
Es ist das erste Mal soweit ich zurückdenken kann, dass ich die Strecke eines Wettkampfes nicht mehr im Detail wiedergeben kann. Weder aus dem Gedächtnis aber auch nicht unter Zuhilfenahme der Streckenkarte des Veranstalters.
Ich weiß, dass der Plan stimmen muss und die Einteilung in drei bis vier Hauptabschnitte macht auch keine Probleme und doch...
Die 10km-Strecke des Gemüselaufs im pfälzischen Maxdorf lässt sich im Grunde in vier Abschnitte teilen.
1. Start: Der erste halbe Kilometer führt vom Start am Schul- und Sportgelände über leicht sandige Waldwege und über eine Bundesstraße zum und durch das spätere Ziel bevor wir...
2. Wald: ...bis Km4 weiter durch den Wald irren...
3. Feld: ...bei Km4 über eine Autobahnbrücke auf einen Feldweg parallel der Autobahn geführt werden, einen kurzen, ca 300m langen Schotterweg entlang auf einen Wendepunkt zusteuern und den gleichen Schotterweg wieder zurück, bei Km6.5 über die nächste Autobahnbrücke wieder zurück...
4. Wald: ...in den Wald, teilweise über bereits gelaufene Wege in Richtung Ziel wuseln.
Für mich das absolute Highlight der Strecke ist, dass es sich bei den Abschnitten im Wald nicht um irgendwelche breiten, geschotterte oder brettharte Waldautobahnen handelt, sondern um - meist - enge Trampelpfade mit Sand, Gras, Wurzeln, die immer wieder durch Kurven, kleine Richtungswechsel und zwei Hügel/Senken ihr Gesicht verändert.
Da sich der Lauf somit innerhalb des Waldes auf relativ "kleinem" Gebiet abspielt, gibt es auch - für einen solchen Lauf - recht "viele" Zuschauer, wo man sie eher weniger erwarten würde.
Lediglich der Abschnitt durch das Feld ist eher gerade und trist, dafür natürlich etwas sonniger und schneller.
(Hier kommt auch dann der Trecker!)
Über 300 Teilnehmer tummeln sich am Start und werden durch den Ansager gleich mehrfach darauf hingewiesen, dass es nach 200m direkt eng werden wird und man sich der Leistungsstärke nach aufstellen solle. Und tatsächlich läuft der Pulk - zumindest in meinem Bereich - recht geordnet und diszipliniert hinein in den Wald.
Da ich heute nicht all-out laufen will habe ich mich irgendwo im vorderen Mittelfeld positioniert und trotte erstmal mit der Herde mit, merke aber relativ schnell, dass es mir doch etwas zu langsam wird. Nach zwei Kurven und ca. 500m überqueren wir eine Bundesstraße, laufen durch den späteren Zielbogen und weiter durch den Wald.
Ab jetzt lässt mich mein Erinnerungsvermögen im zumeist im Stich.
Das Laufen auf dem sandigen Waldboden macht mir unglaublichen Spaß. Recht früh passieren wir einen idyllischen Weiher, vorbei an unzähligen Esskastanienbäumen, müssen einen kurzen Hügel hinauf und schon ist Kilometer vier erreicht, wo wir den Wald verlassen und um 180 Grad auf eine Autobahnbrücke hinauflaufen.
Ich laufe eher kontrolliert, rein nach Gefühl und in etwa auf Halbmarathonniveau (würde ich auf HM trainieren), vielleicht ein wenig schneller. Die meistgestellte Frage der ersten 4 Kilometern ist, wo kann ich am besten überholen? Die kleinen Grüppchen, die vor mir laufen, lösen sich immer wieder auf, so dass ich im Grunde immer die zurückfallenden Läufer passiere, versuche auf die Gruppe aufzulaufen und den nächsten Rückfallenden überholen.
Die Brücke hoch und runter dürfen wir nur auf einem schmalen Gehweg laufen, was das Überholen etwas schwerer macht, auch wenn sich am Ende eine Stelle finden lässt.
(Gleich kommt der Trecker!)
Ab jetzt knallt die Sonne und die 20° fühlen sich deutlich wärmer an. Der Schweiß beginnt mit zu laufen. Am Ende der Brücke biegen wir nochmals um 180 Grad nach links und folgen einem Feldweg mit zwei Rechtknicks und einer Linkskurve dazwischen, bevor wir einige Zeit parallel zur Autobahn laufen.
Mit Beginn des Feldwegs wird es "lustig". Eigentlich nicht wirklich, denn kurz bevor wir auf den Feldweg einbiegen, ignoriert ein Traktorfahrer...
(Hier isser... wie versprochen!)
...mit Hänger die Anweisung des Ordners und drängt sich zwischen die Läufer.
Hinter mir höre ich einige Flüche, die ich hier nur mit ***** wiedergeben kann... auch vor mir wird noch das eine oder andere Schimpfwort fallen.
Glücklicherweise ist der Feldweg nicht allzu staubig und im Gegensatz zu meinen Mitläufern nehme ich die Abgase nicht wirklich wahr.
Unter anderen Umständen würde ich sogar Verständnis für den Landwirt aufbringen, wäre a) die Lücke wirklich ausreichend groß und b) würde er einfach im Feld mitschwimmen.
Stattdessen versucht er tatsächlich Läufer zu überholen, hupt sogar und eine Läuferin gibt dem ganzen scheinbar auch nach, denn sie geht nur noch am Wegrand und lässt ihn vorbei.
Kurz darauf wird er langsamer, was dazu führt, dass wir langsam auf ihn auflaufen.
Wie ich später in einer Unterhaltung erfahren werde, hat eine Läuferin sich nicht beirren lassen und ist einfach in der Mitte des Wegs gelaufen. Ein Läufer zwei Plätze vor mir beginnt wenig später den Traktor links zu überholen. Es sind weniger als ein Meter Platz, doch er lässt sich nicht beirren und Stück für Stück quetscht es sich vorbei.
Ich bin hin- und hergerissen zwischen "Blick senken - wenn was passiert will ich das nicht sehen" und "Mal sehen wie das noch weitergeht".
Irgendwann ist der Läufer endlich heil vorbeigekommen und an der nächsten Kreuzung fährt der Traktor glücklicherweise geradeaus weiter, während wir nach rechts abbiegen. Vor uns sehen wir die Läufer vor uns entgegenkommen und links von uns auf die nächste Brücke über die Autobahn - zurück in den Wald - laufen, während wir nochmal nach rechts und ca. 300m über einen Schotterweg zu einem Wendepunkt müssen, bevor wir den Weg zurück auf die Brücke laufen können.
(Wer nur wegen dem Trecker hier war kann jetzt aufhören zu lesen! ...oder zum Ende scrollen wo nochmal über den Trecker gemeckert wird...Treckermecker sozusagen!)
Unnötig, denke ich mir, die 600m hätte man auch mit einigen Schleifen im Wald holen können, Wege gibt es dort in Hülle und Fülle. Aber das ist tatsächlich Meckern auf hohem Niveau.
Über der Brücke geht es dann endlich wieder zurück in den Wald.
Konditionell und von der Intensität ist noch alles im grünen Bereich. Ich irre wieder durch das wunderbare Waldlabyrinth, den Blick vorausgerichtet auf eine Läuferin vor mir, die schon seit einiger Zeit Meter für Meter näher kommt.
Ich warte auf das Schild für Km 6 um die Uhr abzudrücken und bin verwundert als das Schild "Kilometer 7" kommt. "Hm..." denke ich mir kurz und nehme zur Kenntnis, dass ich wohl das sechste Schild verpasst habe.
Irgendwo zwischen dem 7. und 8. Kilometer bekomme ich mehr und mehr den Eindruck, dass ich mich von der Idylle einlullen lasse.
Da ich nicht auf die Uhr schaue und einfach laufe, besteht die Gefahr durchaus.
Ein Läufer überholt mich und ich entschließe mich einfach dranzubleiben.
Weiter geht es, mal rechts, links, eine kurze Düne hinauf, die den Blick auf eine große Lichtung freigibt auf der einen Person sitzt und offensichtlich meditiert.
Kurz darauf wieder runter von der Düne, 10 Meter durch eine Senke und weiter. Kurz folgen dann auch irgendwann die letzten beiden Kurven und das Ziel kommt in Sicht.
50m vor dem Ziel springt die Uhr auf 48:00 und ich lasse es austrudeln.
Auf dem Rückweg vom Ziel zum Auto komme ich dann auch noch u.a. mit der Läuferin, die den Traktor verlangsamt hat ins Gespräch, nehme einige Flüche über selbigen wahr und "Beschwerden" über die "langsame" Strecke.
Fazit: Toller Lauf, klasse Strecke, nahezu perfektes Drumherum. Sehr empfehlenswert.
Nachtrag:
Orga und drumherum wie gesagt einwandfrei, beinahe wäre es jedoch gar nicht zu meinem Start gekommen, denn als ich mich anmelden wollte, war der Anmeldebutton weg und ich war schon richtig stinkig, dass die Anmeldung am Vorabend geschlossen war, obwohl in der Ausschreibung "online bis kurz vor Start" stand.
Etwas später war er jedoch wieder da und glücklicherweise hatte ich auch nochmal geschaut.