Aber der Reihe nach...
Nach 2 Std. Schlaf klingelt um 03:30h der Wecker, endlich ist die Nacht vorbei, ich habe selten so unruhig geschlafen wie heute...
Ich packe die letzten Sachen zusammen, dusche und verlasse um 04:35h die Wohnung. Leider muss ich eine halbe Weltreise unternehmen, um zum Veranstaltungsort zu kommen - eine Möglichkeit, mit dem Auto zu fahren, habe ich leider nicht...
Nach 3x umsteigen erwische ich die falsche Station und steige zwei Haltestellen zu früh aus - mittlerweile ist es ca. 06:40, um 08:00 beginnt das Check-In, habe also genug Zeit und fahre mit dem Rad weiter - 15 km - perfekt zum Aufwärmen

Um ca. 07:10 erreiche ich das Seebad Breitenbrunn, die Vorbereitungen laufen gerade an, ich sehe mir den Schwimmbereich an, setze mich auf eine Bank und höre Musik. Auf einmal kommen mir Emotionen hoch, mit denen ich nicht gerechnet habe - es hat ja noch nicht mal begonnen, warum werde ich jetzt so sentimental?
Aber ich bin unendlich stolz, überhaupt hier zu sein - ich erinnere mich daran, wie ich vor 10 Jahren war, wie ich meinen Körper gehasst habe, ihn zerstören wollte... Und jetzt - brauche ich ihn und bin dankbar dass er "funktioniert"...
Beziehungen sind gescheitert, weil ich mich v.a. im letzten Jahr extrem verändert habe, aber heute ist mein Tag und ich weiß, alles war richtig...
Da ich noch soviel Zeit habe, überlege ich, bei den Vorbereitungen zu helfen, habe ja immerhin schon beim Ironman Austria und beim 70.3 St. Pölten volunteert - aber ich entscheide mich dagegen. Heute genieße ich es, als Athlet im Mittelpunkt zu stehen.
Irgendwann geht alles ganz schnell. Meine Arbeitskollegin, die auch zum ersten Mal teilnimmt, kommt an, gemeinsam richten wir unsere Wechselzone ein und orientieren uns dabei an erfahreneren Athletinnen. (war übrigens eine reine Damenpartie - LadiesTri)
Um 10.30 ist das Race Briefing, schnell noch zurück, Schwimmbrille holen, Schwimmkappe auf, einschwimmen, und auf einmal gehts schon los.
Die ersten 90 (ambitionierte Triathletinnen) starten um Punkt 11 Uhr mit roten Badekappen, wir (die Anfängerinnen) eine Minute später mit weißen Badekappen.
Nach ca. 5 sek. ist mein Puls auf geschätzten 200, rund um mich herum schwimmt wer, ich werde geschubst und wechsle schnell vom Kraulen ins Brustschwimmen, um mich etwas zu beruhigen...
Die ersten 250 m gehen irgendwann vorbei, mir kam es ehrlich gesagt ewig vor, das ständige Geschubse, das Orientieren an den Bojen, die Nervosität...
Dann ein kurzer Landgang und dieselbe Runde nochmals schwimmen. Das Teilnehmerfeld ist mittlerweile etwas weiter auseinandergezogen und ich finde schnell einen Rythmus. Richtig schön wird es, als ich die ersten roten Badekappen überhole

Viel zu schnell eigentlich ist es vorbei und ich renne zur Wechselzone. Vor lauter Panik, den Helm zu vergessen, setze ich ihn schnell auf und merke erst dann, dass ich mein Top ja noch gar nicht anhabe - geht aber über den Helm, schnell noch Socken, Schuhe, Brille, Startband (an was man da alles denken muss...) und auf gehts zum Radfahren.
Hier gehts mir richtig gut, ich kann viele überholen, das Radfahren ist halt eindeutig meine Lieblingsdisziplin. Es werden 4 Runden zu offiziell 5 km gefahren, mein Tacho zeigt am Ende aber 22,5 km an...Naja, egal...
Rein in die Wechselzone, Sprunggelenksschiene drauf, Laufschuhe und los gehts...Eine Katastrophe...Die ersten 1,5 km denke ich, dass ich das NIE ohne gehen schaffen werde. Irgendwie gehts dann doch, man findet langsam in den Rythmus und auf einmal höre ich die Ruhe der Fans immer näher kommen und weiß, jetzt kommt der Zieleinlauf.
Fast wäre ich falsch abgebogen, ein netter Helfer hat mich dann doch noch zum Ziel bugsiert

Und nach 1:28:06 h überquere ich nach 500m Schwimmen, 22,5 km Radfahren und 4.2 km Laufen das erste Mal in meinem Leben einen Zielbogen...Sofort bekomme ich eine Flasche Sekt in die Hand, die Medaille um den Hals und die Frage: "Und, wars super?" Klar, wars super, vor ein paar sek. dachte ich noch, ich schaffe es nicht ins Ziel, so hart war es für mich, aber klar - ich komme wieder

Die Stunde danach war ich wie im Rausch, bin mit meiner Arbeitskollegin, die jetzt eine Freundin ist, herumgesprungen wie ein kleines Kind, wir haben getanzt, gelacht, es war herrlich!
Irgendwann, lange nachdem die Zeitlisten heraußen waren, haben wir dann mal nach unserer Zeit geschaut, es war ja auch egal. Ich hätte nicht mehr geben können, das heute waren meine Grenzen, und darum bin ich für mich ein Gewinner - dass ich aus einem schüchternen Mädchen ohne jegliches Selbstwertgefühl eine Triathletin geworden bin, das ist für mich das eigentliche Ziel.
Ach ja, nur der Vollständigkeit halber: Bin 93. von 183 gestarteten Athletinnen, meine Zielzeit waren 1:30 - 1:35, habe ich also locker erreicht.
Nachdem ich mich bei der Rückfahrt zum Bhf nochmals verfahren habe, bin ich doch irgendwann zuhause angekommen.
Und jetzt darf ich mich Triathletin nennen. Endlich!
Falls es jemand bis hierher geschafft hat - Danke fürs Lesen,
LG Julia