Nachdem ich 2009 am Syltlauf teilgenommen habe, war mir klar, das wird nicht meine erste und letzte Teilnahme gewesen sein. Obwohl ich damals ziemlich kämpfen mußte um in die Wertung zu kommen, war mir nach dem Lauf klar "Ich komme wieder, sobald ich wieder reif für die Insel bin"

Die Sylter nehmen es leider sehr genau mit dem Zielschluß

4 Stunden nach dem Start wird die Uhr angehalten, jeder der jetzt noch ins Ziel kommt hat Pech gehabt

Im letzten Jahr habe ich mich leider vergebens um eine Teilnahme bemüht, deshalb wollte ich umso dringender 2011 beim 30. Syltlauf dabei sein. Entsprechend groß war die Freude, als Anfang September 2010 meine Startkarte im Briefkasten lag
Also ging es Mitte letzter Woche mit Mann und Maus auf nach Sylt. Als wir dort ankamen graute mir schon vor dem Sylter Wetter. Für Sonntag waren da noch Windstärke 6 und Schneeregen angesagt

Doch der Wettergott hat all meine und wohl auch die Gebete der übrigen 1408 Teilnehmer erhört und uns nach morgendlichen 2 Grad und Nebel einen herlichen ungewöhnlich windstillen Sonntag beschert.
Um 8:15 habe ich mich auf den Weg gemacht. Wie üblich waren die Sylter Verkehrsbetriebe mal wieder im vollen Einsatz um die Läufer auf der Insel einzusammeln und an die Südspitze nach Hörnum zu bringen.

Das ist wirklich toll organisiert. Man kann an beliebiger Bushaltestelle auf der Insel warten und ist spätestens 10 Minuten später im Shuttlebus.
Im Bus gibt es jede Menge Geschichten von alten Hasen, die schon die Hälfte und mehr der 30 bisherigen Syltläufe absolviert haben. Die Ersttäter hören gebannt zu und man merkt, wie die Spannung auf das, was da kommen mag ins Unendliche steigt.
Ich erinnere mich genau, wie mir einer dieser Hasen vor 2 Jahren vom berüchtigten 'Tal des Todes' erzählt hat, wo sich jedes zu-schnell-angehen unbarmherzig rächt. Für mich war und ist gerade dieses Tal das Beste, was der Syltlauf zu bieten hat. Und ich freue mich schon darauf, wenn der Luxusort Kampen hinter mir liegt und ich in die Stille und rauhe Schönheit dieser Dünenlandschaft eintauchen darf
In Hörnum angekommen sind die Insassen des Buses schon keine Unbekannten mehr. Wir wünschen uns gegenseitig einen schönen Lauf, kaum jemand ist hier um irgendwelchen Bestzeiten hinterher zu hecheln, obwohl die Spitze die 33.333 KM glatt unter 2 Stunden hinter sich läßt

Aber dafür sind wir nicht hier

Ich will jeden Meter geniessen und diese wunderschöne Insel unter den füßen spüren. Um kurz vor 10 stehen wir dann alle erwartungsvoll und frierend im Startbereich. Wie üblich sitzt der Initiator dieses Laufes in einem

Baukran-Korb (diese Kräne, die die Stadtwerke zum Austausch der Straßenlaternen nutzen) Erwähnt die Ehrenläufer wie den einzigsten Teilnehmer, der bei allen 30 Läufen dabei war, die Vereine mit den meisten Teilnehmern etc.... Dann kommt die entscheidende Frage: SEID IHR REIF?... REIF FÜR DIE INSEL? Das erste zaghafte "JAAA" der Teilnehmer reicht Ihm wie üblich nicht

Also noch einmal...
Nun scheint Ihm unsere Antwort zu genügen und es geht endlich los.
Die ersten Kilometer fliegen nur so dahin. Ein langer Wurm zieht sich auf dem Radweg der Süderstraße Richtung Norden. Die Straße ist nicht gespeert und so fahren jede Menge hupende und jubelnde Anhänger an uns vorbei. Oje, ich lasse mich mal wieder von der Masse mitreißen

Wie war das noch mit dem 'Tal des Todes'

Egal, ich habe keine Lust mich von der Uhr geiseln zu lassen und laufe ohne auf die Uhr zu schauen weiter. Der schnurgrade nach Norden führende Radweg wird mit der Zeit etwas langweilig... Gut zu wissen, das der Syltlauf noch eine Menge schönes zu bieten hat. Bei KM 9 gibt es die ersten Getränke und die Gewissheit, jetzt ist es bald geschafft, noch knappe 5 KM dann geht es ab ans Meer. Allmählich kommt die Sonne raus und ich merke, dass ich mit meinem Wintershirt viel zu warm eingepackt bin

Egal, läßt sich nun nicht mehr ändern. Weiter geht es Richtung Westerland und rauf auf die Strandpromenade. Zuschauer stehen Spalier, klatschen ab und feuern uns an. Herrrlich!!! Am Ende der Promenade entdecke ich endlich meinen Mann und unsere Maus

Küsschen hier, Küsschen da und schon geht es weiter. Ich freue mich riesig auf die zweite Hälfte des Laufes. Die Einöde des Radwegs ist schon fast vergessen. Jetzt kommt Sylts schönste Seite

Schnell noch durch Kampen durch. Langsam macht sich etwas Müdigkeit in den Beinen breit. Naja, ich bin bei KM 23, soweit bin ich in diesem Jahr noch nicht an einem Stück gelaufen. Nein, ich laufe weiter, hier kommt gleich das schönste Stück und außerdem sind es nur noch 5 KM bis zum nächsten Wasserstand. Da kann ich ja ein wenig gehen. Bei KM 26 kommt mir eine Art Mantra in den Kopf "Runaway from you" Eurythmics. Immer wieder Rufe ich es auf "Run, Run, Run...."
Irgendwo zwischen KM 27 und 28 siegt der innere Schweinehund gegen mein Mantra. Ich laufe ein paar Meter, das tun schließlich fast alle um mich rum.... Nach ein paar erholsamen Schritten verfalle ich wieder in den Laufschritt, so geht es weiter durch's Tal des Todes. Ich fühle mich aber eigentlich super und genieße die Landschaft und den knallblauen Himmel um mich rum. Die letzten 3 KM laufe ich dann wieder durch und erreiche nach 3:34 überglücklich das Ziel.
Auf der Busfahrt zur Dusche sitze ich neben einer Ikone des Syltlaufs. Anneliese aus Uelzen ist schon zum 26ten Mal dabei und wir unken, dass ich in 25 Jahren wie sie dort im Bus bei einer Flasche Flens sitze und einem erstaunten Syltneuling von meinen schönsten Syltläufen berichte
Ich freue mich schon auf meinen Syltlauf Nr. 3
