Am Samstagabend bin ich recht zeitig ins Bett, der Wecker sollte mich um 7 Uhr wecken. Da ich in der Nacht zuvor noch ein klein wenig gefeiert hatte, klappte das Einschlafen auch wunderbar. In aller Ruhe meiner üblichen Morgenroutine nachgegangen, ein paar Tassen Kaffee, lustlos Bananen und ein schlabbriges Schoko-Croissant gegessen und Liter über Liter Wasser getrunken. Dann ab zur Bahn, die auch pünktlich knapp 10 Minuten vor Startschuss (10:30) der ersten Startgruppe in Köln-Deutz ankam. Am Start war dann auch schon Karnevalsstimmung „Superjeile Zick“ mit einer ohrenbetäubenden Lautstärke angesagt. Na ja, damit muß man in Köln ja wohl rechnen.

Wahre Menschenmassen bahnen sich ihren Weg, fröhlich entspannt mitsingend oder auch gehetzt eine Toilette suchend. War wirklich spaßig anzuschauen. Kurz ebenfalls noch ausgetreten wird es auch für mich langsam Zeit, meinen Startblock zu suchen. Eingereiht fiel auch schon der Startschuss für die Spitzengruppe. Sagte jedenfalls die Lautsprecherdurchsage, die zum Countdown ansetzte. Klar, dass wir alle mitbrüllten. Klar auch, dass die Startblöcke mit immer größer werdender Verspätung ihre Freigabe zum Start erhielten. Mehrere grimmige Sicherheitsleute hielten die scharrenden Läufer mit einem Bändchen in Schach und begleiteten uns bis vor zur Startlinie und dann ging es endlich los.
Wow, über die Startlinie zu traben und zu wissen, jetzt wird es Ernst ist wie ein kleiner Schock. Sofort rannten einige mit einem geschätzten 2:30 /km-Schnitt los während ich versuchte jetzt ohne Hektik ganz langsam in meinen Rhythmus zu kommen. Und sofort empfing uns eine Wand von Zuschauern hinter der Absperrung, die uns frenetisch zujubelten. „Peter, super“. Watt, wer brüllt mir denn da zu? Kenn ich den? Ach nein, meine Startnummer mit aufgedruckten Namen verleitet die Zuschauer immer wieder, die Läufer persönlich anzufeuern. Klasse Sache.

So, erst mal über die Rheinbrücke. Auf dem ersten Kilometer noch keine große Sache. Am Heu- und Neumarkt mit abertausenden Zuschauern vorbei Richtung Barbarossa-Platz. Hier sollten die Laufen-aktuell Groupies auf der rechten Seite stehen. Jaaa, da sehe ich schon Greenie leuchten. Riesen-Gebrüll, abklatschen und frisch motiviert ging es weiter. Puh, warm. Ich bekomme schon nach 5 Kilometern einen trockenen Mund und freue mich auf die erste Verpflegungsstelle. Aber vorher mache ich es dutzenden anderen nach und schlage mich kurz in die Büsche, um dort zu ralfen. Ne ganze Spur lockerer ging es weiter und so langsam fing es auch an ruhiger zu laufen. Immer am Rheinufer entlang ging es weiter Richtung südlichster Stelle des Rundkurses. Endlich die erste Verpflegung. Ich entschied mich für einen Becher Wasser. Außerdem gab es noch Tee und Cola. Bäh. Nach Bananen war mir auch noch nicht. Die Getränke wollte ich jeweils im Gehen zu mir nehmen. Das hat dann jeweils ca. 15 Sekunden gedauert und weiter ging’s. Jetzt fällt das Anlaufen ja auch noch leicht.
So langsam wurde es auch einmal Zeit für mich, die Läufer genauer anzuschauen. Gerade habe ich eine Gruppe mit rot-weißen Schlafanzügen und Nachthemden überholt, die von den Zuschauer immer besonders frenetisch angefeuert wurden. Rechts von mir läuft eine Frau, ich schätze sie auf ca. 55 Jahre, einen Kopf kleiner und 3-mal so leicht. Wir witzeln über einen Mann am Streckenrand, der in sein Horn bläst und eine Jägersmelodie zum Besten gibt.

Nach einer kleinen Schleife bewegen wir uns jetzt auf der Bonner Straße wieder Richtung Norden. Die Läufer werden ganz allmählich ruhiger, wobei es einige gibt, die bis zum Schluß in der Lage sind, zu witzeln und gute Laune zu verbreiten. Die ersten 10 km (01:01:54) sind geschafft, die zweite Verpflegungsstelle ebenfalls. Und nach knapp 12 Kilometer sind sie wieder da. Die Laufen-aktuell-Groupies! Ihr wisst gar nicht, wie gut euer Jubel tut. Grund genug, für ein paar Sekündchen anzuhalten und einen Schluck Wasser zu mir zu nehmen.
Die nächsten Kilometer finde ich ein wenig langweilig. Breite Ein- und Ausfallstraßen, an der Universität vorbei. Zum Glück gibt es aber immer wieder Trommelgruppen, Bands und Kneipen mit lauter Musik – und natürlich immer wieder die anfeuernden Kölner Zuschauer.
Vorbei am Friesenplatz kam auch schon die Halb-Marathon-Marke in Sicht. Zwar heißt es immer, beim Marathon hat man nach 21,1 km eben noch nicht die Hälfte erlaufen. Ich freue mich aber doch auf die Marke. Es geht es doch irgendwie wieder zurück! Die Markierung wird von mir nach 02:11:00 überlaufen. Hm, ein wenig müde fühlen sich meine Beine ja jetzt schon an. Aber jetzt auch egal. Ich habe zwar nach jedem Kilometer die Zwischenzeit gestoppt, aber mich doch nie danach gerichtet, sondern immer nur mein Wohlfühltempo gelaufen. Auf einmal überholen mich immer mehr Läufer. Was ist denn jetzt los? Breche ich schon ein? Ein wenig ratlos sehe ich, dass meine Kilometerzeiten sich nicht ändern. Vielmehr erreichen mich die schnelleren Läufer des Startblocks, der nach unserem gestartet wurde. Beruhigt gehe ich noch einmal ralfen.
Ich freu mich schon auf die Groupies, die sich für KM 24 angekündigt haben. Jetzt ist auch noch Heidee (neben Greenie, Bonsai, Marathon Man und Olaf) dabei, die mich auch sofort rügt: He Peter, du schwitzt ja gar nicht! Was will man da nach 24 km drauf antworten. Entrüstet laufe ich weiter. Gegenüber kommen uns die vorderen (und schnelleren) Startblock-Läufer entgegen. Ich schau mal auf deren Kilometerschild und lese km 33. Argh – hätte ich doch nur nicht geschaut. Weiter. Nach einer Schleife bewegen wir uns langsam Richtung Norden. Nippes – die Hölle von Köln. Habe ich mal gehört.

Endlich kommen mir die weiter hinten gestarteten entgegen. Die Beine werden immer müder, aber ich fühle mich immer noch gut. Längst würge ich auch Bananen an den Verpflegungsstellen herunter und fange auch an, Cola (neben Wasser) zu trinken. Auch gehen jetzt immer mehr Läufer. Nichts wie vorbei! Der Hammermann lässt weiter auf sich warten und so trabe ich weiter vor mich hin. Den Ring hinunter Richtung Altstadt. Hier ist jetzt auch wieder die Hölle los. Teilweise stehen die Zuschauer so eng, dass zwei Läufer gerade so nebeneinander passen. Das ist einerseits richtig motivierend, andererseits ist man gezwungen, sein Tempo an das der anderen anzupassen. Da mein Tempo bis zum Schluß gleich blieb, war ich jetzt gezwungen um die langsamer werdenden Marathonis Slalom zu laufen, was ganz schön anstrengend sein kann.
Nur noch 5 km. Jetzt geht es direkt auf den Dom zu. Ich bin mir jetzt sicher, gut durchzukommen, auch wenn bei mir langsam Schluß mit Lustig ist. Fies wird es an der letzten Verpflegungsstation. Über die Hälfte der Läufer fängt nicht wieder an zu laufen. Los, los, nichts wie weg hier. Jetzt noch über ein paar Hundert Meter Pflasterstein (was nach 40 km keinen Spaß macht) an vielen vielen Zuschauern vorbei Richtung Brücke. Hier noch einmal mit den Groupies gelacht – vielen Dank noch einmal für das Kölsch! – und ab ins Ziel. (4:23:46)
Ich hätte es ja nicht gedacht, aber ich musste mich zurückhalten, nicht loszuheulen. Was für ein Glück. Geschafft! Mann, fühlt sich das gut an. Medaille empfangen, nach Essen und Trinken war mir erst mal nicht. Ich wollte lieber direkt zum Forumstreff, um mich endlich hinzusetzen. Und ein paar Kölsch zu trinken….
Nachwirkungen: Leichter Muskelkater in den Oberschenkeln, das leichte Zwicken in den Knien ist heute schon wieder weg, die harten Waden auch. Die Blase ein der Fersenaußenseite ist auch nichts wirklich Schlimmes. Und die Medaille zieh ich morgen auf der Arbeit auch nicht mehr an.

Jetzt bin ich erst mal froh, eine Zeit keine längeren Läufe zu machen. Die 10km vom Bonner-Drei-Brücken-Lauf warten!

Peter

Statistik:
Endzeit (netto): 04:23:46
Endzeit (brutto): 04:49:17
Platzierung (gesamt): 7653
Platzierung (Altersklasse): 1870
Zwischenzeiten:
0-10 km: 01:01:54
10-21 km: 01:09:05
21-30 km: 00:56:09
30-42 km: 01:16:36
Halb1: 02:11:00
Halb2: 02:12:46
nach 30 km: 03:07:10
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12.09.2004 Köln-Marathon
17.10.2004 Drei-Brücken-Lauf Bonn
[ Dieser Beitrag wurde von Pit am 13.09.2004 editiert. ]