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Zwischen High-Tech und Eselskarren [Bericht über einen Klinikaufenthalt]

Zwischen High-Tech und Eselskarren [Bericht über einen Klinikaufenthalt]

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Ich langweile mich. Wenn ich mich langweile, lese ich. Meistens. Jetzt aber nicht, jetzt schreibe ich. Das kann ich, weil meine liebe Frau mir den Laptop gebracht hat. Die Idee kam mir, als ich vorhin, im Bett liegend, auf dem Flur abgestellt und wartend, die Abläufe noch einmal Revue passieren ließ.

Dies ist eine Geschichte aus und über ein Krankenhaus. Alles ist wahr, nichts hinzugedichtet. Wer Krankenhäuser oder Geschichten darüber nicht mag, der hört jetzt am besten auf zu lesen und clickt etwas Anderes an. Es geht aber auch nicht um ein dramatisches Ereignis, sondern handelt eigentlich von einer Routineangelegenheit. Ich fange am besten von vorne an.


Es begann damit, dass ich im Urlaub erneut Herzrhythmusstörungen bekam. Alle organischen Untersuchungen ergaben ein positives Bild, und von den Ärzten wurde mir zu einer elektrophysiologischen Untersuchung geraten. Das klingt irgendwie beeindruckend, aber im Grunde genommen werden da die elektrischen Ströme im Herzen gemessen, um so etwas wie Kurzschlüsse zu finden, die den normalen Takt durcheinander bringen, und wenn man die gefunden hat, werden sie abgeschaltet. Verblüffend einfach, oder? An einem Dienstag sollte ich um 8 Uhr in der Uniklinik erscheinen, „nüchtern“ hatte es geheißen, und mich bei Frau XY melden.

Im Büro hatte ich Bescheid gegeben, dass ich vormittags etwas später kommen würde. Ich schaffte es tatsächlich, mich kurz vor 8 Uhr bei der benannten Dame zu melden. Als Erstes bekam ich einen Stapel Papiere in die Hand gedrückt. Da sogar das nur flüchtige Diagonallesen derselben locker den ganzen Vormittag gefüllt hätte, gab die Empfangsdame zu jedem Blatt einen kurzen Hinweis, was da drin stünde und warum das notwendig wäre. Es sollten, nebenbei bemerkt, nicht die einzigen Papiere bleiben, die mir begegneten.[INDENT]Plötzlich hatte ich eine Vision. Ich sah mich als Archäologe, der nach 10.000 Jahren diesen Ort ausgraben würde. Ich würde mir nach kurzer Zeit sicher sein, dass damals, so um das Jahr 2.000 herum, Papierfabrikation eine sehr gefährliche Angelegenheit gewesen war. Das würde ich daraus schließen, dass die Papierfabrik, die wir gerade ausgegraben hatten, und um eine solche musste es sich angesichts der immensen Papierberge zweifelsfrei handeln, sogar einen eigenen medizinischen Bereich besessen hatte…
[/INDENT]Zurück ins Jahr 2008: Etwas gedankenverloren ließ ich meinen Blick über eines der Papiere streifen und stutzte:

Blabla brummelbrummel stationär blabla…

Moment mal: stationär, das heißt doch dableiben? Und meine Befürchtung wurde bestätigt: Ja, ich müsste bis Morgen früh dableiben. Wieso man das nicht vorher gesagt hätte? Ja, das wär’ doch bei Allen und immer so… Rhabarber Rhabarber… Gut, Büro angerufen, zu Hause Bescheid gegeben, und auf zu Zimmer 127, da sollte ich mich nun anmelden. Es begann der Horror Teil 1.

Eine stattliche Menschenmenge saß oder stand vor Zimmer 127. Die wollen doch nicht etwa alle… Doch, die wollten alle… Ich entdeckte ein Schild „Nummer ziehen“ sowie einen Hinweispfeil. Ich folgte dem Hinweispfeil, entdeckte eine Apparatur und daran ein weiteres, handgemaltes Schild „Defekt“. Also nix Nummer! Egal, nun hieß es
[INDENT]Warten…
[/INDENT] Irgendwann kam ich an die Reihe. Die junge Dame tippte meine Angaben in den PC, fragte u. a. nach einer Nummer, die im Problemfall anzurufen sei, und ich war glücklich, als ich endlich fertig war. Wie mir vorher geheißen, marschierte ich nun schnurstracks zu Schwester Heidrun…

…und glaubte meinen Augen nicht zu trauen, denn dort sah ich sie alle wieder: meine Leidensgenossinnen und –genossen von Zimmer 127. Mir war klar, das hieß erneut
[INDENT]Warten…
[/INDENT] Als ich endlich von Schwester Heidrun, einer freundlichen Dame mittleren Alters, aufgerufen wurde, fragte sie nach einer Nummer, die im Problemfall anzurufen sei, welche Medikamente ich nähme, welche Allergien ich hätte usw. Das übertrug sie handschriftlich in ein Formular. Dann erklärte sie mir, wie es weiterginge, denn als nächstes würde ein EKG gemacht, und ein Arzt würde ein einweisendes Gespräch führen. Ich ging zum EKG in der Erwartung, dort bereits bekannte Gesichter zu entdecken, und richtig, da saßen alle wieder traulich vereint, und es hieß
[INDENT]Warten…
[/INDENT] Nachdem ich geschätzt das zehnte EKG in den letzten 4 Wochen hinter mir hatte, - die weisungsgemäß mitgenommenen Datenblätter mit Langzeit- und Belastungs-EKG stießen dagegen auf wenig Interesse – kam endlich die letzte Station, das Arztgespräch. Unnötig zu erwähnen, was vorher anstand: na klar
[INDENT]Warten…
[/INDENT] Der Arzt erkundigte sich erst einmal, ob und welche Medikamente ich nähme, ob ich Allergien hätte usw., und hielt das in handschriftlichen Notizen fest. Dann erläuterte er mir den Ablauf der Untersuchung. Einiges hatte ich mir natürlich auch vorher schon ergooglet, aber es war dennoch beruhigend bis auf zwei Aspekte: Ich sollte vor der eigentlichen Untersuchung noch etwas machen, was einen fürchterlich komplizierten lateinischen Namen hat oder auch kurz als Schluckschall bezeichnet wird. Diese Bezeichnung ist aber irreführend, geht es doch nicht darum, Schall zu schlucken – das geht mit bautechnischen Maßnahmen besser – sondern eine Sonde zu schlucken, mit der dann eine Ultraschalluntersuchung des Herzens von der Speiseröhre aus vorgenommen wird.

Die zweite unangenehme Nachricht betraf die möglichen Nebenwirkungen der vorgesehenen Untersuchung, denen mit Zufuhr blutgerinnungshemmender Medikamente wie Marcumar oder Coumadin begegnet wird. Wie lange? Antwort: 1 Monat! Oh nein, den 13.10. hatte ich bereits mit Herzchen und Blümchen im Kalender angemalt, da zu diesem Zeitpunkt endlich, endlich das wegen meiner Oberarmthrombose verabreichte Coumadin abgesetzt werden sollte. Mist!

Für heute war ich nichtsdestotrotz froh, endlich die Anmeldeprozedur hinter mir zu haben. Immerhin waren mittlerweile 3 ½ Stunden vergangen. Ich ging nun in den Bettenbereich, um mir mein Zimmer geben zu lassen. Endlich würde das beginnen, weshalb ich eigentlich hergekommen war. Ich zog meine Jacke aus, legt mich aufs Bett und konzentrierte mich erst einmal aufs
[INDENT]Warten…
[/INDENT] Nach etwa 2 Stunden kam Schwester Andrea und teilte mir mit, ich möge mir das Nachthemd anziehen, in wenigen Minuten würde ich zur Katheteruntersuchung geführt. Hier nun machte ich einen schwerwiegenden Fehler: Beim Arztgespräch hatte der Mediziner erklärt, dass mit Hilfe des Schluckschalls überprüft würde, dass sich keine Gerinnsel am Herzen befinden, denn diese könnten durch die Katheter, das sind ja nur Drähte, gelöst werden und Verheerendes anrichten. Das hatte mir auch eingeleuchtet, und daher fragte ich Schwester Andrea, ob das denn so vorgesehen sei, die Katheteruntersuchung zu machen ohne die vorgeschaltete Sicherungsmaßnahme Schluckschall. Ja, hmm, da würde sie noch mal nachfragen, sie sei gleich wieder da. Sie ward indes nie wieder gesehen, und es begann erneut das
[INDENT]Warten…
[/INDENT] Schwestern kamen und gingen. Einer Schwesternschülerin war aufgetragen worden, Puls und Blutdruck zu messen, und obwohl das bei mir ja kurz vorher (nein, lange vorher, ich hatte ja GEWARTET) gemacht worden war, wurde ich nicht ausgelassen. Ich bin überzeugt, wäre eine Schaufensterpuppe im Zimmer abgestellt worden, wäre auch die ordnungsgemäß gemessen worden. Gegen 15.00 Uhr fragte ich nach, wie es denn so aussehe mit meiner Untersuchung. Eine Schwester mit etwas hartem Akzent flüsterte mir leicht verschwörerisch zu, sie sei überzeugt, das werde heute bestimmt nichts mehr. Ich wurde hellhörig. Bisher hatte es nur gegeben:
Warten…Warten…Warten…Warten...

Und das sollte alles umsonst gewesen sein? Ich war wie elektrisiert. Ich brauchte allerdings noch gut eine halbe Stunde, bis mir einer der Ärzte bestätigen konnte, dass für Heute all mein Warten umsonst gewesen sei. Meine letzte Mahlzeit war gestern Abend gewesen. Seitdem hatte ich auch nichts mehr getrunken, ich fühlte mich von innen her am Austrocknen. Also setzte ich mich ins Auto und fuhr die 80 km zurück nach Hause.
[INDENT]Obwohl ich nicht religiös bin, kam mir während der Fahrt eine Predigt in den Sinn, in der ein Pfarrer berichtet hatte, dass er Urlaub im Kloster gemacht habe. Das sei eine ganz neue Erfahrung für ihn gewesen, Abschalten vom Alltag, meditative Kontemplation, Eintauchen in eine andere Welt mit ganz eigenen Gesetzmäßigkeiten und Ritualen. Mir war nun klar, dazu brauchte ich nicht ins Kloster zu gehen, das hatte ich heute auch erlebt.
[/INDENT] Zu Hause angekommen, trank ich ordentlich, aß mir die Wampe voll und genoß die
[INDENT]Entspannung!
[/INDENT] Am nächsten Morgen war ich wieder da, wieder nüchtern, aber diesmal gewappnet. Klar war ich um 8 Uhr da. Aber machte ich das, weil ich glaubte, um 8 Uhr dranzukommen? Ich doch nicht! Und ich war richtig vorbereitet, denn jetzt überraschte es mich nicht mehr, das
[INDENT]Warten…
[/INDENT] Gegen 10 Uhr kam ein junger Mann, dem aufgetragen worden war, mich zum Schluckschall zu bringen. Er kam mit einem Rollstuhl. Ich saß im Anzug im Zimmer, war voll bewegungs- und funktionsfähig und erklärte ihm, ich würde mitgehen, aber mich keineswegs in den Rollstuhl setzen. So marschierten wir Zwei dann durch den Verbindungskeller zu den Behandlungsräumen, ich links, er rechts, den Rollstuhl schiebend. Im Ultraschall angekommen, verabschiedete er sich und ließ mich mit dem Rollstuhl allein.

Ich muss gestehen, hier habe ich mich ein letztes Mal überrumpeln lassen, denn selbstverständlich wurde die Untersuchung nicht sofort vorgenommen, sondern es folgte
[INDENT]Warten…
[/INDENT] Am Abend zuvor hatte ich meiner Frau und meiner Tochter cool und lässig erzählt, was beim Schluckschall auf mich zukommen würde, und um den Schauder noch etwas zu steigern, hatte ich nach einem Bindfaden gefragt, mit dem ich schon mal üben könnte. Ihr Entsetzen und ihre Furcht hatten mir bestätigt, was für ein toller Hecht ich war, so was locker wegzustecken. Ich war auch wirklich überzeugt, dass die zu schluckende Sonde samt Beförderungsschlauch recht dünn wäre. Als ich jedoch das wirkliche Ausmaß des Schlauches sah, wurde mein Sprechapparat ohne Umweg direkt vom Kleinhirn angesteuert: „Das geht nicht! Das kann ich nicht! Auf keinen Fall! Niemals!“

Das Ding hatte immerhin mindestens den Durchmesser meines kleinen Fingers. Mit Engelszungen redeten Arzt plus Assistent auf mich ein: Wollen Sie’s nicht wenigstens mal versuchen? Alle vor Ihnen haben das geschafft. Wenn’s nicht geht, ziehen wir ihn ganz schnell wieder raus. Wir können Ihnen auch ein Beruhigungsmittel geben. – Ja, ja, Beruhigungsmittel ist gut. – Damit können Sie sogar einschlafen.

Doch kurz bevor ich das Beruhigungsmittel bekam, hatte ich die Horrorvision, halb eingeschlafen da zu hängen, mitzubekommen, wie mir Übles widerfährt und die Kontrolle über den eigenen Körper verloren zu haben. Wer so was Ähnliches aus dem Dämmerschlaf kennt, wird es verstehen. Na gut, einen Versuch, aber ohne Beruhigungsmittel, ist es wert. Glücklicherweise war’s dann doch nicht so schlimm, Luft kriegen war kein Problem, logisch, der Schlauch ist ja in der Speiseröhre, und es ging auch recht schnell vorbei. Wie so häufig war die Vorstellung von dem Ungemach schlimmer als das Ungemach selbst.

Nun hieß es zurück zur Bettenstation. Die Schwestern hatten vorhin noch gerufen, dass der Rollstuhl unbedingt zur Station zurück müsse. Also dachte ich mir, ein gutes Werk zu tun, und schob ihn vor mir her. Mit der Ausschilderung des Klinikums wäre jedoch bei einem Volkslauf kein Staat zu machen, und so kam es, dass ich mich verlief und eine Schwester nach dem Weg fragen musste. Da die es auch nicht wusste, rief sie ihrer Kollegin zu: Da is’n Patient mit’m Rollstuhl. Der will zur Station Martini. – Was? Nein, nicht IM Rollstuhl, sondern MIT. – Wieso? Weiß ich auch nicht! Wie kommt der denn da hin? Letztlich habe ich den Rollstuhl wohlbehalten wieder abgeliefert. Nun war schon sehr viel passiert an diesem Vormittag, und ich war eingestellt auf
[INDENT]Warten…
[/INDENT] Wohl eine Stunde später ging’s dann tatsächlich zur elektrophysiologischen oder Katheter-Untersuchung. Da, und das war mir vorher nicht bewusst gewesen, die Untersuchung als solches bereits einen ziemlichen Eingriff darstellt, wird zusammen mit der Untersuchung auch gleich behandelt.
[INDENT]Kleiner fachlicher Exkurs:
In Kurzform ausgedrückt, werden über einen Einschnitt in der Leiste mehrere Katheter, das sind nun tatsächlich dünne Drähte, eingeführt und durch die Beinvene bis zum Herzen geschoben. Dort können elektrische Ströme sichtbar gemacht werden, und unerwünschte Reizleitungen werden „abladiert“, d. h. verödet, mit Strom oder Kälte. Die Behandlung dauert recht lange, bei mir waren es schätzungsweise 2 – 3 Stunden. Sie ist nicht schmerzhaft, aber es ist teilweise ein unangenehmes Gefühl.

Etwa seit der Jahrtausendwende ist das zu einer Routinebehandlung bei sogenanntem Vorhofflimmern entwickelt geworden. Man geht von mindestens 1 Million Patienten mit Vorhofflimmern in Deutschland aus, mit steigender Tendenz. Die Wahrscheinlichkeit nimmt mit dem Alter zu. Die Erfolgsaussichten liegen bei 50 – 70%, andere Angaben habe ich gesehen, die sogar 70 – 90% nennen. Ist das Problem beim ersten Mal nicht beseitigt, kann eine zweite Ablation vorgenommen werden.
[/INDENT] Positiv überrascht war ich zu erfahren, dass der Arzt, der die Katheterablation vornahm, tatsächlich die Unterlagen mit den medizinischen Gutachten kannte, die ihm von meinem Hausarzt vorab zugefaxt worden waren. Er war der Erste und Einzige im gesamten Klinikum.
Die Behandlung selbst erfolgte professionell und routiniert. Diesmal war ich ganz froh, als ich wieder im Zimmer war, allerdings durfte ich immer noch nichts essen und trinken, denn zunächst musste die Schleuse in der Leiste entfernt werden, das brauchte etwas Zeit, die ich überbrückte mit
[INDENT]Warten…
[/INDENT] Die folgenden 6 Stunden waren eine Tortur, denn zur Verheilung der Leiste wird ein Druckverband angelegt, das bedeutet auf dem Rücken liegen, und bei den Krankenbettmatratzen schmerzt nach kurzer Zeit der Rücken ganz entsetzlich. Mein Bettnachbar und ich klagten uns gegenseitig unser Leid.


Am nächsten Morgensah alles ganz ordentlich aus, und wir Beide konnten entlassen werden. Wir bekamen unseren Entlassungsbrief (Das hört sich jetzt mehr nach Knast an, aber so steht das offiziell als Bezeichnung da). Zusätzlich bekamen wir noch Instruktionen über weitere Medikation, Nachsorge usw. Und da gab’s eine weitere Horrornachricht. Der mitfühlende Leser wird mit mir gelitten haben, als im Einweisungsgespräch die Einnahmedauer des Blutgerinnungshemmers sich von Mitte Oktober auf Ende Oktober verlängert hatte. Die „offizielle“ Einnahmeverordnung, die ich nun bekam, nennt jedoch nicht einen, sondern drei Monate, sprich bis Jahresende. Das ist der Standard für alle, nix mit 1 Monat. Für richtig wettkampforientiertes Laufen heißt das:
[INDENT]Warten…
[/INDENT] Ich war noch dabei, dies in mein Vorstellungsvermögen zu übersetzen, als eine Schwester und ein Pfleger kamen (Ich habe mich extra erkundigt: Das männliche Pendant heißt in diesem Fall nicht Bruder, sondern die korrekte Bezeichnung ist Pfleger) und abschließend Puls und Blutdruck maßen. Da sowohl mein Bettnachbar als auch ich die Versorgungskanüle noch im Unterarm bzw. im Handrücken hatten, baten wir um Entfernung derselben. Ja, selbstverständlich, das würde gleich vorgenommen werden. Allerdings wären jetzt Puls und Blutdruck dran, und da würde erst die Stationsrunde vollendet. Anschließend kämen sie aber wieder, um die Kanülen heraus zu ziehen.

So saßen wir denn beide da, konnten uns weder waschen noch anziehen, und der Abschied wurde uns versüßt mit einer weiteren halben Stunde
[INDENT]Warten…
[/INDENT] Ich fuhr dann direkt ins Büro, geschwächt zwar, aber froh, nun alles hinter mir zu haben. Zu diesem Zeitpunkt ahnte ich noch nicht, dass dies eine verfrühte und trügerische Freude war.

Bernd
Das Remake
Infos zum Laufen und Vereinsgedöns gibt's auf www.sgnh.de

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burny hat geschrieben:Ich langweile mich. Wenn ich mich langweile, lese ich. Meistens. Jetzt aber nicht, jetzt schreibe ich. Das kann ich, weil meine liebe Frau mir den Laptop gebracht hat. Die Idee kam mir, als ich vorhin, im Bett liegend, auf dem Flur abgestellt und wartend, die Abläufe noch einmal Revue passieren ließ.



Bernd

Ja, wo steckst Du denn dann nur, wenn Dir Deine Frau den Laptop bringen musste? Noch dort?

Auf jeden Fall und sowieso :besserng:

Wenn es Dir ein Trost ist; ähnliches habe ich vor gut drei Wochen mit meinem Sohn erlebt, der sich den Innenknöchel abgebrochen hat. Eine Woche Liegegips daheim, dann Termin zur OP im Krankenhaus und ganz ähnliches Exercitium (inklusive "Nummerziehen" fürs Gespräch beim Anästhesisten!) zur stationären Aufnahme.

Liebe Grüße Monika, die immer gerne Deine Berichte liest (spontan immer an die Kanne denkend)

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trailfüchsin hat geschrieben:Ja, wo steckst Du denn dann nur, wenn Dir Deine Frau den Laptop bringen musste? Noch dort?
Als ich's geschrieben habe, ja (wieder). Zeit hatte ich dort ja genügend.
Seit heute Mittag glücklicherweise (und hoffentlich endgültig) nicht mehr.

Bernd
Das Remake
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Hallo Bernd,
weil ich weiß wie das in Kliniken läuft mußte ich innerlich grinsen... :D
(aber nicht ohne das mir bewußt war, daß ich in einer ähnlichen Situation vor Wut Herzrhytmusstörungen gekriegt hätte :peinlich: )

Wenigstens hast du deinen Humor behalten, zumindest beim Schreiben...

Ich wünsch Dir gute Besserung und gute Untersuchungsergebnisse (aber auf die mußt du sicher noch

warten


Mitfühlende Grüße

Rolf
13.5.07 : HM des Karstadt-Marathon : 2.14 h
02.12.07 : HM Bertlicher Straßenlauf : 1.58h
18.05.08 : HM des Karstadt-Marathon: 2:04h
30.11.08 : Marathon in Bertlich : 4:34h
12.09.10 : Münster Marathon : 4:28h

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Dann hoffe ich mal, das Warten war für umsonst und man hat festgestellt, dass nichts festzustellen war.

Jörg, der von die endlich wieder Lauf- statt Krankengeschichten lesen will.
Neue Laufabenteuer im Blog

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Oh burny, du arme... r Kerl (ich wollte was anderes schreiben, aber da hättest du dich beleidigt fühlen können, was aber ja keineswegs in meiner Absicht lag... ;-) )

Ich habe echt mit dir mitgelitten, und mir geht es wie jörg: ich will dich auch viel lieber Laufberichte von dir!!!

Ich wünsche dir alles Gute, und möge die Zeit schnell vergehen!

Liebe Grüße
nachtzeche
"Die auf den Herrn harren kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden!" (Die Bibel, Jesaja 40,31)

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Heiler hat geschrieben:Ich wünsch Dir gute Besserung und gute Untersuchungsergebnisse
In diesem Fall war es so, dass der Arzt direkt während der Untersuchung eingegriffen hat...
19joerg61 hat geschrieben:Dann hoffe ich mal, ... man hat festgestellt, dass nichts festzustellen war.
... und die Lungenvenen verödet hat (Die sind am häufigsten Ursache solcher Störungen). Jetzt habe ich berechtigte Hoffnung, dass damit die Ursache beseitigt ist.
nachtzeche hat geschrieben:Ich habe echt mit dir mitgelitten, und mir geht es wie jörg: ich will dich auch viel lieber Laufberichte von dir!!!
Danke (an Alle)! Der Zuspruch tut immer gut. Wenn ich ehrlich bin, muss ich allerdings sagen, dass ich fast eher ein Luxusproblem habe, denn die anderen Patienten haben die Herzrhythmusstörungen in der Regel dauerhaft und in Ruhephasen. Einer erzählte mir, dass er die letzten 30 Jahre deswegen öfter nachts aufstehen musste. Demgegenüber hat es mich manchmal bei der Sportausübung betroffen. Allerdings wollte und will ich es beseitigt haben, denn oft verstärkt sich sowas im Laufe der Zeit und es kann dann zu ernsthaft negativen Auswirkungen führen. (Soweit ist es glücklicherweise bei mir nicht gekommen und wird es hoffentlich auch nicht .)

Die Chose war übrigens leider noch nicht zu Ende, und da ich ja genügend Zeit hatte, konnte ich den zweiten Teil auch größtenteils in der Klinik verfassen. Ich muss nur noch den letzten Rest zuhause fertig stellen.

2009 wird dann (läuferisch) das Jahr des Aufbruchs werden, und da mir das Schreiben ja auch Spaß macht, werde ich dann sicher wieder mehr über spannende Läufe berichten können.

Bernd
Das Remake
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Zwischen High-Tech und Eselskarren, Teil II

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So, die Fortsetzung ist fertiggestellt. Nochmal Eintauchen in ein Universum der eigenen Art...


…die Wunde an der Leiste schien gut zu verheilen. Das Hämatom, ein zunächst etwa daumennagelgroßer, dunkelblauer Fleck, breitete sich erst zum Oberschenkel hin, dann auch zur Bauchdecke aus, wobei das Blau heller wurde. Das schien mir normal. Es schien mir auch normal, dass der kleine, harte Knubbel an der Einschnittstelle der Leiste sich nicht sofort zurückbildete, sondern zunächst etwas größer wurde. Als das aber am fünften Tag immer noch anhielt und der Knubbel wie eine kleine Vulkaninsel aus der Leiste herausragte, fing es an, mir komisch vorzukommen.

Ich musste sowieso zum Hausarzt, um die Gerinnungswerte INR und Quickwert feststellen zu lassen, und so wollte ich gleich mal nach meiner Knubbelentwicklung fragen. Einen richtigen Hausarzt habe ich nicht, weil ich immer zum Betriebsarzt gehe. Das ist dort vernünftig durchorganisiert, und daher geht das im Regelfall auch recht flott mit schlimmstenfalls kurzen Wartezeiten. Wie der Teufel es wollte, kam es ausgerechnet diesmal, bedingt durch Urlaub und einen Notfall, zu ungewöhnlich langem

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Aber durch das Klinikum war ich ja gut trainiert! Die Ärztin teilte meine Einschätzung, dass die Knubbelvergrößerung ungewöhnlich sei und vermittelte mir einen Nachuntersuchungstermin in der Klinik, da ein Kardiologe die Situation begutachten sollte.

Am morgigen Tag war Mittwoch, genau eine Woche nach der Katheterablation. Diesmal sollte ich um 9.30 Uhr erscheinen, und den Namen des untersuchenden Spezialisten hatte ich auch schon. Das würde ja wohl zügig ablaufen. Ich weiß selbst nicht, war es Zufall, war es Vorahnung oder Konsequenz aus der überraschenden stationären Einweisung letzte Woche: jedenfalls packte ich Kulturbeutel und Schlafanzug ein, und etwas zum Lesen hatte ich auch dabei.

Ich war wieder im Klinikum.Pünktlich um 9.30 Uhr meldete ich mich beim Pförtner, und nach einigem Hin und Her gelang es ihm doch noch, Gebäude und Zimmernummer herauszufinden. Im Sekretariat des Oberarztes hieß es: „Also, als erstes gehen Sie zum EKG, und dann machen wir noch einen Ultraschall des Herzens. Danach können Sie zum Doktor.“ Ich war hellwach, ich merkte, wie das Adrenalin durch den Körper schoss. Blitzschnell überschlagen: 3 x 1 ½ Stunden plus Untersuchung, dann wäre es bereits 15 Uhr. Nein, nicht noch mal! Nicht wieder Stunden warten. Außerdem war ja das Herz okay, aber die Wunde an der Leiste nicht verheilt. Ich packte allen Charme und meine ganzen Überzeugungskünste zusammen. Sie versprach, noch mal nachzufragen. Und tatsächlich: Statt vom Herzen sollte nun ein Ultraschall der Leiste gemacht werden. Das schien mir durchaus nachvollziehbar, und da die Sekretärin mich im Ultraschall bereits angemeldet hatte, ließ ich mich im Gegenzug auf das EKG ein.

Natürlich ging es nicht ab ohne

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Aber das hatte ich ernsthaft auch nicht angenommen. Nach Ultraschall und EKG war „mein“ Oberarzt noch im medizinischen Einsatz, so dass es hieß:

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Das folgende Gespräch war angenehm, die Erläuterungen und Therapie nachvollziehbar: Es hatte sich ein Aneurysma gebildet. Was für ein wunderschönes Wort für so eine hässliche Angelegenheit, denn es bedeutete eine Blutaussackung, die durch eine Verletzung an der Arterie entstanden war und der man die Blutzufuhr abschneiden musste. Abschneiden hieß in diesem Fall Abdrücken mit anschließendem Druckverband. Der Nachteil: Das muss stationär gemacht werden. Und der Arzt riet dazu, das möglichst bald zu machen. Er könnte arrangieren, dass das heute noch ginge. Schneller Entschluss, Telefonate, und die Sache war geritzt. Allerdings würde es bis 13 Uhr dauern, bis mein Bett frei sei. Also ging ich einen Kaffee trinken beim

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Gegen 13 Uhr betrat ich erneut Station Martini. Da mir der Oberarzt leicht räuspernd gesagt hatte: „Ähemm, die Ärzte wissen Bescheid, aber bei einer sooo großen Klinik kann es durchaus mal vorkommen, dass äähh die Schwestern nicht unbedingt den gleichen Informationsstand haben“, ging ich direkt zum Schwesternstützpunkt. (Das Wort ist keine Eigenkreation, sondern so steht das da dran.) Natürlich wusste niemand von nichts, außerdem war Hektik angesagt, und ich sollte am besten erstmal im Besucherbereich Platz nehmen. Dort traf ich auf ein knappes Dutzend lethargisch bis missmutig dreinschauender älterer Herrschaften. Den Grund erfuhr ich recht schnell. Einige waren fertig und warteten seit längerem auf ihren Entlassungsbrief, andere wiederum waren für Untersuchungen vorgesehen und warteten, dass irgendetwas passierte oder ob heute überhaupt noch etwas passierte. Das kannte ich gut und fühlte mich gleich wohl. Für genügend gemeinsamen Gesprächsstoff war gesorgt. Wir hatten ja eine gemeinsame Leidenschaft, das

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Die Schicksale verliefen natürlich unterschiedlich. Während der Mann, der hier seit 9 Uhr morgens auf Zimmer und Katheterablation wartete, bereits um 14 Uhr (!) sein Zimmer beziehen konnte, musste das ältere Ehepaar, das mit Bahn und Bus 60 km gefahren war, unverrichteter Dinge abziehen und wurde neu für den Freitag einbestellt. „Nu sag doch, dass du nicht laufen kannst. Du lässt dir aber auch immer alles gefallen“, schimpfte eine Frau mit ihrem Mann, als man den Herrn Ende Siebzig per pedes hinüberschicken wollte. So war immer Abwechslung angesagt, und mir war es gar nicht so bewusst, das

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Allerdings nahm meine Sorge zu, dass ich möglicherweise die Behandlung, deretwegen ich ja hier geblieben war, heute nicht würde genießen können. Andererseits bedeutete jede Minute später auch, den ungeliebten Druckverband, der bis Morgen früh zu tragen war und der Fesselung ans Bett, gepaart mit Rückenschmerzen, verhieß, etwas weniger lang zu tragen. Aber es dauerte nur bis kurz nach 15 Uhr, als ich mein Bett zugewiesen bekam. Ich legte mich sogleich hin, um auf das Abdrücken zu

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Vor einer Woche hatte ein netter angehender Arzt, wie ich meine, recht ordentlich abgedrückt. (Vom Chefarzt erfuhr ich später, dass er als der Top-Abdrücker der ganzen Station gilt.) Dieses Mal kamen sie zu zweit. Der Zweite stellte sich vor als jemand, der gerade sein 3-monatiges Teilpraktikum auf der Station begonnen hatte. Wie ich da so lag, erkundigte er sich nach der Technik des Abdrückens, wie der Druckverband anzulegen und zu schließen sei und fragte nach weiteren Tipps. Der Top-Abdrücker erklärte alles bereitwillig, wies darauf hin, dass etwa einem Viertel der Abgedrückten bei der Prozedur übel würde und was in solch einem Fall zu tun wäre.

Langsam dämmerte es mir. Ich fragte, ob ich als Versuchskaninchen fungiere. Das wiesen beide entrüstet zurück. Irgendwann sei doch immer das erste Mal, außerdem sei Abdrücken so einfach, das könne auch jeder Maurer machen, und überhaupt sei es doch prima, dass es eine Einweisung durch den Erfahrenen gegeben habe. Das sei hier gar nicht selbstverständlich und nicht überall so. Vor dieser geballten Kraft der Argumentation konnte ich nur kapitulieren und verneinte denn auch die Frage, ob ich lieber vom Top-Abdrückerabgedrückt werden wollte.

Ich hatte bereits letzte Woche bewundert, dass jemand 20 bis 30 Minuten lang - so lange wird nämlich abgedrückt - mit hohem Druck und ununterbrochen seine geballte Faust auf eine Stelle drücken kann. So war es gar nicht verwunderlich, dass der Praktikant, der in der Kunst des Abdrückens ja noch ungeübt war, nach etwa 10 Minuten zu schwächeln begann. Die Anstrengung bewirkte, dass sein Arm zu zittern anfing, und es schien nur eine Frage der Zeit, wann die Frequenz zur Tonerzeugung ausreichen würde. Es hat es aber tapfer bis zum Ende durchgestanden.


Die Nacht war nicht schön!Der Druckverband drückte und scheuerte die Haut wund. Der Rücken schmerzte, Seitenlage war nicht möglich. Aufstehen konnte ich nicht, und zu allem Überfluss hatte man mir eine Pinkelflasche verpasst. Das ist angesichts der gehandicapten Situation auch nicht dumm, aber es bereitete mir ein großes Unbehagen. Vor, während und nach einem Lauf habe ich keine Skrupel, irgendwohin zu pinkeln, kein Baum, kein Strauch ist sicher, und ich erinnere mich an einen Marathonstart in Hamburg, wo direkt im Startblock so ein kleiner Minibagger abgestellt war. Ständig standen Heerscharen von Läufern um diesen Bagger herum und urinierten auf ihm herum, dass man hätte meinen können, hier würde ein Materialtest vorgenommen. Aber in einem Krankenzimmer zu liegen und in eine blöde Flasche zu pinkeln, ist nun mal etwas völlig Anderes!

Am Morgen brachte mir Schwester Dagmar eine Waschschüssel mit Wasser und einen gefüllten Wasserbecher zum Zähneputzen. Ich kann mich nicht erinnern, mich je so gewaschen zu haben, aber wenn doch, dann muss es ewig lange her sein. Als ich mit Zähneputzen fertig war und gerade den Becher nehmen wollte, passierte es: Ich stieß dagegen, und das Wasser lief teils auf den Boden, teils auf das Bett. Als ich das einer jungen Schwester mitteilte, merkte sie zwar richtigerweise an, dass das trocknen würde, aber meiner Erwiderung, dass das ja auch eine Zeitfrage sei, hatte sie nichts entgegen zu setzen.Allerdings klappte das mit dem Bettwäschewechsel nicht so schnell, und ich wurde mit meinem halbnassen Bett zum Ultraschall geschoben. Natürlich war nun genug Zeit zu

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aber die Bettwäsche war weiterhin nass, so dass ich die wahre Ursache hierfür nicht unerwähnt ließ, auf dass keiner auf den Gedanken käme, dies sei ein Zeichen beginnender Inkontinenz. Ich denke, man glaubte mir.

Die Ultraschalluntersuchung sollte bestätigen, dass das Aneurysma von der Arterie getrennt sei, damit ich die Klinik verlassen könnte. „Wo sind Sie denn abgedrückt worden?“ fragte der Arzt am Ultraschall. Wenn eine Faust fast eine halbe Stunde lang auf meine Leiste drückt und ich nach einiger Zeit dort eh kein Gefühl mehr habe, fällt es mir schwer, die Druckstelle millimetergenau zu lokalisieren. Also zeigte ich etwas weiträumiger auf meinen Oberschenkel. „Tja, das war wohl nicht die richtige Stelle. Das muss noch mal abgedrückt werden.“ Oh, ich liebe solche Überraschungen. Ich hatte heute sowieso nichts vor, das Büro mag ich nicht, und meines Zuhauses bin ich überdrüssig. Dann wurde ich im Flur abgestellt, und ich musste auf den Rücktransport zum Zimmer

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Das war der Moment, in dem mir der Gedanke kam, das alles aufzuschreiben. Zeit genug hatte ich ja. Die meisten versuchten, mich zu trösten, und zeigten sich sehr zuversichtlich, dass es am nächsten Tag bestimmt in Ordnung wäre. Also folgte die gleiche Prozedur wie zuvor, nur jetzt wieder mit dem Top-Abdrücker, der diesmal geschlagene 45 Minuten abdrückte. Die Nacht war erneut fürchterlich, und am nächsten Morgen war ich wie gerädert.

Gestern war ich gegen 10 Uhr zum Ultraschall geschoben worden, man hatte die späte Uhrzeit mit „Chefambulanz“ erklärt und gemeint, da diese heute, am Freitag, nicht stattfinde, würde ich sehr früh zum Ultraschall gebracht werden, so dass ich zeitig entlassen würde. Im Vertrauen darauf war ich am

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Um 11.45 Uhr betrat eine junge Assistenzärztin das Zimmer und teilte mir mit, dass mein Ultraschall um 13 Uhr durchgeführt würde. 13 Uhr! Ich dankte ihr, da ich nun endlich Bescheid wüsste, wann es weitergeht, verbarg aber auch meine Enttäuschung nicht. Sie legte dar, dass es in so einem großen Klinikum immer Verschiebungen geben könne und dass Notfälle Vorrang hätten. Hierfür äußerte ich Verständnis, brachte aber ebenso Kritik an den aus meiner Sicht unorganisierten Abläufen insgesamt mit viel Mehrfacharbeit und unkoordinierten Abläufen an. Damit hatte ich scheinbar einen wunden Punkt getroffen, denn nun hörte ich einen Vortrag, wie wundervoll organisiert und durchdacht geplant alles ineinander greifen würde. Das überzeugte mich nicht, und ich sagte ihr das auch. Sie, obwohl noch jung an Jahren, verteidigte das Klinikum wie eine Henne ihre Küken, und nach einem, wie ich meine, zivilisierten Schlagabtausch stürmte sie plötzlich wutentbrannt und tief beleidigt aus dem Zimmer. Ich aber hatte wieder eine Gelegenheit zu

[INDENT]Warten…[/INDENT]
„Ja, das sieht gut aus. Das ist in Ordnung“, ließ sich 2 Stunden später der Arzt am Ultraschall hinreißen – eigentlich ein sehr solider Mann -, bevor er sich korrigierte: „Oh, da ist doch noch eine Verbindung.“ Damit wusste ich um 14 Uhr: Noch eine Nacht in der Klinik, die dritte mittlerweile! Ich kann ganz gut auf Komfort verzichten, wenn’s sein muss. Vor etlichen Jahren habe ich 4 ½ Wochen in einer Holzhütte gelebt, in einer Hängematte geschlafen, denn die war schlangensicher, von Mücken zerstochen, und nachts liefen die Ratten durch den Raum. Das hat mir nicht viel ausgemacht. Aber jetzt fühlte ich mich verschwitzt, stinkig und wollte endlich aus diesem Bett heraus und unter eine Dusche hüpfen. Ging aber nicht!

Später am Abend schaltete ich den Fernseher ein. Ähnlich wie im Langstreckenflieger gibt’s an jedem Bett so einen kleinen Monitor. Erst landete ich bei einer Dokumentation über Kannibalismus mit realitätsgetreu nachgestellten Szenen, ich wechselte und wollte den Tag ausklingen lassen mit einer hoffentlich spannenden Tatort-Wiederholung. Darin ging es um Altersheime, Schmerzen, Tod, Sterben. Da mich das in meiner aktuellen Situation zu deprimieren anfing, schaltete ich den Fernseher wieder aus.

Am kommenden Morgen war erneut die Kontrolle durch Ultraschall angesagt. Und nun hatte ich ein wunderschönes Erlebnis, eines, das ich nie für möglich gehalten hätte und das allein die dritte Übernachtung gerechtfertigt erscheinen ließ: Der Flur vor dem Untersuchungszimmer war leer und

[INDENT]Ich kam sofort dran![/INDENT]
Vom EINdruck heißt es zwar, dass der erste entscheidend sei, beim ABdruck war es diesmal aber der dritte, denn endlich war die Prozedur erfolgreich gewesen. Dafür ist zwar nach 3 Tagen Dauerdruckverband eine handflächengroße Stelle an Leiste und Oberschenkel wundrot gescheuert mit prall gefüllten Wundblasen, größer als nach einem Ultralauf an den Füßen, aber mit einer Heilsalbe und einer umfunktionierten Damenbinde als Wundauflage hoffe ich, auch das in den Griff zu bekommen.

Bernd
Das Remake
Infos zum Laufen und Vereinsgedöns gibt's auf www.sgnh.de

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Würdest Du BITTE nicht mehr so realistische Berichte ins Forum stellen?!!?!! Das ist ja schon ein Fall für Amnesty International :nene: ! Soviel Leidensfähigkeit qualifiziert Dich für einen 24-Stunden-Lauf im nächsten Jahr :nick: . Ich glaube, ich wäre an Deiner Stelle im Krankenhaus geplatzt und hätte mit meiner Faust beim Klinikpersonal auch mal was abgedrückt :kloppe: .... Gute Besserung und komm schnell wieder auf die Beine :daumen: .
Renn-Schnecke

... von 2 auf 100 in 11 Jahren ...

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Hallo burny,

ja, an deinem Bericht ist schon so einiges dran.... Ich wünsche dir gute Besserung und dass jetzt endlich Ruhe ist!

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Hallo burny,
unglaublich, ich habe beim Lesen nur mit dem Kopf geschüttelt...
Ich wünsche dir, dass es jetzt endlich vorbei ist und du bald wieder auf dem Damm bist!
Liebe Grüße,
mitfühlender nachtzeche
"Die auf den Herrn harren kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden!" (Die Bibel, Jesaja 40,31)

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Ich glaub das ganze ist nur lustig so lange man es nur lesen darf und nicht selber erleben muss.
Aber ein ultimativer Tip an alle, die gerade aus irgendwelchen Gründen nicht in ihre Wohnung können oder in einer fremden Stadt eine Bleibe für die Nacht suchen. Geh einfach in eine Klinik und leg dich in ein leeres Bett auf dem Gang. Wenn dich jemand fragt was du da machst, sag dir hat ein Assistenzarzt (Namen vergessen) gesagt, du sollst hier warten. Ich glaub so kann man ohne Probleme mehrere Wochen in einer Klinik verbringen.
http://www.gpsies.com/mapThumb.do?username=vailant

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Jetzt muß ich doch auch noch meinen Senf dazugeben......
es handelt sich bei der von burny durchgemachten Therapie nicht mal eben so um das einnehmen einer Tablette. Dies ist durchaus ein hochrisiko Eingriff bei dem etliche Spezialisten zusammenarbeiten müssen um den durchaus möglichen Supergau in den Promillbereich zu bekommen.
Die warten nicht auf einen, nein, die haben tatsächlich mehrere Patienten und es gibt diese Zentren die das machen auch nicht an jedem Eck sondern es handelt sich spezialisierte Orte mit dem dadurch hohen Patientenaufkommen.

Warten ist natürlich für uns gehezte Mitteleuropäer immer so ne Sache aber sind wir es in Bereichen von KFZ-Zulassung, Finanzamt, Termin bei Spezialisten, Essensausgabe :wink: u.äh. durchaus gewohnt zu warten so scheint das für den Klinikbetrieb nicht zu gelten.
Daß es in einem Klinikbetrieb, bei dem es mit und um den Patienten geht, immer zu Verzögerungen kommen kann muß, denke ich, nachvollziehbar sein, burny hätte es sicher auch nicht witzig gefunden wenn nach der Hälfte des Eingriffs ne Glocke ertönt wäre, abgebrochen worden wäre nur weil ein nachfolgender Patient "jetzt drann ist" und die für burny veranschlagte Zeit leider abgelaufen ist.... :haeh:
Wenn wir auf dem Tisch liegen so möchten wir auch alle dafür notwendige Zeit, wenn es dabei aber bei mehreren hintereinander zu nicht vorhersehbaren "verlängerungen" kommt so zieht sich das halt. Sollte aber meines erachtens einkalkuliert werden. Schauen wir doch mal ins Europäische Ausland wo man auf einen "nicht Notfalleingriff" z.Teil mehrere Jahre wartet (Leistenbruch-Großbritannien) da gehts uns verhältnismäßig gut!!
Grüße
Moppy

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Naja aber einiges könnte mit besserer Organisation behoben werden. Warum muss man den (geschätzte) 10 EKGs in 4 Wochen machen ist das herz wirklich einem so stetigem Wandel unterworfen?
Warum können noch nicht mal Termine eingehalten werden, die am Morgen sind? Schon klar eine Klinik hat nachts auch was zu tun aber man sollte es schon schaffen wenigstens die ersten Termine einzuhalten. Dann wurden anscheinend Leute weggeschickt, die 60 km angereist sind und einen Termin hatten. Schon klar, dass es zu Verzögerungen kommen kann, nur irgendwo ist mal eine Grenze erreicht, es muss doch irgendwo auch berechenbar sein, wie lange man nicht in die Arbeit kann. Man kann sich doch nicht einen Monat krank melden, nur weil die im Krankenhaus unterfinanziert und/oder schlecht organisiert sind.
http://www.gpsies.com/mapThumb.do?username=vailant

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Vailant hat geschrieben:Naja aber einiges könnte mit besserer Organisation behoben werden. Warum muss man den (geschätzte) 10 EKGs in 4 Wochen machen ist das herz wirklich einem so stetigem Wandel unterworfen?
Klar hört sich viel an, ist beim Herzgesunden auch nicht sinnvoll, aber hier haben wir es ja mit nem "Herzpatienten" zu tun der an besagtem auch noch den Bereich der Einmündung der Lungenvenen in den linken Vorhof eine Verödung machen lassen will. Nur mal zum verdeutlichen, es handelt sich dabei um das transmurale also alle Schichten des Herzens betreffende "verbrennen,vernarben".....
Nichts was man mal eben so nebenbei und an jedem Herz machen kann, das muß zum aktuellen Zeitpunkt zumindest nicht akut mit nem Problem behaftet sein (durchblutungsstöhrung o.äh.)
Natürlich läuft vieles in unserem Gesundheitswesen nicht optimal, ich mag nur nicht wenn eine Sache nur einseitig und dazu noch naja "nett reißerisch" dargestellt wird, denn auch dabei gibt es zwei Seiten und der Zweiten wollte ich Gehör verschaffen... :hallo:
Moppy

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Hallo Bernd,

das deutsche Gesundheitswesen wie es leibt und lebt :klatsch: .
Kein Wunder daß beinahe ein Drittel des BIP für diesen organisatorischen Wahnsinn draufgeht.

Das allerwichtigste aber: Ich hoffe und wünsche daß für Dich jetzt Schluß ist mit diesem Albtraum und Du Dich zügig auf dem Weg der Besserung befindest!

Walter
You can only fail if you give up too soon

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Erstmal gute Besserung von mir...
Meine Mutter hatte auch mal so nen Eingriff, mit 73 Jahren.. war aber nur ne kurze und unspektakuläre Sache..Meine Mutter ist da hart im nehmen..
Soviel warten musste sie allerdings nicht...
Darf ich fragen ob die gesetzlich versichert bist?
Wenn nicht, hätte ich gerne mal den Verlauf gewusst, als privatpatient...
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liebe grüsse
armin

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Allen nochmal Dank für eure Kommentare und für die guten Wünsche. Jetzt ist auch alles wieder verheilt und erste Laufversuche erfolgreich unternommen.

Auf 2 Beiträge möchte ich etwas näher eingehen.
Moppy hat geschrieben:Warten ist natürlich für uns gehezte Mitteleuropäer immer so ne Sache aber sind wir es in Bereichen von KFZ-Zulassung, Finanzamt, Termin bei Spezialisten, Essensausgabe :wink: u.äh. durchaus gewohnt zu warten so scheint das für den Klinikbetrieb nicht zu gelten.
Es geht mir nicht um das Warten an sich. Wenn allerdings der Leerlauf dominierend ist und es zur Regel wird, dass Leute an dem Tag der Anmeldung nicht behandelt werden können (und ich habe mich mit anderen unterhalten können), dann stimmt für mich die Organisation nicht. Ich bin überzeugt, wenn man den Ablauf aus PATIENTENSICHT einmal komplett durchleuchten, Doppelarbeit eliminieren und eine Darstellung des Gesamtprozesses vornehmen würde (ein Verfahren, das in Privatunternehmen gang und gebe ist), ließe sich das Ganze effizienter und deutlich schneller organisieren, und zwar OHNE Nachteile für den Patienten. Da kann und muss man natürlich kritische, medizinische Abläufe und rein administrative voneinander abgrenzen.

Aber sage mir keiner, das ginge nicht anders, solange eine solche Betrachtung nicht vorgenommen wurde.
Moppy hat geschrieben:Daß es in einem Klinikbetrieb, bei dem es mit und um den Patienten geht, immer zu Verzögerungen kommen kann muß, denke ich, nachvollziehbar sein, burny hätte es sicher auch nicht witzig gefunden wenn nach der Hälfte des Eingriffs ne Glocke ertönt wäre, abgebrochen worden wäre nur weil ein nachfolgender Patient "jetzt drann ist" und die für burny veranschlagte Zeit leider abgelaufen ist.... :haeh:
Kein vernünftiger Mensch käme auf die Idee, solches zu fordern. Aber es gibt Unterschiede zwischen Notfällen und unvorhergesehenen Komplikationen einerseits und unorganisiertem "Abarbeiten" der Patienten andererseits. Ich habe auch keine(n) getroffen, der einen Überblick über die Gesamtsituation gehabt oder ihn sich hätte wenigstens verschaffen können. Wie viele sind es, die nicht wiederholt nachfragen, um schließlich zu erfahren, dass es an dem Tag nichts mehr wird, und verbringen dann überflüssigerweise eine Nacht in einem teuren Krankenbett? Vor mehr als 20 Jahren arbeitete ich in einem Projekt in einem Automobilunternehmen, da wusste auch der Fließbandarbeiter rechts nicht , was links passierte. Diese Art von Taylorismus pur scheint sich im Klinkbereich, zumindest da, wo ich es beobachten konnte, erhalten zu haben.
Moppy hat geschrieben:Schauen wir doch mal ins Europäische Ausland wo man auf einen "nicht Notfalleingriff" z.Teil mehrere Jahre wartet (Leistenbruch-Großbritannien) da gehts uns verhältnismäßig gut!!
Das ist wohl richtig. Aber der Vergleichsmaßstab muss ja nicht das schlechtere sein, sondern das, was positiv machbar wäre. (Wenn ich meinen Kindern erzähle, wie's in meiner Kindheit ablief, entlockt denen das auch bestenfalls ein müdes Gähnen.)
mamoarmin hat geschrieben:Darf ich fragen ob die gesetzlich versichert bist?
Wenn nicht, hätte ich gerne mal den Verlauf gewusst, als privatpatient...
Ich bin privatversichert, im Warten sind also alle traulich vereint.

Bernd
Das Remake
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