

Als begeisterter Öffi-Nutzer habe ich den Flughafenbus zur Placa Catalunya, einem der bekanntestens Plätze Barcelonas, genommen und bin dann, meinen Koffer im Schlepptau, in Richtung Hotel gelatscht. Das "AB Skipper" liegt rund 25 Minuten flotten Fußmarsch entfernt, direkt am Olympiahafen, den man anlässlich der Olympischen Spiele 1992 aus dem Boden gestampft hat.
Das Hotel ist die übliche 5-Sterne-Hütte, die ich mir privat nie leisten würde

Etappe 1.
Nach den Check-In Formalitäten lese ich ein bisschen und werfe mich anschließend in meine Laufkleidung. Ein Trainingslauf inklusive Sightseeing steht an. Ich freu mich drauf, denn das letzte Mal, als ich in Barcelona war, bin ich auch hier am Strand entlang gelaufen und es war einfach nur toll.
Ich habe vor, etwa 10 Kilometer zu laufen. Eine längere Strecke geht sich zeitlich nicht gut aus, da es noch einen Abendtermin gibt, den ich nicht versäumen darf.
Nach 100 Metern bin ich an der Strandpromenade und biege in Richtung Norden ab.
Die Luft ist angenehm warm, sogar etwas schwül. Am Strand und auch im Wasser tummeln sich noch viele Badegäste. Zur linken Hand ragen unübersehbar jene zwei Hochhäuser auf, die nicht nur am olympischen Hafen sondern auch von vielen Aussichtspunkten der Stadt aus als Orientierungspunkte dienen. Dazwischen steht der "Peix", der goldene Fisch; eine imposante Skulptur in gerippeartiger Bauweise, von Frank Gehry.
Touristen und Einheimische flanieren den Strand entlang und ich passiere eine Reihe von Restaurants in denen (noch) nicht allzuviel los ist. Ich laufe ungefähr drei Kilometer in nördliche Richtung bis an die Stadtgrenze, das Mittelmeer mit seinen Segelbooten und auch ein paar größeren Schiffen am Horizont als mein ständiger Begleiter und Blickfang.
Ich merke jetzt deutlicher, dass es schwül ist, schwitze aber bei weitem nicht so, wie der Läufer den ich kurz vor der Wende zurück überhole. Der Mann rinnt ja regelrecht aus - und er plagt sich (auch deutlich hörbar) mit seinem Tempo.
Nach der Wende fällt mir auf, dass ein recht strammer, aber nicht unangenehmer Gegenwind, seitlich vom Wasser her bläst.
Ich beobachte die Szenerie an den verschiedenen Strandabschnitten mit den klingenden Namen Mar Bella Beach, Bogatelle Beach und Icaria Beach. Spielende Kinder, eine Gruppe junger Leute, die gerade ein Beachvolleyballnetz aufstellt, ein paar braungebrannte ältere Herren, die kartenspielend im Sand sitzen und natürlich auch jede Menge erfeulicher Senioritas

Die Zeit vergeht wie im Flug und ich beschließe, am Hotel vorbei noch in Richtung Barceloneta Beach zu laufen - dem bekanntesten Strandabschnitt der Stadt.
Hier ist noch mehr Betrieb. Jede Menge Lokale haben geöffnet, die Spaziergängerdichte nimmt zu, aber es ist überall genug Platz, um auch als Läufer bequem voranzukommen. Ich wechsle für einen Abschnitt ganz an den Strand und laufe ein Stück weit im Sand, ehe ich auch noch den letzten Zinken dieses Stadtteils, der wie eine Halbinsel in das Meer hineinragt, in Angriff nehme.
Am Ende des Passeig de Joan de Borbó mache ich kehrt und schau dazu, das ich rechtzeitig ins Hotel komme.
Beim Anblick der Seilbahn, die auf den Montjuic fährt, beschließe ich übrigens, meine zweite Laufetappe am Donnerstag genau dort hinauf zu planen.
Beim Hotel angekommen zeigt meine Beurer PM80 11,3 Kilometer und 1 Stunde und 5 Minuten an. Für einen Sightseeing-Lauf passt das.
Etappe 2.
Das Arbeitsprogramm am Donnerstag war anstrengend, aber interessant. Technische Vorträge und Präsentationen von 08.00 bis 16.45 Uhr - alle in englischer Sprache - beanspruchen die Konzentration.
Um 17.30 Uhr bin ich aber schon umgezogen und mache mich auf meinen zweiten Lauftrip durch Barcelona.
Diesmal biege ich gleich rechts zum Barceloneta Beach ab, in Richtung Stadtzentrum. Die Temperatur liegt wieder bei gut 25 Grad. Es ist weniger schwül, nur schwach windig und heiter bis wolkig

Der Stadtteil Barceloneta sorgt aufgrund seiner Form für eine ansehnliche Bucht, in der hunderte Boote vertäut liegen. Vom kleinen Segler bis zum Restaurantschiff ist alles vertreten.
An der Ronda del Litoral führt eine Straße zum Einkaufs- und Party-Center Maremagnum, das mit seiner verspiegelten Fassade die Silhouetten der Boote reflektiert.
Einheimische und Touristen, Straßenmusiker, ein paar Bettler und der Verkehr auf der Ronda del Litoral prägen das Bild an Land. Auf dem Wasser liegt auch hier ein Boot neben dem anderen.
An der Rambla del Mar, einer kühn geschwungenen Fußgängerbrücke ist der Bär los. Die Menge strebt dem Maremagnum zu, das mit seinen Geschäften, Spielsalons und Bars lockt.
Las Ramblas, berühmt geworden unter anderem durch Ernest Hemingway, der in seiner Lieblingsbar Boadas unzählige Mojitos getrunken hat, bestanden ursprünglich eigentlich aus vier Abschnitten, mit verschiedenen Bezeichnungen (Rambla dels Estudis, Rambla des Sant Josep - mit dem schönsten Markt den ich bisher gesehen habe, dann der Rambla dels Caputxins und der Rambla de Santa Monica). Die Rambla del Mar ist der fünfte und jüngste Abschnitt, weil erst anlässlich der Olympischen Spiele gebaut - eine Verlängerung der Straße, direkt ins Meer hinein.
Heute ist aber nix mit Marktbesuch. Hemingway und Mojitos, heute wird geschwitzt

Ich überquere den Kreisverkehr, in dessen Mitte Columbus auf einer imposanten Säule steht. Inzwischen "geistern" im Kopf des Seefahrers aber nicht mehr große Entdeckerpläne umher, dafür bevölkern den Kopf seiner Statue Menschen aus aller Herren Länder, die auf ihre ganz persönliche und friedliche Weise die Welt erobern.
Direkt am Kreisverkehr liegt auch ein tolles Schiffsmuseum in einem alten Ziegelgemäuer, das ich passiere. Dann biege ich in eine Seitenstraße ein und beginne meinen Anstieg auf den Montjuic über den Passeig de Montjuic, anschließend die Avinguda de Miramar und zuletzt die steilen Abschnitte der Carretera de Montjuic und der Cami del Mar hinauf.
Der Anfang ist ja noch recht passabel zu laufen. Es geht die Straßen entlang, die gesäumt sind von Palmen und bunt blühendem Oleander.
Die letzten Abschnitte sind aber regelrecht "giftig", obwohl der Berg "nur" 173 Meter hoch ist - Steigungen mit gut 14 bis 16 Prozent sind zu laufen. Spätestens hier merke ich dann doch, dass ich seit Juli mein Ausdauertraining zugunsten intensiven Tennisspieles sehr vernachlässigt habe.
Wie überall in Europas Touristenzentren kommt mir auch hier eine Horde Japaner entgegen. Ein paar bestaunen mich, als würde das achte Weltwunder oder der Tenno plötzlich vor ihnen auftauchen

Ich beschließe, eine Runde durch das Kastell zu machen. Der wehrhafte Bau wurde um 1640 auf dem Plateu des Berges errichtet. An den strategisch wichtigen Punkten stehen riesige Kanonen, die mich aber bei weitem nicht so beeindrucken, wie der Ausblick, den man von hier oben hat. Die Lage des Hügels erlaubt praktisch nach allen Himmelsrichtungen einen Überblick. Vom Westen her, über ein paar kleinere Hügel herunter, breitet sich Barcelona zum Meer hin aus. Im Norden, hart am Wasser, sehe ich die beiden Türme des Olympiahafens, zu denen ich im Anschluss wieder zurücklaufen werde und am nordöstlichen Fuß des Berges breitet sich unter anderem der Fährhafen der Stadt aus.
Richtung Osten rückt der Hügel ganz nah ans Meer heran und lässt nur wenig Raum für den Verkehr auf dem Land, der sich aber trotzdem mit Autobahntrassen und Bahngeleisen hier hineinzwängt.
An der vorgelagerten langen Mole liegen vier große Kreuzfahrtschiffe. Eines davon aus der bekannten AIDA-Flotte, an der typischen Lackierung am Bug (rote Lippen, seitlich aufgemalte Augen etc.) leicht zu erkennen.
Etwas südlich davon schließt der Frachthafen an. Ein Containerterminal, in dem geschätzte 10.000 Container stehen

Nach zehn Minuten weiterer Erkundungen des Kastells beschließe ich, wieder den Rückweg anzutreten. Das Abendessen wartet.
Ich laufe den Berg hinunter und versuche, ein moderates Tempo einzuhalten, was auf manchen Passagen gar nicht so leicht ist. Am Fuß des Montjuic angekommen meckern kurz meine Oberschenkel. Ich lege dann aber bald einen Zahn zu, laufe durch eine andere Seitenstraße um wenigstens ein kleines Stück der Ramblas zu durchqueren, wechsle beim Kreisverkehr mit der Columbus-Statue wieder an das Wasser und bin kurz danach schon dabei, die Barceloneta-Halbinsel zu umrunden.
Am Strand entlang mache ich noch etwas Tempo, weil's einfach zu schön ist, hier entlang zu laufen. Am Hotel angekommen stoppe ich die Uhr bei exakt 13 Kilometer.
Die anschließende Dusche ist ein Genuss und das Abendessen in einem Restaurant am Meer ebenso.
Wieder in Wien hat es 12 Grad. Das freut mich zwar gar nicht, aber dafür habe ich ein paar schöne Lauf-Erinnerungen mitgebracht, bei denen es zumindest mir warm ums Herz wird

Liebe Grüße
Wolfgang