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leidige Geschichte um ein leidendes Knie

leidige Geschichte um ein leidendes Knie

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„Laufen willst du also?“ Ein bisschen ungläubig sah er dann doch aus, mein Herzbube und bester Ratgeber der Welt und vermutete wohl, dass sich dieses mein Ansinnen schnell wieder legen würde. Andererseits hatte er auch mitansehen dürfen, dass ich nach 25 Jahren mit selbstgedrehten Zigaretten standhaft nikotinfrei blieb. Aber eben inzwischen etwas rundlicher um die Hüften als meinen Klamotten gut tat. Wieder runter mit dem Speck oder neu einkleiden? … Also blieb ich zäh dabei, joggte mich in wenigen Wochen vom Minutentakt zur 30-Minuten-am-Stück-Läuferin hoch, tauschte meine alten Treter gegen Laufband-angepasste Hightech-gedämpfte Schuhe mit Markennamen und vielen Fremdwörtern (Pronationsstütze und ähnlich unverständliches Zeug) aus und die Baumwollklamotten gegen Funktionskleidung von ALDI. Außerdem begann ich, einschlägige Literatur zu konsumieren. Internet, Stadtbücherei – warum war mir eigentlich entgangen, dass Laufen ein extremer Trend ist und einen riesigen Raum in den Medien einnimmt?
Was mir aber nicht entging, war der riesige Raum, den die medizinischen Ratschläge inmitten der Lektüre einnahmen. Das machte doch Verdacht, Laufen könne nicht wirklich NUR gesund sein. Knieprobleme in unüberschaubarer Zahl, Rücken, Beckenboden, Sehnen und Bänder – nichts bleibt verschont. Abfallende Zehennägel, Blasen und Muskelrisse – alle Läufer reine Masochisten? …. Keins meiner bisherigen Hobbies oder die sportlichen Tätigkeiten meiner Umwelt sind ähnlich stark an die Assoziation mit einem Spezialarzt geknüpft. Und das auch in der Hobbyliga – ohne jegliche Leistungsambition oder das Bedürfnis, damit Geld zu verdienen. JEDER scheint einen Orthopäden oder Sportarzt zu haben. Beim Fahrradfahren, Schwimmen, Tanzen, Bergwandern …. hatte ich es nie nötig, deshalb einen Arzt aufzusuchen oder wäre mir im Zusammenhang mit der schlichten Tätigkeit - ohne speziellen Unfall – in den Sinn gekommen, überhaupt einen zu benötigen .

Mal Hand aufs Herz – gibt es hier auch nur einen einzigen Hobbyläufer, der in Folge seines Laufens noch NICHT beim Arzt war? *rumguck*

Egal, beschied ich im Stillen für mich. Zuviel Gesundheit muß ja auch nicht zwingend gut sein. Der Körper könnte in eine Art Schockzustand verfallen. Besser was riskieren und … weitergelaufen …. Das schmerzende Schienenbein noch ignoriert und ihm einfach ‚weggelaufen’, zwickender Hüfte, Muskelkater und Schienenbeinschmerzen eine lange Nase gemacht … und im Sommer schon zur Winterlaufserie angemeldet. So musste das ja was werden!

Dann – nach einem Lauf mit viel schnellerem Laufpartner, der sich bloß nicht denken sollte, mich abhängen zu können - :confused: Schock! Das Knie! Und WIE! Erst nur seitwärts, dann auch mittig, mal Druckschmerz von innen, mal Bewegungsschmerz beim Gehen …

Der Versuch, den Ursachen über die Literatur auf die Schliche zu kommen, förderte eine Unmenge möglicher Diagnosen mit noch mehr abenteuerlichen Bezeichnungen (iliotibiales Bandsyndrom war eine der harmlosesten) zu Tage. Weiterhelfen konnte mir das alles aber nicht wirklich. Irgendwann kam ich – auftauchend aus dem Meer berufener Ratgeber :prof: und medizinischer Seiten – zu dem Schluß: nix genaues weiß man nicht! :gruebel:

Den wenigsten konnte jemals wirklich konkret und gezielt mit Diagnose-Behandlung-Heilung geholfen werden. Ein Stochern, bewerfen mit Fachbegriffen und Vermutungen, Odyseen zu Ärzten und: mal geht’s weg, mal nicht. Also eine Mischung aus Pausieren, Ignorieren und milde Weitertrainieren gefahren, das Knie muckte zwar nach jedem Lauf neu – aber nach 2-3 Tagen war es meist wieder schmerzfrei. Das Spiel spielten wir monatelang. Mein Knie und ich und wir arrangierten uns mit den Schmerzen und Beschwerden. Bis zum ersten offiziellen Lauf meines Lebens. 12,8 km bei -4° C sollten es werden. Werde ich für verrückt erklärt, wenn ich gestehe, dass ich in keinem Trainingslauf zuvor so lange am Stück gelaufen war? Vermutlich ja – aber ich hatte ja auf mein Knie Rücksicht nehmen müssen. Wollte es aber zumindest versucht haben … Also los zum Wettkampf. Die offensichtliche Sportlichkeit der anwesenden Mitstreiter brachte mich fast doch ins Schwanken … aber nein! Ich lief und lief und lief – und das Knie lief mit. Blieb ihm ja auch nix anderes übrig. Bei Km 8 etwa meinte es, kurz aufmucken zu müssen, wurde mit einem schlichten „Schnauze da unten!“ zur Ruhe gebracht und trug mich brav 12,8 km und 1:24 h später durchs Ziel. Als 1218te von 1270. Ich fand mich toll!
Noch am selben Tag forderte das Knie seinen Tribut. Weckte mich pochend, aufquellend und schmerzend aus dem Schlaf. Weigerte sich, trotz trainingsfreien Tagen, in dieser Woche wieder abzuschwellen und ich sah ein: Ich muß zum Arzt!

Der Leiter unserer Firmenlaufgruppe und Marathoni empfahl mir einen. Sollte sich echt auskennen, der Typ. Okay – Termin ausgemacht und hingegangen. Ein blasierter, arroganter Schönling, wie er vorurteils-bestätigender nicht sein könnte, empfing mich. Desinteressiert und ohne wirklich zuzuhören. Pokelte hier am Knie rum und fummelte da ein bisschen. Machte ein Gesicht, als verabscheue er all die Muttis mit Hang zum Übergewicht, die plötzlich meinen, Marathon laufen zu müssen und dann mit schmerzenden Knien auf seiner Couch landen (und – das schien er nicht miteinzubeziehen in seine Mine – seinen Geldbeutel füllen). Bequatschte mich zunächst zu einer Röntgenaufnahme – trotz leichter Gegenwehr meinerseits (nicht konsequent genug, ich gebe es zu), fand natürlich nix und wollte mich anschließend mit einem Rezept für Einlagen nach Hause schicken.

„Wieso ‚Senkfuß’“? fragte ich ihn mit einem vorwurfsvollen Blick auf das Rezept. Streckte ihm meine grazilen, wohlgeformten und stets anmutig dahinschwebenden Füße entgegen. „Ich hatte noch nie Plattfüße und habe jetzt auch keine“ :nee: Er konterte: „ Wie soll man denn Einlagen begründen, wenn man keine Diagnose dazuschreibt?“
Meinen Diskussionsansatz würgte er genervt und bündig ab – ich entsorgte das Rezept direkt am Tresen in Ablage P und fand mich fast damit ab, niemals läuferische Großtaten vollbringen zu können. Zwei Tage später … der Wintereinbruch hatte unsere kleine Straße in eine gefährliche Rutschbahn verwandelt, drehte ich arglos und ohne die nötige Aufmerksamkeit eine nächtliche Hunderunde. Schlendernd – nicht laufend! Geriet auf einer glatten Fläche ins Rutschen, das seit über einer Woche dauerschmerzende Knie schwang – ausgleichend zum Rückwärtstrend des Gesamtkörpers – mit Macht nach vorne, ein heftiger RUCK schleuderte es in die freiwillig nicht mehr gewährte Gesamtstreckung. „Schei… jetzt isses ganz kaputt“ Mein spontaner Schreck angesichts des hefitigen Schmerzes, der das Knie wie ein Schwert durchfuhr, war nicht berechtigt. Vorsichtig an die Straßenseite gehumpelt, stellte sich heraus: WEG! :hurra: Die Hemmung, die das Knie seit Monaten befallen hatte, der seitliche Schmerz, der auf- und abschwoll – WEG. Zurückgeblieben war lediglich ein etwas ausgeleiertes, wundes Gefühl und das Befürfnis, das fast überbewegliche Knie mit Samthandschuhen nach Hause zu geleiten. Schon am nächsten Tag zeigte sich deutliche Besserung, der ursprüngliche Schmerz tauchte niemals mehr auf, das wunde Gefühl verschwand nach wenigen Tagen, ich konnte trainieren, den zweiten Winterlauf problemlos absolvieren (16,8 km in 1:48 h und 60 Läufer hinter mir) und eile beschwingt – vom Eise befreit – den läuferischen Herausforderungen entgegen, die sich mir noch in den Weg werfen mögen.

Langer Rede kurzer Sinn: wen das Knie drückt, der gehe nicht zum Arzt, sondern aufs Eis! :meinung:

(P. S. Eine nachträgliche Erklärung, WAS sich in meinem Knie abgespielt haben mag, würde mich dennoch freuen – in der Literatur fand ich nichts über: eingeklemmte Bänder o.ä.)

ja, wie geil ist das denn ?

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Hallo,
Lizzy hat geschrieben:Mal Hand aufs Herz – gibt es hier auch nur einen einzigen Hobbyläufer, der in Folge seines Laufens noch NICHT beim Arzt war? *rumguck*
na, bestimmt, ich bin einer. aber wurst.
Vorsichtig an die Straßenseite gehumpelt, stellte sich heraus: WEG! :hurra: Die Hemmung, die das Knie seit Monaten befallen hatte, der seitliche Schmerz, der auf- und abschwoll – WEG. Zurückgeblieben war lediglich ein etwas ausgeleiertes, wundes Gefühl und das Befürfnis, das fast überbewegliche Knie mit Samthandschuhen nach Hause zu geleiten. Schon am nächsten Tag zeigte sich deutliche Besserung, der ursprüngliche Schmerz tauchte niemals mehr auf, das wunde Gefühl verschwand nach wenigen Tagen, ich konnte trainieren, den zweiten Winterlauf problemlos absolvieren (16,8 km in 1:48 h und 60 Läufer hinter mir) und eile beschwingt – vom Eise befreit – den läuferischen Herausforderungen entgegen, die sich mir noch in den Weg werfen mögen.

klasse.
Langer Rede kurzer Sinn: wen das Knie drückt, der gehe nicht zum Arzt, sondern aufs Eis!
Meine Schmerzen waren nie heftig genug für den Arzt, ich lass diese Methode aber trotzdem...

Apropos Literatur: David Lodges Therapie hat so gut wie jede Stadtbücherei
Liebe Grüsse von Gregor :hallo: (Bremen)
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Ich sag jetzt mal nix zu deinem Knie und möglichen Diagnosen deiner ehemaligen Beschwerden - davon versteh ich nämlich nichts.

Wovon ich aber was verstehe, ist, ob ein Text gut oder schlecht, unterhaltsam oder langweilig, köstlich oder fad, herrlich oder dumm geschrieben ist!
Und deiner ist einfach Klasse!
Hach, warum können hier nicht mehr solcher literarischer Perlen auftauchen? Wie gerne würde ich hier wieder mehr mitlesen! Bleib uns hier erhalten, Lizzy, bitte! :)

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Hallo Lizzy,
das ist ja 'ne tolle Geschichte! Hoffentlich hält es jetzt, das Knie!
Julia

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Uschi hat geschrieben:Ich sag jetzt mal nix zu deinem Knie und möglichen Diagnosen deiner ehemaligen Beschwerden - davon versteh ich nämlich nichts.

Wovon ich aber was verstehe, ist, ob ein Text gut oder schlecht, unterhaltsam oder langweilig, köstlich oder fad, herrlich oder dumm geschrieben ist!
Und deiner ist einfach Klasse!

:)

Ich hätte es wahrscheinlich etwas anders ausgedrückt, aber im Prinzip wollte ich das gleiche sagen. :nick:
Praktisch, wenn man eine Uschi hat. :D

Phönix, nach erbaulicher Gute-Nacht-Lektüre den Abflug machend :hallo:

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gnies hat geschrieben:
Meine Schmerzen waren nie heftig genug für den Arzt
Sieht ganz danach aus, als seist DU die berühmte Ausnahme, die die Regel bestätigt. Oder findet sich vielleicht doch noch ein weiterer arztfreier Läufer?

@ die anderen: vielen Dank für die Blümchen! Im Winter immer wieder besonders nett :)

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Lizzy hat geschrieben:Sieht ganz danach aus, als seist DU die berühmte Ausnahme, die die Regel bestätigt. Oder findet sich vielleicht doch noch ein weiterer arztfreier Läufer?
Aber sicher... Seit ich laufe, bläst mein Orthopäde Trübsal! ( :hallo: Bratzi :D :D)
Ich habe zwar durchaus mal wegen Beschwerden pausiert, aber arztreif war ich nie (einen Vorsorge-Ckeck wirst Du ja wohl nicht mitzählen, oder?). Bevor ich mit dem Laufen angefangen habe, habe ich als einzigen Sport einmal die Woche Basketball gespielt und war regelmäßiger Arzt-Kunde ...

Michael

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hei Lizzy...

habe mir extra Deinen Bericht noch einmal hervor gekramt... wusste doch dass Du hier eine "Knie-heil-Methode" vorgestellt hast.
Ich habe nämlich seit letztem Freitag ein Knie das nicht so will wie ich. :help: während des Laufens ist es zwar auszuhalten, oder besser gesagt fast nicht zu spüren, kaum wird das Knie aber kalt ist es umso schlimmer....
Habe ich mehr also zehn Minuten auf meinem Bürostuhl gesessen sind die ersten 20 Meter wirklich übel.... innen knapp unter dem Knie...
Dabei hatte ich noch nie Knieprobleme :motz: :motz: :motz:
Und jetzt? was soll ich tun? Ich habe irgendwie nicht Mut mich vorsätzlich auf einer Eisplatte dumm anzustellen und wenn ich jemanden Frage ob er mich schubst zeigt er mir wahrscheinlich den Vogel :tocktock: (zu Recht).
Naja... vielleicht weisst Du ja noch eine andere Methode oder jemand anderer kann mir sagen, was ich zu tun habe oder wieso mir mein Knie solche Schmerzen bereitet. Ich bin noch am überlegen ob ich meinen für morgen geplanten längeren Lauf einfach ausfallen lasse... mal sehn.
Danke trotzdem für den amüsanten Bericht.... :daumen:
Liebe Grüsse
Claudia

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Also das ist wirklich ein SEHR schöner Bericht, danke Lizzy :wink: Wenn man das so liest, sollte ich wohl beim nächsten Wehwechen zuerst beim Chiropraktiker anklopfen, bevor ich einen Sportarzt aufsuche.

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bernathc hat geschrieben: Naja... vielleicht weisst Du ja noch eine andere Methode
Hi Claudia,

nein - leider weiß ich natürlich nix: weder, welche Macke du am Knie hast, noch wie du es wegbekommst
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Aber in den Monaten, in denen mir mein Knie immer wieder Beschwerden gemacht hat, habe ich einige Dinge ausprobiert, die z. T. auch sehr große Linderung verschafft haben, wenn auch nicht das Grundübel damit beseitigt war. Folgendes half erstaunlich gut:

Quarkwickel: auf ein Tuch - ich habe eine Baby-Stoffwindel genommen - Quark streichen (aus dem Kühlschrank) und ums Knie wickeln. Manchmal habe ich vorher den Quark mit etwas Heilerde vermischt und mit Retterspitz wieder streichfähig gerührt. Auch ein paar Tropfen Minzöl tun wirklich gut. Den Wickel ums Knie gebunden, mit Tüchern oder Schals abgedeckt und befestigt und mindestens 1, besser 2 Stunden einwirken lassen. Akute Schmerzen oder auch Schwellungen verschwinden in nullkommanix oder bessern sich zumindest entscheidend.

Retterspitzwickel: wenn ich zu faul für den Aufwand war, habe ich einfach ein Tuch in gekühltem Retterspitz getränkt und dann ums Knie gewickelt. Wirkt auch, wenn auch nicht ganz so flott und überzeugend.

Außerdem habe ich desöfteren mein Knie leicht oder auch mal fester (ganz nach Eigen-Körpergefühl) massiert. Und zwar entweder mit Heilpflanzenöl bzw. Minzöl oder mit Arnika-Massageöl , auf das ich sowieso total abfahre :daumen:

Wie gesagt: hilft gegen Schwellungen und Druckschmerzen, lindert und kühlt - aber ob es das Grundübel beseitigen kann?
Bild
Auf alle Fälle wünsche ich dir ganz schnelle und gute Besserung - sozusagen dein ganz persönliches Eis-Happening :wink:

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Hallo Lizzy,

deinen Bericht hatte ich wohl zuerst übersehen? Das wäre aber schade gewesen!! :daumen:

Ich gehöre aber auch zu denen, die noch nie bei einem Arzt waren :nick: seit ich laufe.

Hallo bernathc,
wenn das Knie schmerzt wenn es kalt wird, warum hältst du es nicht warm? :gruebel:
Rheumasalbe, hot-thermo-Salbe, und/oder lammwollene Knieschützer.

Gruß Käferin :hallo:

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Marienkäfer hat geschrieben:Hallo Lizzy,

Hallo bernathc,
wenn das Knie schmerzt wenn es kalt wird, warum hältst du es nicht warm? :gruebel:
Rheumasalbe, hot-thermo-Salbe, und/oder lammwollene Knieschützer.

Gruß Käferin :hallo:

Hallo Käferin

es geht nicht darum, dass das Knie schmerzt wenn es "kalt" im Sinne von kühler wird. Sondern es schmerzt wenn ich gerade nicht laufe und es "kalt" im Sinne von unbewegt oder wie wir Schweizer auch sagen "eingerostet" wird. Es äusserlich warm zu halten nützt leider nix, hab ich ausprobiert. und permanent zu laufen ist auch keine Lösung.
Naja, inzwischen schmerzt es sowieso auch in unbelastetem Zustand. Werd wohl auch das ganze Wochenende nicht laufen und schauen wies dann tut.

Liebe Grüsse
Claudia :hallo:
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