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Entwicklung der Bestzeiten HM

Entwicklung der Bestzeiten HM

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Schaut man sich die Liste der persönlichen Bestzeiten aller HM-Läufer an, fällt auf, dass von den 55 Läufern, deren Bestzeit unter einer Stunde liegt, 50 diese innerhalb der letzten 5 Jahre (2006-2010) aufgestellt haben; einzige Ausnahme in den Top 30 ist Paul Tergat an Position 14, der seine Bestzeit von 59:17 (damals Weltrekord) 1998 aufstellte.

Halbmarathon ? Wikipedia

Wie ist das zu erklären?

Hat der Marathon in letzter Zeit so an Bedeutung gewonnen, dass die besten Bahnläufer auf die Straße, und damit zum Halbmarathon (und Marathon) gewechselt sind? Stellt man etwa die Weltbestenliste im 5000m-Lauf der im Halbmarathon gegenüber, finden sich in der Tat viele Übereinstimmungen (meist ist die 5000m-Zeit einige Jahre älter). Aber war das davor nicht genauso? Oder findet der Wechsel auf die Straße heute früher, und somit näher am Leistungsmaximum statt?

5000-Meter-Lauf ? Wikipedia

Hat sich vielleicht das Training seit den 90er Jahren so radikal verändert? Im Vergleich mit den 60er und 70er Jahren mag ich das glauben, in den letzten 10 oder gar 5 Jahren kann ich es mir kaum vorstellen.

Am Siegeszug der ostafrikanischen Läufer kann es eigentlich auch nicht liegen: Der hat schon um einige Jahre früher eingesetzt. Der Weltrekord von Miruts Yifter (ETH) stammt von 1982, seit Moses Tanui (KEN) 1993 gab es nur noch ostafrikanische Weltrekordler - aber auch Ryan Hall lief 2008 schneller als Tanuis Weltrekord.

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Meiner Meinung nach liegt es daran, dass man bei den City-Marathons gut Geld verdienen kann. Irgendwie müssen die Athleten ja auch die 'Preparatori' (wie sie so schön im Radsport genannt werden) bezahlen können. Diese verhelfen ja auch zu den schnellen Zeiten. :zwinker5:

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Porridge hat geschrieben: Hat der Marathon in letzter Zeit so an Bedeutung gewonnen, dass die besten Bahnläufer auf die Straße, und damit zum Halbmarathon (und Marathon) gewechselt sind?
Der beste Bahnläufer ist noch auf der Bahn. Aber andere müssen auch deshalb wechseln, weil sie an K. Bekele nicht vorbei kommen.
Porridge hat geschrieben: Oder findet der Wechsel auf die Straße heute früher, und somit näher am Leistungsmaximum statt?
Ja. Weil es auf der Straße mehr Geld gibt, und weil die Konkurrenz auf den 5000 und 10000 innerhalb von Kenia und Äthiopien so hart ist.

Wie willst du dich als Äthiopier für die 10000m bei WM oder den Spielen qualifizieren, wenn z. B. beide Bekeles und Sihine fit sind? Das wird sehr schwer. Auch in Kenia müssen alle schnellen Leute auf die Straße "ausweichen", wenn sie keinen sehr guten Spurt haben. Auch deswegen laufen jetzt viele Sub27 Kandidaten HM und M.
Porridge hat geschrieben: Am Siegeszug der ostafrikanischen Läufer kann es eigentlich auch nicht liegen: Der hat schon um einige Jahre früher eingesetzt. Der Weltrekord von Miruts Yifter (ETH) stammt von 1982, seit Moses Tanui (KEN) 1993 gab es nur noch ostafrikanische Weltrekordler - aber auch Ryan Hall lief 2008 schneller als Tanuis Weltrekord.
Es waren aber früher viel weniger Ostafrikaner, die vernünftig trainiert haben. Gerade in Keniia ist die Tradition seit über 40 Jahren eher 1500 bis 5000 und 3000m Hindernis, es hat etwas gedauert bis die den M richtig verstanden und ernstgenommen haben.

Dazu ist Halbmarathon ist viel populärer geworden, die 10000m sind dagegen fast aus den Meetings verschwunden. Du kannst als Straßenläufer so grob 5-10mal im Jahr gut Geld verdienen. Jetzt vergleich das mal mit dem was du bekommst, wenn du bei großen Meetings ein paar mal 5. über 3000 oder 5000 wirst. Das ist dagegen ein Witz.

Auf der Bahn gibt es nur wenige Großverdiener. auf der Straße gibt es eine Masse an Läufen mit ordentlichem Preisgeld.

Gruß
C.

"If a man coaches himself, then he has only himself to blame when he is beaten."
- Sir Roger Bannister

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DerC hat geschrieben:Der beste Bahnläufer ist noch auf der Bahn. Aber andere müssen auch deshalb wechseln, weil sie an K. Bekele nicht vorbei kommen.
Aber war die Situation nicht vergleichbar, als Haile noch auf der Bahn gelaufen ist?
DerC hat geschrieben: Wie willst du dich als Äthiopier für die 10000m bei WM oder den Spielen qualifizieren, wenn z. B. beide Bekeles und Sihine fit sind? Das wird sehr schwer. Auch in Kenia müssen alle schnellen Leute auf die Straße "ausweichen", wenn sie keinen sehr guten Spurt haben. Auch deswegen laufen jetzt viele Sub27 Kandidaten HM und M.
Wenn es ums Geld verdienen geht, ist wohl eher die Diamond League der Maßstab. Da gibts in 14 meetings jeweils 8000 Dollar für den Ersten in jeder Disziplin - und da kann auch ein gesunder Bekele nicht 14x5000m laufen. Gut, mit einem großen Marathon (bis zu 100,000) ist das nicht zu vergleichen. Aber dieser Unterschied bestand doch schon früher, war damals (vor der Diamond League) vielleicht noch größer. Und Agenten, die Läufer zu den Straßenläufen einfliegen, um richtig Geld zu verdienen, sind doch auch keine Erfindung der letzten paar Jahre?
Es waren aber früher viel weniger Ostafrikaner, die vernünftig trainiert haben. Gerade in Keniia ist die Tradition seit über 40 Jahren eher 1500 bis 5000 und 3000m Hindernis, es hat etwas gedauert bis die den M richtig verstanden und ernstgenommen haben.
Das mag sein, kann sogar gut sein. Interessant ist, dass europäische Marathonläufer schon lange nach Eldoret pilgern, um mit den Kenianern zu trainieren - aber ich kenne auch Berichte, wo sie erzählen, dass die Kenianer das Konzept des "Long Run" garnicht kannten. Das mag sich inzwischen geändert haben.

Wäre allerdings überraschend, wenn das innerhalb weniger Jahre zu so einer Leistungsexplosion führen würde. Und würde auch die Bestleistungen von Ryan Hall (2008), Ritzenheim (2009), Abdirahman (2007) und Mohamed Trafeh (2010) nicht erklären - denen steht in den Top-5 der USA nur Todd Williams (1993) gegenüber. Aber vielleicht sind das "Einzelfälle"?
Fusio hat geschrieben: Irgendwie müssen die Athleten ja auch die 'Preparatori' (wie sie so schön im Radsport genannt werden) bezahlen können. Diese verhelfen ja auch zu den schnellen Zeiten.
Das wäre eine naheliegende Erklärung, aber auch die kann ich nicht so ganz glauben. Nicht, weil ich glaube, dass alle sauber sind, aber warum sollte die Leistung dann gerade in letzter Zeit so einen Sprung gemacht haben? EPO ist schon ein wenig länger auf dem Markt.

Auch wenn ich nicht glaube, dass die Erklärungen von DerC ausreichen, interessant sind sie schon. Wenn das Auftauchen eines Dominators wie Bekele (trotz des Gegenbeispiels Haile) dazu führt, dass Athleten auf andere Strecken ausweichen, wäre es interessant zu sehen, was in anderen Disziplinen passiert. Als erstes fallen mir die Sprintdisziplinen ein - ob einer der 200m-Konkurrenten im Hinblick auf 2012 auf die 400m wechseln wird? Auch im 800m-Lauf scheint auf absehbare Zeit niemand an Rudisha (und bei den Frauen an einer fitten, voll laufenden Semenya) vorbeizukommen, aber da wirds mit dem Ausweichen schwer. Andererseits profitieren doch auch die Konkurrenten davon, wenn ihr Sport durch einen Ausnahmeathleten so ins Rampenlicht rückt.

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Hallo

nochmal eins vorweg. man muss immer berücksichtigen, das wir hier über Profisport diskutieren und daher ganz andere Faktoren für Leistungen mit reinspielen als bei uns.

Für uns "Ottonormalläufer" gibt es fast immer genügend schnelle Rennen mit "unfreiwilligen Tempomachern", Geld verdienen wir eh keins.

Bei den Profis ist das deutlich anders.
Porridge hat geschrieben:Aber war die Situation nicht vergleichbar, als Haile noch auf der Bahn gelaufen ist?
Sie war nicht vergleichbar. Die Dichte hinter Bekele ist größer geworden als die hinter Haile war. Und Bekele war 2007-2009 möglicherweise noch dominanter als Haile zu seinen besten Zeiten. Und die Straßenläufe waren noch nicht so wichtig wie heute.
Porridge hat geschrieben: Wenn es ums Geld verdienen geht, ist wohl eher die Diamond League der Maßstab. Da gibts in 14 meetings jeweils 8000 Dollar für den Ersten in jeder Disziplin - und da kann auch ein gesunder Bekele nicht 14x5000m laufen. Gut, mit einem großen Marathon (bis zu 100,000) ist das nicht zu vergleichen. Aber dieser Unterschied bestand doch schon früher, war damals (vor der Diamond League) vielleicht noch größer.
Nein er war kleiner. Und ja, es geht u. a. ums Geldverdienen. Es gibt weit mehr als 14 Straßenrennen, in denen der erste mehr als 8000 Dollar bekommt. Selbst in den Marathons der 2. Reihe gibt es oft mehr.

Nur mal ein paar Marathons, bei denen größtenteils deutlich mehr drin sein dürfte: London Berlin Boston Rotterdam Chicago New York Dubai Frankfurt Rom Paris Fukuoka Amsterdam Hamburg Prag Turin Toronto Tokio Seoul. Dazu kommen die HMs und andere Strecken.

Informiere dich mal richtig. Welche Rennen gibt es heute, was wird gezahlt, was gab es früher. Auf letsrun.com wid bei vielen Rennen in der Berichterstattung das Preisgeld erwähnt. Einige gut bezahlte Events gibt es noch nicht sehr lange (Dubai Marathon, HM Ras Al Khaimah).

Es geht ja auch nicht nur um HM und M. In den 10k Straßenrennen und den Silvesterläufen mit krummen Strecken wird auch kräftig gezahlt. Und der 10k WR wurde letztes Jahr verbessert und gerade wieder.

Diamond Leage ist finanziell für die meisten Läufer nicht so toll, wie man denken könnte.
Denn vergleiche mal nicht nur 1. Plätze. Schau mal was die Leute auf dem 3. und 4. Platz in den Meetings bekommen, Diamond League und vor allem auch darunter. Denn in die Diamond League Felder reinzukommen ist auch schwieriger als in ein erträgliches (Halb-)Marathonfeld. Straße lohnt sich definitiv mehr als 5000/10000 und der Abstand ist definitiv größer geworden, das saug ich mir nicht aus den Fingern, das sagen Weltklassetrainer wie Renato Canova ganz klar. Früher hatte ja nicht fast jede Großstadt ihren (Halb.)Marathon mit Antritts, Zeit- und Siegprämien

Dagegen gibt keine 10000m mehr in Hengelo und auch nicht in Brüssel. Wenn du jetzt einen 10000m Lauf organisierst mit Top Tempomachern , mind. 50000 $ WR Prämie und 10000 $ Zeit Prämie für jeden unter 27 dann hast du eine Menge, die unter 27 min bleiben und nicht nur ein oder zwei. Die beiden Ersten von Berlin, Makau und Mutai können beide die 10000 auf Meereshöhe deutlich unter 27 laufen, aber das ist für sie aktuell nicht interessant. Und wenn du 2-3 Jahre den 10000m Lauf mit guten Tempomachern und entsprechenden Prämien organisierst, dann fällt auch Bekeles WR, und wenn er es selbst machen muss.

Leider gibt es aktuell nicht so viele gute "Hasen" für die Bahn, weswegen WR-Prämien noch schwieriger einzustreichen sind. In den letzten Jahren war das Pacing bei einigen Rennen katastrophal, lange Jahre kannte man das gar nicht, weil es genügend Weltklassetempomacher gab.

Rudisha bringt seinen eigenen Tempomacher mit, und der kommt leider nicht bis 600m mit. Wenn er da jemand findet, wird das noch schneller gehen.
Porridge hat geschrieben: Das mag sein, kann sogar gut sein. Interessant ist, dass europäische Marathonläufer schon lange nach Eldoret pilgern, um mit den Kenianern zu trainieren - aber ich kenne auch Berichte, wo sie erzählen, dass die Kenianer das Konzept des "Long Run" garnicht kannten. Das mag sich inzwischen geändert haben.
Es gibt viele Sachen, die viele Kenianer angeblich früher nicht wussten. Vor allem haben sie wohl gedacht, dass sie mit einer guten Allgemeinform alle Disziplinen gut laufen können. Man ist aber in 1500m Topform nicht in Marathontopform. Aber es gibt mitttlerweile so viele europäische Trainer und Manager da unten, dazu noch afrikanische Trainer, die viel dazugelernt haben. Da findet noch viel mehr an Entwicklung statt, als wir uns hier vielleicht vorstellen können, weil das ganze Land einfach noch nicht so entwickelt ist.

Und die Kenianer wären bei manchen Großereignissen noch deutlich besser, wenn das AK Kenia das nicht mit seltsamen Entscheidungen und seiner komischen Politik vermasseln würde.
Porridge hat geschrieben: Wäre allerdings überraschend, wenn das innerhalb weniger Jahre zu so einer Leistungsexplosion führen würde. Und würde auch die Bestleistungen von Ryan Hall (2008), Ritzenheim (2009), Abdirahman (2007) und Mohamed Trafeh (2010) nicht erklären - denen steht in den Top-5 der USA nur Todd Williams (1993) gegenüber. Aber vielleicht sind das "Einzelfälle"?
Es gibt mehrere Ursachen, die summieren sich. Die Meisterschaftstrecke waren in D mal 25 km. In den USA waren lange die Meilenstrecken wichtiger.
Die HM Wm gibt es erst seit 1992. Der Hm hat schon enorm an Bedeutung gewonnen, ist jetzt klar die zweitwichtigste Straßenstrecke nach dem M , aber man kann den HM öfter laufen als den M., also noch öfter gute Zeiten möglich. Dazu muss auch noch berücksichtigt werden, einige der guten HM- Zeiten kommen aus der Marathonvorbereitung, manche wären im Hm als Saisonhöhepunkt nochmal signifikant schneller.

Und das neue Trainingsmethoden zur Leistungsexplosion führen ist nicht besonders überraschend, sondern das gab es in der LA auch schon öfters. Wir haben eine große Leistungssteigerung im HM und M seit mehreren Jahren, und eine Ursache ist besseres Training für mehr talentierte Athleten. mehr Ostafrikaner und mehr Amerikaner trainieren besser (gibt auch einige Europäer die es in etwa kapiert haben, Röthlin z.B. Aber die Europäer können sich ja NOCH mit Kontinentaltiteln bei deutlich schwächerer Konkurrenz trösten)
Das wichtigste "neue" im Training ist die Kombination aus lang und schnell, vor allem lange Tempodauerläufe, das machen mittlerweile nahezu alle Weltklasseleute, während es früher weniger gemacht haben.

Warum geht es bei den Frauen nicht so vorwärts? Frag mal wie weit die Emanzipation in Kenia und Äthiopien ist, wie viele Frauen dort professionell laufen (dürfen) und wie viel Männer. Wiev iele männliche Topläufer angestellt sind in typischen Männerberufen (Polizei, Millitär etc).

Deshalb können die Europäerinnen da noch besser mithalten. Ist aber nur eine Frage der Zeit, bis die afrikanischen Frauen noch dominanter im Marathon werden.

Ein Grund ist natürlich auch, dass Paulas WR deutlich schwieriger zu knacken ist als Hailes. Die Männer haben es oft versucht und nicht geschafft, es sind aber wenigstens schnelle Zeiten herausgekommen. Die Frauen versuchen es noch nicht, sie haben meistens keine Chance (zu mal sie in einigen Rennen keine männlichen Pacemaker haben wie Paula damals.)
Porridge hat geschrieben: Nicht, weil ich glaube, dass alle sauber sind, aber warum sollte die Leistung dann gerade in letzter Zeit so einen Sprung gemacht haben? EPO ist schon ein wenig länger auf dem Markt.
Zudem Epo mittlerweile nachweisbar ist und ob es über den HM und M wirklich so große Vorteile im Bereich der absoluten Spitze brächte, wäre auch noch zu klären.
Porridge hat geschrieben: Auch wenn ich nicht glaube, dass die Erklärungen von DerC ausreichen, interessant sind sie schon. Wenn das Auftauchen eines Dominators wie Bekele (trotz des Gegenbeispiels Haile) dazu führt, dass Athleten auf andere Strecken ausweichen, wäre es interessant zu sehen, was in anderen Disziplinen passiert.
Es geht nicht nur um einen Dominator. Es geht um drei Plätze für eine Team, und darum, dass man um reinzukommen und dann Chancen auf Medaille zu haben Spurtqualitäten haben muss. Und dass sich MEHR gute Athleten um diese Plätze bewerben als früher. Rennen auf Platz werden mittlerweile nahezu ausschließlich im Spurt entschieden. Das war vor 30 Jahren auch noch anders.

Ein Sammy Wanjiru lief mit noch nichtmal 19 Jahren schon 26'41 auf 10000m. Da sollte er doch auf der Bahn bleiben und den WR brechen sowie einen Titel holen, oder? :confused: :teufel:

Er ist aber zum Marathon gewechselt, und das war genau richtig: Denn er ist Olympiasieger geworden, hat in London und Chicago gewonnen und gut verdient. Er hätte in der Zeit keinen einzigen WM- oder Olympiasieg über 10000m geholt, wäre vielleicht sogar ohne Medaille geblieben.
Porridge hat geschrieben: Als erstes fallen mir die Sprintdisziplinen ein - ob einer der 200m-Konkurrenten im Hinblick auf 2012 auf die 400m wechseln wird?
Bolt liebäugelt ja selbst mit den 400m, da könnte einer der hochwechselt vom regen in die Traufe kommen. Aber ich bin mal gespannt, wie lange er sich motivieren kann. Möglicherweise bleibt er gar nicht so dominant. Gay war dieses Jahr besser.

Das Hochwechseln (nicht von 200 auf 400, aber von 1500 auf 5000 und von 10000 auf M z. B.) ist übrigens ganz wichtig für gute Leistungen auf der Langstrecke. Und nur, wenn auf der Mittelstrecke und den kurzen Langstrecken genug Konkurrenz ist, landen genügend Leute mit hoher Schnelligkeit beim Marathon. Wenn man das verstanden hat, versteht man auch, warum in den USA gute Langstreckenzeiten geliefert werden und bei uns eher nicht.

Unser Langstreckenproblem ist auch ein 1500m Problem, aber da passiert jetzt hoffentlich was. Gibt doch ein paar unter 3'40 und noch einige Kandidaten. Spätestens wenn die deutsche Top10 unter 3'40 läuft, spült es auch wieder ein paar schnelle zu den 5000m, weil dann mit den 1500m in 3'39 nicht mehr Förderung und Einkommen gesichert werden kann.
Porridge hat geschrieben: Auch im 800m-Lauf scheint auf absehbare Zeit niemand an Rudisha (und bei den Frauen an einer fitten, voll laufenden Semenya) vorbeizukommen, aber da wirds mit dem Ausweichen schwer. Andererseits profitieren doch auch die Konkurrenten davon, wenn ihr Sport durch einen Ausnahmeathleten so ins Rampenlicht rückt.
Rudisha muss sich bei einer großen weltweiten Meisterschaft noch beweisen. Afrikameister ist er, das war ein Anfang. Es sind drei oder vier Läufe bei einer WM, nicht einer wie bei einem Meeting.

Auf der Mittelstrecke ist der Unterschied zwischen Meisterschaft und Meeting deutlich größer als bei 5000 und 10000. Über 5000 gibt es meist einen vorlauf, über 10000 meist keinen.
Auf 800m stürzen mehr in den Vorausscheidungen oder scheiden wegen taktischen Fehlern aus. Rudisha muss sicher ins Finale kommen und dann noch die Kraft übrig haben, zu gewinnen.

Für Semenya gilt das auch, obwohl sie Weltmeisterin ist, da sie deutlich weniger Erfahrung als Rudisha hat. Letztes Jahr hatte sie die Überraschung auf ihrer Seite. Nächstes Jahr versuchen die anderen vielleicht, die Vorläufe so schnell zu machen, dass sie im Finale nicht mehr so schnell laufen kann. Semenya liefert auch nicht die konstante Leistung ab, die Rudisha dieses Jahr geliefert hat. Ich würde nicht auf Semenya wetten für die nächste WM.

Gruß

C.

"If a man coaches himself, then he has only himself to blame when he is beaten."
- Sir Roger Bannister

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Ich muss Dir echt mal wieder ein Kompliment machen - das war superinteressante Lektüre mit enormem Hintergrundwissen, von dem ich als "Otto-Normalläufer" nur träumen kann. Ganz herzlichen Dank fürs Niederschreiben! :daumen:
Renn', als wenn Du geklaut hättest !!

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Vielen Dank für die interessante und ausführliche Antwort!
DerC hat geschrieben:Informiere dich mal richtig.
Dazu soll dieser Thread ja beitragen, und ganz offensichtlich tut er es. :daumen:
Es geht ja auch nicht nur um HM und M. In den 10k Straßenrennen und den Silvesterläufen mit krummen Strecken wird auch kräftig gezahlt. Und der 10k WR wurde letztes Jahr verbessert und gerade wieder.
Der 10km Straßenlaufrekord wurde in der Tat gerade um 17(!) Sekunden verbessert. Das spricht für sich genommen nicht dafür, dass sich die besten 10,000m Läufer derzeit auf die Straße konzentrieren.
Straße lohnt sich definitiv mehr als 5000/10000 und der Abstand ist definitiv größer geworden, das saug ich mir nicht aus den Fingern, das sagen Weltklassetrainer wie Renato Canova ganz klar. Früher hatte ja nicht fast jede Großstadt ihren (Halb.)Marathon mit Antritts, Zeit- und Siegprämien
Ok, dass sich Straßenrennen mehr lohnen als Bahnrennen, und Läufe mit privaten Sponsoren mehr als Meisterschaften, wollte ich garnicht in Abrede stellen. Aber erstens war das, meiner Meinung nach, schon vor 5 Jahren nicht anders und zweitens erklärt das ja noch nicht, warum so viel mehr "Fabelzeiten" gelaufen werden.

Wenn die besten Bahnläufer heute früher auf die Straße wechseln, wieso ist dann das Niveau auf der Bahn noch immer mindestens genauso hoch? Oder meinst du, die Zahl der Profis, die vom Laufen leben können, hat sich in so kurzer Zeit vervielfacht? Es kann natürlich sein, dass es innerhalb der Profis eine Verschiebung hin zu den Ostafrikanern gegeben hat, was für bessere Zeiten auf der Bahn und auf der Straße sorgt.
Es gibt mehrere Ursachen, die summieren sich. Die Meisterschaftstrecke waren in D mal 25 km. In den USA waren lange die Meilenstrecken wichtiger. Die HM Wm gibt es erst seit 1992.
Ok, das könnte ein Faktor sein. Der Weltrekord über 25 km wurde übrigens in diesem Jahr aufegstellt - aber davor auch länger nicht verbessert. Dass es einen neuen WR über 25 km gibt, würde ich auch eher als Nebenerscheinung der phänomenalen HM-Zeiten sehen, da war der einfach fällig, und Berlin zahlt auch gut.
Und das neue Trainingsmethoden zur Leistungsexplosion führen ist nicht besonders überraschend, sondern das gab es in der LA auch schon öfters.
Das wichtigste "neue" im Training ist die Kombination aus lang und schnell, vor allem lange Tempodauerläufe, das machen mittlerweile nahezu alle Weltklasseleute, während es früher weniger gemacht haben.
Ok, wenn es sich jetzt durchgesetzt haben sollte, wäre das eine Erklärung. Tempoläufe als zentraler Bestandteil ist ja nicht so neu (Lydiard).
Warum geht es bei den Frauen nicht so vorwärts? Frag mal wie weit die Emanzipation in Kenia und Äthiopien ist, wie viele Frauen dort professionell laufen (dürfen) und wie viel Männer. Wiev iele männliche Topläufer angestellt sind in typischen Männerberufen (Polizei, Millitär etc).
Jetzt stellst du die Fragen :) Aber da könntest du recht haben. Wobei Läuferinnen wie Ndereba in ihren Ländern auch gefeiert werden, also, es ist nicht so, dass Laufen da reine Männersache sei.

Dazu kommt, dass sich die Preisgelder bei den meisten Rennen parallel entwickeln - der finanzielle Anreiz müsste also auch bei den Frauen umso größer sein. Oder sind da vielleicht die Antrittsgelder deutlich geringer?
Ein Grund ist natürlich auch, dass Paulas WR deutlich schwieriger zu knacken ist als Hailes. Die Männer haben es oft versucht und nicht geschafft, es sind aber wenigstens schnelle Zeiten herausgekommen.
Das ist schwer zu sagen - Der Abstand der derzeitt gelaufenen Zeiten zu Paulas Rekord ist viel größer, aber wenn bei den Frauen tatsächlich das Potential voll ausgeschöpft würde (s.o.), wäre das vielleicht nicht der Fall. Inwiefern die Hasen bei den Frauen eine Rolle spielen, weiß ich nicht, aber Paula ist auch in Rennen ohne Hasen Zeiten gelaufen, die heute unerreichbar scheinen. Welcher der beiden Rekorde näher am maximal möglichen ist, würde ich mal offen lassen.
Bolt liebäugelt ja selbst mit den 400m, da könnte einer der hochwechselt vom regen in die Traufe kommen. Aber ich bin mal gespannt, wie lange er sich motivieren kann. Möglicherweise bleibt er gar nicht so dominant. Gay war dieses Jahr besser.
Bolt liebäugelt mit allem :) Mein Tipp: Er läuft 2012 100/200 und gewinnt jeweils. 2010 war nicht sein Jahr, das gilt aber auch für Bekele.
Spätestens wenn die deutsche Top10 unter 3'40 läuft, spült es auch wieder ein paar schnelle zu den 5000m, weil dann mit den 1500m in 3'39 nicht mehr Förderung und Einkommen gesichert werden kann.
Das könnte stimmen.
Rudisha muss sich bei einer großen weltweiten Meisterschaft noch beweisen. Afrikameister ist er, das war ein Anfang. Es sind drei oder vier Läufe bei einer WM, nicht einer wie bei einem Meeting.
Auf der Mittelstrecke ist der Unterschied zwischen Meisterschaft und Meeting deutlich größer als bei 5000 und 10000. Über 5000 gibt es meist einen vorlauf, über 10000 meist keinen. Auf 800m stürzen mehr in den Vorausscheidungen oder scheiden wegen taktischen Fehlern aus. Rudisha muss sicher ins Finale kommen und dann noch die Kraft übrig haben, zu gewinnen.
Für 800m-Läufer sind die Meetings in Jahren ohne WM die wichtigsten Rennen, und die hat er dieses Jahr dominiert. Ich glaube nicht, dass er bei großen Meisterschaften taktisch so ungeschickt läuft, dass ihm das nicht wieder gelingen könnte. Aber als Mittelstreckler bist du da eindeutig der Experte.
Für Semenya gilt das auch, obwohl sie Weltmeisterin ist, da sie deutlich weniger Erfahrung als Rudisha hat. Letztes Jahr hatte sie die Überraschung auf ihrer Seite. Nächstes Jahr versuchen die anderen vielleicht, die Vorläufe so schnell zu machen, dass sie im Finale nicht mehr so schnell laufen kann. Semenya liefert auch nicht die konstante Leistung ab, die Rudisha dieses Jahr geliefert hat. Ich würde nicht auf Semenya wetten für die nächste WM.
Bei Semenya weiß mans nicht. Vor ein paar Tagen gab es Berichte, dass die Hormontherapie, der sie sich offenbar unterwerfen muss, Wirkung zeigt. Da kann noch viel passieren bis in zwei Jahren. Kurz nach ihrem Comeback hatten sich ein paar Läuferinnen aber in der Richtung geäußert, dass es sinnlos sei, gegen sie zu laufen. Das ginge dann schon in die Richtung, wie es möglicherweise sinnlos ist, sich an Paulas WR zu messen.
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