Superlang, aber ich bin auch superlange gelaufen!

Nein, extra zum Halbmarathon sind wir nicht in die Schweiz gereist, das wäre denn doch zuviel des Aufwands gewesen. Die Gegend um den Bieler See bietet aber einiges an schönen Urlaubsmöglichkeiten, und so suchten wir nach einer Ferienwohnung in der Region und fanden eine in Prêles, oberhalb von Twann.
Recht früh im Jahr meldeten wir uns zum HM an, der am Samstag um 14 Uhr starten sollte. Irgendwann stellte ich beim Studium der Homepage fest, dass man die Startzeit auf Freitag 22.30 h verlegt hatte. Schock! Ich laufe nie im Dunklen, weil ich ziemlich nachtblind bin und Unebenheiten im Untergrund einfach nicht wahrnehme. Mein Mann ebenso; liegt evtl. an unserer starken Kurzsichtigkeit. Ummelden auf den Büttenberglauf? Och nö, wir probieren es. Kenner der Strecke beruhigten uns: bis Ahrberg sei auf jeden Fall alles asphaltiert oder jedenfalls sehr gut zu laufen. Ich lieh vorsichtshalber zwei Stirnlampen aus, die „unseres Fußes Leuchte“ sein sollten.
Das Foritreffen im Bahnhöfli am Donnerstagabend war gut besucht und sehr kommunikativ; alle waren in guter Stimmung. Nur das Wetter stimmte bedenklich. Als wir gegen 22.30 h die Kneipe verließen, goss es in Strömen! Oh je, hoffentlich ist das morgen um die Zeit nicht so…
13.6., Raceday. Der Chip ist am Schuh, aber der Plastikstrippe zum Befestigen habe ich misstraut. Wenn die nun zerbröselt und der Chip verloren geht? Dann kann ich ja gar nicht rangiert werden! Und teuer wird’s auch, also auf herkömmliche Weise in die Schnürung getüdelt, das Ding.
Beim Abholen der Startnummern am Vortag hatten wir schon einen passenden Parkplatz ausgeguckt. Lieber ein paar Schritte gehen als von einem 100km-Läufer, zugeparkt werden und nachts nicht wegkönnen, wuah, welch Alptraum!

Wir treffen noch ein paar Bekannte, dann sehen wir zu, wie die Hunderter starten. Wetter ist recht kühl, aber trocken. Nochmal rein in die Sporthalle zum Aufwärmen und Fußballgucken. Nun ist es fast leer hier drin. Die 100km-Läufer machen den Löwenanteil der Starter aus.
So, nun wird es Zeit. Wir suchen uns einen Platz im Startblock, wollen natürlich nicht so weit vorne, sind ja langsam – aber wo wir uns auch platzieren, neben uns, vor uns Massen von Walkern und Nordic Walkern! Ich ziehe Hans weiter nach vorne, „komm vor die Walker!“ aber die stehen bis zur Startlinie…

Nun geht es los, auf den ersten 500 Metern Gedränge, ich bin unsicher, hauptsächlich auch wegen der NWler, deren Stöcke doch reichlich unberechenbar herumfuhrwerken. Aber nach einer Weile hat man sich arrangiert und wir kommen gut voran. Eine lange Ausfallstraße nach Biel rein, wo kaum was los ist. Dann das Zentrum, da ist Publikum, ich bin mir aber nicht sicher, ob das nicht eher Fußballfans sind. Na egal, so lange sie auch mal anfeuern.
Nun drehen wir ewige Runden durch die Stadt. Auf dem Streckenplan war zwar eine Schlaufe eingezeichnet, aber es war nicht deutlich, dass die mehrere Male durchlaufen werden muss. Jedenfalls hatte ich irgendwann dieses „und täglich grüßt das Murmeltier“- Gefühl: bei Fielmann linksrum war doch schon mal, vor mir Rotonde hab ich doch vorhin schon gesehen. Dazu oft wenig Publikum und leere Straßen, gut war bloß, dass alles schön erleuchtet war. Und noch ein Extraschlenker durch die Seitenstraßen für die Halbmarathonis.
Dazu kam, dass die km-Schilder nicht spezifiziert für 100er und andere Strecken waren. Bei km 3 hatte ich 19:16 auf der Uhr, also was bei 6:2xx. Nach einer Weile Weiterlaufen plötzlich ein Schild „km 2“. Wie jetzt… wo bin ich?


Endlich, nach 1,5 h sind wir wirklich „auf dem Lande“. Vorher, bei Port, war noch ein Anstieg von 100 Metern auf 2km zu bewältigen, die Steigung schien kein Ende zu nehmen, aber ich konnte sie laufend bewältigen. Und genauso wieder runter, da konnte man gut rollen lassen.
Manchmal taucht ein erleuchtetes Gasthaus in einem Dorf auf, mit Partypeople davor, oder zwei Damen hocken einsam im Dustern am Straßenrand und feuern an. Ansonsten stille Felder rechts und links. Ich habe die Lampe eingeschaltet und leuchte auf den Weg vor mir, aber der ist absolut problemlos und ohne Stolperfallen. Schade, dass man nicht in die Landschaft gucken kann. Und wie sich die Strecke vor einem darstellt (bergauf? bergab?), kann man auch nicht sehen. Soo doll ist nachts laufen nicht.
Um mich rum sind hauptsächlich Stafettenläufer. Ich hatte mit etwa 2:30 gerechnet, nach dem Start in Biel hatte ich gehofft, dass es evtl. doch schneller geht. Nun taucht mitten im Feld ein Schild auf „km 15“. Ich bin1:47 unterwegs. Gilt das für mich? Dann bin ich ja furchtbar langsam! Und wenn’s für die 100er gilt, müsste ich 4 km addieren, dann wäre ich ja raketenartig unterwegs. Also wohl doch Fall 1. Ich versuche mich mit Wurschtigkeit zu wappnen und beschließe, mir keine Gedanken über die noch anstehenden km zu machen und bloß einen Fuß vor den nächsten zu setzen, bis vor mir ein Zielbogen auftaucht! Der Streckenverlauf ist dagegen gut markiert, habe kaum Zweifel, wo ich lang muss.
Km 19. Aha, noch gut 2 km. Ob ich Ahrbergs Lichter irgendwo entdecken kann? Aber nix zu sehen oder zu hören. Km 20, es wird wieder bewohnter ringsum. Keinen Plan, in welche Richtung das Ziel ist, also immer weiter und überraschen lassen, ich weiß nur, dass wir über die alte Holzbrücke laufen, die Hans und ich bei unserem Besuch in Ahrberg die Tage zuvor schon bewundert und fotografiert haben. Nach einer Linskurve taucht sie plötzlich auf, da soll ja immer viel Publikum sein und anfeuern – aber nein, die sind wohl alle inzwischen vorne im Fußballpartyzelt oder zuhause. Mein Eindruck verstärkt sich immer mehr, dass der M und HM mehr so „Abfallprodukte“ des Hauptlaufs sind, sowohl beim Veranstalter als auch bei den Anwohnern.
Der Zieleinlauf ist auf dem schönen alten historischen Platz von Ahrberg. Gut, dass wir vorher schon mal da waren, sonst wüssten wir gar nicht, wie es hier aussieht. Nach dem Durchrennen des Zielbogens (2:30:11 brutto) habe ich nur einen Wunsch: was zu trinken! Der Mensch im Zielbereich hat auch nur einen: den Chip. Ja, Mann, kommt gleich, hat das nicht Zeit?? Nee, hat es nicht. Ich setze mich auf einen Stuhl und friemele ihn aus der Schnürung. Getränke? Nein, nicht hier, 200m weiter beim Verpflegungsstand der 100km- Läufer. Ich folge also der Laufstrecke, ein wenig suchend, schließlich findend. Da gibt es ein buntes Angebot, ich nehme Cola und kehre mit einem Becher für Hans zur Ziellinie zurück, aber da kommt er mir schon entgegen.
So, nun zu den Wechselklamotten und zum Shuttlebus nach Biel, der soll gleich fahren! Ich: wir müssen nach da. Nee, sagt Hans, nach dort. (Ihm hatten sie im Zielbereich anscheinend eine andere Richtung gezeigt!) Nun suchen wir im nachtstillen Ahrberg nach dem Bus. Kein Mensch, kein Hinweisschild. Hans hat die richtige Eingebung, endlich sehen wir ihn. Davor, einfach auf dem Bürgersteig, die Kleiderbeutel. Immerhin mit Helfern daneben. Am Zielort des Marathons sollen sie unbewacht einfach so dagestanden haben. Schnell die Tasche gegriffen, da der Bus Anstalten zum Abfahren macht, aber da sehen wir, dass eine ganze Läuferschar an der Haltestelle steht, die anscheinend im Bus keinen Platz mehr bekommen hat!
Umziehen müssen wir uns in aller Öffentlichkeit, na ja, Läufer kennen so was und Eingeborene sind jetzt nicht mehr unterwegs. Und jetzt eine halbe Stunde Warten,

Endlich kommt ein Bus, An dem steht aber „Garage“. Hä?? Wir müssen nach Biel! Einige Läufer reden mit dem Fahrer, er ist absolut überrascht, dass noch eine Tour geplant war. Er zückt sein Handy und telefoniert erstmal mit seiner Regierung. Nach längerer Diskussion ist klar: er bringt uns nach Biel! Jubelnd stürzt die Meute in den Bus, der sofort wieder besetzt ist. Nach einer halben Stunde sind wir wieder am Eisstadion. Damit hatten wir wohl Glück, denn die Marathonis wurden 1,5 Stunden herumgefahren, weil hier, da und dort noch Läufer eingesammelt wurden. Ob nach unserem wohl noch ein Bus kam? Geplant war es ja, aber wenn die Busfahrer davon nichts wissen, nützt die schönste Planung nichts. Mussten die Walker etwa bis zum ersten regulären Bus an der Haltestelle sitzen?
Gegen 3 Uhr sind wir wieder zuhause. Schlafen, während die anderen durch die Nacht tappeln. Aber anderntags um 10 sind wir wieder am Eisstadion und bejubeln sie bei ihrem Zieleinlauf.
Fazit:
Das Funktionsshirt als Zugabe ist fein. Und es gab ein tolles Schweizer Taschenmesser. Hoffentlich haben diejenigen, die mit dem Flieger kamen, es in den Koffer gepackt und nicht in der Tasche gehabt.
Strecke etwas langweilig
Untergrund super
Orga katastrophal.
1) Wer eine Teilstrecke läuft, sollte am besten eine liebe motorisierte Seele in petto haben, die zu jeder Zeit überall hin düst zum Aufsammeln.
2) Wenig Getränkestände hinter Biel. Wegen des kühlen Wetters gerade noch okay.
3) Im Zielbereich etwas zu trinken wäre schön gewesen.
4) Am Start störten Walker und NWler, sie hätten 5 Minuten später starten sollen
5) Im Zieleinlauf des 100km- Laufs tummelte sich in der ca. 2m breiten Gasse alles, was da nicht hingehörte, Kinder und Muttis rechts und links vom finishenden Papi, Baguette-Michel und Fahrradcoaches, die z.T. so blockierten, dass die, die noch ein wenig spurten wollten, nicht vorbei kamen. Naja, DAS war nicht meine Sorge.

Vermutlich ist es auch ein Helferproblem. Man müsste ja noch viel mehr aktivieren, um alles abzudecken. So bleibt halt der Hunderter das Hauptevent, alles andere wird dem nachgeordnet. Einen Nachtlauf muss ich nicht noch mal haben, ich sehe ja gar nichts von der Umgebung. Und das Ausleuchten der Strecke vor einem ist etwas anstrengend und zeitraubend.
Abgesehen von dem Transportproblem okay, aber muss ich nicht noch mal haben. Biel? War ich schon.