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von U_d_o
Hallo Snabada,
du solltest von Achillessehnen-Problemen einiges wissen, das mir meine A-Sehnen über Jahre (!) schmerzhaft beigebracht haben. Natürlich gehen die Schmerzen mit der Laufpause und gleichzeitiger Behandlung zurück. Schmerz ist ein Warnsignal des Körpers von der Entzündung ausgehend. Fehlt die harte Laufbelastung, klingt die Entzündung ab, der Schmerz verschwindet. Normalerweise auch ohne jede Behandlung. Genauso selbstverständlich flammt die Entzündung wieder auf, wenn die Belastung nach der Laufpause in gleicher Stärke wieder einsetzt. Trotz Behandlung.
Befreie dich zunächst von der Vorstellung deine A-Sehnen-Verletzung/Entzündung könnte ähnlich anderer Verletzungen verlaufen nach dem Muster: Verletzung -> Schonung/Behandlung -> vollständige Heilung -> Belastung wie vor der Verletzung wieder schmerzfrei möglich. So läuft das überhaupt nicht.
Für die akute Phase der Entzündung gibt es zur Laufpause keine Alternative. Wie lange die sein muss kann dir allenfalls ein Arzt sagen, der die Schwere des Problems durch sein Sensorium feststellen kann. Danach beginnst du wieder mit dem Laufen. Der Wiederbeginn muss vorsichtig erfolgen. Die Rückkehr zu vormaligen Wochenumfangen und Intensitäten muss schrittweise, behutsam geschehen. Und selbst dann werden die Sehnen noch weh tun. Beim Laufen, nach dem Laufen, je nachdem. Es wird ein monatelanger Prozess sein, bis sie - vielleicht irgendwann - nicht mehr meckern. Den Takt "Heilen -> schmerzfreie Wiedernutzung" gibt es nicht.
Möglicherweise hast du Glück und es funktioniert mit schrittweiser Näherung an frühere Laufgewohnheiten. Wahrscheinlicher ist, dass du nach einiger Zeit mit demselben Mist wieder zu kämpfen hast. Wie denn auch nicht? Schließlich gibt es eine Ursache für die A-Sehnen-Entzündung. Die Sehne entzündet sich ja nicht, weil sie keine Lust mehr hat oder um dich zu ärgern. Die Ursache sind nicht notwendigerweise hohe Laufumfänge oder harte (intensive) Läufe, also Überlastung. Die Ursache liegt vielleicht als Defizit, Defekt, Dysbalance - was auch immer - in deinem Bewegungsapparat begründet. Langfristig hast du wahrscheinlich keine andere Chance dem zu entrinnen als weniger (willst du sicher nicht) oder anders zu laufen. Mit "anders laufen" meine ich der Ursache auf den Grund zu gehen und sie zu beseitigen.
Leichter gesagt als getan. Auch das ist ein langwieriges Unterfangen. Mir gelang es mehr oder weniger zufällig das Problem zu lösen und ich weiß bis heute nicht, welche der Maßnahmen letztlich geholfen hat. Vielleicht auch alle zusammen. Als es am schlimmsten war, kurz vor dem nächsten geplanten Marathontrainingsplan, passte man mir wegen eines Spreizfußes rechts neue Einlagen an. Außerdem war Winter mit viel Schnee und ich musste drei Monate samt und sonders (!) auf der Straße trainieren. Damit entfielen die Querbewegungen, die auf Feld- und Waldwegen typisch sind und der Sehne nicht so gut tun. Darüber hinaus behandelte ich meine Sehnen nach jedem (!) Lauf mit Eis, um die Entzündung zu unterdrücken. Ich intensivierte in dieser Zeit auch mein läuferspezifisches Krafttraining (weniger wegen der Sehnen, mehr wegen des planten PB-Versuches auf der M-Strecke). Und last but not least nervte ich mich beinahe täglich mit Dehnübungen - selbstverständlich auch für die Sehnen. Für das, was dann passierte, schicke ich noch heute Dankgebete gen Himmel: Je mehr ich lief und je härter ich trainierte, umso weniger meckerten die A-Sehnen.
Das blieb bis heute so (mit zwei Ausnahmen, siehe weiter unten). Auch in meinem härtesten Jahr mit 5.000 Gesamtkilometer und 26 Ultras bzw. Marathons. Selbst nach einem 24 h-Lauf blieben die A-Sehnen friedlich. In meinem oben geschilderten Maßnahmenkatalog vermute ich die Ursache für die wundersame Lösung des Problems. Beweisen kann ich es nicht. Ich habe nur intensiv darüber nachgedacht, was in jener Zeit, als die Beschwerden abklangen anders war als zuvor. Rücksprachen mit Ärzten und Physiotherapeuten bestärken mich in der Vermutung, dass die Maßnahmen als eine Art konzertierte Aktion gemeinsam zum Erfolg führten.
Im Winter 2008/9 passierte es dann: Schleimbeutelentzündung an der Ferse links, also dort wo die A-Sehne an den Fersenknochen "montiert" ist. Ursache: Zu langes Laufen in nassem, tiefem Schnee. Es dauerte wieder ca. 4 Monate bis die Sache ausgestanden war. Aber Menschen sind nur begrenzt lernfähig. Im letzten Winter hatte ich Lust auf einen Crosstrainingslauf auf Waldboden und holprigen Strecken - wieder in tiefem, nassem Schnee. Ergebnis: Schleimbeutelentzündung diesmal rechts. Da musste ich noch nicht mal mehr zum Arzt, das Prozedere war mir ja schon klar. Noch heute spüre ich die Ferse nach harten Belastungen. Und ich hoffe das bleibt so, damit ich nicht vergesse im jetzt bevorstehenden Winter nassen, tiefen Schnee zu meiden wie der Teufel das Weihwasser ...
Ich wünsche dir alles Gute.
Gruß Udo
PS: Ach ja, hätte ich fast vergessen. Aber nach meiner langen Rede brauche ich kaum noch zu ergänzen, dass du dir das Geld für die Stütze sparen kannst.
"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger.
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe
PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h