Hallo fw,
ein Ziel zu haben ist eine tolle Sache. Dafür zu arbeiten und es letztlich zu erreichen schenkt Befriedigung, manchmal sogar Glücksgefühle. Dumm ist nur, wenn man auf dem Weg zum Ziel scheitert. Dann tritt das Gegenteil ein: Enttäuschung.
Ich werde dir nicht sagen, dass du dein Ziel in einem Jahr in London den Marathon zu laufen nicht erreichst. Woher sollte ich das auch wissen. Dafür sage ich dir aber, dass du dafür läuferisch hart arbeiten musst. Willst du? Ok! Aber das ist nicht die einzige Konsequenz: Zusätzlich gehst du ein hohes Verletzungsrisiko ein.
Ich hatte noch nie Angst davor mir anspruchsvolle Ziele zu setzen. Egal, ob es dabei um Vorstellungen ging, die sich im körperlichen oder eher mentalen Bereich bewegten. Aber ich musste lernen meine Möglichkeiten richtig einzuschätzen, damit ich nicht so oft scheitere. Ich wollte mal supergut Schachspielen lernen. Blanker Unfug. Ich erkannte relativ bald, dass mir dazu die wichtigsten Voraussetzungen fehlen. Sich sehr lange, sehr gut konzentrieren und mit einem hervorragenden Gedächtnis viele Züge voraus denken zu können. Das war enttäuschend für mich. Als ich meinen ersten Marathon laufen wollte, war ich schon 47 Jahre alt. Ich wusste nicht, wie man dafür trainert und ob ich dafür geeignet bin, obwohl ich zu diesem Zeitpunkt schon etwa 20 Jahre Läufer war (allerdings ohne je einen Wettkampf bestritten zu haben). Also besorgte ich mir die Information, was man "braucht", um 42 km weit laufen zu können. Ich ging vorsichtig und mit Respekt an diese Strecke heran.
Wenn du dir nicht vorstellen kannst, wie weit 42,195 km sind, dann fahr doch einfach mal mit dem Auto so weit und stelle dir dabei vor, dass du dieselbe Entfernung in einem Jahr laufen willst. Das "fühlt" sich dann nicht so harmlos an, wie die Vorstellung ein paar Stunden durch London zu joggen ...
Und nun die Fakten:
- Derzeit manipulierst du noch an deinem Laufstil herum, weil du in der Vergangenheit orthopädische Probleme hattest. Du weißt nicht, wie sich diese Experimente auswirken werden, das testest du ja erst einmal.
- Du bist in der Lage locker 3,5 km weit zu laufen.
- Ein Marathon ist 42 km lang und fängt richtig erst hinter Km 30 an. Dann sind aber immer noch 12 km zu laufen. Zur Erinnerung: Du läufst derzeit locker 3,5 km.
- Fachleute, die davon etwas verstehen und die verantwortlich mit der Gesundheit anderer Läufer umgehen, empfehlen einen läuferischen Vorlauf von mindestens 1,5 Jahren. Eine Zeit, die man kontinuierlich durchgelaufen sein sollte. Das heißt ohne längere Unterbrechungen, mindestens 2 bis 3 mal pro Woche gelaufen. Diese Zeit sollte genutzt werden, um sich über Unterdistanzen (5, 10 km, HM) an die längere Strecke heran zu arbeiten.
Vielleicht fühlst du dich von meiner Redeweise brüskiert. Deshalb noch einmal: Vielleicht schaffst du das ja. Möglich ist es. Aber es ist risikoreich. Und bei diesem Risiko geht es um nicht weniger als um deine Gesundheit. Vor allem die Gesundheit des Bewegungsapparates. In deinem Alter hat man die Erfahrung, dass alles recht schnell wieder ausheilt. Darum dieser Hinweis: Es gibt Läuferverletzungen, die einem Monate, wenn nicht Jahre nachhängen. Sobald deine Achillessehnen anfangen zu mucken, weil du ihnen in zu kurzer Zeit zu viel zugemutet hast, wirst du damit über längere Zeit leben müssen. Das heilt nicht so schnell ...
Und schließlich auch das noch: Du bist 21. Du hast noch 50 Jahre Zeit um hunderte von Marathons, wo immer auf der Welt, zu laufen. Du hast es nicht nötig ein Risiko einzugehen.
Aber: Halte unbedingt fest an deinem Wunsch einen Marathon zu laufen. Es ist eine tolle Erfahrung durch das Marathontor zu laufen. Immer wieder ... Ich habe es oft erlebt und bin noch immer hungrig darauf.
Ich wünsche dir die richtige Entscheidung und dann Erfolg
Gruß Udo
PS: Ich hab' gelesen, dass dich ein Fori auf unsere
Laufseite hingewiesen hat und dort auf die zu 2/3 fertige Serie "Ein Weg zum Marathon". Vielleicht findest du dort ja noch weitere für dich interessante Hilfen.