Der Auftakt zum diesjährigen Lauf rund um den Hamburger Flughafen, auch AirportRace genannt, fängt ja gut an: Die Startlinie wurde gegenüber den letzten Jahren um 97 Meter nach hinten verschoben, da die alte Strecke zu kurz war. Was, sooo lange sollen wir laufen? Ob das dann wohl noch was werden wird mit der persönlichen Bestzeit ...
Noch dazu wache ich heute morgen auf und ein Blick aus dem Fenster zeigt strahlendblauen Himmel, aber so was von. Meine Stoßgebete, es doch bei dem bedeckten, kühlen Wetter von gestern zu belassen, waren also nicht erhört worden. Stattdessen Sonne und viel zu warme 21 Grad.
Und so begrüße ich Adam am Treffpunkt auch mit den Worten „Ich freu mich zwar auf den Lauf – aber irgendwie wär es auch schön, wenn es schon vorbei wäre“ Schon wieder so ein Gerenne, hatten wir das nicht erst letztes Wochenende beim 10k-Alsterlauf? Sogar in genau derselben Besetzung: Adam und ich als Vertreter, um die Flagge der LG Hamburg gewissermaßen hochzuhalten.
Hat schon fast ein bisschen was von „Und täglich grüßt das Murmeltier“. Murmeltier hoch zwei, denn wen treffe ich an der gleichen Ampel auf dem Weg zum Startplatz? Die, die ich dort auch letztes Jahr zum AirportRace getroffen habe: Susanne/Sonnenschein und Liesel. Ist doch immer wieder schön.
Noch eine halbe Stunde bis zum Start um 11:00 Uhr. Ich nötige Adam wie gehabt, mit mir mindestens eine Viertelstunde Einlaufen zu absolvieren. Hat ja letzten Sonntag auch schon gute Dienste geleistet, oder etwa nicht? Dann reihen wir uns in unsere jeweiligen Startabschnitte ein.
Läufer sind ja wie Gas. Nein, nicht wegen des Geruchs , sondern weil sie den ihnen zur Verfügung stehenden Platz immer komplett ausnutzen und sich möglichst breit machen. Und so ist die Chaussee, von der aus gestartet wird, angefüllt von ca. 2000 Airport-Runnern bzw. denen, die es noch werden wollen. Das bleibt auch so auf den nächsten ein, zwei Kilometern, auf denen an eigenes Tempo eigentlich nicht zu denken ist. Später verteilt es sich zwar besser, aber wohl demjenigen, der bereits durch eine gewisse Vorselektierung die passende Pace-Gruppe gefunden hat, denn die breiten Asphaltstraßen wandeln sich in der zweiten Hälfte zu schmalen Sandwegen, auf denen Überholen kaum möglich ist (Langsamerwerden allerdings auch nicht ). Hier muss man halt die Geschwindigkeit der Gruppe mitlaufen.
Aber erst bin ich bei Kilometer 4, wo einem die seltene Gelegenheit zuteil wird, sich per Pedes über zwei Etagen durch ein dunkles Flughafen-Parkhaus „hochzukreiseln“. Lustige Sache das. Als es wieder ans Tageslicht geht, befinden wir uns direkt vor den Terminals des Hamburg Airports, Aug in Aug mit einer Reihe von Taxis, die ihrem „Job“ ebenso nachgehen wie wir quasi unserem.
Bald schon sind wir wieder außerhalb des Flughafengeländes, um das es nun herum geht, insgesamt 16,1 Kilometer oder 10 Meilen. Noch beim letzten Wettkampf hatte ich penibel auf die Pace geachtet und immer schön das Tempo hochgehalten. Irgendwie habe ich heute aber keine Lust drauf, merke ich schon nach wenigen Kilometern. Hänge mich entspannt an einen Läufer mit passendem Tempo für ein, zwei Kilometer ran. Irgendwann verlieren wir uns, aber die Läuferin im grünen Shirt passt auch. Und so „versinke“ ich relaxed in Gedanken und belausche entrückt meine Organe und Gliedmaßen, die sich gerade folgenden Dialog leisten:
Haut mit Schweißdrüsen:Ey, wir arbeiten hier schon volle Pulle und es ist irre warm. Und wir ham Durst. Könnt ihr Beine da unten nicht mal langsamer machen?
Lunge:Genau, nehmt mal ein bissch’n Tempo raus.
Beine:Huh? Wissen gar nicht, was ihr habt. Läuft doch prima.
Schweißdrüsen und Lunge unisono:Menno Kopf! Die Beine woll’n wieder viel zu schnell, tu was! Was sagt denn die Uhr – das kann nie und nimmer korrekt sein!?
Ich schreite ein.
Kopf:Okay okay, alle mal herhören. Hab keinen Bock, ständig auf die Uhr zu sehen. Macht doch nicht so’n Stress. Lasst uns dies ma’ locker ins Ziel bringen und einfach nur die Medaille in Empfang nehmen. Befehl von jetzt an: Rund laufen, egal welches Tempo, kein’ Stress, Hauptsache rund. Und die Beine bestimmen das Tempo. Basta.
Beine: Ha, uns nach!
Details oder Zwischenzeiten ab da sollen dem geneigtem Leser erspart bleiben. Der Rest der Strecke wird flott aber „rund“ gelaufen, kein Blick mehr auf die Tempotabelle geworfen. Komm ich halt an, wann ich ankomme. Dafür macht der Lauf aber richtig Spaß: Kilometer 12, 13, 14 - es läuft einfach gut. Lunge und Schweißdrüsen haben aufgehört zu jammern und konzentrieren sich auf ihre Arbeit. Bei Kilometer 15 stehen sogar eigene Groupies, wie schön. Da, die letzte Kurve, der Zieleinlauf, Ziel!
Ich stoppe die Uhr, die heute so wenig Beachtung bekam, und kann es kaum glauben: neue Bestzeit von 1 Stunde 30 Minuten 9 Sekunden!
Epilog
Was will man mehr. Ich glaube, ich lasse von nun an meine Beine öfter das Tempo bestimmen
Tessa
AirportRace 2006 oder Alle Macht den Beinen
1„Ihr kommt doch klar, so wie ihr ausseht, oder? Den Besenwagen muss ich euch nämlich abziehen. Der wird weiter vorn bei den wirklich Fußlahmen gebraucht.“ - Syltlauf 2008