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Springprozession, oder wie dumm ist das denn!

Springprozession, oder wie dumm ist das denn!

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Vatertag - heute findet der zweite Lauf der diesjährigen Bit-Cup Serie statt. So mache ich mich in der schon von Mertesdorf bewährten Fahrgemeinschaft auf den Weg nach Echternach. Mit dieser Stadt verbindet man ja normalerweise nur das Wort „Springprozession“, eine Fortbewegungsform, bei er nach zwei Schritten vorwärts wieder ein Schritt zurück folgt. So will ich mich heute natürlich nicht bewegen, doch besondere zeitliche Ziele habe ich mir für heute nicht gesetzt. Ich laufe hier zum ersten Mal und außerdem war ich noch niemals in dieser Stadt. Da ist eine Stadtbesichtigung natürlich Pflicht. Flott darf sie schon sein, doch einige Eindrücke möchte ich schon mitnehmen.
Die Fahrt verläuft problemlos, auch ein Parkplatz ist schnell gefunden. Doch jetzt beginnt das große Rätselraten: wo sind die Umkleiden, wo gibt es die Startnummern? Ich habe mich auf meine Mitfahrer verlassen, die alle schon hier gelaufen sind. Doch dieses Jahr wurde der start verlegt und die ganze Organisation geändert. Wir sehen zahlreiche Läufer orientierungslos herumirren. Letztendlich hilft uns ein freundlicher Ordner weiter: die Startnummern gibt es im Kulturzentrum, die Umkleiden sind beim Sportzentrum und der Start erfolgt auf dem Marktplatz. Weite Wege! Da können wir uns schon einen Teil des Warmlaufens sparen. Bisher hielt eine Wolkendecke die Temperaturen unten, doch eine halbe Stunde vor dem Start reißt es auf. Sofort wird es schwül und ich bekomme Durst. Doch vor dem Start gibt es für uns Läufer nichts zu trinken (höchstens gegen Bezahlung!). So gehe ich noch einmal zurück zum Auto, und gebe eine Runde Wasser aus. Die beste Entscheidung des Tages, wie sich noch herausstellen soll. Frisch hydriert begeben wir uns dann zum Startbereich, wo wir dann die anderen Starter der TG treffen. Meine bewährte Mitstreiterin beim Bahntraining, spricht mich an, was ich denn heute so vorhabe. Ich erkläre ihr, daß ich eigentlich nichts vorhabe – aber sub 45 wäre natürlich ein Traum. Sie antwortet, daß sie das auch laufen will, da könnten wir uns doch zusammen tun. Erfreut stimme ich zu. (zwei Schritte vor :wink: )
10 Uhr, 20 Grad, sonnig. Der Startschuß ertönt. Wir stehen ungefähr in Reihe 15. Da mit Chip gelaufen wird ist das kein Problem. Auf der Zeitnahmematte drücke ich den Garmin. Der erste halbe Kilometer wird noch auf breiten Straßen gelaufen. Schnell hat sich das Feld sortiert. Meine Trainingspartnerin und ich laufen nebeneinander und finden unseren Rhythmus. Von der breiten Straße biegt der Kurs jetzt in einen Park ab. Doch es wird nicht wirklich eng. Nach einer scharfen Kurve steht das Schild für Kilometer 1: 4:18. Wir werden in einer engen Schleife um eine Halle herum geleitet. In ganz leichten Wellen führt der Weg weiter durch eine parkähnliche Landschaft. Die Sonne brennt, Schatten gibt es nicht. Nur noch wenige Positionswechsel finden statt. Kilometer 2 in 4:25. Wir haben jetzt die Wunschgeschwindigkeit gefunden, der Rhythmus sitzt. Wenn es nur nicht so schwül wäre! Zu allem Überfluß werden wir jetzt auch noch auf einen Damm hinauf geführt. Das kostet etwas Zeit. Die Organisatoren hatten wohl Schwierigkeiten bei der Neuvermessung die 10 Kilometer voll zu bekommen und haben so einige Zacken und Spitzkehren eingebaut. Alles Stellen, an denen man das Tempo kurz reduzieren muß. Die Zeit für den dritten Kilometer habe ich dann vor lauter Konzentration übersehen. Ab jetzt wird der Lauf für mich zum Kampf. Auf meinen Ruf nach Wasser bekomme ich als Antwort „das dauert hier“. Oh weh! Ohne Kühlung von außen halte ich das nicht mehr lange durch. Hier formt sich auch der Gedanke an „abreißen lassen“ in meinem Kopf. Doch noch gehe ich mit. Hinter Kilometer 4 sehe ich dann, daß der Weg sich einem Wäldchen nähert. Hoffnung auf Schatten kommt auf. Doch die wird leider enttäuscht: das schattige Stück ist nur kurz, dann laufen wir wieder in der Sonne. Ein anderer Läufer hat sich zu uns gesellt und wird freudig begrüßt. Das erleichtert mir den Abschied.
Kilometer 5 nach 22:10. Immer noch kein Wasser. Ich erkläre meiner Trainingspartnerin, daß ich abreißen lasse. (ein Schritt zurück :zwinker5: ) Ganz langsam falle ich zurück und rechne: 20 Sekunden Reserve auf 5 Kilometer bedeutet 4:34/km – dann reicht es noch. Muß aber nicht sein. Wann kommt endlich diese Wasserstelle! Kilometer 6 in 4:33 – gut so. Endlich: Wasser! Ich ergreife einen Becher, es schwappt – bitte nicht. Zwei Schritte gehen, ein Schluck in den Mund und im Anlaufen den Rest auf die Kappe. Das tat gut! Die drei Läufer die mich überholten sammele ich wieder ein. Trotzdem: Kilometer 7 in 4:40. Mist! Eine Rampe führt uns auf eine breite Straße. Nur mit Pylonen ist ein Teil für uns gesperrt, auf dem Rest der Straße fahren Autos. Bald werden wir über einen schmalen Pfad heruntergeführt und laufen auf dem Leinpfad an der Sauer. Der Untergrund wechselt jetzt in rascher Reihenfolge: Asphalt, Schotter, Naturboden, Pflaster. Bei Kilometer 9 zeigt Garminchen exakt 40:30. Kämpfen! Die Streckenführung erleichtert das nicht gerade. Wir laufen wieder durch einen Park. Im Zick-Zack werden wir mal in die eine Richtung, dann wieder in die andere Richtung auf teils sehr schmalen Wegen geleitet. Auf der Suche nach den letzten Metern führt der Kurs auch mal zwischen zwei Bäumen hindurch. Dann geht es über eine Rampe aus dem Park hinaus und rein in die Stadt. Ich ziehe einen Spurt an und überhole noch einen Läufer. Das läßt der sich aber nicht gefallen und kontert. Im Ziel stoppe ich dann bei 45:05 min.
Es beginnt die Suche nach Wasser. Endlich finde ich den Stand und schnappe mir zwei Becher. Im Schatten einiger Häuser findet sich schnell das Grüppchen der TG. Meine Trainingspartnerin lief natürlich sub 45. Schnell stellt sich heraus, daß auch andere mit der Schwüle zu kämpfen hatten. Bei den Bedingungen bin ich mit meiner Zeit zufrieden. Neue Strecke und trotzdem Jahresbestzeit – was will ich mehr. Unsere Fahrgemeinschaft findet sich auch zusammen und gemeinsam gehen wir den halben Kilometer zu den Duschen. Frisch umgekleidet sehen wir, daß am Kulturzentrum schon die Ergebnisliste hängt. Ich suche meine Zeit. Mit 45:03 (wie dumm ist das denn! :klatsch: ) wurde ich 14er in der M50, gesamt 172er von 615. Damit bin ich sehr zufrieden. Doch das schönste Ergebnis: mein „Holger Meier“, der in Mertesdorf noch eine Minute vor mir ins Ziel lief, kam hier mehr als eine Minute nach mir ins Ziel! Unsere Mitfahrerin hat standesgemäß wieder den Sieg in ihrer Altersklasse errungen. Zufrieden können wir dann gemeinsam den Heimweg antreten.

Gruß
Ralph

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Hallo Ralph,

herzlichen Dank für den schönen Bericht.
Mit der Gegend an der Sauer verbinde ich einige schöne Jugenderinnerungen. (auch die Springprozession :nick: )
Irgendwann will ich da auch mal einen Wettkampf laufen.
Und für die äußeren Bedingungen war es ja wohl von dir ein Klasse-Lauf!

Und das Beste:
Thestral hat geschrieben: Doch das schönste Ergebnis: mein „Holger Meier“, der in Mertesdorf noch eine Minute vor mir ins Ziel lief, kam hier mehr als eine Minute nach mir ins Ziel!
Tschakka!!!
Das versöhnt doch wohl mit den blöden 4 Sekunden, oder? :zwinker2:

Töffes
"Wer keine Zweifel hat, ist schlicht verrückt." (Peter Ustinov)
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