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zum dritten Mal die Jungfrau

zum dritten Mal die Jungfrau

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Hallo zusammen,

ewig nichts mehr von mir hören lassen, aber ich hatte auch zwei Jahre pausiert... eigentlich nicht mit dem Laufen, aber mit der Teilnahme an Wettkämpfen. Hier mein Laufbericht:

Ich reiste bereits Freitag in die Schweiz und übernachtete bei Freunden am Sempacher See.
Freitagnacht um 22 Uhr bemerkte ich beim Kleider richten, daß ich wohl beim Einpacken in München meine Laufhose habe liegen lassen. Nach kurzem Überlegen fiel mir glücklicherweise ein, daß es immer Verkaufsmessen bei solchen Laufveranstaltungen gibt. Meine Klamotten hatte ich ohnehin nicht vorher eingelaufen, also mußte ich vor Ort nur eine Laufhose finden, die paßt.
Morgens um 5 vor 6 bin ich nach kurzem Frühstück losgefahren, über den Brünigpaß war ich dann um 7 in Interlaken auf dem Parkplatz. Schnell alles für den Lauf in einen Rucksack gepackt und zur Toilette. Schließlich muß ja noch eine Hose ausgesucht werden, und die Startnummer am Shirt angebracht werden. Glücklicherweise fiel mir auf dem stillen Örtchen ein, daß ich in aller Hektik meine Startkarte noch im anderen Rucksack liegen hatte, der im Auto verblieb. Nochmals zurück ins Auto und dann in den Bus.
Erstaunt war ich, daß wohl dieses Jahr sich alles nicht mehr im Kurhaus, sondern in einem Zelt daneben abspielt. Also bin ich dort reinmarschiert und habe mich erst umsehen müssen. Bin eigentlich davon ausgegangen, dass beim dritten Start alles wie gewohnt abläuft. Nachdem ich dann meine Startnummer hatte, konnte ich mich auf Laufhosensuche machen. Die war schnell gefunden, da es ohnehin kalt war, entschied ich mich für ein kniebedeckendes schwarzes Modell. Gleich angezogen, und der nächste Kardinalfehler. Ich nehme mir immer Magnesium-Kautabletten mit, und die ließ ich in meiner Jeans zurück, die ich mit samt meinem Rucksack dem Gepäcktransport überlassen hatte. Dann muß es halt diesmal ohne gehen, dachte ich mir.
Irgendwie sollte der Lauf nicht mein Lauf werden, hatte ich so langsam den Eindruck.
Den Rest der Zeit vertrieb ich mir mit Frieren (es war saukalt), Trinken - und am Stand von Swiss Life holte ich mir zwei Laufzeit-Tabellen. Eine für 5:15 und eine für 5:00 Endzeit. Ich hatte mich zwar diesmal bewußt dagegen entschieden, ständig das Tempo zu kontrollieren; aber an den markanten Punkten wollte ich doch wissen wie ich im Rennen lag.
Ich stellte mich in der Startaufstellung zwischen 5:00 und 5:30 Endzeit auf. Hielt ich für eine realistische Zeit, und ich wollte auch nicht zu schnell angehen. Geplante Taktik war nach zwei Stunden die Halbmarathondistanz und nach 2.5 Stunden in Lauterbrunnen vor der großen Steigung nach Wengen zu sein. Dann folgt ohnehin der Marsch auf den Berg – und das Tempo regelt sich von selbst.
Nach Abspielen der schweizer Nationalhymne erfolgte punkt 9 der Startschuß. Da ich keine Uhr dabei hatte, schaute ich beim Überqueren der Startlinie noch auf die Laufzeit – 1:29 min nach dem Startschuß war ich drüber. So kann ich mich später an den offiziellen Zeiten besser einsortieren.
Zunächst ging’s ziemlich gemächlich los, ich wählte einfach einen lockeren Schritt, und war wie immer mit Überholen beschäftigt. Schon wieder einen Fehler begangen – das letzte Mal, dass ich mich in einem Startfeld dort einsortiere, wo ich hingehöre. Du bist einfach der Dumme, denn Deine Umwege zum Überholen kosten einfach nur unnötig Zeit. Die Überholerei ging letzten Endes bis zur Halbmarathondistanz, aber der Reihe nach. Das Feld entzerrte sich diesmal viel langsamer als noch vor zwei Jahren, und ich hatte den Eindruck, trotz alledem diesmal etwas schneller unterwegs zu sein. Aber mir steckte auch kein K78 in den Haxen. Die ersten km sind ja absolut flach und dort kann man (wenn überhaupt) Zeit gutmachen.
Hinter Wilderswil kommt dann der erste strenge Aufstieg, den konnte ich problemlos rennend meistern. Vorher noch ein Gel, damit genügend Kohlenhydrate für diese erste kleine Steigung zur Verfügung stehen. Mit der Verpflegung handhabte ich das so, dass ich kurz stoppte, mir das Zeug nahm und dann weiter gegangen bin. Was hat man davon, wenn man sich verschluckt?
Unten wieder im Tal wieder hatte ich Glück, nicht von der Bahn ausgebremst worden zu sein. Einige Läufer vor mir hatten bei km 15 das Vergnügen, vor der Bahnschranke anhalten zu müssen. Und sinnigerweise ist die Verpflegungsstelle erst dahinter. Nach der Verpflegung kamen jetzt ein paar km Anstieg, bis wir in Lauterbrunnen oben sind. Hier wurde ich teilweise etwas ausgebremst, andererseits war ich wohl ohnehin viel schneller unterwegs als vor 2 Jahren. Ich orientierte mich grob an den Zeigern der Uhren, die andere Läufer am Handgelenk trugen. Irgendwie konnte ich meinen Augen nicht ganz trauen, als der 4:30 Pacemaker vor mir auftauchte, aber wenn ich mir die Laufzeitentabellen so ansah, lag das im Rahmen des Möglichen. In Lauterbrunnen die gewohnt gute Stimmung – nur dass mir diesmal kein Bier angeboten wurde. Kurz hinter Lauterbrunnen war die Halbmarathondistanz erreicht. Die Zeit 1:52:58 war geradezu hervorragend, viel schneller als ich mir vorgenommen hatte. Und diesmal trieb mich nicht der Blick auf die Uhr an. Also 5 Stunden Endzeit sollten diesmal drin sein. Nur noch die kleine Talrunde bis km 27 in dem Tempo durchziehen, und dann kommt ohnehin die Wanderung. Man hatte freie Sicht auf die Berge, wenn ich mich an den Regen am Vortag erinnere… . Irgendwie hatte ich dies Strecke länger in Erinnerung, bereits bei km 23 war im Tal die Wendemarke und es ging zurück Richtung Lauterbrunnen. Kurz nach km 25 schon der steile Anstieg. Hatte ich mich da wohl falsch an den Streckenverlauf erinnert?
Da ich ein Ziehen in der rechten Wade bzw. im Oberschenkel hinter der Kniekehle spürte, bin ich an der Stelle kurz ins Saniätszelt und habe mir die Stelle massieren lassen und nach Magnesium gefragt, was ich auch bekam. Auf die paar Minuten sollte es wirklich nicht ankommen, schließlich war nach der Massage dieses Ziehen fast weg. Nur sah ich dort auch den 5 h Pacemaker durchlaufen. Als ich wieder auf der Strecke war (nach vielleicht 3-4 Minuten) befand sich der Pacemaker gute 100 m vor mir. Jetzt wurde es brutal steil. Marschschritt ist angesagt. Irgendwie merke ich gerade, daß ich dieses Jahr noch nicht in den Bergen wandern war und daher wohl langsamer vorankomme als die Jahre zuvor. Meine Oberschenkel sind wohl nicht besonders trainiert.
Positiv ist hier mal anzumerken, daß alle 250m eine km-Tafel aufgestellt ist. Wenn der Weg eben wurde, konnte ich ein paar Meter joggen, dann wieder gehen, so wechselte das bis Wengen. Dort ins Dorf rein konnte man wieder rennen, und ich war hoch zufrieden mit meiner Zeit. 800 Höhenmeter und 30.3 km hinter mir nach 3:09:04. Immer noch in der Lauftabelle unter der 5 Stunden Zielzeit.
Jetzt sind’s nur noch 12 km ins Ziel, aber noch liegen 1000 Höhenmeter vor mir. Wenn ich mich an frühere Läufe erinnere, dann bin ich doch um Welten schneller. Und habe oben an der Moräne vielleicht mal die Chance, etwas schneller voranzukommen.
Durch den Ort bin ich, wenn’s flach war, gerannt, bergauf gegangen. Dann kommt der Anstieg Richtung Haneggschuß, es geht immer noch recht zügig voran, die gleiche Taktik wie schon vorher eingesetzt, und geschaut, daß ich mir die Option auf 5 Stunden offen halte. Klar ist schon mal, die letzten 2 Kilometer von der Moräne runter werden gerannt, da es bergab geht sind 12 min wohl kein Thema.
Dieser Bogen Richtung Jungfrau zieht sich wieder, wenigstens hat man heute einen tollen Blick auf das Silberhorn. Überhaupt hätte ich am Morgen nicht geglaubt, dass es solch ein schöner Lauf wird. Und alle 250 m wird man durch die Tafeln am Wegesrand motiviert. Dieser Lauf zählt für mich ohnehin zu den am besten organisierten Bergläufen. In Davos findet man alle 5 km eine Entfernungstafel - hier wird weit mehr Aufwand betrieben. Die Verpflegung der Läufer ist perfekt, ab km 20 gibt es überall Gel und andere Nahrung zur Stärkung – und jetzt auch die gute schwarze Zuckerplörre. Und mir geht’s richtig gut, keine Probleme mit den Haxen, nur das Kreuz tut mir weh. Blöder Gehschritt in Eisschnelllaufhaltung.
500 m vor der letzten Kontrollzeit (dieses Jahr wirklich kein Thema) an der Abzweigung Wixi geht’s wieder bergab. Ob man sich darauf freuen soll? Schließlich hat man sich die Höhenmeter hart erarbeitet. Das letzte Mal ein Gel geschluckt, keine Ahnung, wie viel ich davon insgesamt hatte. An dieser Stelle werden nun die Läufer alternierend auf zwei Strecken geschickt, ich habe das Glück, die alte mir bekannte rennen (laufen) zu dürfen. Es geht weit schneller als das letzte Mal, aber ich an dieser Stelle nun auch schon nach 4:22:47; nach wie vor davon überzeugt, unter 5 h bleiben zu können. Lächerliche 4,3 km liegen vor mir.
Nun ja, irgendwie wird man doch stark ausgebremst, und die Motivation sinkt auch, sich auf schmalspurigen Trampelpfaden an den Leuten vorbeizuschieben. Und mal ehrlich, solch ein schönes Wetter, der Blick auf Mönch und Jungfrau ist frei, da darf man auch mal links und rechts schauen. Nur in der Eigernordwand hingen Wolken. Kurze Zeit später werden die Wege wieder zusammengeführt, und dann kommt halt doch der Stau. Leider.
Aber Rumstehen fand ich auch doof, also habe ich mich auf den Gämsentrail gemacht bzw. einen neuen Weg versucht anzulegen – für die nächsten Jahre. Die Grasbüschel mögen es mir verzeihen. Glücklicherweise hatte ich jetzt wirklich keine Uhr dabei. Ich hätte mich wohl geärgert ohne Ende, was man hier an Zeit vertrödelt. Die Möräne taucht auf - endlich. Hier geht’s wenigstens nebeneinander, und als ich nahe am Ausstieg war, habe ich die Lautsprecher von der kleinen Scheidegg gehört, daß die 5 Stunden wohl rum sind. 40 min für blöde 2,7 km, da sollten mal die Zeitkalkulation der Marschtabellen sich an den tatsächlichen Laufzeiten auf diesem Abschnitt orientieren. Am höchsten Punkt gab’s wieder Schoggi - die nahm ich mir auch. Ich fragte einen Zuschauer nach der Uhrzeit, der sagte 14:10 Uhr, daraufhin ging’s in mörderischem Tempo bergab. Unter 5:15 wollte ich auf alle Fälle bleiben. Dann nochmals unter der Jungfraubahn durch, und den Rest bergab auslaufen. Es war dann eine 5:12:44 beim Zieldurchlauf, damit bin ich mehr als zufrieden. Auch wenn es letzen Endes mich etwas ärgerte, daß ich am Schluß derart ausgebremst wurde. Egal, das ist nun einmal so hier. Die Uhrzeitangabe des Zuschauers sollte mich wohl motivieren. Außerdem wollte ich gar nicht auf Zeit laufen, hatte ich doch extra keine Uhr mitgenommen.
Dann folgte das Übliche – Medaille sich umhängen lassen, Gepäck holen, Augustiner auspacken und trinken, duschen. Rückenschmerzen hatte ich, aber keine Probleme mit den Beinen. Daher entschied ich mich, nach dem Duschen mir das Kreuz massieren zu lassen. Alles verspannt, das hat man davon, wenn man in Anni Friesinger Haltung den Berg rauf marschiert.
Und dann kam die Talfahrt mit der Zahnradbahn - es dauerte eine halbe Ewigkeit, bis wir unten waren. Dummerweise bin ich über Grindelwald gefahren, über Wengen ging’s meine ich das letzte Mal doch schneller. Unten angekommen ließ ich mir meine Urkunde noch ausdrucken und bin dann zurück zum Auto. Diesen Abend ging’s noch auf Bern. Dort konnte ich dann am nächsten Tag mir den Eiger von der Altstadt aus ansehen, bevor’s wieder in die Heimat ging.

Fazit – Jungfrau Marathon der schönste Marathon, den ich bisher gelaufen bin, vielleicht deshalb auch das dritte Mal. Und so chaotisch ist es bei mir bisher nie abgelaufen (keine Hose, Magnesium nicht dabei, trotzdem meine beste Zeit hier. Wenn ich mich an meinen letzten Jungfrau-Marathon erinnere, als ich mit alternierenden Krämpfen in den Waden und den Oberschenkeln mich ab Lauterbrunnen hochquälte... .

Zum Thema Training. Einmal 28 km am Stück gerannt in München, sonst alle 3-4 Tage 17 km. 2 Wochen vorher überhaupt nicht mehr.

Viele Grüße,

Marcel.

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Schöner und plastischer Bericht!
Reizt mich richtig, diesen Lauf auch nochmal zu wiederholen.

Bernd
Das Remake
Infos zum Laufen und Vereinsgedöns gibt's auf www.sgnh.de

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Hallo Bernd,

ich hatte mir mal vorgenommen, keinen Marathon zweimal zu laufen - um mich nicht verschlechtern zu können. Aber der Jungfrau-Marathon hat einfach seinen Reiz - die beste Verpflegung die ich kenne, die Aussicht - mal schauen, ob ich nächstes Jahr wieder dabei bin. Hadere mit mir, einen Ironman zu trainieren... .

Viele Grüße,

Marcel.

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Danke für den schönen Bericht.
Cheetah hat geschrieben:Fazit – Jungfrau Marathon der schönste Marathon, den ich bisher gelaufen bin, vielleicht deshalb auch das dritte Mal.
Darum versuche ich meine Frau zu überzeugen dass wir naechstes Jahr beide starten :) Und ich möchte auch einmal bei schönem Wetter oben ankommen.

Felix

2011: 10.7.IM Switzerland 10:10:11 27.7.Tri Alpe d'Huez 7:46:58 20.8.Inferno Tri DNS 10.9.Jungfrau-Marathon DNS 17.9. Petit Trotte Vernamiege ?
DNS+? wegen Atmung

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