
Um 10 vor 8 stehen wir auf der A 59 im Stau vor der Abfahrt Wanheimerort. Was zum Teufel ist mit der Ampel da unten los? Für den Winterlauf hatten die doch extra die Grünphase verlängert, für den Marathon mit noch viel mehr Teilnehmern tun sie's nicht? Irgendwann sind wir durch und finden dann auch rasch einen Parkplatz. Den Start der Handbiker müssten wir schon verpasst haben, aber die Inliner kriegen wir noch mit. Also los mit gezückter Kamera. Am Start die Überraschung, die Handbiker stehen immer noch da. Schwerer Unfall auf der Strecke in Meiderich, die Aufräumarbeiten dauern an. Hoffentlich ist kein Streckenposten verletzt worden!
Den Treff am Zebrashop verpassen wir so, insgesamt verzögert sich alles um eine halbe Stunde. Ich denke nochmal über meine Ziele nach. Platzierung kann ich mir wohl abschminken, da gleichzeitig die Westdeutschen Meisterschaften im HM ausgetragen werden. Für eine Zeit jenseits der 1:30 wird es diesmal wohl keinen AK-Pokal geben. Und die Rheinlandwertung aus der Zeitsumme des Düsseldorf-Marathons und des heutigen Halbmarathons kann ich auch getrost knicken, da mir kurz vor dem Start noch Katja und Angela jeweils mit gelber (HM-)Startnummer über den Weg laufen.
Bleibt nur die Zeit. Sven habe ich versprochen, seine 1:38 um mindestens 8 s zu unterbieten, um ihn für eine weitere Verbesserung seiner PB hinreichend zu motivieren. Das macht denn 4:23 min/km, was mir heute etwas arg ehrgeizig vorkommt. Aber Versuch macht kluch. Ich starte für meine Verhältnisse recht weit vorn, trotzdem ist noch viel Slalom um sehr langsame Läufer erforderlich. KM 1 bei 4:29, aber die Jogger sind größtenteils überholt. Bei KM 3 liege ich voll im Plan, und dann läuft es wieder uhrwerkmäßig: KM 5 eine Sekunde über Soll, KM 10 und 15 jeweils 2 Sekunden drunter. Wer braucht schon einen FR?!

Im tiefen Süden von Duisburg eine Premiere: plötzliche stechende Schmerzen im linken Fuß, meine allererste Blase in einem WK in all den Jahren. In Schuhen, die schon drei problemlose Wettkämpfe verschiedener Länge hinter sich haben und ansonsten kaum getragen sind. In Socken, die ca. 3 Wäschen alt sind und sich perfekt um meine Füße schmiegen. Das ist für einen Logiker eine solche Beleidigung, das wird jetzt kurzerhand ignoriert!

Bei KM 18 spricht mich ein anderer Läufer an: "Mit 1:30, das wird ja wohl heftig knapp!". Ich erkläre ihm, dass ich mit 1:32:xx noch hochzufrieden wäre und sehe bewundernd zu, wie er nochmal Tempo drauf packt und von dannen zieht. Die magische Grenze liegt für mich noch in der Ferne! Aber ein bisschen schneller wird es auf den 3 km wohl doch noch gehen, also los. Für irgendwas müssen die langen Läufe mit den stark verschärften letzten Kilometern doch gut gewesen sein. An die Technik denken! Mit den Armen antreiben, hoch die Haxen, leicht nach vorn beugen, und rauf mit der Schrittfrequenz! Es geht leicht bergauf, und ich werde schneller. KM 20 ohne Blick auf die Uhr. Dann die lange Gerade vor dem Stadioneinlauf, viele nasse Zuschauer auf beiden Seiten, jetzt ist der Sportler moralisch verpflichtet, einen wunderschönen Sprint hinzulegen.
Und so erlebe ich eine weitere Premiere: Mir wird schlecht, aber richtig! Bis heute konnte ich mit dem Begriff "Kotzgrenze" nicht wirklich viel anfangen, nun bin ich schlauer. Tief atmen, schlucken, ein bisschen Tempo raus, aber nicht zu viel. Ins Blickfeld des Moderators: "Hier eine weitere Dame, sie läuft verblüffend locker, scheint sich nicht wirklich angestrengt zu haben."

Der Stadioneinlauf, die letzte Runde, das Ziel. Und die Zeit: 1:32:13, fast 2 Minuten unter meiner bisherigen PB. Das müsste für Sven Motivation genug sein, aber ob ich dann dieses Jahr noch nachlegen kann? Ich wanke zum Verpflegungsstand und treffe dort Esther, die schon wieder unverschämt gut erholt aussieht. Wegen der Masse an Konkurrenz hat es trotz ihrer Superzeit von knapp über 1:30 ebenfalls nicht für einen Pokal gereicht. Nächstes Jahr werden wir beide abräumen!

Die Schlange bei der Massage ist noch kurz, das gönne ich mir dann auch noch. Umso länger ist die Schlange am Köpi-Stand, als ich mich endlich entschließe, mir den mir zustehenden Becher echtes Pils zu holen. Zurück ins Stadion, zusehen wie Kalle und Detlev die 2 h-Grenze erfolgreich unterbieten. Chip humpelt auf der Zielgerade vorbei, das sieht besorgniserregend aus. Bevor ich ihn hinter dem Ziel abfangen kann, ist er schon vom Gedränge verschluckt. Verdammter Mist, ich hatte deinem Knie so die Daumen gedrückt! Meinen Mann verpasse ich mal wieder, was muss der Kerl auch immer in dicken Pulks laufen?! Gar nicht so viel später erscheint auch Freddy, hatte ja auch nur die doppelte Strecke mit 20 Minuten späterem Start.

Alles in allem war es mal wieder eine richtig schöne Veranstaltung, Orga top wie immer, Wetter für die HM-Läufer fast perfekt (kühl, regnerisch, bisschen zu windig), für die Marathoni später allerdings entschieden zu viel Wind. Aber das elendige Aufstehen hat sich jedenfalls gelohnt!
