Schon wieder, denn erst am 22. Februar habe ich bei einem beruflichen Aufenthalt in Nürnberg nach einer Umrundung des Wöhrder Sees um die Wiese ein paar Runden gedreht und darüber nachgedacht, wie es wohl am 12. März bei mir "laufen" würde.
Ich bin beim 6-Stunden-Lauf zum dritten Mal nach 2009 und 2010 dabei.
Mir gefällt das Rennen, mir gefällt Nürnberg. Am besten gefällt mir aber, dass heuer Gudrun mitgekommen ist und wir von Freitag bis Sonntag auch ein bisschen gemeinsam durch die Stadt streunen können.
Angekommen sind wir Freitag, frühmorgens (Abflug in Wien um 06.15 Uhr, also um 04:00 Uhr raus aus den Federn

Wie schon im Ultra-Thread kurz erwähnt, haben wir bei Mercure ein so genanntes "Roulette"-Angebot gebucht. DZ plus Frühstück, 2 Nächte um 98 Euro.
Wir haben Glück und die Roulette-Kugel fällt ausgerechnet auf das Mercure an der Wöhrder Wiese

Am Freitag haben wir die Burg besichtigt. Nach dem anschließenden Stadtrundgang bei wolkenverhangenem Himmel und etwas böigem Wind haben wir uns bald ins Hotel verzogen um einfach einmal so richtig faul zu sein.
Die Nähe zum Start ist angenehm: Am Samstag um 07:00 Uhr morgens aufstehen, gemütlich beim Frühstück sitzen; Zeit haben, um in den Tag hineinzugleiten.
Meine Erwartungen an das Rennen liegen bei Null. Nicht 0 Kilometer - dass es ein paar mehr werden, da bin ich mir schon sicher.
Aber, gaaanz dickes aber: Ich war im Dezember nicht ein einziges Mal laufen. Ätzendes Wetter, ätzende Termine und ätzende Job-Probleme hatten meine ohnehin latente Winter-Depression verstärkt. Kurz gesagt: Ich bekam zu den wenigen günstigen Gelegenheiten den Allerwertesten nicht hoch.
Der Jänner verlief die ersten drei Wochen ähnlich. Erst bei meinem San Antonio-Trip in der letzten Jänner-Woche setzte ich einen Neustart - und war dann auch den ganzen Februar durch recht fleißig.
Natürlich fehlen mir aber die Langdistanzen und natürlich musste ich letzte Woche noch einen ordentlichen Schnupfen haben. Alles in allem: Beste Voraussetzungen, um einen 6-Stunden-Lauf runterzureißen

Aber der Samstag weckt uns schon mit Sonnenschein. Ich freu mich, mit Gudrun zum Start zu schlendern und bin erstaunlich entspannt.
Am Start treffen wir als einen der ersten Läufer GastRoland und kurz danach Aubrey mit seiner Frau.
Bei 160 StarterInnen geht die Startnummernabholung ruck-zuck und wir haben Zeit, dem Treiben an der Versorgungsstation und im Zielbereich mit den vielen Zählern zuzusehen.
Zum Start um 10:00 Uhr ist es schon angenehm warm. Die Sonne scheint (und so wird es auch den ganzen Tag bleiben).
Ich trabe los und freu mich einfach an der Bewegung. Ich weiß, dass ich spätestens in der zweiten Runde mein Tempo gefunden haben werde.
Die Sieganwärter ziehen dagegen gleich kräftig los und sehr schnell dehnt sich das Feld auseinander. Vielen Frauen sind auch heuer wieder dabei - und ein paar von ihnen machen auch den Top-Männern gewaltig Dampf. Die spätere Siegerin legt nur 2 Kilometer weniger zurück (74), als der Sieger

Ich freue mich in jeder Runde, bei Gudrun vorbeizukommen; alleine ihre Anwesenheit motiviert mich. Sie macht eine Menge Fotos und spornt mich an.
Halbzeit: Ich habe in drei Stunden exakt 30 Kilometer zurückgelegt. Ich weiß, dass das so nicht weitergeht und dass jetzt bald die erste Frustphase dräut. Diese tritt auch tatsächlich ein - dauert meiner Erinnerung nach ungefähr 7,4 Sekunden (es könnten aber auch 8,4 gewesen sein).
Frust, du bist mir einfach wurscht (auf Hochdeutsch auch "egal"). Das Wetter ist einfach zu schön. Und noch etwas hält mich davon ab mich fallen zu lassen.
Ich habe nämlich plötzlich einen Begleiter. Georg, so heißt er, ist gebürtiger Grieche, lebt aber schon seit seiner Kindheit in Deutschland und hat vor zwei Jahren 60 Zigaretten täglich gegen das Laufen eingetauscht. Er hatte sich zu einem gemütlichen Trainingslauf aufgemacht, ist also heute nur Gast auf der Wöhrder Wiese.
Georg entpuppt sich als ausgesprochen netter und angenehmer Gesprächspartner. Wir tauschen so manche Erlebnisse aus und übersehen dabei, dass er nun schon die vierte Runde mit mir dreht. Prompt bekommen wir einen Zuruf, dass er ohne Startnummer nicht weiter mitlaufen dürfe.
Es ist uns beiden ein bisschen peinlich - aber wir haben uns einfach nur "vertratscht". Georg verabschiedet sich und macht sich auf seine geplante Runde um den Wöhrder See.
Irgendwann, nach 04:40 Stunden, habe ich die Marathon-Distanz gepackt.
"Und jetzt hol' ich mir auch noch die rote Fahne", sage ich zu Gudrun, die mich mit unerschütterlicher Ruhe unterstützt.
Kurz danach sehe ich Hanka (mobile) und Jens. Ich freu mich sehr, dass sie auch heuer wieder da sind. Wir unterhalten uns kurz und sie feuern mich während der nächsten Runden an. Mit so viel lieber Unterstützung muss mein 50er-Wunsch schießlich in Erfüllung gehen.
Und tatsächlich: Ich bin gerade ein Stück gemeinsam mit Aubrey gelaufen, da bekomme ich von meinem Zähler Daniel zu Beginn der Runde 33 meine Fahne überreicht.
Gudrun fotografiert mich und freut sich mit mir.
Plötzlich sehe ich noch ein bekanntes Gesicht an der Laufstrecke: Mein 4-Runden-Laufbegleiter Georg ist nach seinem Training noch einmal zur Wöhrder Wiese gekommen und drückt mir in der letzten halben Stunde die Daumen

Wie üblich packt mich dann auch noch der Ehrgeiz und ich hau in den letzten 18 Minuten noch zwei Runden raus, bleibe aber, obwohl ich noch zwei Minuten Zeit hätte, bei Gudrun stehen.
Sie ist nicht nur heute mein Ziel, bei dem ich immer ankommen will

53,078 Kilometer lautet die Bilanz. Ich bin absolut zufrieden. Vor allem auch deshalb, weil ich heute, Sonntag, meine Beine zwar spüre, aber der Muskelkater sich sehr in Grenzen hält.
Wir haben heute noch das Dokumentationszentrum besucht (Gudrun wollte das schon immer einmal sehen) und wir waren beide sehr beeindruckt.
Gott sei Dank können wir heute so friedlichen Dingen nachgehen, wie um die Wöhrder Wiese zu laufen.
Inzwischen sind wir wieder gut zu Hause angekommen und haben eine ganze Menge an schönen Erinnerungen mitgebracht.
Und wer jetzt noch unbedingt wissen will, was es mit dem Titel für meine Geschichte auf sich hat, dem verrate ich ein Geheimnis:
Ich habe keine Ahnung

Liebe Grüße
Wolfgang