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Herzogstand Berglauf - mein erster Berglauf

Herzogstand Berglauf - mein erster Berglauf

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Berglauf. Als Bergfan geistert dieser Gedanke schon länger in meinen Kopf rum. Aber als Stadtbewohner einer Stadt, die so flach wie eine Flunder ist, wie trainieren? Also habe ich etwas zum Thema Training gegoogelt. Man benötigt angeblich kein dediziertes Training, um einen Berglauf mir Würde zu bestehen. Hört sich schon mal gut. Aber mit welcher Geschwindigkeit läuft man bei einem Berglauf?

Lange Rede kurzer Sinn: dieses Jahr habe ich es also endlich mal gepackt. Ausgesucht habe ich mir den Herzogstand Berglauf, mit 6km und 720hm noch halbwegs einsteigergerecht. Außerdem ist der Herzogstand quasi mein Hausberg. Keinen Berg habe ich öfter mit dem Mountainbike beritten. 11 Euro Startgebühr, inkl. Talfahrt mit der Seilbahn, Gepäcktransport, leckeren Kuchen im Ziel und einer großen Tombola mit Preisen für alle Teilnehmer - ein Schnäppchen. Den Ergebnislisten des Vorjahres entnehme ich Zeiten zwischen 32 und 60 Minuten. Ich nehme mir also 45 Minuten vor, dann läge ich genau im Mittelfeld.

Die Anfahrt aus München durch teilweise dichten Nebel. Das kann ja heiter werden. Am Start angekommen ist es dann auch noch richtig kühl. Schlauerweise hatte ich die warmen Klamotten gleich über die Laufkleidung angezogen und keine zweite Garnitur dabei. Mache ich ja immer so. Nur normalerweise liegen Start und Ziel nahe beieinander und das Auto ist meist auch nicht weit. Also raus aus den warmen Klamotten und rein damit in den Rucksack, um diesen zum Gepäcktransport abzugeben. Brrrrr.. ist das frisch in meiner kurzen Hose und Trikot. Zum Start sind es noch 30 Minuten. Glücklicherweise erspähe ich einen Sonnenfleck, in dem es sich gut aushalten lässt. In meinem Sonnenfleck beobachte ich die anderen Läufer. Wahre Bergläufer erkennt man auf einen Blick, sie sehen irgendwie anders aus. Mein erster Eindruck wird sich später gut mit den Siegerplätzen decken.

Am Start geht es eher familiär zu. Es sind nur 82 Teilnehmer am Start. Sie tummeln sich im Sonnenfleck am Start. Das Startsignal wird per Handy oben an die Zeitmessung übertragen. Ich laufe moderat los. Bis jetzt alles im grünen Bereich, eher entspannt. Neben mir keucht laut eine Mitstreiterin. Ich hoffe, sie wird lebend oben ankommen. Bald kommt die erste 20% Steigung. Tempo reduzieren und Schrittlänge verkürzen. Immer noch alles im grünen Bereich. Im Anschluss an das erste Steilstück kann ich wieder Tempo aufnehmen, die ersten fallen jetzt schon ab. Meine Mitstreiterin keucht noch lauter. Die Arme. Dann kommt eine langgezogene 25% Steigung. Ich überhole davor noch einige und hänge mich an eine optisch äußerst fit aussehende Frau. Ihre Schritte werden sehr klein und sie unterstützt jeden Schritt mit starken Armbewegungen. Sieht ein wenig wie Nordic Walker mit imaginären Stöckchen aus. Da ich gelesen hatte, dass das so gut ist, mache ich das auch so. Es hilft. Das zweiten Steilstück ist geschafft und damit ca. ein Drittel der Wegstrecke. Die Frau vor mir, wird deutlich langsamer und verfällt in den Gang. Ich überhole. Das wird mit einem Getränkestand belohnt. Inzwischen ist es richtig sonnig und heiß. Ich nehme mir einen Becher Wasser und schütte mir diesen komplett über den Kopf.

Das zweite Drittel fühlt sich nun schon nicht mehr so entspannt an. Egal, weiter. Es geht in Serpentinen den Berg weiter hinauf. Ich sehe nach oben. Sehe einige Läufer schon mindestens 50hm über mir. Glücklicherweise sind aber auch noch weit unter mir Läufer. Ich sehe zurück, zu meiner Überraschung folgt mir die keuchende Mitstreiterin dicht auf meinen Fersen. Sie keucht immer noch gleich, lebt also noch. Sie scheint einen Willen aus Titan zu haben, dass so durchzuhalten. Meine Waden beginnen gewaltig zu ziehen. Diese Zehenspitzenminschritte gehen gewaltig auf die Waden. Auch meine Arme fühlen sich merkwürdig an, ein bisschen taub. Mein Blut scheint nur noch zwischen Herz und Beinen hin und hergepumpt zu werden. Ich folge weiter den Serpentinen.

Oben am Plateau angekommen, ist das Herzogstandhaus und damit das Ziel in Sichtweite, aber uns trennen noch mindestens 150hm. Ich ziehe an. Meine keuchende Verfolgung bleibt nun endlich zurück. Wie schön leise es doch in den Bergen sein kann. Leider beginnen die Schritte immer mehr zu schmerzen, aber ich kann trotzdem noch eine kleinen Jungen überholen, der sich dann später bei der Siegerehrung als W20 Siegerin herausstellt. Respekt. Der nächste kommt in Sichtweite. Er wird aber vor mir im Ziel ankommen. Ich komme ihm zwar näher, aber meine Kraft reicht nicht mehr aus, um ihn zu überholen. Ich orientiere mich also mehr nach hinten, es sieht unwahrscheinlich aus, dass ich selbst noch überholt werde. Also halte ich meine Geschwindigkeit. Oben jubeln die Zuschauer. Mir egal, ich will nur noch ankommen. Ich bin platt. Der Zielkanal näher sich. 39:34 - Platz 26 - also ganz ordentlich. Der Erste kam mit knapp 32:00 ins Ziel, aber dieser wohnt inmitten der garmischer Berge und hat schon ganz andere Bergläufe gewonnen. Die keuchende Mitstreiterin kommt knapp eine Minute später ins Ziel und hat sich damit einen Treppchenplatz verdient. Gratulation. Bei der Siegerehrung erfahre ich, dass 40 Minuten quasi als magische Grenze gilt. Glück gehabt.

Nachdem ich etwas ausgeschnauft habe, schnappe ich mir erst mal drei leckere Stück Kuchen und gehe noch weiter bis zum Gipfel. Natürlich im Spaziertempo. Dort habe ich mir mein Buch geschnappt und genüsslich bei Sonnenschein und genialer Aussicht gelesen. Habe ich je zuvor einen Gipfel derart genossen? Zur familiären Siegerehrung gönne ich mir einen Kaiserschmarren und im Anschluss daran gibt es eine Tombola, bei der alle Teilnehmer einen Preis mit nach Hause nehmen können. Was will man mehr?

Es war wirklich äußerst anstrengend, aber andererseits war es auch ein echtes Erlebnis. Ob ich mir die Strapaze des Osterfelder Berglaufs - dann mit 1.300hm / 12,5km - in drei Wochen wirklich antun möchte, weiß ich noch nicht, vermutlich nicht. Aber mein letzter Berglauf war das mit Sicherheit auch nicht. Nur schade, dass es sich Berglauf als Stadtbewohner so schlecht trainieren lässt.
Bestzeiten: 3km - 9:50, 5km - 17:08, 10km - 36:05

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Ralli hat geschrieben:
Das zweite Drittel fühlt sich nun schon nicht mehr so entspannt an. Egal, weiter. Es geht in Serpentinen den Berg weiter hinauf. Ich sehe nach oben. Sehe einige Läufer schon mindestens 50hm über mir. Glücklicherweise sind aber auch noch weit unter mir Läufer. Ich sehe zurück, zu meiner Überraschung folgt mir die keuchende Mitstreiterin dicht auf meinen Fersen. Sie keucht immer noch gleich, lebt also noch. Sie scheint einen Willen aus Titan zu haben, dass so durchzuhalten. Meine Waden beginnen gewaltig zu ziehen. Diese Zehenspitzenminschritte gehen gewaltig auf die Waden. Auch meine Arme fühlen sich merkwürdig an, ein bisschen taub. Mein Blut scheint nur noch zwischen Herz und Beinen hin und hergepumpt zu werden. Ich folge weiter den Serpentinen.
Hübscher Bericht. :daumen:

Wenn man die Waden ein Weilchen so behandelt kann das eine wunderhübsche Zerrung geben, ich spreche da aus leidvoller Erfahrung (vorletzter Berglauf, hat mich letztlich 6 Minuten gekostet ... :sauer: ... und anschließend 3 Wochen wehgetan :tocktock: ).

Ansonsten muss man nicht besonders dafür trainieren, einer der besten Bergläufer hier in der Region wohnt im Flachland, läuft die 10 km Straße aber auch in 28:40 Minuten ...
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Wir Zwerge sind eher geborene Sprinter. Mordsgefährlich auf kurzer Distanz.
Gimli, völlig ausser Atem bei der Verfolgung der Hobbits Merry und Pippin

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Tati hat geschrieben:Ich muss dringend in den nächsten 5 Wochen steile Anstiege und Treppenlauf trainieren.
obwohl Treppen nicht die gleiche Belastung wie steile Anstiege für die Waden bringen. Meine Erfahrung ist, dass gerade die schräge eines Anstieges die Belastung bringt - Treppen eher nicht, da man da ja meist eben auftritt...
"Pain is nothing compared to the emptiness of quitting"

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hofnarr74 hat geschrieben:obwohl Treppen nicht die gleiche Belastung wie steile Anstiege für die Waden bringen. Meine Erfahrung ist, dass gerade die schräge eines Anstieges die Belastung bringt - Treppen eher nicht, da man da ja meist eben auftritt...
Da hast du recht. Das Treppensteigen ist auch eher für meine nicht so austrainierten Oberschenkelmuskeln gedacht :peinlich: .
Tati
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Ich habe mir nun vorgenommen, alle ein bis zwei Wochen einen kleinen Trainingsberglauf zu machen. Morgen steht schon der erste auf dem Plan. Da sich Herzogstand prima a.) mit baden am Walchensee und b.) einer kleiner Rennradrunde kombinieren lässt, also morgen wieder Herzogstand. Vielleicht nicht bis komplett zum Herzogstandhaus.

Regeneration war übrigens Klasse. Bis Montag Mittag habe ich mich zwar gefühlt, als hätte mich eine Dampfwalze überfahren, aber schon zwei Tage dannach war alles wie weggeblasen und super locker.
Bestzeiten: 3km - 9:50, 5km - 17:08, 10km - 36:05

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Schön!

Dann komm doch mal in den Harz, im September ist Brockenlauf in Ilsenburg.
26km
890 Höhenmeter
ca. 12 hoch und den Rest wieder runter

Das schöne an Ilsenburg ist die gemütliche Atmossphäre.
Auf dem Marktplatz (Start/Ziel) sind viele Leute + Stände und jeder der einläuft wird mit Namen persönlich angesprochen... -alles wie bei einer großen Familie.

Liebe Grüße
und noch viel Erfolg.
Bin gespannt auf weitere Berichte!

Magimaus
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