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Nachtwächterlauf Ottweiler - Fackeln im... nein, nicht Sturm... Regen!

Nachtwächterlauf Ottweiler - Fackeln im... nein, nicht Sturm... Regen!

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Dieser Lauf hat so vieles verdient.. aber nicht, dass er an einem kalten, dauerverregneten Wintertag stattfinden muss.
Ich weiß nicht wie es die letzten Jahre war, aber erneut - es ist meine zweite Teilnahme an dieser Veranstaltung - schüttet es unerbittlich.

Der Lauf sollte bei sternenklarem Nachthimmel stattfinden. Es darf ruhig eisig kalt sein und idealerweise taucht leichter Schneefall die Strecke in winterliches Weiß. Während am Rathausplatz, neben Start und Ziel Menschen in dicken Mänteln und mit Handschuhen und Fellmützen ausgestattet, an die Absperrgitter gelehnt, warme Speisen genießen und die Läufer anfeuern, illuminieren Fackelträger und Standfackel die Strecke und die Anwohner klatschen und jubeln den Teilnehmern des 5- und 10km-Laufes zu.

Stattdessen regnet es seit dem frühen Vormittag. Mit Ausnahme der Läufer/innen, ein paar Helfern und einer Handvoll aufgestellter, immer wieder erlöschender und neu angezündeter Fackeln und dem pulsierenden Blaulicht an den Absperrungen der Strecke, hat sich gefühlt alles Leben in die trockene Abgeschiedenheit seiner Behausungen zurückgezogen.
Die Gefahr sich im Vorbeilaufen an den Fackeln zu verbrennen ist deutlich geringer als in einer der Pfützen auf der Strecke zu ertrinken oder eine neue Tiefseefischart zu entdecken.

Mein ursprünglicher Plan vor einer Woche war mit meiner besseren Hälfe die rund 150km Anfahrt mit einem Shopping-Mittag und einem Weihnachtsmarktbesuch in einem der angrenzenden Städtchen zu verbinden.
Stattdessen stand ich um 13 Uhr noch zuhause und hatte die Tasche eigentlich schon wieder ausgeräumt, denn außer Regen war bis dato auf der Wetterkarte kaum was zu sehen.
Doch dann änderte sich das Radar, dieses kleine trügerische, verlogene Biest und gaukelte vor, dass zum Start das gröbste vorbei sein würde.
So war ich knapp zwei Stunden später auf der Anfahrt nach Ottweiler und mich dünkte bereits, dass der Abend keinen guten Verlauf nehmen würde.

Das Drumherum wieder einwandfrei. Voranmeldung per RaceResult, 10 € Startgeld - Zahlung nur bei Antritt, alles an einem Platz.

Die Strecke ist ein amtlich vermessener Rundkurs der 2- respektive 4-mal zu durchlaufen ist. Start und Ziel sind direkt am Rathausplatz, von wo das Rennen mit einem lauten Donnerschlag vom Turm gestartet wird. Nach 10m geht es nach links auf den Rundkurs und dort wieder direkt nach rechts hinaus aus der beschaulichen Altstadt.
Nach rund 400m gerade aus folgt eine kurze, minimal ansteigende Linkskurve, ein Rechtsknick und nach weiteren rund 100m wieder eine Rechtskurve in deren Anschluss ein kurzes Stück nach oben auf die Illinger Straße führt.
Es geht nach links, etwa 500m geradeaus bis zu einem Wendepunkt und auf der anderen Seite der Straße rund einen Kilometer zurück, mit einem kurzen sanften Anstieg irgendwo im zweiten Drittel und danach abfallend bis zur letzten Kurve.
Rechts bergab laufen wir auf Kopfsteinpflaster die letzten Meter hin zum Rathausplatz und auf Runde 2 (bzw. 3 und 4) und ins Ziel.

Der Lauf hat so großes Potential, doch statt des annähernd romantisch verklärten Flairs das unter optimalen Bedingungen bestehen könnte, erfüllt mich das Ambiente heute mit tiefster Depression. Die Tristesse streift sich über mich wie ein bleierne Vorhang aus Regen und Kälte.
Früher liebte ich Regenrennen, d.h. eigentlich liebe ich sie immer noch, doch mittlerweile vertrage ich keine Kontaktlinsen mehr und muss bei solchem Wetter mit Brille und Schirmmütze laufen. Normal kein Problem, aber heute kam irgendwie alles zusammen.

Während ich in der ersten Runde auf den Wendepunkt zusteuere und die ersten Fackeln zu meiner rechten Auftauchen verliere ich ob des ganzen drumherum den Fokus. Frust macht sich breit. Frust, den langen Weg - wider besseres Wissen - in Kauf genommen zu haben. Frust, dass sich schon die ersten hunderte Meter nicht angefühlt hatten als könnte der Lauf passen. Frust, dass so ein Tag nicht einfach mal wie geplant bei schönem Wetter stattfinden könnte.

Nach dem Wendepunkt mache ich nochmal gezielt Druck, versuche mich zu fokussieren und hoffe so zumindest eine Zeit unter 23 Minuten zu schaffen, doch beim ersten Durchlauf ist diese Hoffnung bereits Geschichte, bei ca. 11:40.
Die zweite Runde wird nicht besser werden. Ich merke einfach, dass heute einfach nicht mehr geht und obwohl ich nicht abschenke, werden es am Ende über 20 Sekunden mehr sein, als Runde 1.
Zu allem Überfluss komme ich auch noch in den Genuß mich vor der letzten Kurve vom Führungsläufer der 10km überrunden lassen zu "dürfen".
Als ich in den Zielkanal gehe springt die Uhr auf 24 Minuten und damit bin ich ca. 1:20 langsamer als bei meiner ersten Teilnahme vor 5 Jahren.

Entsprechend bedient und durchnässt, mache ich mich auf den Weg zum Auto, ziehe mich um und fahre 140km durch strömenden Regen, Aquaplaning inklusive.
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