Hallo Elfe,
jetzt weiß ich gar nicht wo beginnen. In deinem Posting stecken viele Fragen und noch viel mehr Zusammenhänge. In dem Sinne: Fast ein jedes hängt vom anderen mit ab. Ich fang einfach mal an, selbst auf die Gefahr hin etwas ungeordnet zu schreiben und möglicherweise mich da und dort auch zu wiederholen.
Zunächst frage ich mich, woran du deine Selbsteinschätzung "untalentiert zum Laufen" festmachst. Wenn dich lediglich deine bisherigen Leistungen bzw. dein Leistungszuwachs dazu veranlassen sollte, dann müssten wir uns ALLE als untalentiert einschätzen. Denn gemessen an den jeweils deutlich Besseren, krebsen wir alle in der Gegend rum. Und falls du mit deinen Ausdauerzuwächsen unzufrieden bist, dann liegt das höchstwahrscheinlich an den "nur" drei Trainingstagen und dem nicht optimierten Trainingsprogramm. Wobei ich dich gleich provozieren möchte. Du beschreibst dein Training mit langem Lauf, Intervallarbeit und einer dritten Einheit pro Woche nach Gusto. Falls es so sein sollte, dass sich dieses Programm in annähernd derselben Weise von Woche zu Woche wiederholt und dabei die Anforderungen (Tempo, Dauer, Wiederholungen) nicht steigen, dann ist das gar kein Training. Training zielt auf Leistungssteigerung und die ist nur mit stetig steigenden Belastungen zu erreichen.
Damit will ich nicht sagen, dass Leistungssteigerung etwas Notwendiges oder Erstrebenswertes ist. Es geht mir vor allem darum zu erklären, dass bei einem gleich bleibenden oder wenig abweichenden Pensum / Programm, der Körper sich genau darauf anpasst. Er bringt dann genau diese Leistung, aber eben auch nicht mehr. Man wird weder schneller noch gelingt es einem weiter zu laufen. Die eintretende Stagnation ist also völlig normal und man sollte sie sich nicht als fehlendes Talent auslegen oder sonstwie falsch interpretieren.
Wem es auschließlich um den Spaß an der (Lauf-) Bewegung und seine Gesundheit geht, der tut mit einem Programm wie deinem wirklich genug (Mediziner gehen davon aus, dass man aus etwa 30 km bzw. 3 Stunden Lauftraining pro Woche, verteilt auf mindestens drei Tage pro Woche ein Maximum an guten Effekten auf den Organismus ziehen kann. Wer weniger läuft, sollte mehr tun, wer mehr läuft erzielt gesundheitlich keinen Mehrwert).
Nun weiß ich nicht, wie du auf die Idee kommst, dass Lauftraining an zwei Tagen unmittelbar hintereinander schädlich sein könnte. Richtig ist natürlich, dass Einsteiger zwischen zwei Lauftagen auf jeden Fall einen Laufruhetag einlegen sollen. Das liegt daran, dass ihr Körper 48 Stunden braucht, um sich vollkommen zu erholen und den Effekt des Trainingsmehrwertes (Superkompensation) einzufahren. Nach einer Belastung baut der Körper vor und häuft von allem mehr an, um bei der nächsten gleichartigen Belastung vorbereitet zu sein. Die Dauer dieser Regeneration verkürzt sich jedoch mit der Zeit und mit den wachsenden Anforderungen des Trainings. Nur weil das tatsächlich so ist, können Leistungssportler täglich und Spitzensportler sogar 2 x täglich trainieren. Die Verkürzung der Erholzeit wächst mit der Ausdauer, sie gehört einfach zur Ausdauer dazu. Und wenn jemand wie du schon - auch wenn krankheitsbedingte Unterbrechungen dich zeitweilig hindertern - seit 6 Jahren läuferisch aktiv ist, dann gibt es nicht den mindesten Zweifel, dass für dich vier Trainingstage pro Woche verträglich sind. Natürlich wäre es ungut, an diesen beiden, nicht durch Pause unterbrochenen Tagen ausgerechnet die zwei härtesten Einheiten aufeinander folgen zu lassen. Am belastendsten ist der längere Lauf, auch wenn er mit der geringsten Intensität (Tempo) ausgeführt wird. Die vielen Schritte muss der Bewegungsapparat kompensieren und sich danach vollständig erholen. Und das Intervalltraining, normalerweise auch eine hoch belastende Einheit, sollte zeitlich vom langen Lauf getrennt sein. Sinn ergibt beispielsweise das folgende Wochenprogramm
Mo: Laufpause
Di: Dauerlauf, mittleres Tempo, mittlere Länge
Mi: Intervallarbeit
Do: Laufpause
Fr: Dauerlauf ähnlich Di
Sa: Laufpause
So: Langer, langsamer Lauf
Um deinen Körper immer wieder mit anderen Belastungen zu reizen und Anpassungen in Richtung mehr Ausdauer zu erreichen, ist es auch sinnvoll von diesem grundsätzlichen Rahmen dann und wann abzuweichen. Zum Beispiel so:
Mo: Laufpause
Di: Dauerlauf, mittleres Tempo, mittlere Länge
Mi: Laufpause
Do: Intervallarbeit
Fr: Dauerlauf ähnlich Di
Sa: Laufpause
So: Langer, langsamer Lauf
Oder nach Gewöhnung an vier Lauftage auch mal bewusst eine Härte setzen und am Tag vor dem längsten Lauf einen Dauerlauf machen, also so:
Mo: Laufpause
Di: Dauerlauf, mittleres Tempo, mittlere Länge
Mi: Laufpause
Do: Intervallarbeit
Fr: Laufpause
Sa: Dauerlauf ähnlich Di (vielleicht etwas kürzer)
So: Langer, langsamer Lauf
Wenn du dein Training selbst gestaltest, solltest du darauf achten, die Anforderungen zu steigern. Dauerläufe sollten etwas länger werden und die im mittleren Tempo von Zeit zu Zeit auch im Tempo etwas angehoben werden (falls du nicht mit Pulsmesser läufst, denn der besorgt das sozusagen "automatisch"). Die Intervallarbeit sollte ebenfalls von Woche zu Woche variieren, um immer wieder andere Reize zu setzen. Grundsätzlich kannst du zwischen Fahrtspiel und Intervalltraining wählen. Aber auch innerhalb der Methode Intervalltraining wechseln. Auf 4 x 5 min schnell reagiert der Stoffwechsel anders als auf 6 x 3 min schnell. Und auch das Tempo der Intervalle, wie ihre Zahl steigt mit der Zeit (allerdings reicht es, diese Veränderungen nach einem kompletten Trainingszyklus, also so etwa 10 bis 12 Wochen vorzunehmen). Intervalltraining solltest du nur einmal pro Woche machen, dafür aber richtig: Konstantes anspruchsvolles (=schnelles) Tempo über das ganze Belastungsintervall, Tempo über die verschiedenen Intervalle beibehalten, nicht langsamer werden, zwischen den Intervallen eine lohnende Pause (= nur so lange pausieren, bis der Puls wieder runtergekommen ist, in der Pause sehr langsam traben, nicht gehen).
Um die vollständige Regeneration zu sichern und auch zu erreichen, dass der Körper den Trainingsmehrwert über die Wochen stabilisiert, solltest du in einem 3:1 oder 2:1 Wochenrhythmus trainieren. Das bedeutet (2:1), dass auf zwei Wochen Belastung mit steigenden Anforderungen eine Regenerationswoche folgt, in der die Belastung deutlich zurück genommen wird. Das könntest du erreichen, indem du einen Trainingstag wegfallen lässt und zusätzlich den langen Lauf verkürzt. Du wirst feststellen, dass du in der Woche drauf nichts an Ausdauer verloren hast. Im Gegenteil!
Nun noch zu anderen Aspekten deines Beitrages. Du schreibst "Ausdauer fällt mir leichter als Geschwindigkeit". Das zeigt, dass du das "Wesen" der Ausdauer nicht richtig einschätzt. Tempo und Distanz gehören zusammen und ergeben gemeinsam eine Ausdauerbelastung. Ausdauer ist nicht dadurch gekennzeichnet dass man "langsam und weit" läuft. Wenn du nicht schnell über eine gewisse Distanz laufen kannst, dann deshalb, weil - salopp formuliert - derjenige Teil deines Energiestoffwechsels, der das Tempo ermöglicht nicht ausreichend trainiert wurde. Grundsätzlich gilt: Um schnell über eine bestimmte Distanz zu laufen, muss ich Tempo trainieren. Das geht zum Beispiel mit Intervalltraining. Aber das muss passen (wenn sich Intervalltraining zum Beispiel nicht "hart" anfühlt, dann bringt es auch entsprechend wenig - ist leider so).
Zu deinen Rückenproblemen: Ich habe chronische Rückenprobleme, seit sicher 20 Jahren. Eine Zeit lang hielt ich es für gewagt Marathon oder mehr zu laufen, weil doch jeder weiß, welche Kräfte dabei auf die Bandscheiben wirken. Immerhin lief ich meinen ersten Marathon erst im zarten Alter von 48 Jahren. Anlässlich eines Bandscheibeneinrisses, der mich anderthalb Tage lang flach legte und nach dem ich dann binnen Stunden wieder mein Marathontraining fortsetzen konnte und - wie du - den Effekt genoss nach ein paar Minuten Laufen schmerzfrei zu sein, fragte ich meinen Orthopäden: "Kann ich meinem Körper trauen, wenn er sagt "lauf, dann wird es besser!" Darauf bekam ich die ganz entschiedene Antwort, dass ich dem fehlenden bzw. weichenden Schmerzempfinden unbedingt vertrauen kann. Und auf die Frage, wie das denn möglich ist, wo doch bei jedem Schritt die Bandscheiben zusammen gedrückt werden, meinte er: "Durch das Laufen spannt sich die Haltemuskulatur entlang der Wirbelsäule an. Ein Effekt, der durchaus eine verrutschte Bandscheibe wenigstens zum Teil wieder in Position drücken kann. Das muss nicht so sein, kann aber. Nach seiner Rede gilt: Wenn keine Schmerzen, dann kein Problem. Oder umgekehrt: Wenn ich laufe und es wird besser, dann gibt es als Therapie nichts Besseres als zu laufen.
Dass dein Arzt dir vom Laufen abgeraten hat, war - vielleicht - ein ärztlicher Schutzreflex, um mehr Schaden zu verhindern. Vielleicht steht er dem Sport auch nicht positiv gegenüber. Oder es fehlen ihm positive Erfahrungen/Rückmeldungen seiner Patienten, wie du und ich sie gemacht haben. Wenn Menschen Probleme im "Kreuz" haben, dann sind die eben außerordentlich unterschiedlich.
Was die verkürzten Waden (wegen Stöckelschuhen) angeht, weißt du wahrscheinlich, wie du durch Dehnungen entgegen arbeiten kannst, um letztlich die Verkürzung aufzuheben. Falls nicht, findest du Anregungen unter diesen Links
(Link 1,
Link 2,
Link 3 und für viele weitere einfach "Dehnübungen für Läufer" in die Suchmaschine eingeben 26.500 Ergebnisse!).
Sollte es notwendig werden, Kraft- und Lauftraining ausnahmsweise mal am selben Tag zu absolvieren, dann ist die Reihenfolge 1. Kraft 2. Lauf die bessere. Allerdings sollte an diesem Tag wirklich nur ein mäßig weiter, nicht zu schneller Lauf auf dem Programm stehen, weil das Krafttraining schon eine gewisse Ermüdung hinterlässt.
Ich hoffe ich konnte deine Bedenken in Hinblick auch einen vierten Trainingstag zerstreuen und wünsche dir Erfolg und Spaß.
Gruß Udo