Bevor der Marathon in München ganz in Vergessenheit gerät gebe ich jetzt auch noch meine Erlebnisse zum Besten.
Nachdem ich in Mainz auf den letzten Kilometern eingebrochen bin, wollte ich nun in München die 3:30 knacken. Die Vorbereitung hatte ich ggü. Mainz noch mal verschärft und vor allem die langen Läufe ausgedehnt und mit einer Portion Endbeschleunigung "gewürzt".
Das Training lief gut und ich hatte auch keinerlei Zipperlein zu beklagen. Einziges Problem war dann ausgerechnet in der Woche vor dem Marathon der Stress in der Arbeit. Eine 60h-Woche ist wohl nicht die ideale Vorbereitung....
Ich war trotzdem optimistisch und hoffte vor allem auf kühle Temperaturen. Als notorischer Frühmorgensumhalbsechs-Läufer bin ich einfach keine hohen Temperaturen gewohnt.
Vor dem Start am Sonntag begab ich mich dann noch zu dem bereits mehrfach beschriebenen Fori-Treffen am Tennisstüberl. Langsam stieg die Nervosität und ich verabschiedete mich um die letzten Vorbereitungen zu erledigen.
Zum Start ordnete ich mich dann im Startblock A mit einigem Abstand hinter den Ballons der 3:30er Pace-Maker ein. Meine Strategie: Bis zur Halbzeit die Ballons in Sichtweite behalten und danach langsam aufschliessen um mich von den Pace-Makern "ziehen" zu lassen...
Kurz nach 10 gings dann mit einem lauten Böllerschuß los. Genau zu diesem Zeitpunkt setzte sich dann auch die Sonne gegen den Nebel durch und begann ihr Werk...
Nach kurzer Verzögerung konnte ich dann loslaufen und reihte mich in den Pulk ein. Ein erster Check nach 1 km: 4:43 - hm, das ist zu schnell. Also drossele ich das Tempo und pendele mich dann auf den nächsten Kilometern auf einen 5:00er-Schnitt ein. Bald geht es in die sog. Partymeile in Schwabing, wo es jetzt aber noch ruhig zugeht. Kurze Zeit erhalte ich Gesellschaft von einem Arbeitskollegen, da er aber auf 3:15 laufen will trennen wir uns bald wieder.
Das war mir dann doch zuviel.
Eine richtige Gänsehaut bekomme ich dann beim Einbiegen auf die Leopoldstr.
Hier herrscht richtig Stimmung und das gibt Auftrieb. Km 10 waren mit 49:56 im Plan und ich zog das Tempo etwas an. Auf den nächsten Kilometern durch das Zentrum dann das gleiche Bild wie auf der "Leo". Die Zuschauer drängen sich am Rand und veranstalten ein gehöriges Spektakel.
An der einzigen ernsthaften Steigung am Gasteig sorgen Samba-Trommeln für Ablenkung und Abwechslung. Das war auch nötig denn jetzt ging es auf den weniger attraktiven Teil im Münchner Osten. Mein Tempo blieb konstant und die HM Marke mit 1:44:51 war immer noch im Plan. Langsam wurde mir aber ziemlich warm und zu allem Überfluß meldete sich die rechte Achillessehne. Damit hatte ich bisher ja noch nie Probleme.
Ab jetzt arbeitete ich mich dann aber immer näher an die weiter vorne sichtbaren orangenen Ballons heran. In der Oberföhringer Str. gelangte ich dann in den Pulk der 3:30er und war ziemlich schnell von der Enge und dem Gedrängel an den Verpflegungsstationen genervt. Spontan nutze ich das Gefälle hinunter zur Isar und die Breite der Strasse um an dem Pulk vorbeizuziehen. Mit kleinem Vorsprung vor den Pace-Makern, schmerzender Achillessehne und immer schwereren Beinen ging es nun ab in den Englischen Garten. Mit den Gedanken an Uschi, Abe & Co am Aumeister versuchte ich mich abzulenken aber zu allem Überfluß kostet mich eine kurze Technische Pause den kleinen Vorsprung und ich finde mich im Pulk wieder. Während ich so hinter den Tempo-Machern herlaufe ist eine fachkundige Stimme vom Wegesrand zu hören: "Schau her, jetzt kommen die langsamen".
Einer der Pace-Maker wollte gleich umdrehen und die Lady an den nächsten Baum ketten. Mein Kopf war jetzt bereits zu leer um länger darüber nachzudenken und mir fällt es jetzt immer schwerer das Tempo zu halten. Die orangenen Ballons ziehen immer weiter davon als auf einmal die Groupie-Truppe um Uschi, Abe & Co. auftaucht. Gerade noch kann ich auf die Seite wechseln und die Hände abklatschen. Aus der Ferne nehme ich noch ein lautes "Wir lieben dich" wahr und schleppe mich zum nächsten Verpflegungsstand beim Aumeister.
Jetzt war es um mich geschehen: Mir war verdammt heiß, die Achillessehne meldete sich immer deutlicher, der Puls war jenseits von Gut und Böse und immer noch 10 km zu laufen. Die jetzt folgende "Einsamkeit" im EG nutze ich zu einer Gehpause um den Puls herunterzubringen und der Achillessehne eine Pause zu gönnen. Irgendwann rappel ich mich wieder auf und laufe weiter um kurz darauf noch mal zu pausieren. Verzweifelt versuche ich meine Gedanken zu ordnen, stelle mir vor wie weit es noch ist und rechne anhand der Marschtabelle verzweifelt irgendwelche Zeiten. Letztendlich schaffe ich es wieder in einen akzeptablen Laufrhythmus zu kommen auch wenn ich nur noch einen 6:00er-Schnitt schaffe. An der Verpflegung in der Thiemestr. bediene ich mich dann ausgiebig mit Wasser und Iso. Am Ende des Standes gab es dann noch Red Bull. Her damit...Red Bull verleiht doch Flüüügel.
Mit dem letzten Quentchen an Denkvermögen komme ich zu dem Ergebnis: Mit einem 5:30/5:40er Schnitt könnte ich zumindest noch eine neue PB schaffen.
Ich nehme allen Willen zusammen und schwebe auf den von Red Bull verliehenen Flügel weiter durch Schwabing. Zwischendrin hab ich Olli Kahn im Ohr: "Weiter, immer weiter" und ignoriere ab jetzt sämtliche Stände. Das Stadion lockt und ich spüre mittlerweile gar nix mehr ausser dem Willen so schnell wie möglich ins Ziel zu kommen. Ich werde immer schneller (zumindest denke ich es) und stürme durch den Tunnel ins Stadion.
Wow, es ist wieder der Wahnsinn in dieses Stadion einzulaufen. Ein Blick auf die Uhr zeigt mir: "Gib Gas, Junge". So stürme ich über die Gegengerade, winke kräftig in Richtung des vermuteten Sitzplatzes meiner Family (auch wenn ich gar nicht mehr in der Lage bin konkrete Personen zu erkennen) und schaffe es dann doch noch in neuer PB ins Ziel. Mit 3:38:37 dann doch noch knapp 40s schneller als in Mainz.
Völlig platt und Alle schleppe ich mich dann zu meiner Familie und gemeinsam geht's nach Hause wo ich mir ein Entspannungsbad und 1 Bierchen dazu genehmige und die schmerzende Achillessehne pflege.
Auch wenn ich mein eigentliches Ziel nicht erreicht habe bin ich sehr zufrieden und werde halt beim nächsten Mal noch mal versuchen die 3:30 zu knacken
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit
P.S. Da mich seit Montag wieder der Wahnsinn des Jobs ereilt hat gibt es den Bericht erst jetzt
mmm 2005 - powered by Red Bull
1Jürgen
2009
15.02. HM Ismaning 1:48:47
15.03. HM Gröbenzell
29.03. HM Forstenrieder Volkslauf
19.04. Vienna City Marathon
28.06. HM Stadtlauf München
Rest tbd