... aber beim heutigen Training trug sich folgendes zu:
Diesen Donnerstag bleibt mir für das Lauftraining relativ wenig Zeit und das ist auch gut so. Nach Sonntag Marathon, Dienstag 20 km und gestern 32 km wird die Biologie bestimmt nach Ruhe gieren. Ich wähle eine Standardstrecke von zu Hause aus. Sie ist komplett asphaltiert, dennoch wenig befahren, weil sie eine Fast-Sackgasse darstellt. Was eine Fast-Sackgasse ist? Abwarten!
Heute wähle ich zum ersten Mal Shorts in diesem Jahr. Tätärätä! Endlich ist es warm genug und ich hab mir nur 14 Km vorgenommen, muss also kein Wundscheuern befürchten. Derzeit entstellt ein entsetzlich, hässlicher Rand meine Oberschenkel eine Handbreit oberhalb des Knies. Rührt von den Sonnenläufen in der Kurztight in Madrid, Windhagen und zuletzt zu Hause. Wie das aussieht! Und ich gehe regelmäßig einmal in der Woche in die Sauna, da können es alle sehen ... Also nein, dagegen setze ich heute die Shorts ein!
Am Schuhschrank noch eine, viel wichtigere Idee. Ich stelle die Asics wieder weg und greife nach dem Nike free 5.0. Glatte, trockene, saubere Sträßchen, da kann ich den Quasi-Barfuß-Schuh nutzen und was für meine Fußgesundheit tun. Wow! Was für ein Laufgefühl! Während der ersten Schritte hab ich den Eindruck, dass meine Füße ein Freudenfest feiern. Liegt's an den Schuhen oder warum tritt nicht ein, was ich erwartete? Wieso bin ich nicht todmüde? Zwei Kilometer laufe ich mich ein, vorbei an Pferdekoppeln, einem Baggersee und einem Golfplatz. Dann schlage ich die Richtung zur nächst gelegenen Lechstaustufe ein und erhöhe das Tempo auf etwa 4:40 bis 4:50 min/km, um den Puls zwischen 75 und 80% Hfmax einzupegeln. Ich glaub's nicht, wie leicht mir das heute fällt ... Vorbei an einem Aussiedlerhof, einem weiteren Reitverein, einem ersten Badesee, einem Fischweiher, dann durch Auwald, den zweiten idyllisch gelegenen Badesee passierend und schon erreiche ich die Staustufe. Das Sträßchen führt über die Staumauer, ist jedoch für den Verkehr gesperrt. Deshalb Sackgasse! Allerdings gibt es keine Barrieren, die ein Befahren verhindern würden und etliche Bewohner beidseits des Flusses nutzen den Übergang trotzdem. Deshalb Fast-Sackgasse! Umweltpolitisch ist das sogar sinnvoll, denn der nächste offizielle Lechübergang erfordert einen erheblichen Umweg. Schweller auf der Staumauer sorgen dafür, dass keiner mit Karacho da drüber brettert und Spaziergänger, Angler oder Radfahrer gefährdet. Die Polizei? Die toleriert die Verkehrsverstöße seit Jahren und so lange da nichts passiert wird das wohl hoffentlich auch so bleiben ...
Blick nach Süden auf den Stausee: Hübsch wie immer, aber heute nichts Besonderes zu entdecken. Blick nach links über den abfließenden Lech, auch hier keine Sondermeldung erforderlich. Auf der anderen Seite wende ich mich einem ebenfalls für den Verkehr gesperrten asphaltierten Feldweg zu und erreiche nach 500 Metern das neue Kraftwerk. Ah! Jetzt haben sie ein Infoschild montiert. "3,2 Megawatt Nennleistung" liefern die vielen hundert aufgestellten Solar-Panels. Schräg montiert und nach Süden ausgerichtet, bedecken sie eine Riesenfläche, auf der in den Jahrzehnten vorher Kartoffeln, Mais und Getreide geerntet wurden. Vier dieser Anlagen sind in den letzten Monaten auf dem Lechfeld (So heißt der brettflache Landstrich zwischen Augsburg und Landsberg) entstanden. Vorbei am Stromquell, links eine Weide dahinter ein Dorf, vorbei auch an einer Feldscheune und noch ein Stück nach Süden, hinein in den Frühling ... Ein Vogel hält flatternd seine Position über einem Feld und zwitschert dabei unentwegt. Die Wende! Sieben Kilometer sind um - sagt der Forerunner.
Alles noch einmal beschreiben? Keine Bange ich werde euch nicht langweilen. Macht also mit mir einen Zeitsprung von etwa 10 Minuten und schon rennen wir wieder über die Staumauer. Der Stausee ist übrigens mit Dämmen gegen die Umgebung abgegrenzt, weshalb man zur Staumauer hoch und auf der anderen Seite wieder runter wetzen muss. Unten und auf meiner Heimatseite angekommen, wird mein Blick von etwas eingefangen, das ich im ersten Moment nicht fassen kann. Doch wirklich: Schon wieder eine Schlange! Und diesmal eine Kreuzotter! Stehen bleiben und den Forerunner stoppen sind fast eins. Nun hab ich auch ne Kreuzotter gesehen und damit ist die Welt für dieses Jahr gerettet (Isse natürlich nicht, oder warum müssen in Birma grade wieder mal 100.000 Menschen verrecken?).
Apropos gerettet: Die Otter kann ich da nicht liegen lassen. Hier am Straßenrand wär's ok, aber da liegt sie im Schatten und da wird sie nicht bleiben. Die schlängelt in die Sonne mitten auf den Asphalt und hier ist eben leider nur Fast-Sackgasse. Das nächste Auto kommt bestimmt. Und wenn kein Auto, dann ein Traktor und eventuell reicht ja auch schon der fette Reifen eines Mountainbikers, um ihr den Garaus zu machen. Also suche ich mir einen Stock und gebe ihr mit dem unmissverständlich zu verstehen, dass sie auf der Straße nix zu suchen hat. Hei wie sie mich anzischt. Wütendes kleines Reptil. Verzieh dich auf die Böschung ins Gras und die Hecken! Schwerfällig überwindet sie den Bordstein und nachdem sie etwa einen Meter Sicherheit gewonnen hat, lasse ich sie in Frieden. Und ich ziehe zu-Frieden meiner Wege. Bin ich nicht ein doller Pfadfinder!? Jeden Tag eine gute Tat!
Der Forerunner tickt wieder (sag ich nur so, Digidingsbumse ticken nicht mehr), mein Puls klettert über 130 und die Beine stampfen zufrieden nach Hause ... Im Kopf bewegt mich eine Frage: Wieso hat das Tierchen sich nicht ebenso flugs in die Büsche verdrückt wie die Ringelnattern gestern und vorgestern? Machen Giftzähne mutig? - Logisch: Die lag im Schatten, war wahrscheinlich auf dem Weg in die Sonne. Wechselwarme Reptilien nehmen die Temperatur ihrer Umgebung an, also arbeitete ihr Stoffwechsel höchstens mit 18°C, wahrscheinlich weniger. Deshalb war sie so lahm, sozusagen noch steif vor Kälte. Aber Zischen konnte sie trotzdem ganz ordentlich ...
Ich bin Läufer. Ich laufe durch die Natur. Ich laufe viel. Nur selten mache ich mir bewusst, wie viel ich dadurch erlebe und zu sehen bekomme.
Ich bin Läufer und das ist ein Geschenk des Himmels.
Grüße an alle
Udo
Ob ihr's glaubt oder nicht, ...
1"Faszination Marathon", die Laufseite von Ines und Udo auch für Einsteiger.
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe
PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h
Mit Trainingsplänen für 10 km, Halbmarathon, Marathon und Ultraläufe
PB: HM: 1:25:53 / M: 3:01:50 / 6h-Lauf: 70,568 km / 100 km: 9:07:42 / 100 Meilen: 17:18:55 / 24h-Lauf: 219,273 km
Deutsche Meisterschaft im 24h-Lauf 2015: 10. Gesamtplatz, Deutscher Meister in AK M60 (200,720 km) / Spartathlon 2016: 34:47:53 h