Meine Freundin, die mitlaufen wollte, ist über Nacht krank geworden und musste absagen. Jetzt laufe ich halt alleine – mit 18.000 anderen Frauen und Mädchen.
Ca. 2 h vor dem Start fahre ich mit dem Zug nach Wien. Immerhin habe ich aus dem Stress der vergangenen zwei Jahre gelernt. Denn der Start befindet sich in der Mitte der Praterallee und die Kleiderabgabe bei der Messe. Also ein ganz schönes Stück Fußweg vom Bahnhof Praterstern.
Gemütlich schlendere ich zum Start. Dieses Jahr habe ich mir sogar das gratis Funktions-Shirt abgeholt – in der Farbe „leuchtendes Grasgrün“. Auf dem Weg begegnen mir etliche andere „Fröschinnen“ in ihren grünen Shirts. Einige von ihnen sind in der Hektik, denn der Start zum 5km Lauf beginnt eine Stunde früher.
Mich kümmert das wenig, ich hab Zeit. Bei der Abgabe meines Kleiderbeutels komm ich drauf, dass ich meinen FR 305 zu Hause vergessen habe. Nachdem ich heute ausnahmsweise beschlossen hatte, ohne MP3 Player zu laufen, war ich also ganz ohne Technik-Krimskrams unterwegs. Irgendwie fühlte ich mich richtig nackt

Da ich noch rund 45 Minuten bis zum Start hatte, nützte ich die Gelegenheit für ein ausführliches Warm-Up inkl. Lauf ABC. Dann noch schnell ein Toiletten-Gang, der aufgrund der enormen Wartschlangen vor den Klos in den Büschen erfolgte. Dabei sind mir ein paar sehr seltsame Männer aufgefallen. Mit Kameras mit Teleobjektiv bewaffnet, standen sie im Wald und fotografierten – ja, was eigentlich? Wie Vogel-Beobachter haben die nicht ausgesehen. Eher wie Spanner, die versuchten Busch-Pinklerinnen abzulichten. Sachen gibt es ...

10 Minuten vorher ging ich zu meinem Startblock. Entgegen meiner bisherigen Strategie, das Feld von ganz hinten aufzurollen, stellte ich mich heute in den mir zugewiesenen Startblock B. Hier standen die Läuferinnen schon dicht an dicht und es machte sich leichte Nervosität breit. Einige Männer gaben ihren Liebsten noch letzte Tipps („geh es am Anfang nicht zu schnell an“, „ich warte dann bei der ersten Labestation auf dich“). Endlich war es soweit. Der Startblock A wurde gestartet und eine Minute später ging es für mich los.
Der 1km war sicher viel zu schnell. Alle sind losgelaufen, als ob es eine Sonderwertung für den 1km gäbe. Dann hat sich das Feld sortiert und auch ich fand bald meinen eigenen Rhythmus. Da der Start erst um 10:45 war, war es schon recht warm und ich versuchte ich Schatten der Allee zu laufen. Bereits nach etwas mehr als 3km umrundeten wir das Lusthaus und dann ging es wieder ein Stück zurück auf der Praterallee, bis wir dann nach links in eine Aussenschleife abbogen.
Bei km5 gab es dann die erste Labestation. Ich schnappte mir zwei Becher Wasser, nahm 3 Schluck und goss mir den Rest über mein glühendes Haupt. Mittlerweile hatte ich auch schon 2 „Tempomacherinnen“ gefunden. Die beiden liefen ungefähr mein Tempo, einziger Unterschied – für die beiden war das anscheinend sehr locker. In einer Tour haben sie angeregt miteinander gesprochen, so als ob sie einen gemütlichen Trainingslauf machen. Die eine hat überhaupt wie eine Triathletin ausgesehen, die nach einer harten Einheit noch gemütlich ausläuft.
2km vor dem Ziel gaben die beiden dann Gas und ich konnte nicht mehr mithalten. Auch ich versuchte jetzt etwas zu beschleunigen. Ich fühlte mich recht gut, das Tempo war fordernd aber nicht allzu anstrengend. Ich war ja auch mit keinerlei Zeit-Ambitionen an der Start gegangen.
Dazu war meine bisherige Laufwoche viel zu anstrengend. Drei Tage vor dem Wettkampf bin ich die bis dato längste Strecke (26km)


Endlich kam die letzte Kurve Richtung Ziel. Ich versuchte nochmals zu beschleunigen und hab dann sogar noch einen ordentlichen Endspurt hingelegt. Da merke ich, dass sich das Intervalltraining schon lohnt. Leider habe ich im Ziel keine Uhr gesehen und da ich ohne FR 305 unterwegs war, musste ich bis zum Abend warten um meine Endzeit im Internet zu sehen.
Und ich war sehr positiv überrascht, als ich meine Zeit gesehen habe: 55 Minuten und 3 Sekunden



Liebe Grüße
MP3