noch viel zu früh“. Aber ich bin einfach jetzt schon etwas losgelöst. KM 40 und 4:09:59. Auch Hubi und Rainer jubeln mir nochmals zu.
Und dann geht es auf die Zielgerade. Da vorne sehe ich ihn endlich stehen, den verdammten Hammermann! So, wie ich es mir ausgemalt habe, erst hier werde ich ihm wieder begegnen. Wieder kämpfe ich mit Tränen. Fremde Leute rufen meinen Namen. Was für ein tolles Gefühl. Dann die Linkskurve Richtung Festhalle. Da stehen Kirstin und Michael, wow, extra für mich angereist! Foto im Vorbeilaufen und dann passierts… ich darf endlich auf dem roten Teppich in die Festhalle einlaufen. Es ist laut, Musik, Jubelschreie, Lichter… und da ist endlich das Ziel! Ich laufe über die Ziellinie, stoppe die Uhr und lasse erst mal nen Schrei raus. Ich habs geschafft! Und das in der Zielzeit von 4:23:03, unglaublich! Ich bin den zweiten Teil (2:11:43) gerade mal 23 Sekunden langsamer gelaufen als den ersten. Ich gehe ganz vorsichtig die Treppenstufen runter, es geht aber ganz gut. Und jetzt kommen auch die Tränen. Ich bekomme eine rote Rose in die Hand gedrückt. Das Mädchen, das mir die Medaille umhängt, schaut ganz mitleidig. Ich will ihr sagen, dass das nur Freudentränen sind, bekomme aber nur ein „Danke“ heraus. Draußen warten Micha und Michi. Ich umarme meinen Mann und zittere am ganzen Körper. Was für ein tolles Gefühl, ich bin einfach nur glücklich!
Vielen Dank für die tolle Unterstützung an Petra, Gaby, Hubi, Rainer, Ingo, Martina, Moni, Holger, Kirstin und Michael!