Mitte März fiel mir bei einem Kurzurlaub an der Nordsee ein kleines Infoheft über das Segelschulschiff "Gorch Fock" in die Hand.
Dort wurde auf den Gorch Fock (Halb-) Marathon in Wilhelmshaven hingewiesen. Nach dem Urlaub ging es gleich ins Internet und ab auf die Seite des Veranstalters. Das ganze hörte sich wirklich interessant an. Kilometerlang am Deich entlang, ab durch den Hafen... für mich eher Sightseing als Wettkampf. Für den Mai hatte ich noch keine Pläne und dieses Jahr wollte ich möglichst viele Trainings-HMs zusammenbekommen. Prompt stand der Entschluss fest: Ich laufe mit, aber nur zur Entspannung!
Das war im März. Jetzt, einen Tag nach dem Lauf und mit schmerzenden Beinen, muss ich ich sagen: es hat sich echt gelohnt. Auch wenn es kein "Entspannungs"-Lauf war.
Samstag Mittag machten wir uns auf den Weg nach Wilhelmshaven. Dank freier Straßen, waren wir schon nach knappen 3,5 Stunden im Norden. Wir bezogen schnell unser Hotel und machten uns später auf, um die Startunterlagen abzuholen. Abends gingen wir noch auf dem Deich spazieren, auf dem ich am anderen Tag laufen würde.
Die folgende Nacht endete um 7:30 Uhr. Beim Frühstück aß ich mich erstmal richtig satt und trank ordentlich Kaffee. Wieso auch Rücksicht nehmen? Ich wollte ja nur locker mitlaufen... "entspannen". Einen 6er Schnitt... vielleicht auch knapp unter zwei Stunden bleiben. Mein letzter Lauf lag zwei Wochen zurück. 20 lockere Kilometer. Danach lief ich zwei Wochen halb erkältet durch die Gegend. An Sport war nicht zu denken. Erst am Freitag fühlte ich mich wieder einigermaßen fit für einen Lauf. Von daher waren meine Erwartungen nicht gerade hoch. Aber ich nahm es locker. Ich würde schon noch ankommen.
Um 10:00 Uhr sollte es für die "Halben" losgehen. Die Marathonis starteten eine halbe Stunde vorher, gefolgt von den 10km Läufern. Auf ein Einlaufen verzichtete ich. Ein wenig Beine dehnen müsste ausreichen, dachte ich mir. Kurz vor Start stellte ich mich hinten an. Dann würde ich auch nicht "versehentlich" den Start überpacen.
Pünktlich um 10 Uhr ging es dann auch los. Es gab keine Netto Zeitnahme und nach einem Kilometer stand bereits eine 6:20 auf der Uhr. Eigentlich zu schnell, aber egal. Es ging erstmal durch die Hauptstraße Wilhelmshavens und dann ein wenig durch die Stadt. Hier gab nicht viel zu sehen. Aber meine Vorfreude stieg stetig, da es ab km 5-6 zum Deich gehen würde. Mein Stopuhr zeigte stetig Zeiten zwischen 5:15 und 5:25 an. Das würde sich schon sehr bald ändern, grauste es mir. Die Stimme in meinem Kopf meinte jedoch: Tempo halten, gucken wie weit Du damit kommst und einen Läufer nach dem anderen einsacken.
Es muss so bei KM 5 gewesen sein, als ich zwei Läufer mit dem Trikot vom "Marathon Soest" sah. Soest ist wirklich nur ein Katzensprung von Arnsberg entfernt. Klein ist die Welt. Wir wechselten ein paar Worte und wurden dann auch gleich unterbrochen. Unser "Hintermann" hatte wohl mitbekommen, wo wir herkamen. "Westfalen ist auch vertreten. Ich komme aus Münster!" Echt klasse. ;-)
Mir wurde es aber wieder zu langsam und zog wieder alleine weiter. Dann ging hinter dem Deich entlang. Über uns Läufern flog ein kleines Flugzeug. Machen bestimmt Fotos vom Lauf, dachte ich mir und versuchte mich wieder auf den Lauf zu konzentrieren. Dann bemerkte ich, dass sie der Klang des Motors irgendwie änderte. Mir blieb fast das Herz in der Hose stecken, da der Flieger
auf einmal Richtung Boden schoss und sich dann wieder fing. Dann drehte er sich kurz auf den Kopf, um danach wieder kurz normal weiter zu fliegen. Da musste wohl ein Pilot irgendein Flugakrobatik-Programm abspulen. Über unseren Köpfen flog er Loopings, Schrauben, flog in den Himmel und ließ sich von dort fallen... waaaahnsinn!!!
Zum Glück hörte das aber bald wieder auf und konnte mich wieder dem Lauf widmen. Vor mir lief nun ein recht großer Läufer mit einem Ironman-Aufdruck auf seinem Shirt. Irgendwas mit NATO stand da noch drauf. Er lief ziemlich genau mein Tempo, also setze ich mich hinter ihn und ließ ihn Tempo machen. Es folgte eine kleine Rampe, den Deich hinauf. Dort wollte ich mir den Läufer packen.
Aber zu früh gefreut, er erhöhte das Tempo und blieb neben mir. Es folgten nun einige Kilometer auf dem Deich. Es war grad Ebbe und es gab kaum Wind. Wunderbare Luft, Sonne, nicht zu warm, nicht zu kalt... Genau für diese paar Kilometer war ich hier :-)
Und der Ironman? Er blieb neben mir. Wir überholten immer wieder andere Läufer. Ich links, er rechts. Mal lief ich ein paar Meter vor ihm, dann gab er mir wieder Windschutz. Allmählich hatte ich auch gar keine Lust mehr, schneller als er zu sein. Dieses ständige hin und her hielt das Tempo hoch. Leider etwas zu hoch, denn zwischenzeitlich bekam ich Seitenstechen. "Jetzt haut er gleich ab" dachte ich, aber mein Mitläufer blieb weiterhin neben mir.
Wir liefen dann durch ein Tor in den militärischen Bereich hinein. Vorbei an grauen Marine-Schiffen. Wo bekommt man so etwas schon hautnah zu Gesicht? Kurz hinter der Fregatte "MS Bremen" kamen wir zum Wendepunkt der Strecke.
Mittlerweile hatten wir so 12-13 Kilometer geschafft und meine Muskeln waren schon arg strapaziert. Von Entspannung keine Spur. Ich befand mich dort, wo ich nicht hinwollte: mitten im Rennen. Kneifen ging jetzt auch nicht mehr.
Wir liefen schon seit Kilometern einen Schnitt von 5:10 bis 5:25 und hatten jetzt nur noch 6 Kilometer vor uns. Was sich wenige Kilometer zuvor wie Windstille anfühlte, blies uns nun entgegen. Und das nicht zu knapp. Trotzdem wurde das Tempo nicht langsamer.
Gemeinsam überholten wir weiterhin Läufer, die ihr Tempo nicht mehr halten konnten. Bei manchen Überholaktionen und an den Getränkeständen verloren wir uns aus den Augen. Aber der jeweils voraus laufende, wartete solange, bis sein "Partner" wieder dran war. Das ganze funktionierte komplett ohne Worte. Ein kurzer Blick zur Seite, gucken wo der Nebenmann ist, Tempo anpassen und weiter.
Bei KM 20 war ich plötzlich alleine. Mein Mitläufer hing hinter einer Traube von langsameren Läufern fest. Ich hatte knappe 10 Meter Vorsprung und freie Bahn. 1200 Meter... einfach nur anziehen und der kleine "Sieg" wäre meiner. Ich gebe zu, der Gedanke war sehr kurz da. Aber er, wer immer er auch war, hatte mich so lange schon in einem sehr guten Tempo mitgezogen. Jetzt alleine loszuziehen, wäre einfach nur unsportlich gewesen. Ich nahm also wieder Tempo raus und wartete die letzten paar hundert Meter, bis er wieder neben mir lief.
Bei Kilometer 21 gaben wir uns die Hände, beglückwünschten und bedankten uns und liefen dann gemeinsam über die Zielmatte. Ich hatte beim laufen schon viele schöne Momente, aber dies war auf "menschlicher" Ebene das beste, was mir bisher passiert ist.
Letzendlich sprang eine 1:53 bei dem Rennen raus und war damit mehr als glücklich.
Um den Tag perfekt zu machen, fuhren wir anschließend noch 40 Minuten weiter gen Norden und ließen den Tag bei einem Spaziergang im Watt ausklingen. DAS war dann entspanntes Laufen ;-)
Viele Grüße,
Peter

Gorch Fock Halbmarathon 2009
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