Punk 18 Uhr gehts dann los, der erhoffte Regenschauer ging wohl im Nachbardorf runter, mir isses zu warm. Martin friert. Zunächst geht es aus der Ortschaft raus, leicht bergan (
nach Potsdam...ein herrliches Wort), rechts um die Kurve, ein Traum für Segelfreunde, so bläst der Wind von vorne. Den erstzen markierten km passiere ich in 5:00 - besser gehts nicht. Den zweiten passiere ich nach 9:55. Dann so nach weiteren 500m kniet schon der erste im Gras. Ich hatte ja heute noch Erste-Hilfe-Kurs, und frage natürlich freundlich "Alles klar?" - "Alls glaa" formt sich der Schaum den der Kollege vor dem Mund hat, und ich renne weiter. Und weiter. Es gibt schon Wasser, nehme selbiges dankbar an und scheitere wie gewphnt beim Versuch selbiges irgendwie kontrolliert in die dafür vorgesehene Körperöffnung zu verbringen. Hustend schütte ich den Rest über den Kopf und stelle augenverdrehend fest dass der gereichte Schwamm weitgehend trocken ist. Plötzlich stellt sich km4 in den Weg - und die Uhr zeigt schon 20:24 - was issn hier los? Ok, da war ne kleine Steigung drin, und Hügel bin ich als Mainläufer so ja nicht mehr gewohnt, aber 30 Sekunden? Nun, bei 25:28 komme ich dann bei km5 an, kurz vorher gabs nochmal Wasser, und ab gehts in die zweite Runde. Nun habe ich einen Iphofener Leichtatlethen und den Carsten(so rief ihn ein Zuschauer) neben mir. Carsten hört Musik und denkt sich "hach, so leicht rechts hinter ihm versetzt, da läuft es sich gut" - klar, der Wind bläst ja grade wieder heftig von vorne. Der weiße Iphofener bleibt links hinter mir. So rennen wir wie eine Pfeilspitze durch Unterfranken und ich fühle mich eskortiert. Ich bin inzwischen im 5:02er Tempo, und verabschiede mich von der sub50. Wirklich lange laufe ich ja noch nicht wieder, die ganze Woche habe ich mich geschon weil das Knie zwickt, habe nachts wenig geschlafen, den ganzen Tag nix gescheites gegessen, die Hitze, der Wind, ...wieso gibt es immer ca. 20 Gründe mehr, eine Zeit nicht zu schaffen? Egal, schau'mer halt was geht...km7...km8...40:48...hossa, nun muss aber hier mal sowas wie der Nachbrenner kommen.
Ich ziehe an und hoffe Carsten und der Weiße gehen mit. Tunse aber nicht. An der letzen Steigung fallen sie zurück, ich habe den Eindruck die hätte ich zu schnell genommen - so, da vorne noch rum um die Kurve, da müsste es bergab gehen, dann noch einmal rechts und dann ist da schon die Zielgerade. Bloß - nach der Kurve gehts leicht bergan. Ich fühle mich schlecht behandelt. Mir fällt dieses Bild ein, diese optische Täuschung, wo eine Treppe im Viereck verläuft, und sie geht entweder immer runter oder immer rauf, egal wie man schaut - die Gollhöfer haben sich dummerweise für die "upstairs"-Variante entschieden.
Ich keuche hoch, kurz vorm Wasserstand (bei km 9,88 - haha!) zeigt die Uhr 49:48 - die 50 werden nix. Also kurz stehen geblieben, Schluck getrunken, geärgert, frisch gemacht, Becher weggepfeffert, und weiter. Die 10km-Marke passiere ich dann bei 50:18 und trabe Richtung Ziel, das noch so ca. 100m entfernt ist. Da taucht dochglatt neben meinem Schatten ein zweiter auf! Der orange Carsten meint er könne mich nun noch versägen. Ja Kollege, neenee, da hätteste mal n Butterbrot mehr essen müssen heute morgen, nicht mit mir - ich liebe Zielsprints. Das Publikum feuert uns beide an, wir fighten ins Ziel und laufen, so denke ich, gleichzeitig über die Linie. Kurz abgeklatscht, dann irgendwie versuchen runterzukommen, ab zum Wasserstand. Der Moderator meint dass die Kamera leider den eben gesehenen Sprint nicht aufgenommen habe (wäre ich sonst in gollhofen.tv erschienen?)...
Handgestoppte 50:42,9 druckt man mir auf die Urkunde. Die Siegerehrung findet in der Scheune vom Wolfsgruber Hans statt, das ist schon seit Jahren so. Er hat sie chic dekoriert, ein Banner der nahen Brauerei ziert fast eine ganze Stirn, die Allianz darf auch was aufhängen, und damit man die Decke nicht so sieht, ist Silofolie ins Gebälk drapiert. Dorfromatik pur, mit einem Bouquet von Naivästhetik. Die Preise sind fair, und die Steaksemmeln macht hier nicht irgendwer, nein hier macht die der Jürgen. Der strahlt das richtiggehend aus, dass er die schon seit 25 Jahren macht, weil er ist neben dem Metzger aufgewachsen, und wann immer es was zu Tun gab, war der Jürgen wahrscheinlich der erste der da war. Und deswegen macht er nun seit 25 Jahren hier die Steaks. Mit Hingabe, Inbrunst und Liebe. So werden sie auch schmecken, meine Bratwurst jedenfalls mundet, das alkoholfreie Bier wird zwar angeboten, ist aber unverfügbar, und so bekomme ich freundlicherweise ein Weizen kredenzt. Lustiger Abend, das.
Für die Statistiker: mit meiner Zeit bin ich insgesamt 65. von 114 Finishern geworden, Platz 7 in meiner AK, das ist für ein Comeback doch in Ordnung. Wenn auch der Maßstab sehr großzügig gewählt ist.
Bemerkenswert: der 7-jährige Knirps, der die Strecke in unter einer Stunde gelaufen ist, bekommt neben der Belohung als jüngster Läufer nen Preis für den 1. Platz seiner AK - M7, extra für heute abend gegründet.
Fazit: ein super organisierter Lauf, klein, intim, dörflich geprägt, 6 EUR Startgeld (incl. T-Shirt!), kostenlose Massage auf der Bierbank, was will mensch mehr?
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
Hier die Laufstrecke
P.S: Ach ja, und auf der Ergebnisliste stehe ich vor Carsten Keller!
