Im November 2010 war es, als ich den Entschluss fasste, mit dem Laufen zu beginnen - verbunden mit der Hoffnung, das ein oder andere meiner 110 Kilos (nicht erschrecken, ich bin auch 196 cm groß) loszuwerden.
Als erste kleines Ziel setzte ich mir den Silvesterlauf, mit 5,8 KM um den Maschsee in Hannover doch eine Distanz, die ich mir mit etwas Training zutraute. Hat auch geklappt - in 38 Minuten umrundete ich den See - es musste also ein neues Ziel her: Der Halbmarathon in Hannover. Ankommen und das möglichst unter 2:30 - für mich eine echte Aufgabe.
Die viele Trainingsarbeit schien sich auszuzahlen - nicht nur 8 KG Gewicht verloren, auch meine Zuversicht , den HM zu schaffen wuchs von Tag zu Tag. Am 8.4. gab es denn eine kleine Generalprobe beim 10 KM Volkslauf in Hämelerwald. Anschließend hatte ich denn auch die Lektion „Bloss nicht zu schnell starten“ gelernt - dachte ich zumindest.
Dann wurde es endlich Mai - die Streckenschilder wurden in Hannover aufgestellt, die blaue Linie der Marathonstrecke zog sich durch die Stadt - und meine Aufregung stieg ins unbeschreibliche. Am 3. Mai noch ein letzter Trainingslauf - und siehe da, mit 31 Minuten persönliche Bestzeit auf der Maschseerunde.Mein Ziel, unter 2:30
Dann war es soweit, das Marathon-Wochenende war da. Freitag gleich die Startunterlagen abgeholt - und bereits dort die tolle Atmosphäre gierig aufgesogen. Samstagabend zur Beruhigung noch ein Bummel über das Hannoversche Frühlingsfest, auf dem weg dorthin am Rathaus vorbei und einen Blick auf den Zielschild geworfen - und zur Sicherheit fotografiert, wer weiss denn, ob ich es Sonntag zu Gesicht bekomme.
Sonntagmorgen zeitig aufgestanden, beim Bäcker nicht nur Vollkornbrötchen, sondern auch viele gute Wünsche abgeholt - meine morgendlichen Trainingseinheiten hatten Spuren hinterlassen :-)
In der Bahn bereits unendlich viele Leute in Sportkleidung und mit angehefteten Startnummer - alleine musste ich also nicht starten. Am Rathaus noch ein Ausflug ins Dixi Häuschen - bzw in die Schlange davor. Nach einer kurzen Panikattacke beim Blick auf die Uhr entschloss sich die Dame vor mir denn doch das Häuschen zu verlassen. Noch 15 Minuten bis zum Start - also auf in den blauen Startblock. Ich konnte gerade noch so durch das Gitter schlüpfen, die Platzsuche erübrigte sich - es war unglaublich voll. Später im fernsehen habe ich gesehen, das ich noch Glück katte, viele Läufer konnten erst nach dem Start in den Startblock gehen.
Dann der Startschuss. 2-4 Minuten warten, dann setzte sich auch mein Block in Bewegung. Kurz nach dem Start bereit die ersten Trommler an der Strasse und unglaublich viele Menschen. Was für ein tolles Gefühl , Teil dieses riesigen Starterfeldes zu sein.
Bei KM 1 der erste Schreck : 5:50 - eigentlich viel zu schnell, also versuchen Tempo rauszunehmen. Klappte nur nicht - wirklich. Bei KM 2 ein flüchtiger Blick auf „meine“ AWD Arena - die Zeit 5:43. KM 3 in 5:38, KM 4 5:32 - im grunde genau das was ich vermeiden wollte. Aber ich fühlte mich Klasse und hatte eher das Gefühl, noch schneller laufen zu können. Klar, die Sonne knallte heftig vom Himmel, aber entlang des Maschsees gab es ja einige Schattenspende Bäume. Bei KM der erste Erfrischungspunkt - das Trinken im vorbeilaufen klappte Prima.
So langsam konnte ich es richtig geniessen.. Was für ein tolles Gefühl, diese Menschenmengen am Strassenrand - und alle feuerten mich an - irgendwie zumindest.
Bei KM 7 denn ein erstes Highlight - gute Freunde an der Strecke. Kraft genug um die Strassenseite zu wechseln und abzuklatschen war da. Was für ein großartiger Lauf. Weiter ging es Richtung City. Bei KM 8 dann mein Schatz in der Zuschauermenge - ein kurzes Winken, dann weiter durch die Zuschauermenge am Aegi. Kurz vorm nächsten Erfrischungspunkt hörte ich meinen Namen - auch mein bester Freund hatte den Weg an die Strecke gefunden. Heute passte einfach alles.
Weiter ging es auf die Georgstrasse - toll hier zu laufen. Und plötzlich war sie weg, die ganze Leichtigkeit. Keine Spur mehr von Genuss - auf einmal fiel jeder Schritt schwer. Und noch so viel Strecke vor mir. Zwischenzeit nach 10 KM = 57 Minuten - vorgesehen hatte ich hier eigentlich 70 Minuten. Tja, selbst schuld, warum hatte ich auch nicht draus gelernt - aber es lief einfach so toll am Anfang.
Eine schöne Aufmunterung gab es im Bahnhofstunnel an der Fernroder Str. - irgend jemand stimmte die „Europapokal“ Gesänge an, die momentan bei 96 Heimspielen zu Hits avancieren - klasse, wie sich das im Tunnel anhörte - schade nur, dass mir die Kraft zum mitsingen fehlte.
Weiter in die List - und ein Päckchen Energy Gel verdrückt - vielleicht hilft es ja zumindest dem Kopf etwas weiter. Toll , jetzt fing auch die Blase an zu drücken wie nach 5 Bieren... !! KM - die Hälfte war geschafft - jetzt einfach kurze Ziele setzen. Ersteinmal die 14 KM erreichen, dann ists ja auch nicht mehr weit. Weiter ging es durch die Schönen Strassen der List - vorbei an einem Guten Italiener - jetzt reingehen, auf die Toilette gehen und einen Espresso bestellen, das wärs doch- zu dumm , das ich kein Geld dabei hatte.
Die Zeiten pendelten sich jetzt irgendwo zwischen 6:00 und 6:30 ein - immer noch zu schnell , aber diese wahnsinnige Atmosphäre lässt es wohl einfach nicht zu, langsamer zu sein.
Bei KM 14 werden die Marathon und die Halbmarathonstrecke zusammengeführt - endlich ein paar Leute zu sehen, die sich ähnlich zu quälen scheinen. Gut fürs ego :-)
Die Kopernikusstrasse, auf der wir jetzt laufen, gehört zu meinem täglichen Arbeitsweg. Wie oft hatte ich mir in den letzten Wochen ausgemalt, wie toll es sein muss, hier zu laufen und zu wissen, das es nur noch 7 KM sind. Wie in aller Welt kam ich auf die Idee, zu denken, das 7 KM nicht mehr viel sind ?
Die Gedanken an das aufgeben werden immer stärker. Aber was soll ich all den Leuten erzählen, die im Ziel auf mich warten ? Also weiter in die Nordstadt. Welch ein Volksfest am Strassenrand. Der nächste Erfrischungspunkt - das Pappschild „Wasser 5 Euro“ das irgendein Scherzkeks dort hingehängt hat vertreibt die trüben Gedanken. Das Dixi Häuschen ist frei, bevor mich die Blase weiter ärgert, ein kurzer Boxenstopp. Hätte ich mir sparen können - das hätte ich auch ausschwitzen können - aber zumindest eine kurze Pause gehabt.
Weiter gehts bei KM am Georgengarten entlang. So langsam wächst die Hoffnung, es doch zu schaffen. So schwach ich mich auf fühle - die Zeit sieht immer noch gut aus. Ein Läufer spricht mich an : „Jetzt haben wie es bald geschafft“ - nett das er mich so aufmuntert, aber an seinem erschrockenen Gesicht merke ich sehr schnell, das er mich wohl verwechselt hat. Egal, ich bedanke mich für die Aufmunterung - und das hieraus entstehende lächeln tut uns beiden gut :-)
KM 19 ist erreicht - ich gönne mir eine kurze Laufpause und gehe im Spaziergängertempo. Ein Blick auf die Uhr zeigt mir, das ich jetzt eigentlich in dem Tempo weitergehen könnte, und trotzdem wohl in meiner Wunschzeit bleiben würde. Naja, aber das ist ja nicht Sinn der Sache - also wieder los. Die Strecke teilt sich wieder, die Marathonläufer dürfen noch eine weitere Runde durch den Georgengarten drehen. Hatte ich jemals die Idee, einen Marathon zu laufen, habe ich sie in diesem Moment eindeutig verworfen.
Was ich zwischenzeitlich nicht mehr zu glauben wagte ist nun doch Realität : Ich bin auf dem letzten Kilometer angekommen. Nochmal geben die Zuschauer alles - und ich frage mich, ob die Osterstr. schon immer so lang gewesen ist. Dann die Rechtskurve auf den Friedrichswall - das Ziel im Blick. Warum ist das so weit hinten ? Kurz vor dem Ziel denn eine schöne Überraschung - am Streckenrand einige Arbeitskolleginnen - das abklatschen tut richtig gut. dann noch eine Schrecksekunde - beim versuch für die Zielfotografen schick auszusehen , fällt mir auf , das mein Shirt über die Startnummer gerutscht ist - toll, wie soll ich denn jetzt mein Zielfoto bekommen ? Also schnell alles zurechtgezuppelt . und so werde ich wohl ein Zielfoto bekommen, auf dem ich nicht jubelnd sondern Kleidungsordnen durchs Ziel laufe. Aber ich bin durchs Ziel gelaufen !!!
Nach dem Ziel geht gar nichts mehr - der Wasserstand scheint in unerreichbarer Ferne - erstmal an einem Begrenzungsgitter halt suchen - so wie es gescheppert hat, waren meine Schritte wohl sehr unsicher :-) - Danke an den unbekannten für die stützenden Hände. Nach 2 Minuten geht es wieder - an die Tränke und 2 Wasserbecher schnappen. Dann sofort ein schattiges Plätzchen suchen - sinnigerweise finde ich es direkt vorm Johanniter Zelt - da kann ja nix mehr schief gehen.
Auf einmal steht mein Schatz mitsamt Arbeitskolleginnen und Freunden vor mir - die Umarmung und das loslaufen der Tränen geschieht wohl zeitgleich - ich habs tatsächlich geschafft ! ich , der 41 Jahre seines Lebens höchstens mal einen Sprint zur abfahrenden U-Bahn hinbekommen hat, bin einen Halbmarathon gelaufen .
Bei er Medaillengravur - das musste nun wirklich sein - erfahre ich denn meine Zeit 2:12:31 - Wahnsinn. 17 Minuten schneller als geplant - da verzeihe ich mir denn auch die viel zu schnellen ersten Kilometer.
Es war einfach ein großartiges Erlebnis - und ich bin mir ziemlich sicher, das ich sowas noch öfter erleben möchte.
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Bravo! Sehr gut gemacht!
Die Kopernikusstraße war für mich das genaue Gegenteil als Marathon läufer
Auszug aus meinem Bericht:
Kurz vor 27 Km treffen die Halbmarathon-Läufer auf die Marathonstrecke. Ich werde von den Halbmarathon-Massen überholt, dadurch fühle mich noch beschissener und beneide sie ein wenig. Warum muss ich auch einen ganzen Marathon laufen? Zum Glück trennen sich die Wege bald wieder.
Die Kopernikusstraße war für mich das genaue Gegenteil als Marathon läufer

Auszug aus meinem Bericht:
Kurz vor 27 Km treffen die Halbmarathon-Läufer auf die Marathonstrecke. Ich werde von den Halbmarathon-Massen überholt, dadurch fühle mich noch beschissener und beneide sie ein wenig. Warum muss ich auch einen ganzen Marathon laufen? Zum Glück trennen sich die Wege bald wieder.
2010 HM 2:08
2011 10K 0:54
2011 Marathon 4:43
2011 Halbmarathon 2:00:34
2011 10K 0:54
2011 Marathon 4:43
2011 Halbmarathon 2:00:34
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Hey snoopy301,
das ist wirklich ein schöner Bericht und mich freut es sehr, dass dein Lauf so erfolgreich war. Glückwunsch auch zu deiner Zeit, die 17 Minuten schneller als geplant war. Die Zeiten verbessern sich oftmals unter Wettkampfbedingungen, vor allem wenn man so viele Zuschauer wie du auf seiner Seite hat. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass beim Übertreten der Ziellinie die Emotionen hochgekommen sind. Solche Berichte liest man wirklich gerne.
Gruß, Daniel.
das ist wirklich ein schöner Bericht und mich freut es sehr, dass dein Lauf so erfolgreich war. Glückwunsch auch zu deiner Zeit, die 17 Minuten schneller als geplant war. Die Zeiten verbessern sich oftmals unter Wettkampfbedingungen, vor allem wenn man so viele Zuschauer wie du auf seiner Seite hat. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass beim Übertreten der Ziellinie die Emotionen hochgekommen sind. Solche Berichte liest man wirklich gerne.

Gruß, Daniel.
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