Hallo,
ich sitze hier, die Eindrücke des heutigen Laufes gehen mir durch den Kopf und ich versuche das alles zu Papier, resp. auf den Bildschirm zu bringen. Und es gelingt mir nicht. Darum versuche ich es jetzt mal in einigen Schlaglichtern, meine Gefühle und das Erlebte zu erzählen:
Wer wie was wann wo
Heute, am 07. März 09 habe ich mich auf den Weg gemacht, in neue Galaxien vorzustoßen, die noch nie zuvor ein Mensch… ne, das war was anderes. Ich wollte MEINEN Horizont erweitern, zum ersten Mal in meinem Leben einer Strecke laufen, die länger ist als diese magischen 42,195 Kilometer. Eigentlich wollte ich dies in 4 Wochen in Rothenburg an der Fulda im Rahmen des 6-Stunden-Laufes tun, aber dann entdeckte ich, dass in der Zeit, in der ich in Marburg zur Fortbildung war, der Lauf „Rund um die Steinmühle“ stattfindet. Perfekt. Keine zusätzliche Anreise, keine Zeit, die ich vom Familienleben abzwacken muss, kein zusätzlicher Stress.
Ich habe in Marburg studiert, habe dort das Laufen begonnen, und ein Teil der Strecke ist deckungsgleich mit meiner alten Hausstrecke. Ein flacher Rundkurs (flach, welch ein schönes Wort…), 10 Kilometer lang, komplett asphaltiert, fast keine Zuschauer, nicht sonderlich spektakulär, aber ganz nett. Für mich 5 Mal zu durchlaufen, macht dann 50 Kilometer. Ich möchte diesen Lauf aus dem Training heraus laufen, er soll faktisch ein verlängerter „LALaLA“ im Rahmen meiner Rennsteigvorbereitung sein. Schon komisch, da bereitet man sich wochenlang auf einen Marathon vor, um dann einen Ultra einfach so aus dem Training zu laufen… schön blöd!
Wie immer habe ich mir drei Ziele gesteckt: Minimalziel: Ankommen! Normalziel: unter 5 Stunden. Optimalziel: Schneller sein als bei meinem langsamsten Marathon (4:41:37). Den Gedanken an „sub 4:30“ verdränge ich nach etwa 0,15 Sekunden wieder – zu schnell für einen Trainingslauf!
Also stehe ich um kurz vor zehn in Marburg am Start, fröstele ein wenig bei 2 Grad und bin gespannt, was mich da so erwarten wird…
Der "erste Kontakt"
Neben dem Debüt auf der Strecke gab es noch eine Premiere für mich: Ich bin einer mir bisher von Angesicht zu Angesicht unbekannten Spezies begegnet, es ist zum ersten Kontakt gekommen: Erstmals habe Foris nicht nur gelesen, sondern sie auch live gesehen und gehört: Laufjoe hat mich vom Bahnhof mit nach Cappel genommen (er musste leider mit Knieproblemen nach 1 Runde aussteigen; Joe, gute Besserung DSD!!!), und dort traf ich auch Miatara. Danke für das nette Gespräch, war echt nett, euch kennen zu lernen. Da freue ich mich doch gleich noch mehr auf Waldhessen, Harzquerung und Rennsteig, wo ich noch mehr Fallstudien an dieser Spezies in freier Wildbahn vornehmen will!
Das Wetter
Das Wetter war echt das größte Phänomen des Tages. „In Marburg geht es entweder bergauf oder es regnet“ heißt es in einem geflügelten Wort – meiner Erfahrung nach trifft leider meist beides zu! Und auch Wetterbericht, Erfahrung und Wetter von gestern verhießen nichts Gutes. Am Vortag schüttete es den ganzen Tag, und auch am Morgen auf dem Weg zum Bäcker wurde ich gut nass.
Aber dann – hörte es auf zu regnen. Bei den Temperaturen war klar, dass ich in langen Sachen laufen würde, aber vielleicht sollte ich tatsächlich trocken über die Runden (Achtung, Wortwitz!!!) kommen? Das wäre ja fast schon unerhört!
In der zweiten Runde riss die Wolkendecke auf und ab der dritten Runde liefen wir in strahlendem Sonnenschein und unter wolkenlosem blauen Himmel. Völlig unfassbar. Total toll – und warm! Aber ganz ehrlich: Das Wetter war das größte Geschenk des heutigen Tages!
Begleitung
Irgendjemand sang mal „What you give is what you get“ Was du gibst ist das, was du auch bekommen wirst. Und das habe ich heute erlebt.
Bei Laufwettbewerben entwickle ich mich regelmäßig zu einer Tratschwelle (Walter Moers, die 13 ½ Leben des Käpt’n Blaubär, 3. Leben). Ich schwappe so durch die Gegend und tratsche mit allem, was mir so vor die Füße kommt – vor allem mit Mitläufern. Und so laberte ich nach etwa 7 Kilometern einen Halbmarathoni an. Wir kamen ins Gespräch – wobei, nein, halt, ich muss sagen: ich habe ihn zugetextet. Und ihn ein wenig mitgezogen! Matthias, es war mir eine Ehre mit dir zu laufen!!! Bis km 21 sind wir zusammengeblieben und ich durfte ihm helfen, unter 2 Stunden zu bleiben. Das hat super Spaß gemacht und mir die Zeit vertrieben.
Als die Halbmarathonis dann von der Strecke waren, wurde es merklich einsamer und ich habe echt angefangen, mir sorgen zu machen, wie das in 1-2 Runden werden würde. Da überholte mich bei km 23 ein Läufer der AK 55. Ich wollte Platz machen – worauf er meinte, so viel Respekt würde er nicht brauchen, er sei gar nicht so gefährlich. Das war Götz. Und hier wiederholte sich die Geschichte – in umgekehrter Form. Götz war etwas schneller unterwegs als ich (bisher war ich so bei einem Schnitt von 5:33, mit Götz ging es hoch auf 5:20), ich versucht ezu folgen. Und so liefen wir bis ins Ziel zusammen – und diesmal redete die meiste Zeit Götz. Ich habe es genossen, mich von ihm ziehen und ablenken zu lassen, staune über sein bewegtes Leben – selten hatte ich so einen tollen, unterhaltsamen und interessanten Laufpartner! Danke für die gute Zeit und alle Verrücktheiten (Zwischenspurts, Endspurt, sonstige Tempoverschärfungen…)
Es freut mich sehr, dass ich innerhalb eines Rennens beides erleben durfte: Jemanden zu unterstützen und Unterstützung und Ermutigung zu erfahren. Einfach nur toll!
Von der Leichtigkeit des Seins
Zum Lauf nur so viel: Es war total locker! Ich habe (fast) jeden Meter genossen, die Renneinteilung war perfekt (negativer Split 2:17 / 2:15; letzter Kilometer war mit 4:40 der mit am Abstand schnellste), ich konnte meine Marathonbestzeit im Vorbeigehen um über 5 Minuten verbessern und es hat mir nichts wehgetan. Ich war froh, als ich im Ziel war, hätte aber notfalls noch weiterlaufen können. Mit 4:33:06 habe ich mein Optimalziel mehr als erreicht, und ich bin erstaunt, dass ich so eine Zeit ohne jede Qual laufen konnte.
Ich habe neue Erfahrungen in Sachen Verpflegung gemacht (Prinzenrolle: ganz schlecht, staubt zu sehr; Bananen: ok, aber etwas glitschig; Gel: ekelig, aber praktisch; ein Becher Bier kurz vor Schluss (km 47): lecker und gut.
Vor den 5 Runden hatte ich ein wenig Bammel, aber das was gar kein Problem. Mann, hat das Spaß gemacht!!!!
Das Fazit
Das Fazit habe ich ja gerade schon mehr oder weniger vorweg genommen, ich wiederhole es aber auch gerne noch mal: Mann, hat das Spaß gemacht!!!! Mit ist ein moderat gelaufener Ultra x Mal lieber als ein auf Anschlag gelaufener Zehner oder HM. Und ich freue mich auf die nächsten Wettkämpfe, das Resultat und das Feeling heute haben mir ganz viel Mut für die anstehenden Aufgaben gemacht.
I AM AN ULTRAMAN - und ziemlich stolz darauf!!!
Danke für’s durchhalten
nachtzeche
"Das war ja einfach" - Mein erster Ultra
1"Die auf den Herrn harren kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden!" (Die Bibel, Jesaja 40,31)