Gegen Ende des letzten Jahres befiel mich der Gedanke, dass zum Jahresabschluss noch ein etwas anderer Lauf her müsste. Leider war ich dann an dem betreffenden Termin krank, so dass die Verrücktheit ins Folgejahr weiter geschoben wurde. Zu meiner großen Freude habe ich recht schnell einen Ersatztermin gefunden.
Im Internet stand da unter anderem:
25 km, altitude pos: 885m , altitude neg: 847 m
Na, das klingt verrückt genug. Nur, wie bereitet man sich auf so etwas vor?
Versuch macht kluch.
Da ich sowieso im Marathontraining bin, dürfte die Streckenlänge nicht das Problem sein. Aber die Berge....

Also werden wöchentlich zwei der Trainingseinheiten an den Berg verlegt. Das waren sowohl kürzere Läufe, als auch Intervalle (wenn da 4 Min. steht, wo steht denn, dass die flach sein müssen?), langer Lauf oder TDL.
Nach bestem Wissen und Gewissen vorbereitet geht es dann sonntags auf in die Ardennen.
Ein wiederholter Blick auf das Höhenprofil macht die Sache auch nicht besser.

Auf der Starterliste waren durchaus Wiederholungstäter zu finden. Das lässt die Vermutung aufkommen, dass die Sache durchaus Spaß machen könnte.
Ein Plakat bei der Anmeldung macht deutlich, wie die Strecke markiert ist. Damit nachher niemand verschollen ist. (Die Markierung war wirklich Idiotensicher. )
Es ist noch recht kühl, also bleiben Jacke und Buff mit dabei. Beim Einlaufen friert man wenigstens nicht. Einlaufen? In einem kleinen Park ein paar Runden joggen. Die einzige halbwegs ebene Strecke, die zu finden ist. Allmählich lässt sich erahnen, wie es nachher unterwegs sein wird.
Dann irgendwann endlich geht es zur Startaufstellung. Keine Matte, keine Linie (ist mir zumindest nicht aufgefallen.), aber auf ein-zwei Meter mehr oder weniger kommt es hier wohl auch nicht an.
Und dann geht es los. Die ersten 500m leicht bergab, durch den unteren Teil des Ortes, und nach gut 1 km verschwinden wir auf einem Singletrail im Wald. Der kommt leider so früh, dass es ein ziemliches Gedränge gibt. An überholen ist kaum zu denken. Aber es ist garantiert von Vorteil, wenn man anfangs zwangsgebremst wird. Da kommen noch genügend km, um sich zu verausgaben.
Zuerst bleibt es noch recht flach. Dann kommt die erste Treppe. Hier lieber noch einmal gehen. Überholen hieße im Hang laufen. Nun wechseln sich Wege und Pfade ab. Es geht aber von der Tendenz her stetig nach oben. Ungefähr bei km 3 ist der erste Gipfel erklommen. Es geht eine Straße hinunter bis in einen kleinen Ort. Allmählich wird mir doch warm. Wer hat behauptet, man benötigt etwas auf dem Kopf? Der Buff ist schon längst ums Handgelenk gewickelt. Und eigentlich wäre ich froh, die Handschuhe auch los zu sein. Gesagt, getan. Hände frei machen. Dabei fällt mir natürlich der Buff runter.

Wir kommen in das Dorf. Natürlich laufen wir nicht im Bogen die Straße runter, sondern es gibt eine „Abkürzung“ eine kurze Treppe hinunter. (km 5)
Auf der anderen Seite sieht man Läufer, die den nächsten Anstieg in den Wald in Angriff nehmen. Ich habe inzwischen das Gefühl, allmählich eingelaufen zu sein. Der Anstieg ist moderat und (noch) auf Asphalt. Da kann man dann auch mal etwas zügiger werden. Weiter geht es im Wald bis zum ersten Verpflegungspunkt. (km 6). Und danach geht es dann auch gleich zur Sache. Scharf links um die Kurve. Und (zumindest dem Gefühl nach) senkrecht den Hang hoch.
Allmählich fängt das ganze an, richtig Spaß zu machen.

Der nächste Abstieg kommt bestimmt. Hier in Form eines breiteren Waldwegs. Den kann man teilweise richtig schön runterbrettern.

Ich schaue mir die Startnummern an. Alle bis auf einen haben eine schwarze Nummer. Ich orange. Mist.
Die Folge des ganzen: Am Fuß des Berges, nächste Verpflegungsstelle und Teilung der Strecke. 14km rechts, 25km links.
Schwupps biegt der ganze Trupp nach rechts ab. Nach links sind wir nur noch zu zweit.
Allerdings ist den Läufer ein Stück zu schnell für mich. Da mit zu rennen traue ich mich nicht. Es sind ja noch ein paar Kilometerchen zu laufen.
Ein Stück geht es (fast) eben weiter. Dann natürlich – wie sollte es anders sein – wieder hoch. Vor mir ein Läufer, der immer abwechselnd läuft und geht. Der sollte doch irgendwann zu kriegen sein.... Die Abschnitte bergauf sind ja immer 1,5 bis 2 km lang. Da hat man viel Zeit.
Irgendwann habe ich ihn eingeholt. Zu meinem Leidwesen spricht er wenig Deutsch, lieber Französisch. Vermutlich ein Belgier.
Meint, er ist nicht fit. Wäre besser zu Hause geblieben. Trotzdem können wir eine Weile zusammen laufen. Eine nette Abwechslung zu den einsamen Teilen. Aber kurz vor Ende des höchsten Anstiegs ist es soweit. Er wird langsamer.
Ich bin wieder allein. Recht zügig werde ich von einem jüngeren Läufer überholt. Kein Gedanke an mitlaufen. Bergauf bin ich nach wie vor eine Schnecke.
Dann ist die Höhe erreicht. Hier bin ich nun doch froh, die Jacke dabei zu haben. Es weht ein heftiger Gegenwind. Und man hat einen grandiosen Ausblick. Wie auch zwischendurch immer wieder. Sofern man nicht auf den Boden starrt, um sich nicht die Haxen zu brechen.
Ein Stück über eine Straße. Weiter vorne kann ich drei einzelne Läufer sehen.
Dann kommt wieder ein Verpflegungspunkt. Wie weit noch? Sie sind sich uneinig. Noch 7 oder 8 km. Ich versuche zu überschlagen, welche Zielzeit drin ist, aber man weiß ja nicht, was noch so kommt. Und das Hirn ist auch schon ziemlich leer. Das Blut wird in den Beinen gebraucht. Denn....
Da ist er, der Abstieg der Abstiege.

Deutlich zu erkennen hingegen die Spur, die die Läufer von mir hinterlassen haben.
Slalom? War gestern.
Heute haben wir es eilig. Die dunkle Linie aufgewühlter Blätter zieht sich senkrecht den Hang hinunter. Nun ja, dann ist es wohl möglich. Im freien Fall? Nee, es fühlt sich eher so an, als ob man bei jedem Schritt aus vollem Lauf stoppt. Allmählich beginnen die Oberschenkel zu mosern. Isnichmehrweit. Wieso mache ich das? Isnichmehrweit. Verdammt, ist das anstrengend....
Und unten angekommen. Möglichst locker die nächsten 300m Waldweg zum Verpflegungsstand laufen. Denn danach kommt was ganz nettes: Ein hubbeliger Pfad parallel zum Hang, kaum weniger schräg als der Hang selbst. Ungünstiger Zeitpunkt. Die Beine fühlen sich an, als ob sie gleich zu sind. Selber Schuld, wenn man bergab keine Wege benutzt. Hoffentlich dauert das nicht zu lang.
Allmählich werden die Beine lockerer, der Weg etwas ebener.
Ein Stück gehrt es an der Eisenbahn entlang. Dann geht es natürlich wieder bergauf. Hier erlaube ich mir nun, die steilsten Passagen zu gehen. Laufend wäre ich inzwischen auch nicht mehr schneller.
Das Beste ist das Wissen: Das ist der letzte große Berg. Danach kommt nur noch der Schlussanstieg zum Ziel.
Bergauf werde ich von einem Mann überholt. Der kann mit seinen langen Beinen einfach schneller gehen.

Der letzte Berg ist erklommen. Die Beine tun weh. Aber es geht wieder runter. Man kann das Schloss auf dem Nachbarberg sehen. Das Ziel. Jetzt ist es wirklich nicht mehr weit. Vielleicht 2 km? Einfach runter und wieder hoch? (Nee, noch mindestens drei. Wie ich im Nachhinein herausgefunden habe.)
Ein schöner Waldweg, auf dem man es noch mal wieder so richtig rollen lassen kann. Der „Überholer“ joggt vor mir. Ob er Probleme mit den Knien hat? Oder ist er vom Berg so platt? Erstaunlicher Weise sind die Beine jetzt wieder locker. Kurz mit dem Fuß auftippen, fallen lassen, auftippen, fallen lassen. So sehr ich mich bergauf auch quäle. Runter geht immer.
Die Ernüchterung folgt auf dem Fuße. Das heißt, am Fuße des Berges.
1. es geht nicht geradeaus durch den Ort zum Schloss hoch. Die Strecke biegt nach links ab. Ins Ungewisse.
2. Die Leichtigkeit ist irgendwo auf der Strecke geblieben. Ebene Asphaltstraße. Einfach zu laufen. Nur irgendwie komme ich nicht richtig von der Stelle.
Eigentlich müsste ich rechts abbiegen. Die Augen suchen nach dem Hinweis, dass ich das auch endlich darf. Ja, da vorne über den Campingplatz/Sportplatz(?) und dann ...bin ich hier richtig??


Nach dem Rausklettern sieht man dann aber doch wieder Markierungen. Und zwei Gendarmen weiter vorne auf einer Straße, die man überqueren muss. Uns jetzt nur noch hoch zum Chateau. Nur noch? Trampelpfad, Treppen, und 50, 60, 70?? Höhenmeter.... Eine Mischung aus gehen und laufen.
Nach ein paar Biegungen des Pfades Blick zurück. Mehrere Läufer über die Strecke verteilt. Aber eine Frau kann ich nicht entdecken. Also kein Grund zu (extremer) Eile.
Die letzte Biegung. NOCH eine Treppe. Dann ist man im Bereich des Schlosses. Dort noch eine kurze Treppe hoch.(gehen


Das tue ich dann auch.
Mensch, bin ich fertig.
Und Wahnsinn, das hat suuuper Spaß gemacht.