„Die Königstour, die gesamte „Nagelfluhüberquerung“ vom Mittagberg bis zum Hochhäderich ist nur Extremsportlern an einem einzigen Tag möglich...“

Zum Glück ist Wikipedia-Wissen weder allwissend noch unfehlbar. Wie ein König fühle ich mich nach absolvierter Tour nicht. Denn für die nötige Bodenhaftung sorgt schon mein laufresistentes häusliches Umfeld. Und für die liebe Familie sind Extremsportler zum Glück sowieso nur immer die anderen. Und mit dieser gelassenen Einstellung zu meiner Laufleidenschaft lässt es sich für mich ganz gut leben.

Das Netz hält aber auch einige „unsubjektive“ Fakten über mein avisiertes Laufziel bereit. Zum Beispiel die Anzahl der Gipfel in nackten Zahlen:
Mittagberg 1451 m, Bärenkopf 1493 m, Steineberg 1660 m, Stuiben 1749 m, Sedererstuiben 1737 m, Buralpkopf 1772 m, Rindalphorn 1822 m bzw. 1805 m (Zwei unabhängige Gipfel unter gleichem Namen), Hochgrat 1834 m (höchster Punkt), Seelekopf 1663 m, Hohenfluhalpkopf 1636 m, Eineguntkopf 1643 m, Falken 1564 m (3er Gipfel), Hochhäderich 1565 m.
Zusammengerechnet ergeben sich, ab dem mit der Bergbahn erklommenen Mittagberg, 13 Gipfel. Schlägt man die beiden Rindalphörner und das kleine Steinköpfle, nach dem Steineberg, dazu sogar noch 2 mehr. Wem das noch nicht genug der Gipfelprahlerei ist, dem empfehle ich von der Hörmosalm, am Ende meiner Strecke, ins Tal weiterzulaufen und dabei so nebenher noch den Imberg von Steibis mitzunehmen. Allerdings ist ab da nur noch Asphalt-Fahrstraße zu laufen. Und wer will das schon freiwillig, wenn er vorher gut 20 km über einen Gipfelgratweg gelaufen ist, teilweise mit Drahtseilen und einer Eisenleiter versehen. Der zugehörige Fels ist wunderbar griffig. Dieses sogenannte Nagelfluhgestein besteht aus kieseligen kalkhaltigen zusammengebackenen Brocken, die wie grober Beton aussehen. Da diesen die Natur geschaffen hat nennt es der Volksmund auch „Hergottsbeton“
Zurück zum Anfang meiner Tour. Am Vorabend sehe ich noch zufällig im Fernsehen das Wissensmagazin Gallileo, das ja oft populäres Halbwissen seinen Zuschauern als Event rüberbringt. Gerade als ich einschalte kommt der Kampf „Mensch gegen Maschine“ in dem unter anderem der Bergläufer Helmut Schießl von der Mittelstation der Mittagschwebebahn gegen einen Sessel ein Rennen läuft und natürlich mit hauchdünnem Vorsprung gewinnt. Daran denke ich jetzt gerade als ich wie geplant im ersten Sessel sitze und die Jungs des Liftbetreibers, im nachfolgenden Sessel, über die Dreharbeiten im August quatschen. Wer wissen will worum es ging, der kann hier schauen:
Donnerstag: Der Weg des Google - Galileo - Video
Es dauert allerdings bis zur 42 Minute bis das Filmchen beginnt.
Oben angekommen genieße ich erst mal die grandiose Aussicht. Es ist eine Fernsicht wie aus dem Ferienprospekt. Dazu ist es sonnig und mild, so um die 15°. Und das zu der Tageszeit im November. Wie ich allerdings noch merken soll weht ein ordentlicher Westwind, teilweise böig auffrischend. Und nach Westen führt heute meine Laufrichtung. Zunächst mal bereue ich es nicht, heute kurz/kurz zu tragen. Das einzige was nicht so prickelnd ist, ist mein normaler Wanderrucksack mit Wechselwäsche, langer Hose und dickem Pulli. Denn brauche ich während der Wartezeit auf die öffentlichen Verkehrsmittel am Laufziel. Aber soweit bin ich noch lange nicht.
Kurz vorm Urlaub hatte ich mich ja endlich dazu durchgerungen einen Trinkrucksack zu bestellen. Bloß das edle Teil wurde nicht mehr rechtzeitig geliefert.

Zunächst wurde mal das Wegschild festgehalten. Aha, in 7 Stunden bis zum Hochgrat für die Wanderfraktion. Ich laufe also los, um kurz nach dem ersten Gipfel erst mal falsch zu laufen.

Zwischenzeitlich ist die Sonne hinter den Föhnwolken verschwunden und der schneidige Wind lässt es deutlich kühler erscheinen als es eigentlich ist. Durch stetiges Auf und Ab wird Gipfel um Gipfel erklommen. Es sind keine großen Höhenunterschiede, meist um die 100 meter, dafür aber ziemlich giftige über den Grat. Eine Ausnahme sind die jeweils 200 Höhenmeter zu den Rindalphörnern und zum Hochgrat wo der Weg etwas weg vom Grat über den südlich verlaufenden Grasrücken geht. An Bergauflaufen ist für mich heute nicht zu denken und bergab sind die felsigen ausgesetzten Grate dem Tempo hinderlich. Die Abstiege die über Grasrücken führen sind aber auch nicht besser. Die lieben Allgäuer „Braunen“ haben hier ganze Arbeit geleistet und tiefe Wegnarben hinterlassen. Auf den Weidegrund ausweichen ist aufgrund der möglichen Löcher auch nicht ganz ungefährlich. Den Fuß vertreten wäre jetzt das letzte was ich brauchen könnte. Denn bis zum Anstieg auf den letzten Gipfel vor dem Hochgrat ist mir kein Wanderer begegnet. Als ich diesen erreiche ändert sich das schlagartig.
Klar, durch die nahe Hochgratbahn ist der schnell erreichbare Gipfel gut besucht. Ich bin jetzt 3:45 Stunden unterwegs, d.h. meine Laufzeit ist doch deutlich zügiger als notwendig. Schnell erreiche ich die gut bevölkerte Aussichtsterrasse der Bergstation der Hochgratbahn ohne diese eines Blickes zu würdige. Ich möchte meinen Schweinehund

Ganz unbemerkt wird die österreichische Grenze passiert. Die Sonne hat sich wieder durchgesetzt und der Gegenwind nachgelassen. Der luftige Gratweg hat nochmals einen Höhepunkt beim Anstieg vom Falken. Es geht zunächst über die Nordflanke über einen verwurzelten abschüssigen Weg, der dann über ein paar Drahtseilgesicherte Felsblöcke auf den Gipfelgrat führt. Und dann ist Nr. 13, und damit der letzte seiner Art erreicht. Aber noch ist nicht ganz Schluss für heute. Es geht nun nur noch Abwärts, gut 300 Höhenmeter über den Skihang in steilen Gras-Serpentinen. Über eine kleine Scharte zweigt der Weg ab in Richtung Hörmos. Diese Alm liegt an einem kleinen romantischen See und ist noch bewirtschaftet. Ich stoppe dort kurz weil ich einen Busfahrplan dort ausgehängt sehe. Und tatsächlich bis Anfang November fährt noch ein Bus über die Zufahrtstrasse bis zur Bergstation der Imbergbahn, die von Steibis heraufführt. Blitzschnell entscheide ich, denn Weg von der Hörmos ins Tal nach Steibis laufe ich nicht mehr. Nicht weil ich zu schlapp bin. Ich sehe jetzt doch keinen Sinn mehr nach der schönen Bergstrecke einen asphaltierten Ziehweg in ca. 1,5 Stunden hinunterzulaufen.

GPSies.com GPS - Laufen - Wandern - Walking - Strecke Nagelfluhkette Mittagspitze-Hädrich-Hörmos, Gipfel im Dutzend - 87544 Blaichach, Oberallgäu, Bayern
Was Solls. Ich hatte meinen Spaß.


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Güssle Klaus