Moin,
wie hier beschrien, gab ich in Sandkrug (bei Ostfriesland) mein Wettkampfdebüt. Im alten Jahrtausend hatte ich mal an einem 10 km Volkslauf teilgenommen. Aber da war ich Gelegenheitsjogger. Nun, mit ein paar Jahren "allgemeiner Lauferfahrung" mehr und der "speziellen" von etwas mehr als ein vierteljahr streakrunning, startete ich also bei der 10. Auflage der Sandkruger Schleife.
Jede Reise beginnt mit einem ersten Schritt. Wie komme ich da eigentlich hin? Panik am Vorabend. 6:54 mit dem Zug nach Oldenburg. Dumm in der Stadt rumjuckeln, von Pingufreundin dahingefahren? Nett von ihr, aber umständlich. Besser: "Ich hole Dich ab, und feuere dich an." Ja, das klingt gut, damit zeigste Ausdauersportlerqualitäten.
Müsste man bloss noch schlafen können in der Nacht davor. Ich kann es nicht. Nach gefühlten drei Minuten Schlaf werde ich von der Türklingel geweckt. Noch kürzer kommt mir die Fahrt nach Oldenburg vor.
Ein Apfel und ein halbes trockenes Brötchen, mehr wage ich nicht zu essen. Die nächste überraschung: "so wir fahren jetzt. Zu diesem Volkslauf. Will jemand mit" war von Pingus Tonfall her keine Frage, wird aber trotzdem so beantwortet. "ja." krähen 50 % aller anwesenden Kinder.
Wie süss! Die letzte Warnung lautet sinngemäss "guck dir an, wie dick der Gregor ist, der wird Stunden brauchen. Und wir stehen da nur dumm rum!" Warum, bleibt unklar, die Pingu-Tochter will mit.
Nicht zu früh kommen wir eine halbe Stunde vor Start an. Bisschen wenig Platz zum Parken, unproblematische Startunterlagenausgabe, wohltuend wenig Werbemüll, nur Startnummer und der Chip.
Mein erster eigener champion chip. Habe nicht vor, ihn wieder abzugeben, denn ich will ihn noch ein paar Mal gebrauchen.
Wie die Umkleiden & Duschen waren, kann ich nicht beurteilen. Handschuhe & Mütze an. Pingu schreit was von "Den kenne ich real gar nicht! Ah!", als ich mich der langen Hose entledige. Denn es ist warm genug für kurze Tights, und die Hose war mir kürzlich vom Leib gerutscht. Das muss heute nicht sein.
Viele laufen sich warm, etliche davon flotter, als ich nachher im Wettkampf sein werde. "Was ist eure Zielzeit" frage ich mich beim Start durch, um herauszufinden, wo meinereiner am besten steht.
Irgendwann bin ich bei Leuten, die im Chor echoen, dass der Chip um 13h zurückmüsse, also sei die Zielzeit sub 2:45 für 13 km.
Na super, unter Spassvögeln fühle ich mich wohl. Dann hält einer von den Organisatoren eine kurze und der Sandkruger Bürgermeister eine lange Rede. Zumindest erinnert er mich an seinen Rummelsdorfer Kollegen ( aus "Spirou und Fantasio"). Inhaltlich bleibt nichts hängen, ausser dem Stolz auf 1.100 Teilnehmer in 4 Disziplinen (Kinderlauf, Walking, 5 km & 13 km Laufen). Der ist berechtigt, finde ich.
Schlappschrittig geht es los, Pingu habe ich längst aus den Augen verloren. Ein originelles Mittel, um das Feld zu entzerren: Man stellt an einer leichten Engstelle mit nur einer möglichen Richtung einen Dicken, der die ganze Zeit "Vorsicht!" blökend einen Finger gen weitere Strecke richtet. Das 2 kilometer-Schild verpasse ich. Die ersten Kilometer halte ich krampfhaft mit jemand mit, den ich dann doch ziehen lasse. Für ein paar Meter laufe ich mein natürliches Tempo, und ziehe dann wieder an, überhole sogar gelegentlich jemanden.
Dieses dämliche Spiel guckt sich eine ausnehmend hübsche Dame ca. bei km 3 nicht länger an:
"Ey, Du musst auf Deinen Puls achten". Ich habe meine Uhr in die Rückentasche gesteckt, und ziehe meine Ärmel hoch. "Du hast keine Pulsuhr???" Also gut, unterhalten wir uns. "Ich halte nix von Pulsuhren, schleppe so schon genug Ballast mit mir herum. Und dass ich in einem Wettkampf gelegentlich ins Keuchen komme, hatte ich so erwartet."
Beate ist Haushälterin und leitet einen Lauftreff. "Aber tut doch nicht not, hm? Komm, wir laufen das jetzt hier gemütlich zusammen zu Ende." Was wir dann auch tun. Bestimmt 5 Minuten lassen wir am Wegesrand liegen wegen "Der Puls ist noch zu hoch"-Beate. Wobei ich unsicher bin, ob ich das Ziel gesehen hätte, wäre ich weiter intervallartig gerannt/geschlichen. Deshalb für diese Hilfe.
Der Wald ist sehr flach, insgesamt ein Anstieg, die Wirtschaftswege werden gelegentlich von entgegenkommenden "Normaljoggern" und fröhlichen Passanten gesäumt.
Von Kilometer 6 bis 8 wurde es hart. Denn "gemütlich laufen" bedeutet, von quasi allen überholt zu werden. Das schlägt aufs Gemüt. Deshalb freute ich mich umsomehr, auch mal jemanden zu überholen. Einen 11jährigen, der von seinem Vater mit hochrotem Kopf begleiet wurde. Immerhin, irgendjemanden überholt. Die Taktik dieses Winzlings war die, die ich zwischenzeitlich auch hatte, mal gucken, wie lange man mit Vollgas aushalten würde. Bloss hatte er sich auf den Moment des kurzfristigen "Jetzt geht nix mehr" nicht eingestellt. Wir werden langsamer, Beate richtet das Elend wieder auf.
"Das waere doch nicht nötig gewesen" meine ich, als der Zwerg durch einen Kuss gedopt abzischt.
Beate, W30, sieht keinen Tag älter aus als 25, behauptet 42 zu sein "hey, des is' meine Lieblingszahl" - lenkt mich ab, indem sie versucht, an meinem Laufstil herumzuökonomisieren. "Und jetzt gib mal Vollgas, die sammelst du alle wieder ein." Halbgas reicht, um den Kleinen wieder einzusammeln. Ich sehe es kommen, dass ich letzter werde, weil der Winzling nicht beendet. Also spreche ich ihm auch noch Mut zu. "Sie müssen nicht soviel labern" meint er nur und sprintet mir davon.
Ja, spinn ich denn? Ganz gemütlich will ich das hier zu Ende laufen, da steh ich drüber. Allein schon, weil ich eh' niemand anders mehr seh', weder vor noch hinter mir gibt es einen Hinweis, dass es sich hier um einen Wettkampf handelt.
Wir sind wieder im Ort. Ein paar Finisher, erkennbar an ihrem breiten Grinsen, kommen mir entgegen, johlen Pizzadeckelschwenkend "Es is' nit mehr weit."
Ja, aber wo ist das Ziel? Einfach weiter, jetzt wo ich den Kleinen wieder mit Leichtigkeit überhole, ist es ein "Rennen." Also echt, für ein paar hundert Meter sprinte ich. Ein Korridor aus "Hopphopphopp" -Rufern signalisiert mir "links ab", und es sind nur noch wenige Dutzend Meter. Als ich Pingu gewahr werde, wringe ich mir ein Lächeln aus dem Leib, in Anbetracht des Objektivs vor ihrem Gesicht bestimmt ratsam. Schliesslich will ich meine Reputation als "Genussläufer" nicht aufs Spiel setzen. Aber Genuss hin oder her, einmal geht es noch halb um den Sportplatz herum, und diese kleine Bestie hängt mir im Nacken. Befehl an alle Muskeln: Endspurt! Zu spät, 10 Meter vor der Zielmatte macht es wuuuusch neben mir.
Meine Zielzeit war 1:35 gewesen. Tatsächlich gemessen 1:32:18. Oh Wunder des ChampionChips: Da der Winzling der einzige am Feldende der Ergebnisliste ist, der nicht m30 oder älter ist, hat ihm sein Gespurte anscheinend NICHTS genützt. 8 Sekunden langsamer als ich. Das weiss ich da aber noch gar nicht, ich wünsche dem jungen Herrn bloss, dass ihn möglichst zügig sein Umfeld zum Rauchen/Übergewicht verführt. Hmpf. Aus ermatteten Augenwinkeln werde ich gewahr, dass da immer noch sieben(!) Leute nach mir ins Ziel tröpfeln.
Und ich hatte fest damit gerechnet, die ganze Zeit über, dass keiner ausser dem kleinen Spurtmonster mehr hinter mir war. Ziel für nächstes Jahr: bei der Sandkruger Schleife 2006 eine Person mehr hinter mir lassen, noch entspannter werden.
Nach einem kurzen Auto-Suchspiel geht es dann noch
zu einem für Ausdauersportler würdigen Mahl. Pingufreundin, ihre "Kurzmenschen" und ich singen die Messe des Heiligen Mc Donald, und schmieden weitere Teilnahmepläne.
Aus einer Parallelwelt weiss ich, dass noch andere in Sandkrug waren, wie war euer Lauf? Danke an Ishimori für die Trainingswoche (Bericht folgt). Ohne Dich & das Spielzeug wäre ich halb so frohgemut gewesen, dass ich mit meiner Lauferei auf einen grünen Zweig komme.
Danke an Pingufreundin für die Unterstützung, und für die Idee "Sparda-Cup". Danke an laufen-aktuell.de, denn ohne dieses Forum würde ich beide nicht kennen.
Neujahrslauf am 09.Januar - Sandkruger Schleife
1Liebe Grüsse von Gregor (Bremen)
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