
Als ich am vereinbarten Treffpunkt auftauche beginnt es zu schneien. Upps, nach einer Schlacht im Schnee sah es heute Morgen noch gar nicht aus. Um wie geplant wieder das grüne Team-Shirt mit dem Edelweiß tragen zu können braucht es heute etwas Unterfütterung bestehend aus Kompressionsunterhemd und Langarmshirt. Brr., was für ein krasser Gegensatz zum Vorjahr, wo wir bei sonnigen 20° gestartet sind. Es bleibt aber bei der kurzen Büx, die ich allerdings erst kurz vorm Einlaufen entblättere. Die Aufwärmphase im Trimm-Trab-Tempo wird zur Schlotterpartie im dichten Schneetreiben. Von Ost weht ein kalter Schneebote.
Auf einen Startbogen haben die Stettener auch dieses Jahr verzichtet, nicht mal ein Banner wir über die Straße gespannt. Lediglich längs der Straße auf dem Gehweg hängt ein Fetzen auf dem mit großen Buchstaben: „Start“, gepinselt steht. Dort versammeln sich knapp 5 Minuten vorm Start die ersten Läufer um die besten Plätze zu belegen. Etliche bleiben noch unter der Überdachung eines nahen Gebäudes stehen. Für die vermeintlichen, und die wirklich Schnellen, macht es schon Sinn ein paar Meter Boden schon vor dem Startschuss gut zu machen, denn seit diesem Jahr gibt es zwar eine elektronische Zeitnahme mittels Einwegtransponderstreifen am Schuh. Allerdings nur Bruttozeitmessung im Ziel.
Die Streckenführung besteht aus 2 nahezu identischen Runden. : : laufkalender24.de : : Streckenplan: 43. Stettener Volkslauf, Stetten i.R. (23.03.2013) Arme schlenkern - auf der Stelle hopfen, lässt das Wasser von der Brille tropfen. So lässt sich reimend das Vakuum beschreiben, das vorm Start für nervöse Unruhe sorgt. Weniger die Anspannung auf eine persönliche Großtat bezüglich eines Aufbruchs in neue Zeitdimensionen. Dafür ist der heutige Kurs mit insgesamt ca. 150 Höhenmetern zu alpin. Denn auch Alpenvereinler spurten die giftigen Anstiege, durch die Weinberge, nicht ungebremst hoch. Was mir zudem den Erwartungsdruck nimmt ist die Tatsache, dass Thomas dieses Jahr uns nicht unterstützen kann. Er war nämlich derjenige der mich 2012, als Mannschaftszweiten, im Ziel begrüßen durfte. Nun ich werde heute gerne seine freie Stelle übernehmen. Wenn ich nur endlich loslaufen dürfte, brrr, zitter.
Endlich. Die dicht gedrängte Masse hetzt los durch die Frauenländerstrasse, passiert die erste Querstraße und erreicht dann das angrenzende Gewerbegebiet. Ein kleiner Aussiedlerhof wird umkurvt und der erste Kilometer eingeläutet. 3:47, kein Wunder bei meinem üblichen: „von den ganz schnellen Hirschen mitreißen lassen.“ Noch geht es ja topfeben dahin. Noch, denn kurz danach weist ein Streckenposten nach rechts und es geht ein kurzes Stück entlang eines Baches bis zur nächsten Wegkreuzung. In südwestlicher Richtung geht es nun stetig bergauf, rechts an einem Grillplatz mit Spielgeräten vorbei. Dann kündigen sich die Ausläufer der Weinberge an und es wird richtig fies bis Kilometer 2. Was sich natürlich auch zeitlich niederschlägt. 4:43 lautet die nüchterne Bilanz meiner Bemühungen nicht von einer Weinbergschnecke mit Rennambitionen überholt zu werden. Der erste Scheitelpunkt ist erreicht und es heißt: „alles wieder runter“, auf einem matschigen schmierigen Weg. Dem einzigen bösartigen Schlagloch weit und breit kann ich vor lauter stierem Beschleunigen gerade noch ausweichen, weil: Wenn ich Tempo machen will – wenn nicht jetzt - wann dann? Denn der nächste Buckel wartet schon nach einem nahezu rechtwinkligen Abzweig an den Ausläufern von Strümpfelbach. Dieses Mal zieht sich der Verlauf schlangenlinienartig entlang des Stettener Höhenrückens. Meine Laufuhr hat derweil schon bessere Zeiten gesehen. Je 4:22 für die letzten beiden Kilometer, mehr ist nicht drin heute. Denn obwohl es nach Erreichen des Hochpunktes endlich lange wieder bergab geht, spüre ich meine müden Oberschenkel. Der schnell gelaufenen 10 km Trainingslauf mit über 200 Höhenmetern vor 2 Tagen war wohl doch eher kontraproduktiv. Egal, rausreden gilt nicht. Vom rumjammern wird’s auch nicht besser, ebenso wenig wie die winterlichen Wetterbedingungen.
Jetzt heißt es eher aufpassen auf entgegenkommende Nachzügler, denn diesen Abschnitt bin auch ich vor ca. 2 Kilometern schon mal bergauf gelaufen. An einer scharfen Spitzkehre weist man mich nach links. Mit Schwung laufe ich den Bogen aus und dann geht es steil bergab Richtung Ort. An der nächsten Abzweigung an einer Werkhalle werde ich von Elke, die heute nicht mitläuft, angefeuert. Kurz danach beginnt die zweite Runde, allerdings über einen parallel verlaufenden Weg, der an Tennisplätzen und der örtlichen Kläranlage vorbei führt. Von da ab ist es nicht mehr weit zu einer Brücke zur gewohnten Strecke der zur ersten Runde zurückführt. Bis auf die letzten 500 Meter bleibt also alles beim Alten. Auch die Zeiten kommen mir bekannt vor. Kilometer 5 wieder in 3:47, dann weiter 4:09, 4:44, 4:27 und 4:06. Die letzten schnellen Meter geht es links ab über einen kiesigen Bachweg in Richtung Stadion, zum ausgefallenen Endspurt, über die Aschenbahngerade ins Ziel. 973 Meter und 3:38, hat der uncharmante, weltraumgesteuerte Kontrolljunkie meines Handgelenks, für den nicht notariell beglaubigten letzten Zehnerkilometer ermittelt.
Puh, ziemlich groggy stehe ich nun im Ziel und muss meinem Sauerstoffhaushalt erst mal etwas Aktiva gönnen, bevor ich neue Mittel in Form mehrerer Becher heißen Tees zuführe. Dann heißt es die wärmende Jacke zu holen und auf die anderen zu warten. Nicht allzu lang, dann ruft die wohlverdiente heiße Dusche in der Sporthalle. Fazit: Mit 42:12 bin ich 20 Sekunden unter der letztjährigen Marke geblieben. Bei fast identisch schnelle Runden mit 21:04 und 21:07 Minuten. Soweit die nackten Zahlen. Eigentlich kann ich zufrieden sein. Insgesamt wird mir aber mal wieder klar, dass es auch für einen flachen Lauf alles braucht um die fehlende Zeit für eine SUB 40 einzusparen. Die Trainingsbaustelle Tempotraining hat noch einiges an Nachbesserungsarbeiten nötig vor der erfolgreichen Übergabe. Hmm? Warum muss ich bei Übergabe

Frisch geduscht und wohlgelaunt betrete ich die überfülle Turnhalle und freue mich auf die vielen interessanten Gespräche die auf mich warten. Von Bergkameraden die den Engadiner Skimarathon 2013 hinter sich haben, bereits einen Spendenlauf über 320 km in 5 Tagen in Serbien absolviert, und den Trans Alpin Run vor sich. Die Siegerehrung vom Vereinsvorsitzenden Wolfgang ist mal wieder launig und trotz der Länge kurzweilig. Es werden halt außer den Gesamtsiegern auch die ersten 3 jeder Altersklasse geehrt bevor wir dran kommen. Ja, last - but not least, darf unser ganzer Haufen auf die Bühne und den Pokal in Form einer Marzipan-Sahnetorte in Empfang nehmen. Leider ist dieser Pokal nur ein Wanderpokal. Denn er wandert alsbald in unsere Mägen. Ist ja auch die optimale Regenerationsnahrung an so einem winterlichen Frühlingswochenende. Weil es draußen munter heftig weiter schneit merken wir gar nicht wie sich nach und nach die Halle leert und nur noch wir den wohlverdienten Feierabend der vielen tollen Helfer blockieren. Um uns loszuwerden werden uns als Bestechung noch ein paar nicht verloste Dackelgaragen untergejubelt. In der Hoffnung, dass diese bis zum nächsten Winter in der heimischen Schublade versauern können - machen wir uns mit der reichen Beute und vollgefressenen Bäuchen - notgedrungen auf den Heimweg. Einmal endet auch der schönste Nachmittag. Aber, nach dem Lauf ist bekanntlich vor dem Lauf oder kurz und prägnant: Same Time, Next Year.
Grüssle Klaus