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1861-Lauf des TV 1861 Marbach - Stundenlauf in der Schillerstadt

1861-Lauf des TV 1861 Marbach - Stundenlauf in der Schillerstadt

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Ich vermag mit Fug und Recht behaupten, dass der heutige Lauf mit Abstand der schlimmste Lauf für mich seit der Pandemie-Pause gewesen ist.
Vermutlich würden die 31 anderen, welche am Ende vor mir gefinished haben sagen, dass es doch gar nicht so schlimm gewesen sei... und womöglich haben sie sogar recht...
für mich jedoch waren es die quälendsten 11km seit Langem und eine Lehrstunde in Demut und gegen Selbstüberheblichkeit par Excellence.

Ein 1h-Lauf auf einer 1km-Rundstrecke... wie schlimm kann das schon werden?

Was frage ich auch so dämlich?

Nach 2h gemütlicher Fahrt komme ich kurz vor 15 Uhr in der Schillerstadt Marbach an, finde einen der vielen Parkplätze direkt am Veranstaltungsort und hole meine Startnummer ab.

Die kleine aber feine Laufveranstaltung der TV 1861 Marbach wartet nicht unbedingt mit viel Glanz und Gloria, dafür aber mit einem soliden Drumherum auf.
Alles an einem Fleck, Angebot und Preise sowohl für den Lauf (10€) als auch für Speis und Trank sind fair und weit von dem entfernt von den Mondpreisen, die mancher kommerzieller Anbieter aufruft.
Der Hauptlauf besteht aus einem Rundenlauf über 61 Minuten auf der 1km-Rundstrecke aus denen die 12 Männer und 6 Frauen mit den meisten Runden jeweils ein Finale auf einer verkürzten
400m-Runde nach dem Last-Man/Woman-Standing-Prinzip austragen. Dazu Kinderläufe auf eine kurzen 100m und 400m Strecke.
Als "Schmankerl" gibt es noch verschiedene Preise (z.B. Kulturkarten), die während des Rennens verlost werden.

Auch für Wasser während des Laufs ist (glücklicherweise) ausreichend gesorgt.

Perfekte Bedingungen für einen Tempordauerlauf?
12 Runden in Halbmarathon-Tempo, etwa 5 Minuten pro Runde, wenn es für das Finale reicht, gut... wenn nicht, auch ok.

Was also soll schon schiefgehen?
Was frage ich auch so blöd?

Spätenstens als ich mir die Strecke anschaue, ahne ich es.
Der Rundkurs ist mitnichten flach, wie ich eigentlich dachte... kenne deine Strecke... sondern wartet mit einigen Höhenmetern auf.

Der Start liegt am Rand eines kleinen Parks direkt neben dem Turnerheim. Nach 10 Metern geht es gleich ein kleines Gässchen nach links für etwa 50m ganz leicht bergauf, vielleicht 4-5 Höhenmeter und anschließend direkt auf einer kleinen Straße in einer weitläufigen Rechtskurve weiter leicht bergab. Nach 250m biegen wir an einer Kreuzung wieder nach links und es geht 150 Meter weiter bergab, erst gemäßigt, dann etwas steiler.
Unten angekommen, am tiefsten Punkt der Strecke, wieder nach links und hinter Schiller-Nationalmuseum entlang beginnt der Anstieg nach etwa der Hälfte der Runde.
Bei 600m wenden wir uns wieder nach links und auf 50m gewinnen wir beinahe alle verlorenen Höhenmeter zurück, die letzten 15m davon in einem kleinen Korridor zwischen Museum und einer Bauzaun samt Rohbau.
Nach einem weiteren Linksknick laufen wir auf der Rückseite des Museums über dessen Vorplatz, biegen leicht nach rechts ab und gehen wenige Meter später nochmal kurz über einen Doppel-Rechtsknick den letzten Höhenmeter zurück in den Park.
Auf den letzten rund 175 Metern umrunden wir die im Park ansässige Schillerstatue und biegen nach links auf die Zielgerade ein.

Was erstmal gar nicht so schlimm klingt und unter anderen Umständen vermutlich auch gar nicht ist, entwickelt sich heute für mich zum "Rundenlauf des Grauens".
Der Anstieg und zu Anfangs auch die darauf folgenden Meter über den Museumsvorplatz, sowie Teile der letzten 200m liegen in der prallen Sonne. Es hat 30°C und der Asphalt hatte den ganzen Tag sich aufzuheizen.

Ich weiß, die anderen haben die gleichen Bedingungen, nur das nützt mir in den nächsten rund 60 Minuten herzlich wenig.

So stehe ich an der Startline zusammen mit rund 50 anderen Starterinnen und Startern und konstatiere ob des Streckenprofils, dass 5 Minuten pro Runde vermutlich zu optimistisch sein wird... 5:30 könnte realistisch sein.
Und so nimmt das Unheil seinen Lauf...

Runde 1:
Ich versuche verhalten anzugehen, folge ganz bewußt nicht der vorauseilenden Spitze und versuche die Runde flüssig zu Ende zu bringen, was auch recht gut zu gelingen scheint.
Der Blick auf die Uhr mit 4:33 verheißt allerdings nichts Gutes.

Runde 2:
Locker bleiben, nicht überpacen, es sind noch 9-10 Runden, das Rennen gewinnt man nicht an Anfang, man verliert es nur dort. Ich laufe meinen Stiefel und achte schon gar nicht mehr was um mich herum geschieht.
4:54 für die zweite Runde fühlen sich immer noch deutlich zu hart an.

Runde 3:
Bereits auf den letzten Metern des Abstiegs fangen meine Schultern an zu verkrampfen und ich laufe unrund. Im Anlauf auf die Steigung nehme ich raus und gehe gefühlt in der Sonne ein obwohl es nur wenig mehr als 150m sind.
Der Anstieg ist schon nicht mehr flüssig und die Sonne im Rücken brennt unerbittlich.
Ich entschließe spätestens nach Runde 4 nicht mehr nur mir Wasser überzuschütten, sondern auch zu trinken.
Mit 5:05 gehe ich in die nächste Runde.

Runde 4:
Was tue ich eigentlich hier? Das Tempo kann ich niemals weiterlaufen. Die Schultern tun weh und verkrampfen und ich habe das Gefühl komplett am Ende zu sein. Diese Runde noch, dann ist Schluss oder zumindest Pause.
Auf die Zeit achte ich schon gar nicht mehr. Ein letztes Mal Wasser überschütten und mehr schlecht als recht etwas trinken, bevor es über's Ziel und damit zu Ende geht.
Mhm... Wasser, Schatten, fühlt sich gut an... ok, Runde 5 einfach ganz langsam laufen, zum Auslockern nutzen und schauen was passiert. Peinlich... aber nicht so peinlich wie aussteigen.

Runde 5:
Gefühlt schleiche ich über die Strecke, Schultern auslockern, traben und langsam in den Anstieg. Oh, ich hasse die Sonne, aber immerhin haben die Läufer um mich herum zumindest an dem steilen Anstieg offenbar mehr Probleme als ich.
Oben angekommen Schmerzen allerdings wieder die Schultern. Also locker weiter bis zum Wasserstand.

Runde 6:
Sch*** auf alles... die ersten 50m der Runden laufen jetzt super, bergab nehme ich zum Auslockern und dann irgendwie den Anstieg hoch... sind ja nur ca. 45-60 Sekunden je Runde.
Berghoch immer wieder die Frage... warum? warum? warum nicht umgekehrt? Nein, nicht die Laufrichtung, die ist ok.... runter Sonne und hoch Schatten... so sollte es sein... ist es aber nicht.
Endlich Wasser, wieder 5-6 Minuten vorbei. Wie soll das weitergehen?

Runde 7:
Mittlerweile bin ich gefühlt so langsam und so daneben, dass ich für jede Ablenkung dankbar bin. Da sind zwei Typen in knallbunten Anzügen mit Krawatten, die mich gerade überrunden. Nein, ich hallzuniniere nicht.. die beiden sind mir schon vor dem Lauf aufgefallen. Es frustriert mich irgendwie aber negative Gedanken bringen mich jetzt auch nicht weiter.

Runde 8:
Nach dieser Runde noch zwei, dann ist aber engültig Ende Gelände. Dass ich mittlerweile 3 oder 4 Mal vom Führenden überrundet wurde, habe ich zwar registriert, frage mich aber was mir diese Information nutzen soll.
Mit Wehmut denke ich an einen 2.5 Stundenlauf vor einigen Jahren. Dort war ich nach 1 Stunden bzw. 10km unter ferner liefen und am Ende hatte ich mit 25km die viert- oder fünfmeisten Runden. Nutzt mir hier leider genauso wenig.
Kurzer Blick auf die Uhr am Ziel.. waren das jetzt 6 oder 7 Minuten weg?

Runde 9:
Yay... die letzte Runde... Runde 10 wird dann nur noch zum Auslaufen genutzt. Schultern tun weh, sind massiv verspannt, den Sonnenstich hab ich vermutlich eh schon, trotz der "allrundlichen" Dusche und kurz vor dem Anstieg gehen mir auch
noch die Ohren zu.

Runde 10:
Endlich auslaufen... erst langsamer werden, dann nach dem Anstieg noch etwas auslockern und ABC, "Dusche" und Trinken und nach dem Ziel raus.
Hm... auslockern und ABC... da war doch was... nagut, dann halt in Runde 11.

Runde 11:
Beim Start in Runde 11 schaue ich nochmal auf die Uhr und sehe, dass es noch etwas mehr als 5 Minuten sind. Da man jede, vor Ablauf der der 61 Minuten, begonnene Runde noch zu Ende laufen darf, spiele ich kurz aber wirklich nur kurt
mit dem Gedanken es zu probieren und so zumindest auf 12 Runden zu kommen. Da der Sprecher aber bereits in Runde 10 verkündet hat, dass man für's Finale 14 Runden brauchen wird, wandert dieser Gedanke ganz schnell wieder in die Tonne.
Stattdessen trabe ich wirklich nur noch aus, bedanke mich bei allen Streckenposten und lockere mich wirklich nur noch aus.

Trotzdem bin ich danach so hinüber, dass ich eine gute halbe Stunde brauche um mich geistig wieder unter den Lebenden zu wähnen.

Die Analyse fördert am Ende zu tage, dass ich es tatsächlich "geschafft" habe von Runde zu Runde kontinuierlich langsamer zu werden. Von 4:33 bis zu 6:37 und 6:47 für die letzte Runde.
Dazu kommen Diskrepanzen in den Höhenmetern. Je nachdem welche Karte (oder meine Uhr) verwende steht da was zwischen 10 und 29 Hm pro Runde. Realistisch dürften es zwischen 15 und 20 gewesen sein.

Als Fazit kann man nur sagen, dass die Veranstaltung echt klasse gewesen ist. Die Strecke ist an und für sich echt gut gewählt, klasse zu laufen und dazu noch abwechslungsreich.
Organisation und Stimmung war klasse und da alles an einem Platz war, hatte man auch keine langen Wege. Trotz einiger enger Passagen und Wege hätte der Lauf noch einige Läufer/innen mehr vertragen können.
Letztes Jahr waren es 80, dieses Jahr 50 in Summe.
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