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22. Holländisches Kampfwandern in 's-Hertogenbosch

22. Holländisches Kampfwandern in 's-Hertogenbosch

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Hier ein kleiner Bericht vom Wandertag in Den Bosch!

Bereits Mitte Januar 2009 verfolgte ich neugierig die Wetterentwicklung und die Wettertrends für 's-Hertogenbosch in Holland, wo am 23./24.1.2009 der 22.Bossche 100 ausgerichtet werden sollte, die schwierigste 100 Kilometerwanderung Hollands, so wird behauptet. Für den Tag des Starts stand immer nur eine Grafik mit 3 Regentropfen zur Verfügung, mehr Tropfen existieren nicht bei diesem Online-Wetterdienst als Messlatte. Also bereitete ich mich schon mal geistig auf schön vollgesaugte Deichpfade und verschlammte Waldwege vor und was sonst noch alles infolge der Nässe an Gemeinheiten auf die Wanderer zukommen würde.

Es regnete den ganzen Tag, auch noch, als ich um 8 Uhr Abends am Bahnhof von Den Bosch den jungen Mann in reflektierender Jacke sah, der ein Schild "Bossche 100" hoch hielt, um mit dem Zug ankommende Teilnehmer zur Anmeldung beim 2 Kilometer entfernten Sportverein hin zu transportieren. Eine mit dem Zug anreisende Holländerin nahm ebenfalls diese Transportmöglichkeit wahr, so kamen wir zumindest noch trockenen Hauptes zum Veranstaltungsbüro.

Dort angekommen, wurde man sofort von der Atmosphäre angesteckt. Man kam sich vor wie bei einem Wettkampf. Nicht das übliche Klischee des Wandervogels mit Kniebundhose, Popelinjacke und Wanderrucksack herrschte hier vor, nein Tights und Laufschuhe, windschlüpfrige Kleidung und durchtrainierte, schlanke und athletische Körper. Na ja, zumindest Viertel der Kampfwanderer vermittelte diesen Eindruck.

Die Holländer kannten sich natürlich alle, scherzten und lachten viel. Gerne hätte ich mit ihnen gelacht, aber außer ein paar Brocken bekam ich von allem nicht viel mit. Eher verstand ich noch die Französisch sprechenden Belgier. Machte aber nichts - irgendwie klappte die Verständigung dann doch immer, sofern man überhaupt wollte.

Das übliche Prozedere vor der Wanderung folgte, Umziehen, Tasche für die Versorgung unterwegs packen, dann wieder umziehen, weil es nun doch zu regnen aufgehört hatte und anschließend warten bis die Taschen auf den Lkw verladen wurden. Von der Lastwagenladefläche wurden im Briefing die Zeichen und Wegweiser erklärt, und dass man an den Cafes jeweils noch Runden anhängen könne, um auf 110 Gesamtkilometer zu kommen. Kostete ja denselben Preis, also würde ich wohl die 110 Kilometer wandern ;-)

Dann wurde der Verein auf die Reise geschickt. Irgendwie war ich relativ weit vorne im Paket, aber das Marschtempo fühlte sich ganz gut an und ich ließ mich einfach im Strom mit treiben. Bei der ersten Verpflegungspause nach 9,2 km stellte sich heraus, dass das Durchschnittstempo ziemlich genau 8 km/h betrug. Es passierten allerdings sicher 30 Wanderer bereits vor mir diese Verpflegungsstelle. Das Tempo an der Spitze bestimmte meistens eine junge, hübsche, blonde Frau, die ganz locker mit ihren Wanderkumpanen vorneweg los marschierte. Ich sah diese Frau meistens nur bei den Pausen in den Cafes und dann beim gemeinsamen "Anmarschieren".

Die mobilen Verpflegungsstellen waren allesamt gut mit Getränken bestückt. Es gab Kaffee, Tee, Bouillon und auch kalte Getränke, ebenso kaltes Wasser, um den heißen Tee schneller abzukühlen. Man ist ja ständig unter Zeitdruck ;-)

Es ist zwar schon das zweite Mal, dass ich dort mitmache, aber ich stapfte wieder einfach hinterher und ließ den Einheimischen die Führungsarbeit verrichten. Daher bekam ich auch nicht sehr viel davon mit, wo ich mich gerade befand, nur soviel war gewiss, es war immer irgendwo außerhalb von Den Bosch.

Die ersten 30,5 Kilometer bis zur ersten Rast in einem Café in Esch waren vom Gelände her noch eher als gutmütig zu bezeichnen, anfangs noch Straßen und Gehwege, dann relativ gut begehbare Pfade und Feldwege und nicht mal ansatzweise nasse Füsse. Immer unmittelbar hinter den Eingangstüren zu den drei Café Rasten saßen ein paar Leute vom Organisationsteam, notieren sich die Ankunftszeiten der einzelnen Wanderer und gaben bei Bedarf Streckenbeschreibungen zu den jeweiligen 3 bis 4 Kilometer langen Zusatzrunden aus. Ich ließ mir dort immer eine Beschreibung aushändigen und hängte mich einfach schnell an Holländer oder Belgier an, die auch die Zusatzrunden absolvierten.

Ich war beeindruckt und gerührt, als mich die Leute vom Orga Team gebeten haben, auf einer einen halben Quadratmeter großen Genesungskarte für Jill Green zu unterschreiben. Ich lernte Jill vor 2 Jahren hier kennen, sie ist Engländerin und marschierte selbst mit 65 Jahren noch 160 km deutlich unter 24 Stunden. Im Herbst letzten Jahres hatte sie erst ihren Mann verloren und Weihnachten erfuhr sie dann, dass sie selbst unter eine schwere Krankheit leidet. Schade, ich hätte sie gerne wieder gesehen, sowie alle Teilnehmer, die sich hier auf Wanderschaft begeben hatten.

In dieser Caferast fand auch noch eine weitere Ehrung statt, bei der ein überdimensionierter "Bossche Bol" an Regina Martens übergeben wurde, Einzelheiten darüber blieben mir aber verschlossen. Trotz der etwa halbstündigen Zusatzrunde hielten wir uns in den Caféhausrasten etwa eine Stunde auf, bevor wieder gemeinsam zur nächsten Etappe aufgebrochen wurde.

Bei der folgenden Etappe bis zum nächsten Café bei Kilometer 61,1 ging es dann aber nun wirklich massiv ins Gelände. Nach ein paar Hundert Metern wurden wir auch schon auf mit Wasser voll gesogene Wiesenwege geleitet, die zudem auch noch sehr abwechslungsreich mit etlichen schlammigen Abschnitten voller Pfützen dafür sorgten, dass jeder innerhalb kürzester Zeit vollkommen durchnässte Füsse bekam, egal als wie wie wasserdicht seine Schuhe auch durch die Werbung angepriesen worden waren. Ich hatte meinen Sommerschuh an, der zwar sehr schnell nass war, von dem ich aber auch wusste, dass ich darin trotzdem keine Blasen entwickeln würde.

Wanderer mit Lederschuhen hatten den trügerischen Luxus, vielleicht 5 Minuten länger trockene Füße zu haben. Selbst in diesem Gelände, wo man noch nach einer vermeintlichen "trockenen" Spur Ausschau hält, überholten die erfahrenen Kampfwanderer, als ob sie sich auf einem schön ausgebauten Spazierweg befänden. Die meisten davon benutzen natürlich auch kein Licht. Hin und wieder, bei der Suche nach einer Abzweigung blitzte mal ein Lichtlein auf, das war's dann aber schon. Ich gehöre eigentlich auch zu den sehr sparsamen Lichtverwendern, aber bei diesen Geländebedingungen konnte ich einfach nicht anders, als das Licht ständig an zu lassen.

Eine sehr nette Stelle war auch die Unterquerung einer Brücke. Der Durchgang hatte vielleicht eine lichte Höhe von 1,50 Metern, war schlammig und abschüssig und gleich daneben floß der Kanal - und das natürlich bei Dunkelheit. Es lebe die Stirnlampe!

Ja, diese 30 Kilometer hatten es in sich, bis wir dann zur zweiten Café Rast kamen. Dort stürzten wir uns wieder in eine schöne Zusatzrunde, genossen den angebrochenen Tag, der ausgesprochen schön zu werden schien.

Im Café überlegte nun, ob ich mir mein mitgebrachtes, trockenes Paar Schuhe anziehen sollte, aber ich beließ es mit dem Wechseln der Socken. Dadurch fühlte sich alles auch schon ein bisschen besser an. Ich wusste ja nicht, ob es nicht gleich wieder durch die Sümpfe geht.
Die Lokalität war ein "Pfannkuchenhaus", ich begnügte mich allerdings mit einer Erbsensuppe, was zu diesem Zeitpunkt aber genau das Richtige für mich war. Auch hier wieder etwa eine Stunde "Pflichtrast" bis zum gemeinsamen Aufbruch.

In der Helligkeit war es schön zu wandern, wenngleich es trotzdem noch Stellen gab, bei denen auch das Tageslicht nicht verhindern konnte, dass die Füße wieder nass wurden. Es folgten schöne, idyllische Strecken entlang Kanälen, durch Wälder und Alleen mit ständig wechselnden Szenerien. Ich liebe diese holländische Landschaften! Auch Sand und Dünen mussten wieder durchquert werden. Diesmal war es der Zand bei Rosmalen. Der Sand war sehr schwer und voll gesogen durch den Regen der vergangenen Tage. So war ich eigentlich froh, dass es nicht über die etwas umfangreicheren Drusense Duinen gegangen ist.

Die Caférast Numero 3 wurde bei Kilometer 83 erreicht. Die Zusatzrunde wurde noch schnell absolviert und hier wurde von den Teilnehmern nur noch eine "Pflichtrast" von einer halben Stunde verlangt, ehe es dann Richtung Heimat Den Bosch zurück ging.

Die Route verlief ab hier wieder etwas mehr über Asphalt, aber trotzdem immer mit schönen Ausblicken über Kanäle, Seen oder Teiche. Eine Wagenrast befand sich direkt vor einem sehr interessanten Wohnkomplex, der wie eine historische Wasserburg gestaltet war. Der Weg führte uns entlang des Wassergrabens außerhalb dieser "Festung" zum Meer van Engelen, einem sehr schönen, romantischen See, zur letzten Wagenrast am anderen Seeufer.

Mit dem Wissen, dass nun nur noch etwas mehr als 4 Kilometer zurück zu legen waren ging es zurück zum Vereinsheim des Fußballvereins S.V. CHC .
Ehe es noch unter die Dusche ging, nahm ich den obligaten "Bossche Bol" in Empfang und die Urkunde über die 110 Kilometer. Inklusive der Pflichtpausen war ich 18 einviertel Stunden unterwegs. 20 Stunden darf man insgesamt benötigen, egal ob 100 oder 110 Kilometer.

Es steht für mich fest, dass ich auch nächstes Jahr wieder hier mit dabei sein möchte und übernächstes Jahr und das Jahr darauf und ...
Ein Spruch, den mir ein Holländer unterwegs noch mit gab, prägte sich mir besonders ein: "Es hätte nur vor dem Start nicht aufhören dürfen zu regnen, dann erst wäre es ein richtiger Bossche 100 geworden!"
Vielleicht habe ich in den kommenden Jahren ja mal das "Glück", einen richtigen Bossche 100 mitmachen zu dürfen!

Die Organisation kann man nicht genug loben. Für sächsische Verhältnisse ist die Teilnahmegebühr von 25 Euro zwar relativ hoch, die Verpflegung ist aber reichlich und ausgezeichnet und im Ziel erhält jeder einen "Bossche Bol". Auch die Markierung ist lobend zu erwähnen. Über die ganze Strecke wurden 412 Richtungspfeile ausgebracht, die selbst mir den Weg gut und ausreichend zeigten. :daumen:

Hier habe ich noch ein paar Bilder von der Wanderung
Schöne weißblaue Grüße ...

Kurt

Wenn Du ein Ziel nicht erreichst, solltest Du überprüfen, ob Wille und Vorstellung nicht gegeneinander arbeiten.
(Emil Coué)

http://www.laufsport-liga.de/web/profil.html?u=8597

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Ohmannohmannohmann... :klatsch:

110km und dann auch noch in DER Zeit.

Unglaublich und respekteinflößend :respekt2:

Aktuell fange ich schon nach 20km Wanderung an zu jammern :schwitz2:
Kaum vorstellbar, dass ich zumindest schon mal die 63km des Gendarmenwegs bewältigt habe.

100km waren auch schon mal angepeilt, liegen aber im Augenblick beim jetzigen Trainingszustand außerhalb meiner Vostellungskraft.

Schon gut so, dass sich Kerle wie du nicht so gehen lassen.
Na ja, eigentlich lässt man dich schon ganz schön gehen :D (vor allen Dingen ganz schön weit :D :D).

Gruß und bis bald.
EDDI
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:isnichmehrweit: vs I S J A N I C H W E I T :zwinker2:.........Neues aus Nijmegen

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Danke EDDI,

na, wenn ich mir dein Trainingstagebuch so ansehe, geht es ja sehr steil aufwärts bei dir! Bis Hamburg ist ja noch Zeit, oder habt ihr das Schlaubetal schon fest geplant? Wäre ja auch toll!

Irgendwann marschieren wir schon wieder mal eine Handvoll Kilometer zusammen. :winken:
Schöne weißblaue Grüße ...

Kurt

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(Emil Coué)

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EDDI hat geschrieben: Unglaublich und respekteinflößend :respekt2:
Hallo Kurt,

dem möchte ich mich uneingeschränkt anschließen. :daumen:

Hättest du nicht mal Lust, bei etwas trockenerem Wetter durch die Niederlande zu wandern, zum Beispiel im Juli? :D Leider gibt es da für deine Verhältnisse nur Kurzstrecken, dafür aber mehrmals hintereinander... :zwinker4:

Bis bald
Georg
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Hallo Georg,

ja - den Vierdaagse sollte man doch einmal im Leben gemacht haben. Keine schlechte Idee. Ich habe aber noch bis zum März Zeit, mich zu entscheiden. Ich möchte ja im September dann nochmal nach Nijmegen, dann würde ich mich dort schon etwas auskennen :nick: .
Ich hab mir den Vierdaagse ja letztes Jahr schon Mal vorgenommen, als ich im Herbst mit Martin in Seefeld eine Wanderung unternommen habe. Muss mich nur erst mal sortieren ... es gibt so viel ...

Gratuliere zum Spitzenplatz bei den Walkern :zwinker2: !
:hallo:
Schöne weißblaue Grüße ...

Kurt

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Hallo Kurt!
Da hast du ja ein enorm hohes Tempo vorgelegt.Für mich ist das zu schnell.Ich hoffe das am Freitag das Wetter mitspielt denn einige Höhenmeter sind dabei.Wann hast du den nächsten Hunderter geplant?
Also tolle Leistung von dir und schöner Bericht bis demnächst.
Nicht weil es schwer ist,wagen wir es nicht,sondern weil wir es nicht wagen,ist es schwer. Lucius Annaeus Seneca


Schöne Oberlausitzgrüße von Oliver:winken:

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trampler hat geschrieben: Gratuliere zum Spitzenplatz bei den Walkern :zwinker2: !
:hallo:
Danke schön.

Ich hoffe, dass du dich für die 4daagse entscheidest. Wenn du einmal selbst erlebt hast, was da so abgeht, füllen deine Finger völlig selbständig und automatisch stets die Anmeldung fürs Folgejahr aus... :D
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&quot hat geschrieben:Wann hast du den nächsten Hunderter geplant?
Ich glaube, als nächstes kommt das Schlaubetal dran. Das lange Zugfahren schlaucht ja immer am meisten.

@Georg: Ich werde mit Martin noch wegen der Unterbringung in Nijmegen sprechen. Aber fest ist bei mir noch nichts :nick: .
Schöne weißblaue Grüße ...

Kurt

Wenn Du ein Ziel nicht erreichst, solltest Du überprüfen, ob Wille und Vorstellung nicht gegeneinander arbeiten.
(Emil Coué)

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Super Bericht

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Klasse, die Bilder hatte ich ja schon gesehen, und jetzt noch der schöne Bericht. Tja das sind schon harte Hunde. Wenn es nicht schon so viele schöne Veranstaltungen gäbe .... Mal sehen ob es mich im nächsten Winter auch mal zu den hardcorewanderern zieht....

Das mit den 4 dollen Tagen solltest du mal überlegen. Es lohnt.
mit freundlichem Gruß aus Hamburg


Martinwalkt
About me, alles auf einen Blick

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&quot hat geschrieben:Mal sehen ob es mich im nächsten Winter auch mal zu den hardcorewanderern zieht....
Das liest sich ja fast so, als wärst du ein Weich...... :) .
Schöne weißblaue Grüße ...

Kurt

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Gesperrt

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