Ich bin so ein gesetzeskundiger Praktiker.
Also wir unterscheiden da nach drei Stufen:
1.
Tatbestand
Jede Körperverletzung ist eine Körperverletzung und bleibt auch eine. Dass die Verletzungsfolge eintrat, weil man sich gewehrt hat, bleibt auf dieser Ebene ohne Bedeutung.Hier stellt sich nur die Frage, fahrlässig oder vorsätzlich, einfach,schwer oder gefährlich.
2.
Rechtfertigung
Zu prüfen ist, ob die Verletzungshandlung gerechtfertigt ist. Dass ist sie dann, wenn sie dazu dient einen gegenwärtigen, rechtswidrigen Angriff auf sich selbst (Notwehr) oder einen anderen (Nothilfe) abzuwehren .
Ob Notwehr oder Nothilfe vorliegt ist mit den gängigen Beweismitteln zu prüfen, Zeugen, Sachverständige, etc. Da kann es schon zu Schwierigkeiten kommen, insbesondere wenn das beliebte Spiel beginnt-"der hat doch angefangen, ich hab mich nur gewehrt")
Dann wird gerne auch mal nach den äusseren Umständen geurteilt. Wenn also die Zweizentnerkraftsportfrau behauptet der 60 kg-Buchhalter mit Nickelbrille habe sie glaubhaft bedroht und angegriffen und dabei sei ihr halt dieFaust aus der Hüfte gerutscht und deswegen würden halt ein paar Zähne fehlen, so wirkt das nicht ganz glaubhaft..
Auch ist immer zu prüfen, ob die behauptete Notwehr einen gegenwärtigen Angriff stoppen sollte. Oftmals ist der Angriff schon vorbei und es wird aus Angst vor einem zweiten Angriff vorsorglich "gehandelt" oder man missversteht eine Handlung als Angriff, dabei wollte der andere nur die Wespe von der Schulter schlagen, die gerade zustechen wollte...
Dann handelt es sich um eine sog. "Putativnotwehr". Diese ist nicht rechtfertigend aber
3. Schuld
Nicht jede tatbestandsmässig begangene Handlung die nicht gerechtfertigt ist führt zur Strafe, es kann auch ein Entschuldigungsgrund vorliegen. Wenn ich also glauben musste, dass es sich um einen Angriff handelte, kann ich mich wehren, auch wenn es gar kein Angriff ist. Ich muss nicht abwarten, ob der andere tatsächlich zuschlägt, aber ich muss natürlich genau prüfen, ob ein Angriff sich soweit konkrtisiert, dass jeder vernünftig denkende Mensch Gegenmassnahmen einleitet. Hier ist viel Raum für Spekulation.
Ich empfehle eigentlich auch, lieber wegrennen, das können wir ja, als den Kampf aufnehmen. Bei der Nothilfe (Beispiel München) sieht das anders aus. Da muss man eingreifen.Fragt sich nur, ob man in einer solchen Situation auch tatsächlich genug Mut hat. Ich wär mir da selbst auch nicht sicher.