22. Würzburg-Marathon am 26.05.2024
Nachdem es in der Vornacht beim Rennsteig-SM nur ca 2,5Std Schlaf waren
durfte ich diesmal immerhin 5,5Std im Hotelbett schlafen. Schnell gepackt,
Iso für den Trinkgurt fertig gemacht, Klamottenauswahl war einfach, es wird
warm werden und trocken bleiben, so die Voraussagen. Dropbag ist gepackt
und nun ab zum Hotelempfang, ich checke aus und nehme meine abgepacktes
Frühstück entgegen. Hole mir zwei Tassen Kaffee aus dem Restaurant (gut das
der Automat bereits in Betrieb ist). Schnelle 2x Kaffee und Brötchen aus der
Tüte und eine Banane... das war's. Punkt 6Uhr: Ich stelle meine Taschen vor's
Hotel und hole mein frisch geladenes Auto zum Bepacken ... schon geht's die
knapp 150Km nach Würzburg, ein Parkhaus in der Nähe des Congress Centrum
ist das angepeilte Ziel.
Ich habe genug Reserve eingeplant, ist es es kein Problem das ich nachher noch
mal zum Auto muss, ich hatte vergessen mein Start-Nr-Band einzupacken.
Im Congress Centrum ist eine große Schlange bei Ausgabe der Startunterlagen,
doch das wird richtig schnell und gut organisiert abgearbeitet - ich treffe geradezu
selbstverständlich einige Bekannte, genug Zeit für ein paar Gespräche und
Abgabe des Dropbag im Untergeschoss. Als ich mich auf den Weg zum Start
mache läuft mir Arnt Scheidler über den Weg, Er ist in Würzburg (u.a.) immer
als Zielzeitläufer dabei - doch Er muss gleich zum Fototermin mit seinen Kollegen,
da mache ich doch auch noch ein passendes Bild.
Laut Veranstalter ist heute eine Rekordteilnahme beim Würzburgmarathon - er
wurde einige Tage zuvor als ausgebucht geschlossen.
In den Listen entdeckte ich knapp 1.500 Anmeldungen für den Halb-MA,
ca 400 Teilnehmer entschieden sich für den 10Km-Lauf und knapp 500 Marathonis
werden sich heute ans Ziel stellen. Das passt gut mit den Finisherzahlen zusammen,
die ich finden konnte.
Auf den Weg zum Start mache ich mir noch Gedanken was heute möglich sein
könnte: Na ja, nach dem Sturz gestern und trotzdem positiven Ankommen (mit
respektabler Zeit für mich) - ich denke ein gesundes Ankommen wäre heute schon
ein tolles Ergebnis. Und doch gibt es ein Teufelchen in mir, das meint wenn es richtig
gut läuft... wäre doch sub 5Std möglich - Roland Du bist unverbesserlich!
Ich sortiere ich mich so in der Nähe bei 4:30 Std Zielzeit ein, wohl wissend das ist
selbst verständlich zu schnell für mich.
Da entdecke ich Andreas Bettingen, erst vor einer Woche bei seinen 8. Isar Süd
Marathon getroffen. Heute ist Er als Reporter für Marathon4You unterwegs mit
Kopfkamera und zusätzlich einer kleinen Handkamera, gut ausgerüstet für seine
Aufgabe. Seine "bessere Hälfte" steht leider nicht mit am Start, ein Erkältungsanflug
hat es unmöglich gemacht und am nächsten WE steht der gemeinsame Start in
Stockholm an - sicherlich ein wichtigerer Termin. Mit dem dritten Block starten wir
dann endlich - noch ist es nicht so warm.
Los geht's und einige meiner Muskeln schreien einfach HILFE - nicht schon wieder!
Die Waden ziehen, da und dort zickt's im Oberschenkel... davon lasse ich mich (noch)
nicht beeindrucken. Ich weiß das ich mich bremsen muss/sollte und das tue ich
letztendlich auch, es ist ja nicht so das ich sämtliche Warnzeichen meines Körpers
ignoriere, dazu ist er mir viel zu wichtig... und ich kann mich ja auch immer wieder
sehr zuverlässig auf ihn verlassen. Natürlich hat meine Garminuhr bzw. die zugehörige
Software mir mitgeteilt Lauf-/Trainingsbereitschaft 1von 100 und ich bräuchte doch
unbedingt mehr Schlaf und Erholung... sowas kann ich dann tatsächlich "weglächeln",
denn ich kenne meinen Körper aus anderen Aktionen ja schon sehr lange und gut,
Das soll nun nicht heißen, ich bin mir sicher das der MA heute in trockenen Tüchern
ist - da habe ich dann schon jede Menge Selbstzweifel in mir...
Erstaunlicherweise ist mein "Muskelzucken" viel schneller als erwartet vorbei und ich
laufe mit einer Pace (die ich einfach nur mal kontrolliere) von unter 6:30 pro Km, die
mir auch recht locker aus dem Fuß kommt. Das wird sich ändern...ist mir klar - was mir
auch klar ist: von Anfang an mehr als genug trinken und wenn es wärmer wird Wasser
über Kopf bzw. Nacken.
So laufe ich dahin und bin im Großen und Ganzen eigentlich recht zufrieden, die 4:30Std-
Läufer sind bald außer Sichtweite, bis die 4:45er (mit meinem Bekannten Arnt) kommen
ist nur eine Frage der Zeit.
Der Main ist ständiger Begleiter des MA, sehr oft direkt am Ufer, manchmal sieht man ihn
nicht, auf dem Streckenplan ist zu sehen: er ist nie weit entfernt. Nach einem Km überqueren
wir ihn auf der "Brücke der Deutschen Einheit" hier gibt es gleich mal ein Stimmungsnest -
anschließend geht es in ein Mischgebiet "Zellerau" das schon sehr einem Gewerbegebiet
ähnelt. Fitnesscenter, Tankstelle und eine Skateranlage sind mir in Erinnerung - die Strecke
geht im Zick-Zack-Kurs und sogar eine Wende mit kurzem Begegnungsstück ist zu laufen.
Der 1.VP ist ein reiner Wasser-VP (ändert sich aber bei der 2.Runde), bei Km 7,5 nähern
wir uns den Main wieder und kurz darauf können wir fast zum Startpunkt/Ziel hinübergucken.
Weiter am Main, ich entdecke ein Straßenschild "Zum Leutfresserweg" - was um Himmels
Willen ist hier passiert damit mein eine Straße so benennt? Nun ganz runter auf Flusshöhe
unter der Ludwigsbrücke hindurch, etwas Schatten und Motivation tanken (eine Sambaband
heizt ein) - Trommeln machen es mir leicht zusätzliche Energie freizusetzen.
Wir dürfen von der Mergentheimer Str. abweichen, parallel dazu führt eine Promenade näher
am Fluss entlang: Wasserwacht, Ruderclub und Tennisclub Weiß-Blau, im Main liegt die kleine
Herzinsel. Meine Erinnerung sagt mir, kurz nach Erreichen der 10Km-Marke gibt es die südliche
Wende mit kurzer Begegnungsstrecke - so kommt es auch, ebenfalls wie gehabt kurz zuvor
ein Discjockey mit guter Anlage und noch besserer Mucke... Er klatscht mich gleich ab und
scheint sich an mich zu erinnern - "Bekannte Gesichter" kündigt Er mich an. Kurz nach der
Wende checke ich meine Pace... nur geringfügig langsamer geworden. Nochmals ein kleiner
Motivationsschub für den DJ und für mich, dann geht's auf den Rückweg in die City, was heißt
in einer großen Schleife die Konrad-Adenauer-Brücke hoch darüber und in einer kleineren
wieder runter. Am gleichnamigen Damm geht es nun wieder stadteinwärts am Main entlang,
bis wir einen U-förmigen Streckenverlauf durch den Stadtteil Sanderau folgen, dann nochmals
ein Stück am Main entlang. Begleitet von einer Stimmungsband biegen wir bei Km16 in die
Altstadt ein und laufen dort, grob gesagt, eine große Schleife - eben jene 5Km die uns noch
zur Halb-MA-Marke fehlen. kurz zuvor teilt sich dann die Strecke in Halbmarathonis, die ins
Ziel abbiegen und Marathonis, welche auf die 2.Runde gehen. Auf den Km durch die Altstadt
ist die Stimmung natürlich weitaus intensiver und die Streckenränder gut bevölkert. Auch von
den Besuchern der Außengastronomie + Musikbands kommt zahlreicher Beifall und Anerkennung,
das bekommen Sie natürlich auch von mir. Es wird wärmer und bedingt dadurch (und durch
zusätzliche Erschöpfung) verlangsamt sich meine Pace um einige Sekunden, doch ich kämpfe
dagegen an, so gut es eben geht!
Die Rundenwiederholung wird bekanntermaßen einsam, die Halb-MA's sind im Ziel, die schnellen
MA's längst weg - jetzt der Kampf gegen die Uhr und von VP zu VP. Doch der Wille ist ungebrochen,
selbstverständlich will ich diesen Doppeldecker zu Ende bringen, ein "Reinhören" in meine aktuelle
Verfassung lässt keinen Rückschluss darauf zu das es anzuzweifeln wäre, auch wenn da mal ein Km
mit fast 7min ist, einmal auch etwas darüber - das ist den längeren Aufenthalten an VP's geschuldet.
Wasser über den Körper ist absolut notwendig und wird zum Glück auch angeboten. Ein Gel ist
heute absolute Pflicht - da überholt mich auch der 4:45Std-Pacer, es ist nur noch Einer, Arnt ist
nicht mehr dabei. Auf meine Nachfrage sagt Er mir Arnt musste raus da Er sich heute absolut nicht
gut fühlte. Ich bleibe noch eine Weile dran... aber diese Zeit scheint mir unmöglich, eine sub 5Std.
könnte durchaus drin sein wie ich das langsam einschätze.
Die Trommler unter der Brücke reißen mich aus meiner Lethargie und als ich auf einen Läufer mit
passender Pace auflaufe unterhalten wir uns ein wenig. Schön das auch Er mit einigermaßen Ehrgeiz
unterwegs ist - das hilft mir. Auch Er ist ein Vielläufer, wenngleich Er nicht so oft wie ich an der
Startlinie steht. Als wir auf die südliche Wende zulaufen ist Er plötzlich weg... kurze Pause, oder wie
auch immer. Vom DJ lasse ich mich gerne noch 2x "anstacheln". Den Elan versuche ich in etwas Tempo
umzumünzen und da entdecke ich vor mir den 4:45er Pacer, mit einer kleinen 6er Gruppe ist Er noch
unterwegs und bleibt in Sichtweite.
Auf dem Weg in die Innenstadt suche ich Schatten wo immer er ohne große Umwege zu erreichen ist.
Mit noch mehr Wasser über Kopf gelingt mir die Abkühlung und zur Abbiegung in die Altstadt eine
große Portion Endorphine durch die fetzige Musik, nach 1-2Km durch die Altstadt habe ich zu den 4:45er
aufgeschlossen. Nun hat mich zusätzlicher Ehrgeiz gepackt und irgendwelche Kräfte freigesetzt, ich
laufe einige Km mit der Gruppe und Sie betrachten mein Treiben bei den Bands an der Strecke mit
Argwohn... wo hat der noch diese Energie her um die Leute so anzufeuern? Das kann ich quasi in
Ihren Augen ablesen. Km39, an einen VP legt die Gruppe eine Pause ein - mir reicht der restliche
Iso aus dem Trinkgurt, ich verabschiede mich und gebe Gas...
Nun also die letzten Km, außer Frage das ich finishe und wie herrlich ist dieses Gefühl nach den
Strapazen von Gestern... die 4:45Std werde ich auch noch unterbieten - eine Art i-Tüpfelchen. Die
verbleibenden Zuschauer und Bands sind nun vor meiner Anfeuerung nicht mehr sicher.... ich kriege
das aber mehrfach zurück. In meiner momentanen Verfassung überhole ich seit einigen Km nur noch,
da taucht auch noch Andreas vor mir auf, ich bin so "on Fire", kann nicht mit Ihm ins Ziel laufen, ich
stürme voran. Da vorne die letzte Band... ein Tänzchen... Motivation PUR, dann rein auf die Zielkurve,
mir kommt eine ganze Gruppe Läufer(innen) entgegen und stehen am Rand, die wohl ein Verein oder
so sind (gleiches Shirt), warten Sie auf eine Staffel, oder MA-Läufer? Egal ich feuere Sie an... und die
haben nur darauf gewartet, das sind ja 50-60 Leute die mir zujubeln, schreien... fast toben, andere
Zuschauer lassen sich anstecken und so komme ich sehr lautstark in die letzte Kurve und über die
Ziellinie: Netto 4:41 Std - was für ein Fight!!!
Überglücklich stehe ich im Ziel - weiß gar nicht recht, wie mir geschieht. Schon kommt Andreas ins
Ziel und ich entdecke auch seine Frau Judith am Rand, ich begrüße Sie und beglückwünsche Ihn.
Langsam geht es zur Zielverpflegung. Ein Finisherbier und eine Breze, das tut jetzt gut. Andreas und
Judith verabschieden sich bald - Sie haben ein "Late-Checkout" imHotel ergattert und können jetzt
vor Ihrer Heimfahrt nach München noch im Zimmer duschen.
Nach ein paar Gesprächen hole ich meinen Dropbag ab und mache mich in der Toilette des Congress
Center frisch und ziehe mich um. Dann geht's zum Parkhaus, fahre kurz noch an der Tanke vorbei für
einen großen Kaffee und ab nach Hause.
Ich werde nur noch 3Nächte arbeiten, dann geht es für mich in den Urlaub an die Ostsee, wo ich zum
Glück von den Regenfällen verschont bleibe, die danach im Süden von Deutschland Unheil anrichten.
Ich mache keine große Fahrradtour und laufe keinen Wettkampf dort... nur das eine oder andere
Trainingsläufchen wird es geben.
Keep The Fire Burning - das gilt nach diesen erfolgreichen Doppeldecker, mehr denn je!!!
Gruß Roland
Zu den Fotos:
1. Hier am Congress-Center war der zentrale Punkt
2. Auch wenn es zwischenzeitlich eine Warteschlage bis zu Straße gab - es wurde schnell und professionell abgearbeitet
3. Per Zufall erwischte ich die Aufstellung der Zielzeitenläufer
Re: 22. Würzburg-Marathon - der 2.Teil des Doppeldeckers
2Weitere Fotos:
1. Glücklicher Roland: Doppeldecker erfolgreich absolviert und Wunschzielzeit deutlich unterboten
2. Urkunden, Medaille und Start-Nr.
3. Garmindaten: Würzburg-MA
1. Glücklicher Roland: Doppeldecker erfolgreich absolviert und Wunschzielzeit deutlich unterboten
2. Urkunden, Medaille und Start-Nr.
3. Garmindaten: Würzburg-MA
runners.high - Nomen est omen 

Re: 22. Würzburg-Marathon - der 2.Teil des Doppeldeckers
3Danke für den spannenden Bericht! Bestimmt sind wir uns unbekannterweise begegnet, ich war nur wenige Sekunden vor dir im Ziel.