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Etwas verspätet: Düsseldorf Marathon

Etwas verspätet: Düsseldorf Marathon

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Vorgeschichte
Für Düsseldorf (meinen 5. Marathon, der erste 2001) hatte ich mich früh entschieden und kurz nach Anmeldebeginn schon registriert. Diesmal sollte die 3:30 endlich geknackt werden. Das Wintertraining verlief vielversprechend und so ging ich mit Elan in die letzten Vorbereitungswochen ab Ende März. Leider wurde unser Sohnemann 4 Wochen vor dem Start krank (Erkältung) und 2 Tage später lag ich mit 38,5 Grad auf dem Sofa. Die Erholung lief gut und ich war wieder frohen Mutes, bis in der darauffolgenden Woche ein Tempolauf zum Fiasko (frühzeitiger Abbruch) geriet. Nun ja dachte ich, kann passieren. Mach eben mal 3 Tage langsam. Das hat dann auch funktioniert und beruhigte mich wieder. Mittwochs vor dem Start (eigentlich sollten die Beine jetzt schon vor Kraft bersten) der nächste Nackenschlag: Enge Brust beim Atmen und müde Beine. Zuhause sagte ich zu meiner Frau: So laufe ich nicht in Düsseldorf. Na ja, es waren ja noch 3 Erholungstage bis dahin. Meine Zuversicht sank jedoch erheblich gegenüber dem Vorbereitungsbeginn.

Samstag
Von uns sind es ca. 180km bis Düsseldorf (ca. 40km Landstraße). Da ich in fremden Betten eh schlecht schlafe und vor einem Wettkampf auch zuhause nicht besonders gut, habe ich auf ein Hotel verzichtet. Die Wettervorhersage prophezeite Wärme (23 - 25 Grad) und Wind (Stärke 4 mit Böen von 60km/h) für Samstag und Sonntag. Na Bravo, genau das was ich gebraucht habe. Mit Beunruhigung verfolgte ich, dass diese Vorhersage am Samstag auch genau eintraf. Vielleicht wird der Sonntag doch noch besser (die Hoffnung stirbt zuletzt). Ich gehe früh zu Bett (so gegen 9:30).

Sonntag
Der Tag der Wahrheit. Um 02:30 werde ich wach, weil meine Frau sich im Bett herumwälzt. Sie kann wegen dem Marathon nicht schlafen, obwohl ich alleine nach Düsseldorf fahre. Eine Stunde im Bett dösen reichen mir dann und es wird um 03:30 aufgestanden. Etwas essen und trinken, die Tasche packen, Straßenkarte lesen und ab geht es um 4:40. Mann, sind das viele Baustellen auf der Autobahn. Egal, ich bin früh unterwegs und werde wohl einen Parkplatz in Startnähe bekommen. Im Auto sage ich mir mehrfach vor: Du wirst heute Bestzeit laufen und du wirst unter 3:30 kommen auch wenn das Wetter besch... ist.
Gegen 06:45 komme ich in Düsseldorf an und die Homberger Straße ist gesperrt. Das kann doch nicht sein. Im Internet stand etwas von 08:00. Ich biege rechts ab. Halte nach 500m an und schaue auf der Karte nach wo ich bin. Bestimmt habe ich mich vertan. Gedreht und zurück zur Ecke Kennedy-Damm-Homberger Straße. Jetzt steht ein silberner Audi-Kombi vor der Absperrung. Ärger kocht hoch (jaja das Wettkampfadrenalin) und ich fahre über den Bürgersteig auf die komplett leere Homberger Straße. Gleich darauf überholt mich ein silberner Audi-Kombi (glaube ich jedenfalls).
Parkplatz direkt vor der Rheinterrasse im Schatten. Das ging ja mal gut.

Der Start
Alles nötige ist erledigt (auch die Toilettenbesuche). Ich stehe im Startblock und suche den 3:30-Läufer. Irgendwo etwas vor mir sehe ich einen Luftballon. Das wir er wohl sein. Der Start selbst geht reibungslos von der Bühne. 30s brauche ich bis zur Matte. Die Luft fühlt sich nach 17Grad an und der Wind ist moderat. Ich laufe moderat los und halte mich etwas zurück, um den ersten km nicht zu überziehen. 5:01 sind es dann. Mit Trinkpausen brauche ich mindestens eine 4:55. Also leicht anziehen, aber alles ohne Druck.

Bis km 10
Bei der ersten Trinkstelle (4,5 km) rutsche ich auf dem nassen Pflaster aus und lande direkt vor einer jungen Frau auf dem Boden. Die ist ganz erschrocken und redet auf mich ein. Ich verstehe nichts, springe auf, nehme mir ein Wasser und laufe weiter (Ich bin immer wieder fasziniert, was ein Wettkampf mit mir anstellt. Nur noch Tunnelblick und eingeschränktes Denkvermögen). Nach einer Minute ist der Vorfall vergessen, es gibt nur ein Ziel: unter 3:30. Die Strecke ist flach und durch die noch etwas schräg stehende Sonne genügend Schatten vorhanden. Es läuft sich gut. Muss es auch, denn die zweite Hälfte wird mehr Sonne und die Oberkasseler Brücke haben (momentan mein Schreckgespenst).

Bis km 21,1
Zwei Bahnüberquerungen gaben mir schonmal einen Vorgeschmack auf die Rheinbrücke. Zudem frischt der Wind immer mehr auf. Es wird wärmer. Nachher erfahre ich, dass von den drei deutschen Männern, die die Göteborg-Qualifikation schaffen wollen (2:14) zwei bei km 17 aufgehört haben. Ich kann es Ihnen nicht verdenken. Denn schon hier ist klar, dass es schwer wird. Der dritte hat es mit 2:17 leider um 3 min verpasst. Die Hälfte ist jetzt mit 1:43 geschafft. Da die zweite Hälfte wetterbedingt schwierger wird (und mein Schweinehund noch etwas von Oberkasseler Brücke erzählt) ist dieses Polster noch nicht wirklich beruhigend.

Bis km 28
Mittlerweile muss ich 2 Becher Wasser trinken. Die Aufenthalte an den Trinkstellen verlängern sich. Das Zeitpolster bleibt bei 3min stehen. Zudem ist mir siedendheiß eingefallen, dass ein 5min-Schnitt ja gar nicht ausreicht. Es fehlen ja noch 195m. Also eine Minute vom Polster abziehen (jaja das eingeschränkte Denkvermögen). Das muss ich erstmal verdauen. In diesem Stadteil ist auch das Hotel Sorat, welches ich für eine ev. Übernachtung buchen wollte. Ab km 24 geht es nicht mehr ohne Druck. Jetzt versuchen das Tempo zu halten. Die Beine sind zwar nicht mehr ganz frisch, aber es geht noch. Irgendwo in diesem Bereich kommt eine Windböe und wirft wie Dominosteine die metallene Zuschauerabsperrung um. Also doch keine Einbildung. Bei km 27 denke ich. Wie oft bist du schon 15 km Tempo gelaufen, dass musst du doch noch schaffen.

Bis km 38
Die Oberkasseler Brücke. Sonne pur und Rückenwind (ich denke mit Schrecken an das Zurück). Links kommen schon die Ersten Zielläufer. Das lenkt etwas ab. Ich glaube so gegen km 31 verpasse ich eine Wasserbrause. Da ich momentan ganz links laufe und die Brause sich rechts befindet, ist ein querlaufen nicht mehr möglich. Sch... kommt es aus mir heraus und ein Läufer neben mir bestätigt desgleichen. Es nützt nichts, sich über die verpasste Abkühlung aufzuregen. Weiter gehts. Hinter km 33 geht es etwas bergauf und Gegenwind. Der Wind geht mir auf den Schnürsenkel. Vor mir ist jetzt ein Riese (vielleicht 20cm größer, ich bin nur 1.73). Klemme mich dahinter um wenigstens ein bißchen mal Ruhe zu haben. Leider spüre ich vom Laufschritt her, dass dieser Läufer höchstens 5:10 läuft (an der km-Markierung waren es 5:15). Also wieder vorbei. Bei km 37 habe ich noch ein Zeitpolster von 100s. Meine Beine sind zwar sehr müde, aber trotzdem spürt mein Unterbewußtsein, dass nur noch ein Unglück mich pro km um mehr als 20s langsamer machen kann.

Bis zum Ziel
Wie befürchtet bekomme ich (und natürlich auch Andere) auf dem Rückweg der Rheinbrücke die volle Breitseite des Ostwindes ab. Jetzt wird alles gegeben um gegen die Höhenmeter und den Wind anzukämpfen. Auf der Brücke überhole ich einige gehende Läufer. Es sind auch Frauen dabei. Schade denke ich, die schaffen es nicht mehr unter 3:30. Für Frauen ist das eine enorme Leistung. Nachher sehe ich, dass es insgesamt nur 22 (von 600) waren. Ich schaue nicht mehr auf die Uhr, sondern versuche nur das Tempo zu halten. An einer Stelle stolpere ich leicht. Nur nicht hinfallen. Ich spüre nur noch Wind und Sonne. Endlich geht es um die Kurve zum Ziel. Rückenwind. Es wird alles mobilisiert. Kurz vor der Matte zeigt die Zieluhr was um 3:29:38 an. Erleichterung macht sich breit. Geschafft. Nettozeit 3:29:10.

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Klasse it fuzzy, super schöner Bericht, herzlichen Glückwunsch :daumen:

Brigitte
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Willkommen!

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Hallo it_fuzzy,

danke für deinen Laufbericht. Läßt sich gut lesen, und:

:megafon: "Herzlich Willkommen hier im Forum!"

:hallo: Viele Grüße
Leze

Nachtrag

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Falls Jemand Interesse an der Düsseldorfer Zielmedaille hat, kann er/sie sich bei mir melden. Mir liegt nicht soo viel daran. Ich habe gelesen, dass einige Keine bekommen haben.

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Hallo Du Fuzzy,und herzlich willkommen!

Schön, dass Du Deine Ziele in Düsseldorf erreichen könntest! Ich habe mein Ziel (3:45) recht frühzeitig aufgeben müssen und war froh in 3:58 angekommen zu sein!

Viele Grüße, Marcel
Für Berlin 2014 noch mal schnell werden :nick:

Hallo Marcel

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aldente hat geschrieben:Hallo Du Fuzzy,und herzlich willkommen!

Schön, dass Du Deine Ziele in Düsseldorf erreichen könntest! Ich habe mein Ziel (3:45) recht frühzeitig aufgeben müssen und war froh in 3:58 angekommen zu sein!

Viele Grüße, Marcel
Wenn ich das, was meine Trainingsleistungen unter optimalen Bedingungen (es war ja immer kühl um nicht zu sagen kalt) hergeben, auch angegangen wäre (um die 3:20), wäre vermutlich eine 3:40 oder 3:45 mit unsäglichen Qualen (so wie es einem Laufkollegen erging) herausgekommen. Es waren einfach keine Bestzeitenbedingungen. Die 3:30 waren bei mir überfällig (und ich bin erleichtert).

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Ich bin auch schon mit der Zielzeit 3:45 recht konservartiv angegangen, wenn man von meiner HM Zeit ausgeht. Mir sind aber trotzdem die Qualen nicht erspart geblieben, wie Du meinem Bericht enrnehmen kannst!

Ich fands trotzdem gut!!!Jetzt weiß ich, was man mit Willen schaffen kann. In Köln werde ich dann wieder versuchen, meine Bestzeit zu verbessern. Leider hinkt meine Marathon Zeit noch wesentlich hinter den Zeiten der Unterdistanzen hinterher! Bin halt ein alter Fußballer, da ist mehr als genügend Tempo vorhanden, jetzt muß ichs nur noch auf die lange Kante bringen!

Wird schon werden!!!
Für Berlin 2014 noch mal schnell werden :nick:

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aldente hat geschrieben:Ich bin auch schon mit der Zielzeit 3:45 recht konservartiv angegangen, wenn man von meiner HM Zeit ausgeht. Mir sind aber trotzdem die Qualen nicht erspart geblieben, wie Du meinem Bericht enrnehmen kannst!
Ja, deinen Bericht habe ich (noch vor meiner Anmeldung) mit Interesse gelesen :daumen: . Es hat mich ein bißchen geärgert, dass die Mainz-Berichte so erfolgreich waren. Da musste wenigstens etwas Positives aus Düsseldorf her :wink: .
aldente hat geschrieben: Ich fands trotzdem gut!!!Jetzt weiß ich, was man mit Willen schaffen kann. In Köln werde ich dann wieder versuchen, meine Bestzeit zu verbessern. Leider hinkt meine Marathon Zeit noch wesentlich hinter den Zeiten der Unterdistanzen hinterher! Bin halt ein alter Fußballer, da ist mehr als genügend Tempo vorhanden, jetzt muß ichs nur noch auf die lange Kante bringen!

Wird schon werden!!!
Du hast Recht. Bei einer 10km-Zeit knapp unter 40min (da wäre ich auch mal gern *seufz*, momentan 41:43) würde ich einen HalbM um die 1:28 laufen (jetzt 1:31 unter wirklich in jeder Hinsicht optimalen Bedingungen). Der HM ist meine Paradedisziplin. 10 km geht gerade so. Darunter laufe ich keine Wettkämpfe. Düsseldorf wäre dann so um die 3:24 geworden. Was Dir vermutlich fehlt sind viele lange Läufe. Seit Weihnachten habe ich 14 x 35km hinter mir (und um die 80km/Woche). Das ist nicht jedermanns Sache.

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Hallo Willi,

auch von mir herzlichen Glückwunsch zur endlich geschafften 3:30.

Das war seit Herbst 2004 auch mein Ziel und es hat erst jetzt in Hamburg geklappt. Aber in Düsseldorf war es bestimmt ungleich schwieriger, daher sollte sich bei Deiner M-Zeit noch ordentlich was bewegen lassen.

Und das Ganze noch nach Aufstehen um halb vier und 2 Stunden Autofahrt. Absolute Härte, Respekt!

Was steht als nächstes auf dem Plan?
oLi

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Hallo Willi,
erst einmal Glückwunsch zu deinem Erfolg. Echt schöner Bericht
da kann man sich vielleicht mal vorstellen wie es sein wird wenn
man mal einen Marathon läuft. Ich selber bin noch nicht in den Genuß gekommen.

Weiterhin herzlich willkommen hier im Forum! :hallo:
Gruß Franky
10.Rheinhöhenlauf 18.-20.09.2015:dafuer:
26.07.08 5:23:32 Swissalpin Davos
05.09.09 5:02:29 Jungfrau-Marathon
05.12.09 4:21:30 Untertage Marathon Sondershausen
08.05.10 4:07:11 Rennsteig Marathon
07.11.10 3:59:40 LGA Indoor Marathon
15.05.11 3:50:08 Knastmarathon Darmstadt
09.10.11 3:49:00 Gardasee Marathon
11.12.11 4:05:00 Siebengebirgsmarathon
28.01.12 4:51:00 Ultramarathon Rodgau 50 km
12.05.12 8:21:43 Supermarathon Rennsteig 72,7 km

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Hallo oLi
Das war seit Herbst 2004 auch mein Ziel und es hat erst jetzt in Hamburg geklappt. Aber in Düsseldorf war es bestimmt ungleich schwieriger, daher sollte sich bei Deiner M-Zeit noch ordentlich was bewegen lassen.
Das hoffe ich, dass sich noch etwas bewegt :wink: . In Bezug auf Marathonzeiten bin ich mittlerweile vorsichtig geworden. Das nächste Ziel ist wieder Bestzeit, nicht mehr. Bei den 10km und dem HM sieht es anders aus. 10km sollen unter 41:00 und der HM unter 1:30 gebracht werden. Hoffentlich noch dieses Jahr.

Was steht als nächstes auf dem Plan?
Heute (die Wettervorhersage hat schon wieder Windstärke 5 mit Böen um 60-70km/h angesagt) laufe ich in Bad Ems 10 km. In drei Stunden fahre ich los. Da Düsseldorf erst 2 Wochen her ist, lasse ich mich einfach überraschen. Vor zwei Jahren bin ich in Neuwied eingebrochen und habe nach 5,5km aufgehört. Das soll mir hier nicht passieren.
In zwei Wochen möchte ich dann in Lahnstein versuchen die 41:00 anzugehen. Danach folgt der Mittelrhein-Halbmarathon (18.06). Da der relativ spät ist, wird die Form schon am sinken sein. Ende August dann der Hunsrück-Halbmarathon. Vielleicht kann ich hier etwas bewegen. Dann noch ein 10er in Polch im September und vermutlich Ende September/Anfang Oktober ein flacher 10er in Andernach (Rhein-Wied-Cup). Das wars dann. Marathon laufe ich momentan nur einen im Jahr. Ich habe jetzt bei 5 Läufen 3 Hitzemarathons mitgemacht (1. Hunsrück-M 2001, 1. Mittelrhein-M 2005 und jetzt Düsseldorf) langsam reicht es. Deshalb versuche ich 2007 mal eine Frühen. Ev. Kandel oder Bonn.

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Hallo Franky
Franky hat geschrieben:Echt schöner Bericht
da kann man sich vielleicht mal vorstellen wie es sein wird wenn
man mal einen Marathon läuft. Ich selber bin noch nicht in den Genuß gekommen.
Es ist für einen "noch nicht Marathonläufer" schwierig sich vorzustellen, was tatsächlich im Körper abläuft. Von einem 10er kann man auf einen HM ganz gut extrapolieren. Aber ein Marathon wird mit einer Geschwindigkeit gelaufen, der unweigerlich zu einem Hungerast führt. Und diesen Zwiespalt des Körpers, immer mehr mit Fett anstatt Zucker auszukommen (eine Notreserver brauch er ja schließlich fürs Gehirn) kann man eigentlich gar nicht beschreiben. Es ist eine Erfahrung. Die meisten laufen zu schnell los und kommen schon recht früh mit dieser Situation in Berührung. Gut Ausdauertrainierte mit Zurückhaltung auf den ersten 25km sind zwar auch müde, aber der sog. Hammermann kommt dann nicht. Die Situation lässt sich gut mit dem berühmten Gummiband am Rücken, welches am Start festgebunden wird vergleichen. Es wird am Schluss immer schwerer und das exponentiell. Für Alle! (es sei denn man macht einen Spaßlauf, zB. wenn ich unter 4h geplant hätte).
Gesperrt

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