
Es heißt zwar immer beim ersten Marathn sollte man sich Ankommen als Ziel setzen, aber ganz ohne Zielzeit geht es natürlich trotzdem nicht. Mit aktuellen Bestzeiten von 43:39 auf 10 km und 1:43:25 im Halbmarathon sollten eigendlich 3:30 möglich sein. Da ich aber meine Schwäche bei langen Distanzen kenne und man als Erstling ja sowieso 15 min drauf schlagen soll, gab es für mich 2 Optionen. Entweder Pace von 5:30, weil sich das so schön rechnen läßt oder an die 3:45 Hasen ranhängen, was zwar etwas schneller ist, aber das Denken dann völlig erspart.

Gutes Zureden meiner Laufkollegen und ein gutes Gefühl am Marathontag haben dann doch für Denkfaulheit gesorgt und ich stellte mich hinter die beiden 3:45 Zugläuferinnen auf.

10 Uhr 10, 2. Startblock und los. Mir war ja klar, daß es am Anfang dichtes Gedränge wird, aber beim Marathon ist das ja nochmal schlimmer als beim Stadtlauf. Wenigstens laufen alle das gleiche Tempo. Die meißten in meiner Umgebung konzentrieren sich auf die Zugläuferinnen.

Und so trotten wir los. Die Elisabethstraße zieht sich und ich denke mir, wenn wir nachher zurückkommen wird das wohl noch schlimmer werden. Aber auch dieses Stück hat ein Ende und rauf auf die Leopoldstraße, wo uns die schnelleren schon entgegenkommen. Das motiviert schon.
Die Zeit vergeht und ich bin erstaunt, wieviele nach den ersten paar km im Englischen Garten schon in die Büsche müssen...
Bei km 10 gibt es einen dumpfen Knall und wir haben nur noch einen Hasen mit Luftballon. Wer hängt hier auch die Äste so schief?

Und so geht es locker weiter. Bei km 16-17, merke ich, daß dies doch kein lockerer Spaziergang ist und ich schon was tun muß um das Tempo zu halten. Hatte mich schon gefragt, wann das Gefühl eintritt. Konnte ja nicht bis zum Ende so weiter gehen. Beim Halbmarathon stehen Massen an Läufer an der Strecke und feuern uns an. Die haben das noch vor sich, was ich gerade hinter mir habe. Die Gute Stimmung gibt noch einmal ordentlichen Schub.

Aber die Müdigkeit macht sich bemerkbar, der Abstand zu den Zugläuferinnen ist größer geworden und bei km 25 merke ich, daß ich diese Lücke auch nicht mehr schließen werde. Spätestens als die Strecke am Leuchtenringberg kurz nach den zugläuferinnen geschlossen wird um einen Löschzug der Feuerwehr durch zu lassen, war klar, die sind jetzt weg...
Also keine 3:45, aber 3:50-3:55 sind immer noch drin. Ich verlangsame die Pace auf 5:30, fühlt sich auch gleich besser an und der 3:45 Ballon bleibt immerhin bis kurz vorm Deuschen Museeum in Sichtweite.

Jetzt sind 30 km gelaufen und es geht in die Innenstadt, und ich freue mich auf den Jubel an der Strecke. Kann ich gut gebrauchen, weil ich bin inzwischen echt erschöpft und bei dem Tempo noch knapp eine Stunde zu laufen.

Ab hier wird meine Erinnerung allerdings etwas Bruchstückhaft. An den Gärtnerplatz mit Musikband kann ich mich gut erinnern, auch daß ich zwei mal über den Marienplatz gelaufen bin, wo teilweise die Läufer mit Namen angekündigt wurden. Daß ich aber dazwischen am Rindermarkt vorbei gelaufen bin oder anschließend am Odeonsplatz, nun gut mein Garmin sagt ja...

Pace ist mittlerweile bei 6:00 und haben mich die Läufer, die anfangs in die Büsche sprangen, noch belustigt, war ich froh über das Dixieklo am Verpflegungsstand Arcisstraße. In der Innenstadt gibt es nun mal keine Büsche zum schnell hinter springen.
So eine Toilettenpause ist natürlich nicht gut für die Motivation. Wenn man schon einemal angehalten hat...Das Gespräch am Karolinenplatz zweier Läufer, daß es ja nu nichts mehr mit 4:00 würde, hat mich auch nicht wirklich aufgemuntert.

Und so kam dann nach langsamen weiter schlurfen beim 36. km die erste Gehpause. Es waren noch nicht mal die Beine, die mich geschafft haben, sondern ich hatte Krämpfe in den Bauchmuskeln. Schon komisch, daß es jetzt erst mal am mangelnden Stabitraining liegt, daß ich meinen ersten Marathon nicht durchlaufe. Neben den Krämpfen schlägt aber auch der Mann mit dem hammer jetzt voll zu. Ich schaffe es immer nur einen halben km am Stück zu laufen und gehe die andere Hälfte. Die ersten Halbmarathonis ziehen an mir vorbei und - Besonders Schmerzhaft - die viel zu gut gelaunten 4:00 Zugläufer.

Auch auf der Ackermannstraße, zurück am Start, werde ich von Gestalten überholt, die echt an meinem Ego kratzen. Erst der Lautsprecherwagen am Spiridon-Louis-Ring mit seinem "Von hier sind es nur noch 1200m das Stadion ist da vorne schon in Sichtweite" läßt mich noch einmal vorwärts rauschen. Ab da wird durchgelaufen. Kurz vorm Marathontor friemel ich meine Flagge mit Münchner Kindl aus dem Shirt und laufe Jubelnd diese Stadionrunde. Dabei rutscht mir zwar mein Brustgurt in Richtung bauch, aber wer braucht schon seinen Puls beim Zieleinlauf.
Medallie umhängen lassen, Verplfegung abgeholt und dem dringen Bedürfnis sich hin zu setzen nachgeben. Ich fühlte mich irgendwie leer aber auch unheimlich stolz. Ich mußte zwar gehen und habe meine Zielzeit verdammt deutlich verfehlt, aber ich habe es geschafft. Ich habe die Marathondistanz bewältigt.
4:15:54

sind es geworden, und auch wenn es deutlich langsamer als 4h ist, ich kann mich nicht wirklich drüber ärgern. Es bleibt auf jeden Fall der Ehrgeiz nochmal einen Marathon ohne Gehpausen und dann sicher auch unter 4 Stunden zu schaffen. Aber das hat noch Zeit....