Sonntag früh 5.30Uhr. Der Wecker reißt mich aus allen Träumen und macht mir klar, daß heute Hermannstag ist. Der berühmt, berüchtigte Hermannslauf über ca. 31km verlangt nach meiner Person. Nach einen ausreichenden Frühstück geht es mit dem Zug nach Bielefeld. Vom Bahnhof sind es knapp 10min zum Startpunkt der Busse. Wir werden alle mit Bussen zum Hermannsdenkmal gefahren. Die Organisation ist sehr gut, es gibt keinerlei Stress beim Ein- und Aussteigen. Am Denkmal gibt uns die Sonne schon mal einen Vorgeschmack darauf, wer hier heute das Sagen hat. Raus aus den Klamotten und langsam mit dem Einlaufen beginnen - nach wenigen Metern wird mir schon warm. Ok, ok dann heißt die heutige Devise eben: "Gesundheit vor Zielzeit!". Irgendwie vergeht die Zeit bis zum Start sehr schnell. Gestartet wird in vier Blöcken, der erste mit den Spitzenleuten, der zweite mit den Normalos, der dritte mit den Freizeit- und Erstläufern, der vierte ist den Walkern und Wanderern vorbehalten. Ich gehöre zum dritten Block und 11.15Uhr geht es erstmal 3km bergab. Das Tempo schön unten halten, daß der Kreislauf sich anpassen kann, schießt es mir durch den Kopf. Komischerweise bin ich ziemlich allein mit meiner Einstellung. Alles rast an mir vorbei, als tät es hinter uns brennen. Ich treffe auf einen Läufer, der in etwa mein Tempo hat und gesell mich zu ihm. Er ist diese Strecke schon gelaufen und warnt mich sofort, es den anderen nicht nachzutun mit dem schnellen Gerenne. " Am ersten Berg hast Du sie wieder" - ist sein einziger Kommentar. An dieser Stelle herzlichen Dank an Mr. Unbekannt - er hatte mehr als Recht und großen Anteil daran, daß ich aufrecht und mit einem Lächeln ins Ziel lief. Nach ein paar km trennten sich unsere Wege und er gab mir noch einige Tips für die restlichen ca. 22km. Die Hitze war enorm und alles sehnte sich nach dem ersten Verpflegungspunkt. Doch, oh Schreck, der war leergeräumt. Ein Helfer gab sofort Entwarnung, daß in ca. 1km alles noch da sei. Jepp, nach knapp 1000m konnte man sich laben, an Tee und Wasser. Der Tee war warm und tat richtig gut. Ab diesem Punkt gab es ein Geräusch, daß sich nicht mehr legte, die Sirenen der DRK-Autos. Ich weiß nicht, wieviele Läufer aussteigen mussten, aber allen wünsche ich gute Besserung. Die Sonne hatte das Sagen und wer es nicht kapierte, lag, zitterte und übergab sich. Die Helfer waren pausenlos im Einsatz. Auf den nächsten Kilometern passierte nicht viel, die beiden Anstiege war knackig und manch Läufer ging bereits. Die Bodenbeschaffenheit wechselte ständig, angenehmer Waldboden, dann ein Stück Sandweg, dann wieder Asphalt. An den Verpflegungspunkten gab es Wasser, Tee und isotonische Getränke. Bei km 20 kam das sprichwörtliche Tal der Tränen. Hier tennte sich entgültig die Spreu vom Weizen. Viele mussten längere Zeit gehen. Meine Kräfte reichten und so konnte ich es langsam durchlaufen. In Oehrlinghausen wurden wir begeistert empfangen. Die Menschen standen teilweise so eng an der Strecke, das gerademal ein ca. 2m breiter Kanal vorhanden war. Die Stimmung war einzigartig. An dieser Stelle auch ein herzliches Dankeschön an alle die, die spontan Wasserschüsseln aufstellten und uns auf Wunsch mit Wasser abspritzten. Alle haben versucht, den Läufern jede Hilfe zu geben. Ich war emotional sehr angetan und mußte ein paar mal schlucken um nicht loszuheulen. Nach knapp 23km kamen Treppen. Hier gings nix mehr. Da alle vor mir bereits schritten, nahm auch ich den Gang raus und erklomm die Stufen im Schrittempo. Dann kam ein Wegweiser, rechts für "Weicheier", links für echte "Hermänner". Ich war schon ziemlich fertig, wählte aber die harte Tour, wenn schon, dann das volle Programm. Und es kamen TREPPEN! Ekelhafte, ungleichmäßige Stufen. Oben angekommen spielten Schotten für uns. Diese Dudelsackmusik war irgendwie heilsam und ließ mich die Qual der letzten Stufen vergessen. Ab hier mußte ich mächtig haushalten. Die Beine wurden schwer, die Muskeln hart. Bei km 26 der letzte Punkt zur Aufnahme von Wasser, Tee, isotonische Getränke. Außerdem lagen Bananen und anderes Obst bereit. Es waren nur noch 5000m bis zum Ziel. Die vergingen wie im Pflug und so lief ich dann aufrecht und mit einem Lächeln ins Ziel an der Sparrenburg in Bielefeld. Man hängte mir meine Finishermedaille um und ich suchte den nächsten Getränkestand. Erstmal rein, was geht. Der Kreislauf drohte zu kippen, also erstmal gaaanz ruhig bleiben. Nach Empfang des Kleiderbeutels gings zum Duschen. Der Staub mußte runter. Frische Sachen an, gemütlich zum Bahnhof gegangen, rein in den Zug und ab nach Hause.
Ich danke allen, die diesen Lauf zu einem unvergeßlichen Erlebnis gemacht haben. Im nächsten Jahr bin ich wieder dabei.
Stefan
Hermannlauf 2009 - Hitzeschlacht im Teuteburger Wald
1Wer hohe Türme bauen will, muß lange an den Fundamenten arbeiten.