Ich glaube, das Problem mit den deutschen Langstreckenläufern hat corrierer oben schonmal gut ausgedrückt:
" hat geschrieben:Davon muss man doch ausgehen, wenn nur ein minimaler Prozentsatz aller Jugendlichen das Laufen überhaupt probiert. Die begabtesten Kenianer laufen alle.
Und genau so isses. Glaube kaum, dass es am falschen Training liegt. Laufen, Leichtathletik generell, ist viel zu uncool in Deutschland. Anstatt, dass ehrlicher Leistungssport mal ein wenig gepusht wird, hat sich hier in den letzten Jahren eine Jogging-Massenbewegung herausgebildet, die sich vollkommen missverständlich selbst als "Laufszene" begreift (ich verweise nur mal darauf, wer sich hier im Forum alles als "Läufer" bezeichnet - mein persönlicher Favorit ist der "X Stunden - ist das noch ein Marathon"-Faden, in dem Teilnehmer davon schreiben, einen Marathon in 5:30h *gelaufen* zu sein). Dieser "Szene" fehlt jeder, aber auch jeder Bezug zum *echten* Laufen - das ist völlig vom Leistungssport abgekoppelt. Da sind uns die Fußballer Riesenschritte voraus: Jeder E-Jugendliche kennt Mesi, Alonso, Ronaldo, ... - von den deutschen Stars ganz zu schweigen. Die Spieler einer Seniorentruppe kennen z.T. wahrscheinlich die Namen aller Spieler von erster bis dritter Bundesliga auswendig. Und jetzt erkundigt Euch mal bei den Finishern eines Großsstadtmarathons, wer überhaupt mal sagen kann, was eine international konkurrenzfähige 5000m-Zeit ist (Bonusfrage: 1500m!). Oder gar nach den Namen der besten Langstreckenläufer in den letzten Jahren. Ich sag's Euch: Gebreselassie kennen ein paar und vielleicht hat mal jemand "Bekele" aufgeschnappt. Arne Gabius? Sebastian Hallmann? Carsten Schlangen? Vergesst es. Eine starke 10km-Zeit? Hmmm - da haben die Volksläufer vor zwei Jahren schonmal jemanden gesehen, der hat den lokalen Bummslauf in 33 Minuten gewonnen! Oaaaah! Weltstar, vermutlich. Es ist doch kein Wunder, dass sich davon kein Jugendlicher anstecken lässt. Und versteht mich nicht falsch: Prima, wenn sich Leute bewegen. Ist gesund und fühlt sich gut an. Wirklich (also wirklich wirklich) schön, wenn Leute Sport machen. Aber *Laufen* im Sinne von *wirklich Laufen* ist etwas anderes. Laufen ist hartes Training, Blut, Schweiß und Tränen und eiserne Disziplin. Irgendwo hab ich's neulich mal wieder gelesen: "Es gibt keine Geheimnisse der kenianischen Läufer - sie arbeiten beinhart. Der Weg zur Spitze führt nur über kontinuierliches Training, mit zähem Willen und einer entsprechenden Lebensführung in dem Bewusstsein, dies mehrere Jahre durchführen zu müssen, um erfolgreich zu sein." Toll, wenn sich wer von 4:30 auf 4:00 steigert - aber bitte, 2 1/2 mal statt 2 mal in der Woche laufen kann jeder gesunde Mensch.
Ich habe gerade mit sehr viel gutem Zureden einen 15jährigen Jungen für unser Team recruitet, der bislang Fußball gespielt hat. Der ist ohne jemals das Laufen als solches trainiert zu haben, nen 5km Stadtlauf in 17:20 gefinisht. Und was macht er? Spielt Fußball. Und das, obwohl er da wenig reißen wird (sagt sogar sein Trainer - nicht zu ihm, aber zu mir). Wenn ich den nicht zufällig in der Ergebnisliste gesehen hätte, wäre der womöglich nie beim Laufen gelandet. Der hätte sich ein paar Jahre beim Kicken versucht, womöglich mal Bezirksliga gespielt eines Tages und hätte sportlich nie seine Berufung gefunden (der mag auch kein Potential zur internationalen Spitze haben - aber bei ihm kann man wenigstens nicht gleich ausschließen, dass er nie unter 30 Minuten bleiben wird).
Wenn man hier mal ein paar ordentliche Läufer haben will, müsste man:
- Konsequent beim Fußballtraining oder Schulsportunterricht Kinder mit Potential zur Leichtathletik locken,
- coole Veranstaltungen organisieren - DM und regionale Meisterschaften im Straßenlauf in deutschen Großstädten mit "Flutlicht" und Abends im Dunkeln, statt irgendwo in der SBZ auf dem Acker / Hallensportfeste mit guten Athleten in rappelvollen Leichtathletikhallen mit Musigg dabei / gut koordinierte und mit den Vereinen abgestimmte große Bahnsportfeste mit guter Beteiligung (Zeven!),
- Jugendlichen beim Übergang zwischen Schule und Studium was bieten, damit sie dem Sport treu bleiben - jeder talentierte Fußballer bekommt nen Platz im Internat - warum nicht mal Läufern Kost und Logis während der Zeit ihres Studiums anbieten (bei Vereinen angesiedelte "Athletenhäuser") - und zwar nicht einem oder zweien, sondern zwanzig, damit auch ein bisschen Teamdynamik aufkommt.
Als hier Deutschland zu Beginn des Jahrhunderts im Fußball zu schrecklich abgegekackt ist, haben alle ein Riesendrama draus gemacht und die tollsten Förderkonzepte im Fußball auf die Beine gestellt. Und jetzt? Sorry an den einen, der hier meint, wir wären nicht konkurrenzfähig: Top-4-Platzierungen am laufenden Band und diverse deutsche Weltklassespieler. Sowas ginge in der Leichtathletik durchaus - was fehlt, ist Kohle und Engagement. So schaut's aus.