Aachen, 28. Mai, High Noon sengende Hitze, die Frisur steht. Nur wenige Leute laufen in den Straßen herum. Vorher wurde in den lokalen Nachrichten für Aachen und die nahe Eifel um die Nachmittagszeit brütende Hitze vorhergesagt. Explizit wurde von jeder körperlichen Anstrengung abgeraten.
Der einsame Held (1,90 m + etwas melancholisch veranlagt, nein nicht Gary Cooper sondern Caramba) macht die letzten Besorgungen.
Ihm ist etwas mulmig in der Magengegend (so häufig war er in letzter Zeit innerhalb eines Tages nicht mehr auf Toilette gewesen), denn er hatte in den letzten Tagen unter nicht so heißen Bedingungen Schwierigkeiten beim Training gehabt + hatte schon vom ersten Absprung eines Laufkollegen erfahren. Na ja im Zweifelsfall genießt er halt die schöne Gegend, dachte er sich.
14:40 Bushaltestelle in der sengenden Sonne: zum Glück darf er das Fahrrad mitnehmen, denn sonst wäre die Rückreise wegen fehlenden Busverbindungen recht abenteuerlich geworden.
15:40 der nonchalante Held trifft nach einiger Kraxelei mit dem Fahrrad am Ort des Geschehens ein, die Frisur steht immer noch.
Schnell hatte er sich orientiert + holte sich seine Startnummer ab.
Ab hier wechselt die Erzählform, da die geneigte Leserschaft sehr wahrscheinlich einen unmittelbaren Eindruck vom Lauf gewinnen möchte.
Sehr schnell fand ich Bifi + ihren Ehemann. Wir unterhielten uns sehr angeregt + gingen zum verabredeten Treffpunkt, um die anderen Foris zu treffen.
Leider war niemand da, sie hatten gute Gründe für ihre Abwesenheit.
Plötzlich wurde alles sehr hektisch. Ich war mir nicht ganz bewusst, dass Bifis Start (eine viertel Stunde vor meinem eigenen) bald bevorstand. Die Umkleidekabinen waren weit weg, + ich schaffte es gerade noch nach dem Umkleiden Bifi alles Gute für den Lauf zu wünschen.
Notdürftig aufgewärmt ging es bald für mich auch los. Mit einem nassen Küchentuch unter meiner Baseballmütze kam ich mir wie ein Kaspar vor, aber anscheinend hat niemand von meinen hochkonzentrierten Laufkollegen etwas davon registriert.
Ich war überhaupt nicht konzentriert. Das einzige was ich mir vorgenommen hatte, war in meinem eigenen Laufrhytmus zu kommen + mich an den Minutenzeiten zu orientieren, um unter 2:00 bzw. 1:50 zu kommen. Alles andere war für mich eine riesengroße Unbekannte.
Die ersten 2,5 km ging es hinauf und jemand in meiner Umgebung machte mich mit seiner Keucherei + Laufstil (als ob er gleich zusammenbrechen würde) total nervös. Obwohl ich es überhaupt nicht wollte habe ich einen Zwischenspurt hingelegt, um weit weg von diesem Menschen zu kommen.
Ich bin halbwegs in dem Lauf reingekommen, aber ein Vertrauensgefühl wollte sich einfach nicht einstellen. Der Blick auf die Pulsuhr war schon etwas beunruhigend. Ich lief dauernd mit einem Puls, der oberhalb des maximalen Wertes bei dem Tempohärtetraining auf dem Sportplatz lag. Die Minutenzeiten waren weit besser als die anvisierten + ich entschied mich nach Gefühl zu laufen. Das mulmige Gefühl war aber dauernd da, ich müsste dieser Belastung irgendwann Tribut zahlen.
Die Landschaft war sehr schön + das Hochmoor war nicht die befürchtete baum- und schattenlose Einöde. Die Höhenunterschiede von 150 m haben sich über 7 km verteilt, so dass die Steigungen kaum spürbar waren. Die Hitze war in dem ca. 400 m hochgelegenen Plateau nicht so drückend, wie in der Steinwüste von Aachen. Das feuchte Kopftuch hat geholfen (das ich an jeder Versorgungsstation mit Wasser übergossen hatte), auch wenn es mir darunter brütend warm vorkam. An den ersten zwei Versorgungsstationen habe ich mehr oder weniger vergeblich versucht beim Laufen aus den Bechern zu trinken (zum Glück hatte ich meinen Trinkgürtel dabei). An den letzten beiden bin ich fürs trinken stehen geblieben + brauchte etwas Zeit wieder in den Rhythmus reinzukommen.
Langsam habe ich das Feld von hinten aufgerollt. Bei km 18 wurde die Steigung schon bemerkbar + ich überholte in langsamen Tempo die ersten Leute, die gingen. Bei km 19 wurde ich das erste Mal von zwei Männern überholt (abgesehen bei den Versorgungsstationen). Ihre hohe Geschwindigkeit bin ich voller Stolz 3 min mitgelaufen, aber ich wollte dann kein Risiko mehr eingehen.
Das letzte Kilometer bin ich bei der Hitze mit Gänsehaut gelaufen. An dem Straßenrand stehende Leute haben uns applaudiert, dabei bin ich vorwiegend auf der ganzen Strecke alleine gelaufen.
Ich bin 15 Sekunden hinter der zweit- + drittplazierten Dame (die schon ein überregionales Renommee haben) mit 1:40:11 ins Ziel gekommen.
Voller Stolz habe ich nach dem Trinken mehrerer Becher, den ins Ziel kommenden Läufern applaudiert, die ich vorher beim Start ehrfürchtig bewundert hatte.
Ich möchte mich bei Bifi und ihrem Ehemann für den sehr schönen Nachmittag bedanken.
Ich kann den Lauf nur weiter empfehlen. Die Leute waren sehr freundlich + hilfsbereit. Die Atmosphäre war familiär + falls es sich einrichten lässt, werde ich nächstes Jahr wieder dabei sein.
Schönen Gruß
Caramba
