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HH-Marathon - Wo kommt der Berg in Hamburg her?

HH-Marathon - Wo kommt der Berg in Hamburg her?

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Zu den vielen Flyern, die ich mir auf der Marathonmesse in München zugelegt hatte, gehörte auch der vom Hamburger Marathon. Und da ich nach meinem Lauf feststellte, daß ich mit 3:24:50 auf Anhieb die Qualifikationszeit für Hamburg geschafft hatte, meldete ich mich kurzentschlossen an.

Nach ein paar Wochen Laufpause ging es Ende November wieder mit dem Training los. Ich meldete mich für den Neujahrsmarathon in Zürich an, den ich in lockerem Tempo durchlaufen wollte, was daran scheiterte, daß ich mich irgendwo bei km 22 im Dunkeln verlief :klatsch: (das Laufen mit einer Stirnlampe im nächtlichen Regen hätte ich vielleicht doch besser mal vorher ausprobiert :wink: ). So nahm mich der Streckenposten nach km 30 aus dem Rennen, worüber ich angesichts der Aussicht auf eine Suppe und eine warme Dusche nicht wirklich traurig war.

Der Januar brachte dann enorme Mengen Schnee, die mich nötigten, meine TDL auf dem Laufband im Fitnesscenter zu absolvieren. Ich beschloß also, aus der Not eine Tugend zu machen, einen Ultra in diesem Jahr anzuvisieren und statt intensiver Einheiten fleißig Kilometer bei langsamen Läufen zu sammeln. Das machte mir auch Spaß, auch wenn sich regelmäßig erst meine Trinkfläschchen und dann meine Hände in Eisklötze verwandelten.

Die 44 km vom Würzburger Gedächtnislauf wurden in locker gelaufenen 4:30 absolviert, und am Wochenende darauf folgte eine HM-Zeit von 1:31:57, die mich angesichts der Zusammensetzung meines Trainings doch etwas verblüffte. Nun schienen also 3:15 für Hamburg ein durchaus mögliches Ziel.

Drei Tage vor dem Marathon dann der letzte Test: eine halbe Stunde in dem Tempo meines ersten Marathons. Der Durchschnittpuls war im Vergleich um mehr als zehn Schläge gesunken, was meine Zuversicht bestärkte.

Am Freitag dann die Fahrt nach Hamburg, am Samstag der Frühstückslauf, danach ein Bummel über die Messe, (bei dem ich nicht nur ein Ersatzfläschchen für meinen Trinkgürtel, ein Startnummernband mit Gel-Halterungen, sondern auch ein Paar Asics 1090 in der passenden Größe entdeckte), schließlich das Treffen mit den LA-Foris im Cafe September :hallo: . Die Zeit verging in anregenden Gesprächen, und ich bestellte mir eine Kartoffelpfanne (Nudeln konnte ich nach der Pastaparty keine mehr sehen) und ein Glas Rotwein gegen meine nun doch zunehmende Nervosität.

Am nächten Morgen gabs bei der Turnhalle, wo ich übernachtete, ein für Läufer angemessen zusammengestelltes Büffet, und da sich draußen das notorisch gute Marathonwetter von Hamburg ankündigte, wählte ich Singlet und Shorts als Outfit.

Um acht Uhr gab es dann ein Wiedersehen mit den Foris, und dann ging es auf in den Startblock.

Obwohl ich im zweiten von neun Blöcken war, war zunächst kaum ein Durchkommen, und es dauerte drei Minuten, bis ich die Startmatte passierte. Bevor es auf die Reeperbahn ging, legte ich eine Pinkelpause ein, in der richtigen Vermutung, daß an der Strecke wohl kaum so wenige Zuschauer wie hier stünden. Der Gurt meines Pulsmesser muckte nun - erst nach gut zehn Minuten zeigte mir das Gerät korrekte Werte an. Dabei erforderte das Getümmel um mich meine volle Aufmerksamkeit, wollte ich niemanden über den Haufen rennen. Mit knapp 20 Minuten für die ersten vier km lag ich dann erstmal deutlich über meinem Zeitplan, aber das war mir ja in München nicht anders ergangen. Dann kam ich aber doch in meinen Rhythmus, konnte die km in einem Schnitt von 4:30 abspulen und passierte km 10 in 47:16. Nun kam einer der Höhepunkte der Strecke: in einer S-Kurve ging es bergab auf den Fischmarkt - eine gewaltige Menschenmenge und eine Bombenstimmung, die mir Auftrieb gab. Bei km 13 stellte ich fest, daß gerade eine Stunde vergangen war - wenn ich dieses Tempo halten könnte, würde ich tatsächlich unter 3:15 bleiben. Nun ging es durch einen Tunnel und an Binnen- und Außenalster entlang. Immer noch war das Feld ziemlich dicht, und bei einem Überholmanöver wurde ich von hinten angerempelt (ob das wohl der Rowdy war, der in einem anderen HH-Bericht beschrieben wurde? :gruebel: ). Die HM-Marke wurd in 1:37:15 passiert, und km 26 in knapp unter 2 h. Immer noch fühlte ich mich wohl, von ein bißchen Müdigkeit in den Beinen abgesehen. Es folgte die km 30-Marke (2:28:06), und mit dem Bahnhof Ohlsdorf ein weiterer Stimmungshöhepunkt. Nun wurde es aber doch deutlich schwerer, das Tempo zu halten, und ich forcierte meine Anstrengungen. Von km zu km wurden meine Beine schwerer, die Menschenmassen, die sich nun an der Strecke versammelten, nahm ich nur noch undeutlich wahr. Eine minimale Steigung bei km 35 schien sämtliche Kraft aus meinem Körper zu saugen. Über die km-Schnitt hatte ich den Überblick verloren, als km 39 in den Blick kam. Ein Blick auf die Uhr: 3:02 h. Es sollte also nicht werden mit der 3:15, aber waren noch 3:17 drin? Für den nächsten km brauchte ich 5 Minuten, aber nun ging es von der Alster zur Messe hoch - ein kleiner Hügel, der mir beim Frühstückslauf gar nicht aufgefallen war, aber nun mich an den Rand der Erschöpfung brachte. In meinen Beinen fühlte ich einen Krampf nahen, der Puls sackte von über 160 auf unter 150, und noch immer wollte der Aufstieg kein Ende nehmen. Auf einmal kommt eine Rechtskurve, und verblüfft und erleichtert sehe ich das Ziel vor mir. Ein Blick auf die Uhr zeigt mir, daß ich unter 3:20 bleiben werde, mein Tunnelblick löst sich, und die jubelnden Menschen an der Strecke bringen mich dazu, meine Hände in die Höhe zu reißen.

3:19:12 waren der Lohn der Qual, und auch wenn ich mein Traumziel verfehlt habe, bleibt eine Verbesserung meiner Bestzeit von mehr als fünf Minuten.

Im Zielbereich kam ich dann ziemlich schnell wieder zu Kräften, nicht zuletzt dank des alkoholfreien Erdingers, das da noch reichlich zur Verfügung stand. Der Krampf in den Beinen hat mich dann doch noch eingeholt, als ich mich in der Halle mit den Duschen hinsetzte, aber auch das ging vorbei. Danach gab es noch ein LA-Treffen in Planten und Blomen, und es war schön zu wissen, daß auch die anderen den Lauf gut überstanden hatten. Ich bin übrigens der, der auf diesem Foto stehend mit einem Becher Bier - da war es allerdings schon bleihaltiges - zu sehen ist : http://www.laufen-aktuell.de/laufen-akt ... mentid=859

Vom Hamburger Marathon habe ich mich noch schneller erholt als von meinem ersten, und so bin ich ziemlich zuversichtlich, was mein nächstes Projekt, den Rennsteiglauf, angeht.

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Hi Stephen,

hier starren wohl einige ungläubig auf deinen schönen Bericht wie das Karnickel auf die Schlange - deshalb sagt keiner was :wink:

Erstmal Danke natürlich und :respekt: :respekt: :respekt: für diese schier unglaublich klingende Leistung.

Ich habe mal kurz deine anderen Postings überflogen (nicht ganz genau und ich habe sicher einiges überlesen) und lese da:du läufst seit letztem Jahr und dann im Herbst den Marathon unter 3:30 h :eek: :eek: :eek:

Erzähl doch mal mehr - das ist ja gigantisch! Warst sicher vorher schon massiv am sporteln, oder?

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:eek: boah :respekt: tolle Zeit, super gelaufen.

:hallo:
odie

Soooo..

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schlecht finde ich einen Nachzüglerbericht gar nicht. Da hat man, wenn die erste schöne Berichterstattungswelle abgeebbt ist, wenigstens anschließend auch noch was tolles zu lesen :daumen:

Gratulation zu dem tollen Lauf und danke für den tollen Bericht. Dein (ich weiß Deinen genauen Wortlaut nicht mehr) "..." Trainingsplan hat sich ja voll ausgezahlt.
Mik

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Toller Nachbericht :daumen: ,

da kommt direkt der eigene HH-Lauf wieder in Erinnerung.
1000 Dank!!!

Wenn ich mir jetzt das Wetter so anschaue, haben wir ja riesig Glück gehabt, oder
was sagt meine Schwiegermutter immer (zur Tochter):

Wenn Engel reisen..... (laufen :P ).
weiter viel Erfolg und Erfolge wünscht

Jens :hallo:
Mal verliert man, mal gewinnen die Anderen.

Plan 2013:

???

S u p e r

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Gratuliere Stephen,

schöner stimmungsvoller Bericht von einem klasse Rennen :daumen: (war ja selbst dabei :) ). Bin ja schon gespannt, was für tolle Laufberichte und -zeiten wir von Dir noch zu lesen bekommen werden.

Hanseatische Grüße :hallo:
Falk
Laufen, weil es Spaß macht.
---
"The swim in an ironman is a contactsport" (NBC)

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Vielen Dank für die Komplimente. *rotwerd*

Was die Frage von Lizzy betrifft - ich war der typische Schulsportversager. Die einzigen sportlichen Erfolge hatte ich im Tennis, aber die verdankte ich wohl eher meiner Psyche meine Aufschläge dagegen waren so schwach, daß ich genauso gut den Ball übers Netz hätte werfen können.

Später habe ich ab und zu gejoggt, ohne Wettkampfambitionen und nie mehr als 8 km. Im vorletzten Jahr bin ich dann regelmäßig Rad in lockerem Tempo gefahren, nachdem ich zeitweilig ohne Auto auskommen mußte. Als ich dann wieder mit dem Laufen angefangen habe, habe ich die Umfänge zu schnell gesteigert und mußte erst einmal mit Knieschmerzen pausieren. Anfang 2005 besorgte ich mir Fachlektüre, einen Pulsmesser und fing ganz von vorne an. Als ich dann über eine Stunde laufen konnte, meldete ich mich zum Münchner Marathon an, um endlich Nägel mit Köpfen zu machen.

Allerdings muß ich hinzufügen, daß ich die ideale Statur für den Langstreckenlauf habe: ich wiege 65 kg bei 1.80 m Größe und habe selten mehr auf die Waage gebracht (in meiner Jugend noch weit weniger).

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Stephen hat geschrieben: ...und noch immer wollte der Aufstieg kein Ende nehmen.


Hamburg? Aufstieg? Hä?
Stephen hat geschrieben:und so bin ich ziemlich zuversichtlich, was mein nächstes Projekt, den Rennsteiglauf, angeht.


:gruebel: :gruebel: :gruebel: :gruebel: :gruebel: :gruebel: :gruebel: :gruebel:

Conni, die zur guten Zeit gratuliert

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Lachmöwe hat geschrieben:Hamburg? Aufstieg? Hä?
Ich schrieb ja, daß ich beim Frühstückslauf nichts verdächtiges bemerkt hatte.

Und das Streckenprofil verzeichnet bei km 25 eine ähnliche Steigung, die allerdings ebenfalls vollständig meiner Aufmerksamkeit entging.

:wink:
:gruebel: :gruebel: :gruebel: :gruebel: :gruebel: :gruebel: :gruebel: :gruebel:
Beim Rennsteiglauf muß ich nicht so schnell losrasen - und die langen Steigungen lassen sich durchaus mit den Schneemassen vergleichen, durch die ich mich in den letzten Monaten stundenlang gepflügt habe (haben eigentlich auch andere Leute hier nach diesem Winter das Gefühl, daß sie so viele unterschiedliche Schneebeläge auseinanderhalten können wie ein Eskimo? :wink: )

Was mir in der Vorbereitung zu Hamburg offenbar gefehlt hat, waren ein paar intensive Einheiten, die länger als 40 Minuten dauerten, bzw. die berüchtigen Endbeschleunigungen bei den langen Läufen - aber zu viel will man sich ja im zweiten Trainingsjahr auch nicht zumuten.

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Stephen hat geschrieben:haben eigentlich auch andere Leute hier nach diesem Winter das Gefühl, daß sie so viele unterschiedliche Schneebeläge auseinanderhalten können wie ein Eskimo? :wink: )
noch nicht ganz, aber noch so ein Winter und ich bin auch so weit. Übrigens, die Kür ist dann nicht nur das auseinanderhalten können, sondern sofort die Belaufbarkeit einschätzen können :D

Übrigens: super Lauf und klasse Bericht :daumen:

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Stephen hat geschrieben:haben eigentlich auch andere Leute hier nach diesem Winter das Gefühl, daß sie so viele unterschiedliche Schneebeläge auseinanderhalten können wie ein Eskimo? :wink: )
Gab es diesen Winter Schnee? :frown: :gruebel:

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Sabine34 hat geschrieben:Übrigens, die Kür ist dann nicht nur das auseinanderhalten können, sondern sofort die Belaufbarkeit einschätzen können :D
Wie wahr!

:nick:

Ich erinnere mich da z.B. an einen Waldweg, über den Pferde getrappelt waren - ein Gefühl, als ob man über ein Geröllfeld stolpert...

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Moin Namensvetter mit PH-Wert :)

Na, da hast Du ja nen klasse (Nachzügler-) Bericht zusammengebaut ... zu Deiner Klasse Zeit hatte ich Dir seinerzeit sicher schon in Planten und Blomen gratuliert ... dass Du jedoch noch gar nicht sooo lange bei der Lauferei bist, ist etwas an mir vorbeigegangen ... daher ein ehrfürchtiges " :respekt: " für die Zeit!
Steif
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Ständig verschwinden Senioren spurlos im Internet, weil Sie "ALT" und "ENTFERNEN" gleichzeitig drücken.

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Klasse Bericht, Glückwunsch zur sehr guten Zeit! :nick:


Genau diese Berichte sind es, die mich nach dem Stöbern im Forum ungeduldig auf den nächsten Lauf warten lassen!

VG
MellowD
"Ich wünschte, Gott würde noch leben, um das zu sehen." (Homer J. Simpson)
Gesperrt

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