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1. Flensburg liebt dich Marathon am 04.06.2017

1. Flensburg liebt dich Marathon am 04.06.2017

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Wieso grad Flensburg?

Als ich letztes Jahr im Herbst kurz nach meiner Leisten-OP die Ankündigung des Veranstalters zum ersten Flensburg liebt dich Marathon im Forum las, war mir sofort klar, dass ich da mitlaufen will.
Das würde ja mal die beste Gelegenheit sein, meine Heimatstadt aus laufender Perspektive zu erleben.

Als gebürtiger Flensburger verbindet mich etwas mit dem Städtchen… meine Familie stammt aus Flensburg und der Teil mütterlicherseits hat das Stadtbild nicht unerheblich geprägt… und auch wenn ich als Exil-Flensburger die allermeiste Zeit meines Lebens anderswo gelebt habe, hatte ich doch bis ca. 20 regen Kontakt zu meiner Großmutter, zu Freunden, war sogar mal sehr verliebt… und habe mich etliche Jahre und diverse Wohnorte später, als mir wieder einmal die Frage nach meiner „Heimat“ durch den Kopf geisterte, für Flensburg und die Umgebung quasi „entschieden“.
Und somit war völlig klar, dass ich dort laufen MUSSTE war wohl auch einer der ersten, die sich Ende November angemeldet haben.

Die Strecke ist nicht als ein großer Rundkurs gehalten, denn dafür ist Flensburg schlichtweg zu klein.
Es gab in der Vergangenheit wohl schon mal einen Marathon in Flensburg, aber der war eben als eine große Runde ausgelegt, startete in der Stadt und führte dann quasi als Landschaftslauf durch die Lande – für den einen oder anderen Läufer sicherlich auch attraktiv, für die Zuschauer eher öde… wenn man seine Helden nur am Start und am Ziel zu sehen bekommt.
Stattdessen startet man jetzt in der Fußgängerzone auf dem Holm, läuft dann in Richtung ZOB, von dort zum Hafen, um die Hafenspitze herum und am rechten Hafenufer entlang bis es hinter Kielseng hoch zum KBA geht. Dabei sind auf knapp 1000m ~30 Höhenmeter zu bewältigen. Weiter zur Marineschule und dort eine Runde um den Sportplatz und wieder runter zum Hafen.
Erneut um die Hafenspitze herum, am linken Hafenufer entlang bis zum Nordertor, nochmal am Hafendamm entlang und dann durch den Oluf-Samson-Gang. Für die nicht ganz Ortskundigen: das war das Pendant zur Herbertstraße auf dem Hamburger Kiez bevor die Häuser zur Sanierung freigegeben wurden und die Damen ausziehen mussten. Jetzt aber nicht mehr sich selbst
Zuguterletzt läuft man wieder den Holm entlang zu Start/Ziel, wobei das Ziel 195m hinter dem Start liegt um die amtlich vermessene Distanz zu erfüllen.
Das war die erste von insgesamt drei Marathon-Runden mit zu erwartendem Gegenwind, teils Kopfsteinpflaster… und beim zweiten und dritten Mal wird der Anstieg zur Marineschule bestimmt interessant.
Zusätzlich zur klassischen Distanz gibt es „den Halben“ und die Staffel auf der vollen Länge.

Vorbereitung diesmal lieber wieder „nach Gefühl und Wellenschlag“, nachdem mich der Versuch, vor dem vorherigen WK mal einen „richtigen“ Trainingsplan abzuarbeiten, eher unzufrieden gemacht hatte.
Diesmal setzte ich in erster Linie auf Umfänge und lief etliche 20+ Läufe auch unter der Woche nach Feierabend mit nur einem Tag Pause. Dazwischen immer wieder kürzere Tempoläufe, wobei die auch auf Strecken mit diversen Steigungen stattfanden.

Mittlerweile weiß ich ja, dass ich die 42,195Km schaffe und meine Sorge war eher, dass ich mich nach dem persönlichen Fiasko mit den hochgelobten Salming Distance einfach nicht entscheiden konnte, in welchem Schuh ich den Marathon diesmal laufen wollte.
OK, es gibt wahrlich schwerwiegendere Probleme.

Die letzte Woche vorm WK ließ ich es entsprechend ruhig angehen und wollte herausfinden, welcher Schuh denn nun in Frage käme.
Samstag ~8Km mit diversen Steigungen und moderater Steigerung in den ~350Km alten Kinvara5 – also der Schuh ist es schon mal nicht…
Sonntag ~6Km mit weniger Steigungen und in zaggichem Tempo in den ~600Km alten Kinvara6 – also der Schuh ist es irgendwie auch nicht…
Montag ~16Km mit müden Beinen und im Mix mit Zeiten unter 5:30 und dann wieder etlichen Gehpausen in den fast neuen Kinvara7 – der könnnte es sein…
Drei Tage vorm Lauf war meine vom vorherigen Wochenende doch ein wenig in Mitleidenschaft gezogene Hardware dann wieder soweit hergestellt, dass ich eine letzte knappe 10er Runde wagte, aber immer schön sutsche  immer noch etwas holperig gestartet in 5:55 habe ich sukzessive auf 5:25 gesteigert und es lief angenehm rund.
Diesen Lauf machte ich in den knapp 500Km alten WaveRider19, denn wer weiß, ob es nicht doch lieber die Ultra-Schluffen werden sollte… immerhin bin ich in den 18er Ridern den HH-Marathon 2016 sogar 2min schneller gelaufen als im Jahr zuvor mit den per se schnelleren 5er Kinvara.
Nach diesen vier Läufen war ich dann… immer noch nicht schlauer und vertagte die Entscheidung erstmal…
Dafür war mein Zeit-Ziel recht klar definiert: sub4 musste es werden, sub3:55 könnte es werden, sub3:50 wäre der Hammer (aber eher unrealistisch) und sub3:45 wäre neue PB (und damit auf dieser Strecke komplett unrealistisch)

Die Startunterlagen konnte ich von Freunden abholen lassen und wir verabredeten uns für Sonntagmorgen auf einem Parkplatz ein paar hundert Meter vom Start/Ziel entfernt.

Der Sonntag startete bei mir um 4:31 Uhr, d.h. mein Wecker startete den Tag wie sonst auch unter der Woche, von daher hatte ich kein Thema mit „soooo früh aufstehen“.
Ein Thema hatte ich mit dem lauten Geprassel auf dem Dach… na hoffentlich würde Petrus sich an die Prognosen halten und rechtzeitig mit dem Blödsinn aufhören.

Leichte Morgen-Gymnastik, Kanne Tee, Schälchen Müsli, griechischen Joghurt, Stück Obst… das mittlerweile bewährte Power-Frühstück eben.

Abfahrt um 6:15 Uhr, Steffi war mittlerweile auch halb wach

Im immer noch strömenden Regen losgefahren hörte das hinter dem Nord-Ostsee-Kanal auf und ich atmete innerlich auf – hatte die WetterApp also doch Recht behalten.

Kurz vor acht kamen wir am verabredeten Treffpunkt an, wo auch etliche andere Läufer parkten, sich umzogen und auf den WK einstimmten.
Ich hatte mich für ein dünnes langes unter dem bewährten WK-Shirt entschieden, immer nach dem Motto lieber nicht frierend an den Start und im Zweifelsfall nach der ersten Runde eins ausziehen. Dazu die kurze Tight, meine seit dem letzten WK schätzen gelernten Stulpen und: WaveRider19
Claudia erschien ein 4tel Stündchen später und gab mir meine Startnummer und den Einweg-Chip, also konnte es jetzt wirklich losgehen.

Gemeldet waren über 400 Marathoni, ~750 für den Halb-Marathon, ~350 Staffelläufer und damit ist Flensburg zumindest bei der klassischen Distanz auf Anhieb der größte Marathon Schleswig Holsteins – der nördlichste ja sowieso.
Marathon-Start sollte um 9Uhr sein, Halb-Marathon um 9:15 und Staffel um 9:30.

Kurz nochmal auf´s Örtchen bevor es für mich gegen 8:50 in die Startaufstellung ging.
Im Gegensatz zu z.B. Hamburg gibt es beim FL-Marathon keine Startblöcke sondern die Bitte, sich realistisch aufzustellen.
Dafür gab es etliche Tempoläufer ab Zielzeit 3:00 mit dann jeweils 15min Abstand.
Ich hielt mich zwischen 3:45 und 4:00 Pacer.
Die Stimmung stieg, es wurde toll anmoderiert und dann heruntergezählt bevor der Startschuss kam.

Nun ging er also los, der Marathon durch meine Heimatstadt

Steffi und Claudia sah ich noch kurz rechts am Rand mich anfeuern und dann ging es auch schon links herum runter zum ZOB.
Dort wieder links herum und Süderhofenden entlang gab es zum ersten Mal Gegenwind, der in der Gruppe aber erwartungsgemäß kaum störte.
Km1 in 5:29, was mal ein guter Start war.

Am der Schiffbrücke entlang bis zum Kompanietor, dort über die Straße und direkt am Hafen entlang zur Hafenspitze, wobei hier auf gepflastertem Untergrund mit Eisenbahnschienen gelaufen wird, also immer hübsch die Augen auf. An der Hafenspitze die erste Party-Zone mit Musik, Moderation und „Voll-Verpflegung“. Unter der Bahnbrücke hindurch zum Hafendamm und hier gab es zum zweiten Mal Gegenwind, jetzt schon heftiger.
Km2 in 5:06, was zwischen 3:45er und 4:00er Pacer mal etwas schnell war.

Hafendamm, Ballastbrücke und der Blick nach rechts in Richtung Am Lautrupsbach, seinerzeit im Volksmund auch Tomatenberg genannt weil dort wohl mal Tomaten wild gewachsen sind nachdem ein Transport auf der steilen Straße seine Ladung verloren hatte. Außerdem die Erinnerung an den Angelladen, in dem ich als früher Jugendlicher Stunden vor Auslagen und Sortiment verbracht hatte. Kielseng immer an der 4-spurigen Straße entlang, deren eine Fahrspur hier für uns Läufer abgesperrt war, was der a) immer noch zahlreichen Gruppe um die beiden 3:45er Pacer entgegenkam und b) späterhin angenehmer zu laufen sein würde als der Gehweg.
Km3 in 5:20 und damit hatte ich endlich „mein“ Tempo getroffen – die 3:45er Pacer nun auch

Von Kielseng ging es links ab zum Klärwerk – roch nicht gut, war aber OK zu laufen.
Km4 in 5:22.

Hinterm Klärwerk ging es immer noch schön im Wind an der Wasserkante und den relativ neuen modernen Wohnanlagen von Sonvig entlang und hier war auch die nächste Wasserstation.
Km5 in 5:12 vielleicht etwas schnell…

Der Berg ruuuft und kurz hinter der großen Mole ging es direkt vor bzw. hinter der Marineschule nun rechts ab auf einem schmalen, aber glücklicherweise asphaltierten Fußweg hoch zur Förderstraße. Der Weg selber im Schatten und da keine Sonne schien, war es doch recht dunkel durch die Sonnenbrille. Trotzdem konnte ich die lustigen Straßenmalereien erkennen, die extra für uns dort mit Kreide aufgebracht worden waren und teilweise 10% Steigung anzeigten. OK, beim ersten Mal geht’s ja noch, und außerdem kommt ja gleich die Fördestraße – also am Ende links um und: weiterhin bergauf aber diesmal dafür auch wieder Wind von vorn, dafür aber wieder Publikum, welches uns Läufer mit ordentlich Lärm mal schön anfeuerte.
Km6 so in 5:38

Nun links ab auf das Gelände der Marineschule, hier drinnen war ich zuletzt in den 70ern, als meine Großmutter noch dort arbeitete. An den Wachen vorbei zum Sportplatz, wo an der Geraden vor der Tribüne der erste Wechselpunkt für die Staffeln, sowie Moderation und Vollverpflegung zu finden waren. Apropos Moderation, da fragt der doch glatt dass es alle hören könne, wozu man bei dem Wetter eine Sonnenbrille trägt – was war DAS denn für eine Frage. So langsam wurde es doch warm mit zwei Shirts und Buff um den Hals aber da ich noch keinerlei Hunger/Durst verspürte bin ich natürlich noch nicht an den VP gegangen sondern flugs um den Sportplatz und weiter.
Km7 in 5:07

Weiter um das Hauptgebäude herum, hier wieder gepflasterter Weg und ein schon imposanter Ausblick auf das Hauptgebäude der Marineschule, deren Portal etwas von einem Schloss hat.
Bergab ging Km8 nochmal in 5:09

Wieder auf der Fördepromenade und an Sonvig vorbei, hier trafen sich die Läufer „kurz vorm Berg und kurz danach“, die Bahnen waren mit Pylonen abgetrennt bevor die Strecke statt zurück durchs Klärwerk jetzt auf einem planierten Fußweg am Wasser entlang führte. Hier kam ich kurz mit dem einen 3:45er Pacer ins Gespräch, der keinen Ballon mehr spazieren führt weil der sich mit dem anderen verheddert und beim Versuch das Knäuel zu entwirren verabschiedet hatte.
Km9 in 5:17

Schräg links ab und an einem Neben-Hafenbecken entlang über eine Art nicht asphaltierten Feldwegs mit ausreichend Schlaglöchern durch eine große Ansammlung von Wohnmobilen hindurch ging. Am Ende dieses Stückes ein weiterer Wasserstand. Dort wo die HM-Läufer auf ihrer zweiten und entsprechend verkürzten Runden entgegen kommen würden knickte die Strecke 90° links ab und man lief quasi gegen eine Wind-Wand, so heftig pfoff es durch diesen relativ engen Durchgang. Am Wasser angekommen links herum gab sich das schnell.
Km10 in 5:19

An der östlichen Hafenseite und etlicher Gastronomie entlang war auch wieder mehr Publikum und vor einer Gastronomie (Namen hab ich vergessen) hatte man einen Stehtisch mit namentlich zugeteilter Verpflegung aufgebaut. Kurz danach entdeckte ich zu meinem Entzücken das alte, ehemalige Fördeschiff „Libelle“ am Ufer – mit der Libelle bin ich vor geschätzt 40 Jahre auf Butterfahrt gewesen und seinerzeit hat noch niemand nach dem wahren Alter gefragt wenn es um zollfreie Zigaretten ging…
Km11 in 5:15

Durch die Party-Zone wieder gegen den strammen Wind und direkt an der Hafenmole entlang.
Km12 in 5:25

Schiffbrücke, Werftstraße an der Museumswerft vorbei war jetzt nicht sooo attraktiv zu laufen bis es einmal über die Straße links zum Nordertor ging, eine weitere Sehenswürdigkeit der Stadt und hier war sowohl der nächste Wechselpunkt für die Staffeln als auch Party-Zone mit lauter Musik und ein VP mit Wasser bevor es rechts rum zurück an der Schiffbrücke an den ganzen Hafenkneipen vorbei bis zu Onkel Jule ging, die älteste Kneipe Flensburgs, die um dies Zeit schon oder vielleicht auch immer noch besucht war.
Km13 in 5:16

Bei Onkel Jule rechts rein in den Oluf Samson Gang, wo Anwohner privat Party machten und uns Läufer mit entsprechend Musik und lautstark jeden mit Namen anfeuerten, dessen Startnummer sie erkennen konnten. Der Oluf-Samson-Gang geht bergauf und hat wirklich fieses Kopfsteinpflaster, weswegen ich es vorzog, auf dem ca. 30cm breiten Streifen zwischen „Straße“ und Fußweg zu, laufen. Am Ende links herum die Norderstraße entlang, die dann kurze Zeit später Norderstraße heißt, am Nordermarkt vorbei und ab Kreuzung Rathausstraße heißt die Fußgängerstraße nun Holm. Auf diesem Stück überlegte ich wieder mal, ob ich das mittlerweile doch zu warme dünne Langarmshirt im Laufen ausziehen oder damit bis zum ersten Durchlauf an Start/Ziel warten und es dort einfach meinem „Team“ in die Hand drücken sollte. Durch den Startbogen an der Holmnixe auf der Ecke zur Nikolaistraße vorbei, nicht ohne einen Blick nach links zu werfen: dort war in den 80ern noch die damalige Flensburger Kult-Disko „Speicher“, von der Szene her das Pendant zum Hamburger „Grünspan“ und ich könnte nicht sagen, wie viele Abende und Nächte ich dort verbracht habe.
Km14 ging mit 5:25

Danach gleich der Zielbereich, wo es erwartungsgemäß voll und laut neben der Strecke war.
Erste Runde insgesamt knapp unter 1:15

Steffi und Claudia waren beide zugegen, hatten ihr Frühstück im Cafe am Südermarkt kurz unterbrochen um mich zu unterstützen und so konnte ich mich kurz einmal umziehen und einen ersten Becher Wasser nehmen bevor es auf die zweite Runde ging.

Zu Beginn der zweiten Runde fing ich zum ersten Mal an zu rechnen…
Das Feld hatte sich mittlerweile auseinandergezogen, die Pacer außer meiner Sichtweite und die Leute, mit denen ich zwischenzeitlich immer mal zusammen gelaufen war, sah ich auch nicht mehr aber das war OK.
Km15 durch den ersten Boxenstop in 5:57

Ich bekam Hunger und nahm am VP an der Hafenspitze ein paar Salzbrezeln, hatte aber irgendwie das Wasser verpasst.
Km16 in 5:05 der bis dato schnellste Kilometer.

Heftiger Gegenwind am Hafendamm und ich machte den Fehler, die beiden vor mir nebeneinander Laufenden zu überholen, wodurch der schöne Windschatten futsch war… aber mein Rhythmus war mir zu der Zeit wichtiger als langsamer zu laufen und dabei ggf. Kraft einzusparen.
Km17 in 5:12

Kielseng, Klärwerk und der erste Druck auf der Blase – also eigentlich der dritte, aber nun zum ersten Mal mit Überlegungen, doch beizeiten mal „rechts ran“ zu gehen.
Km18 in 5:22

Fördepromenade und Sonvig und der Berg, der ruuuuft
Km19 in 5:19

Das war hart… denn der Anstieg war nicht grad flacher geworden… und als man endlich oben an der Fördestraße war, war der Gegenwind und die Steigung genau wie vor ein1/4 Stunden immer noch da… zum Glück auch das tolle Publikum und so ließ sich auch dieser Teil der Strecke laufen – nicht gehen
Km20 in 5:39

Rein in die Marineschule und: erstmal ab ins Dixie.
Diesmal wurde ich auf dem Sportplatz nicht auf die Sonnenbrille angesprochen und machte einen Halt am VP um Wasser, Banane und eine Hand voll kleine Laugenbrezeln zu mir zu nehmen, außerdem steckte ich mir ein Gel ein. Nein, nicht zum sofortigen Gebrauch, denn während eines WK gibt es keine Experimente, aber vielleicht ja später mal. Die restlichen Brezeln schon wieder gehend gemampft raus aus dem Stadion und wieder schön bergab nachdem ich das Gel anfänglich in der linken Stulpe, dann aber doch lieber in der Tasche meines Startnummerngürtel verstaut hatte.
Km21 durch die beiden eigentlich recht schnellen Boxenstopps trotzdem nur in 7:10

Bergab jetzt ließ ich es schön rollen um die liegen gelassene Zeit wieder aufzuholen.
Km22 in 4:46

An Sonvig vorbei, die Frau im Strandkorb schüttelte unermüdlich ihre Dose mit irgendetwas Klapperigem drin und ich hatte meinen Rhythmus wieder.
Km23 in 5:14

Bei den Campern durchgeflogen, am Ende kurz einen Becher Wasser geschnappt und im Laufschritt gelehrt bevor es ein weiteres Mal gegen die Wind-Wand ging.
Km24 in 5:16

Diesmal bin ich nicht direkt am Wasser entlang sondern durch das „Silo“, so eine Art Entladestation für Schüttgut, hindurch gelaufen und eigentümlicher Weise war es hier kurzfristig total windstill, obwohl… das von der Windrichtung her eigentlich ja gar nicht hätte sein können.
Km25 in 5:09

Zur Hafenspitze war es nicht mehr weit und dort musste ich einen weiteren Snack im Gehen zu mir nehmen, denn wieder regte sich ein kleines Hüngerchen.
Km26 in 5:44

Schiffbrücke, Werftstraße… Nordertor jetzt mit übelster Schlager-Mucke, die dafür aber ausreichend laut war
Km27 in 5:12

Schiffbrücke, Oluf-Samson-Gang und diesmal konnte ich das feiernde Publikum anfeuern, bzw animieren, noch mehr Lärm für mich zu schlagen. Tolle Sache, aber der Olf-Gang ist wirklich übel zu laufen, vor allem wenn man schon ein paar Kilometer in den Beinen hat, auch wenn ich wieder das schmale Stück zwischen Mittelteil und Gehweg nutzte um einfacher und schneller vorwärts zu kommen.
Links herum in Richtung Start/Ziel und die Fußgängerstraße entlang nochmal ordentlich Gas gegeben. Es wurde wieder schön laut am Ende der zweiten Runden und mein Team hatte sich mittlerweile verdoppelt, d.h. Olaf und Till standen auch hinter der Absperrung und ich klatschte alle vier ab.
Km28 in 5:16

Runde zwei in gut 1:17 – trotz zwischendurch immer ordentlich Gas gegeben konnte ich keinen Vorsprung auf die angepeilten 1:15 erlaufen sondern hatte im Gegenteil irgendwie zwei Minuten zu viel auf der Uhr… die Umzieh-Pause nach der ersten Runde sowie der Anstieg als auch die 2min in der Marineschule waren wohl doch zu langsam für eine neue PB.
Aber OK, mal nicht übertreiben sondern jetzt konzentriert weiterlaufen und nicht einbrechen, denn wirklich interessant wird es im Grunde ja erst nach dem dritten Durchlauf durch die Marineschule und bis dahin sind es ja noch ~6einhalb Kilometer.
Km29 trotz Gegenwind an den Süderhofenden in 5:12

Splash´n´dash an der Hafenspitze und erneut der Wind… hab ich den heute überhaupt schon erwähnt?
Km30 durch die kurze Gehpause in 6:06

Wieder fing ich an zu rechnen und stellte recht nüchtern fest, dass auch die 3:50 somit kaum noch drin war, denn der interessanteste Teil der Strecke sowie eines Marathon generell sollten ja erst noch kommen, wenn der Berg wieder ruuuuft.
Ballastbrücke, Kielseng und immer schön gleichmäßig atmen und laufen und atmen und laufen…
Km31 in 5:19

Klärwerk, Fördepromenade und vom Typen mit dem Hammer weit und breit nix zu sehen, das schien ich gut im Griff zu haben – wenn man denn beim Langstreckenlauf überhaupt etwas im Griff haben kann – jedenfalls ging es mir immer noch erstaunlich gut.
Dafür rief der Berg ein letztes Mal aber umso lauter… hämischer… fast schon obszön und deutlich schadenfroh.
Km32 in 5:28

Bis dahin hatte ich mich wieder an zwei Läufer rangehängt und war nun mal gespannt, was passieren würde. Ich wollte den Anstieg nicht gehen sondern wenn irgend möglich laufend hinter mich bringen, denn a) ist Gehen langsamer und b) ist es ähnlich anstrengend wie ganz langsam zu laufen. Geil, während meine beiden Begleiter gegangen sind, habe ich es bis oben zur Fördestraße laufend geschafft.
Km33 in 6:22

Danke an das Publikum, denn ihr habt mir geholfen, die Fördestraße bis zur Marineschule laufen zu können und nicht gehen zu müssen.
Km34 in 6:00

Rein in die Marineschule und diesmal etwas länger am VP verbracht. Banane, ein Stück Müsliriegel, ein Becher Cola, Salzbrezeln, ein Becher Wasser. Dann gehend weiter und… umgedreht und ein zweites Stück Müsliriegel sowie zwei Gels für irgendwann mal.
Km35 in 8:18 und damit war die 3:50 definitiv futsch – so schnell kann’s gehen

Mit dem neu definierten Zeit-Ziel galt es nun, nach der „Pause“ möglichst schnell wieder den Rhythmus zu finden und dabei sollte es mir helfen, in meinen Trainingsläufen immer wieder mal genau das geübt zu haben, nämlich absichtlich Gehpausen zu machen und danach wieder loszulaufen.
Was mir zu der Zeit des Marathons, und das ist letztendlich die entscheidende Phase oder zuminnigens die Phase in der sich zeigt ob man hinreichend trainiert ist, allerdings gar nicht geholfen hat, war meine Gier am VP… die Quittung waren Seitenstiche – nicht doll aber auch nicht einfach so zu ignorieren. Zudem nervten die beiden Gels in den Stulpen, das fühlte sich irgendwie doof an.
Trotzdem die Beine unter den Arm geklemmt und ein letztes Mal bergab rollen lassen, etwas zaghafter jetzt als die beiden Male vorher, aber immerhin.
Km36 in 5:54

Schwung mitnehmen, raus aus der Marineschule und zum dritten Mal an der Fördepromenade entlang, angefeuert von Publikum und Streckenposten, der mich mit „tschüss und bis zum nächsten Mal“ verabschiedete, weitere zwei Läufer überholen und immer schön gleichmäßig jetzt.
Km37 in 5:10

Nun das mir jedes Mal lang erscheinende Stück bei den Campern vorbei, gegen die Wand aus Luft, links und diesmal wieder außen am Silo vorbei und am Ostufer entlang als es sich beim Blick in Richtung Schiffbrücke irgendwie seltsam am Hals anfühlte… anders als sonst…
Der Griff neben die Schlüsselbeine sagte mir, dass etwas mit der Halskette nicht stimmt und tatsächlich, sie hing mit losen Enden herunter… und oh nein, wo war der Anhänger?
Auch wenn man meinen könnte, dass es nach knapp 38Km wichtigeres geben könnte als eine nicht sitzende Halskette, bedeutet mir die 1990 auf Kreta gekaufte Kette selbst genau so viel wie der sechs Jahre später während unserer Hochzeitsreise im selben Ort gekaufte Anhänger und der MUSSTE einfach wieder her.
Mach ich es jetzt kurz: dem Startnummerngürtel sei Dank, dass das Teilchen nur so weit runterrutschen und nicht rausfallen konnte und so hab ich das während der kurzen Gehpause neu arrangiert.
Km38 in 5:28

Laufen, laufen, laufen… ist nicht mehr weit und durchaus schaffbar, fühlt sich allerdings etwas befremdlich an wenn man von einem Staffelläufer aufgeschnupft wird als wenn man steht.
Km39 in 5:31

Der vor-vorletzte Km führte nach dem VP an der Hafenspitze ein letztes Mal an der für mich recht öde zu laufenden rechten Seite der Schiffbrücke entlang und ich hatte ganz kurz „orientalische Zweifel“, soll heißen wusste nicht ganz ob ich, mittlerweile gefühlt ganz allein laufend, jetzt links oder rechts der Absperrung laufen sollte… rechts war dann doch richtig.
Km40 in 5:49

Weiter an der Museumswerft vorbei bis zur Duburger Straße, dann links hoch zum Nordertor, immer noch laute Musik und gute Stimmung dort, runter zur Schiffbrücke, zwei Traubenzucker in den Mund und an den Hafenkneipen vorbei.
Km41 in 5:46

Rechts rum in den schon von weitem hörbaren Oluf-Samson-Gang, auf den ich mich jetzt schon so richtig freute – nicht wirklich schön zu laufen, aber eine 1A Stimmung dort. Oben angekommen tun die Beine schon etwas weh… aber es ist nur noch ein Kilometer… Streckenposten und Publikum tun ihr Übriges und ich kann noch einen Marathoni überholen.
Die Norderstraße wird zur Großen Straße, in den Cafes sitzen Leute und machen Lärm, der ausschließlich uns Läufern gilt und hilft, die letzten paar 100m bis zum Ziel zu schaffen.
Ab der Kreuzung Rathausstraße heißt es wieder Holm, der Startbogen kommt in Sicht und nun gilt es, ein letztes Mal volle Körperspannung zu haben, aufrecht zu laufen, die Arme mit benutzen und die Füße schön zu heben, kurz gesagt: Endspurt.
Ich höre es schwer atmen hinter mir und will und will mich nicht noch überholen lassen… aber es ist ein Staffelläufer und der darf das.
Km42 in 5:34

Die letzten 200m, es ist voll neben den Absperrungen und wird lauter und lauter, ich suche mein Team, kann es zwischen den vielen begeistert feiernden Zuschauern aber nicht entdecken, bin nun auch voll im Endspurt-Tunnel und da kommt der Zielbogen mit der Uhr in Sicht, ich kassiere noch einen Marathoni, laufe was die Beine hergeben, hebe die Arme weit nach oben und werde mit Namen anmoderiert.

Ich bin im Ziel - bekomme meine Medaille umgehängt und eine dieser goldenen Warmhalte-Rettungs-Folien in die Hand gedrückt - bin irgendwie etwas planlos - ach ja, Laufuhr abdrücken… und trinken…
Da kommen Steffi, Claudia, Olaf und Till und klatschen mich ab, drücken mir einen auf, beglückwünschen mich, während in meinem Kopf die Endorphine erfolgreich gegen die kurze Leere ankämpfen und gewinnen.

Die Cola im Ziel war grausam, wahrscheinlich Discounters Rache, deshalb blieb ich bei Wasser.

Mein Team fragte, ob ich denn jetzt fix und alle sei und ggf. möglichst schnell nach Hause wolle – nee, ich war in Feierlaune und hatte richtig Lust, Olafs Vorschlag anzunehmen: Dusche bei denen zu Hause und dann ab an den Strand auf ein Fischbrötchen nebst gezapftem Kaltgetränk.
Gesagt, getan und so verbrachten wir noch einen schönen Nachmittag in Langballigau an der Flensburger Außenförde bei herrlichstem Sonnenschein – in meiner Heimat. :hallo:


Ergebnis
• Netto 3:54:08
• Platz 115 von 325 gewerteten Läufern
• Platz 106 bei den Männern
• Platz 17 von 50 in der AK M50


Fazit
• Toll organisierter Lauf
• Abwechslungsreiche Strecke
• Gute „Voll-Verpflegung“ an den beiden VP
• Der Einweg-Chip von Davengo ist m.E. nicht mehr zeitgemäß und sollte durch einen Leih-Chip oder die Möglichkeit, seinen eigenen benutzen zu können, ersetzt werden
• Flensburg liebt mich :nick:

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Was ist denn hier los? Hätte ich keine Krankschreibung im Mom., dann hätte ich mir Urlaub genommen. So ein schöner langer Laufbericht. :D :daumen:


Ach Micha, man liest die Freude aus jeder Zeile. Es ist schon was besonderes, wenn du an deine Wurzeln zurückkehrst und läuferisch Strecken bewältigst, wo du z.T. aufgewachsen bist, was dich mit deiner Familie und schönen Gedanken verbindet.

Zum M selbst meinen herzlichsten Glückwunsch. Deine Zeit ist klasse und du hast mal wieder bewiesen, dass du mit deiner Vorbereitung ein durchaus beachtenswertes Ergebnis erreicht hast. Glückwunsch mein Lieber und danke für diesen schönen, sehr spannenenden, eindrucksvollen und langen Bericht. :daumen: :D :winken:
Highlights bisher:
16.+17. Juni 2018 - 24 h Burginsellauf = 121,74 km
03.10.2021 SIX STAR Finisher
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3
Danke für den schönen Laufbericht und herzlichen Glückwunsch!
Da wird man richtig neidisch, ich komme selbst ursprünglich aus Hessen und lebe nun in Franken, aber der hohe Norden hat es mir schon lange angetan.

Ich finde es im übrigen faszinierend wieviel du während eines Marathons in dich rein futtern kannst ^^. Gerade die staubigen Brezeln bleiben mir regelmäßig im Hals stecken.
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Mein Laufblog

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Danke für deinen laaaaagen und schönen Bericht!
Ich finde es immer wieder beachtenswert wie sich jemand 42 km lang alles merken kann, wo, was, wann war :confused:

Glückwunsch zu deinem M und eine gute Regeneration!
Viele Grüße Biene

Es ist völlig egal, wie langsam du vorankommst. Du überholst immer noch jeden der gar nichts tut.
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