Vorwettkampfgeplänkel
Der Samstag war für meine Bankomatkarte sehr anstrengend, das begann schon beim Abholen der Startnummer im Giga Sport in der Sackstraße. Denn kaum hatte ich meine Startunterlagen ausgehändigt bekommen, eilte ich nicht schnurstracks wieder nach Hause, um den versäumten Nachtschlaf aufzuholen (ich hatte von Samstag auf Sonntag Nachtdienst) – nein, ich ließ mich, von den „Reduziert“- Schildern in der Laufschuhabteilung beinahe magisch angezogen, von einem Nike Air Pegasus bezaubern
. Der Gedanke an ein Startnummernband war da, ich hatte im Internet gesehen, dass es da so Dinger mit kleinem Täschchen gibt, damit man wenigstens das Nötigste bei sich hat. Genau so ein Teil wollte ich haben! Aber beim Giga gabs das nicht, also machte ich mich auf ins Shopping Center West zum Intersport. Dort gabs zwar auch nicht das Gewünschte, aber dafür kaufte ich mir endlich das Klettband für den Zeitnehmungs Chip, von dem ich gar nicht wusste, dass ich ihn schon lange ersehnt hatte. Bis jetzt hatte es nämlich ein breites Stoffband auch getan, mit schönem Doppelknoten und lustig herumbaumelnden überschüssigen Enden, die bei jedem Schritt hüpften
.Aber immer noch hatte ich kein Startnummernband und inzwischen hatte ich mir doch tatsächlich eine Blase an den linken Fuß gelaufen, man möchte ja nicht glauben, wie riesig so Shopping Centers sein können
So kam ich wenigstens auf die Idee, mir einen Blasenstift zu kaufen. Die gibt’s von Compeed und von Nivea und da ich von Compeed schon die legendären Blasenpflaster hatte, griff ich diesmal zum Konkurrenzprodukt.Endlich zu Hause, musste ich erst mal ein Fußbad nehmen und dann lief ich gemütlich zwei Probekilometer mit den neuen Laufschuhen. Nichts drückte, nichts zwickte und ich beschloss, die offizielle Einweihung beim Halbmarathon vorzunehmen.
Oh, ich höre schon die Schreckensrufe: „NIE MIT NEUEN SCHUHEN EINE LANGDISTANZ!!!“
Stimmt, das dachte ich mir auch, aber andererseits waren die neuen Treter so hübsch und wirkten mit ihrem weiß-leuchtgrünen Design so herrlich frühlingsfrisch … ich konnte einfach nicht anders 
Am Abend habe ich dann noch alles für den Wettkampfmorgen griffbereit zurechtgelegt und die Uhr vor dem Einschlafen eine Stunde vorgestellt. Gemeinheit! Die Sommerzeit knappst mir eine wertvolle Stunde Vorwettkampfschlaf ab
Der Lauf
Der Sonntagmorgen begann gleich einmal wunderschön. Strahlend blauer Himmel, die Sonne lachte und mein Herz auch. Ich trank gemütlich einen Tee und ein Glas Vitaminsaft, knabberte ein paar Kekse dazu und machte mich dann auf zur Laufstrecke, die ja nur ein paar hundert Meter hinter meiner Wohnung liegt.
Im Startbereich vor dem Fußballplatz war schon jede Menge los, Männer und Frauen liefen sich warm, dehnten und stretchten auf Teufel-komm-raus und überall piepsten Pulsuhren. Ich hatte eigentlich den Start mit dem Lied „HELLS BELLS“ aus meinem MP3 Player untermalen wollen, aber als ich all die Pulsuhr-Drücker rund um mich herum sah, hüpfte ich im Liederindex vor bis zu den Sugarbabes und als es losging und alle ihre Pulsuhren aktivierten sangen die Zuckerbabies fröhlich „PUSH THE BUTTON“ in mein Ohr. Das machte ich dann auch, als ich über die Transpondermatten lief und los ging es.
Das übliche zähe Gewühle am Start wollte sich nicht so recht auflockern, auch nach zwei Kilometern war ich ständig in Gefahr, jemandem auf die Fersen zu steigen oder selbst vom Hintermann die Schuhe solcherart ausgezogen zu bekommen
. Es ist einfacher, besonders schnell oder besonders langsam zu sein, denn dann hat man das Gedränge bald mal überstanden (nur so eine Überlegung, während ich meinen Weg durch das Gewühle suchte). Aber im Zeitfenster „knapp unter 2 Stunden“ läuft offensichtlich noch immer der Hauptteil der Hobbyläufer. Meine nicht codierte Pulsuhr hüpfte fröhlich zwischen allen möglichen Brustgurtsignalen herum, die sich im näheren Umkreis so anboten und ich durfte raten, ob der angezeigte Puls diesmal meiner ist oder der eines Läufers vor/hinter/neben mir. Zum Glück habe ich auch noch ein klein wenig Gefühl für meinen Körper und muss nicht zwingend meine Pulsuhr befragen, wie es mir geht, denn dann wäre ich wahrscheinlich in ein tiefes seelisches Loch gefallen, als am Display plötzlich „222“ stand. Aber so was kenne ich ja schon, das sagt nichts 
.An der ersten Labestation herrschte wie vom Platzsprecher prophezeit, dichtes Gedränge und ich war sehr froh, meine eigene Trinkflasche dabei zu haben und gemütlich vorbeilaufen zu können. Unter meinen Füßen knisterten zertretene Plastikbecher, aber auch Pappbecher gab es in Telefonanbieterrosa. Wohl ein Sponsor, dachte ich.
Über die Stahlbrücke war es dieses Jahr lustiger, denn wenn der Belag trocken ist, läuft sich’s gleich viel unbeschwerter!
Nach acht Kilometern stand eine Familie am Wegrand und feuerte alle Läufer begeistert an. Das war nicht dieses übliche gelangweilte „Hopp, hopp“, das sich die Zuschauer an der Strecke oft mühsam abringen, obwohl sie eigentlich nur auf einen speziellen Läufer warten (den Anverwandten, Angeheirateten oder sonst wie Angehörigen), sondern ein tolles, ehrliches Anerkennen der sportlichen Tätigkeit, die wir hier ausübten, während andere in der Kirche sind und ihre Seele retten. Ich freute mich unglaublich, hier ein dickes DANKE an diese Familie, falls einer von ihnen das hier liest
!Teilweise versuchten die Läufer nun schon, im Schatten zu laufen, wo es welchen gab. Es war inzwischen schon richtig frühlingshaft warm geworden und die Kurzbehosten und Kurzärmeligen wurden nicht mehr so ungläubig vom Publikum angestarrt. Ich hatte mein langärmeliges weißes Shirt angezogen, weil es eine Tasche für den MP3 Player hat, dazu die ¾ Hose vom Eduscho. Am Kopf eine Kappe von Cannondale und an den Beinen die NIKEs, begann und endete ich zwar in Markenware, dazwischen lagen aber LIDL (Langarmshirt), DM (Pulsuhr), HOFER (Trinkgurt mit Nierentasche) und EDUSCHO (Laufhose). Eines habe ich schon gelernt, auf der Strecke werden sie alle gleich. Ich wurde von HOFER Laufsachen genauso überholt, wie ich an ASICSgewandeten Läufern vorbeilief. Das ist nicht die Formel eins, der Laufstrecke ist egal, wie viele Euronen Du beim Laufhändler Deines Vertrauens auf die Theke geknallt hast
.Im Augarten war auch diesmal die Wechselzone für die Staffelläufer und eine weitere Labestation, diesmal war wesentlich weniger Gedränge und ich ließ mir einen Becher Wasser reichen. Auch an der dritten Labestelle griff ich zu. Ich ging davon aus, dass es die letzte Labestation sein würde, aber EINEN Kilometer vor dem Ziel gabs noch einen Tisch mit Getränken und tatsächlich blieben auch dort Läufer stehen, um ihren Becher Wasser oder Iso gemütlich zu konsumieren, bevor sie sich an den Zielsprint machten.
Ich hatte unterwegs aus meiner Trinkgurtnierentasche (was für ein Wort!!!) Kohlehydrate konsumiert, meine Trinkflasche war inzwischen leer und ich war bereit für einen netten, kleinen Zielsprint. Leider war aber nicht nur die Trinkflasche leer, sondern auch meine Energiespeicher und so zog ich nur auf den letzten 200 Metern noch einmal das Tempo an – fürs Publikum.
Mit 01:48:50 Stunden war ich dann im Ziel, zufrieden und mit dem Gefühl, meinen allerersten Sonnenbrand des Jahres auf der Nase zustande gebracht zu haben
.Projekt Nummer 1/2008 ist positiv beendet, Projekt Nummer 2/2008 folgt nächstes Wochenende in Wals.
Ich freu mich!
Kann ich mir gut vorstellen, dass Ihr das Wetter vom letzten Murpromenaden-HM nicht vermisst habt. 
