Huch, kaum mal einen Tag nicht reingeschaut, schon ist hier die Hölle los. Eigentlich dachte ich, dass mein Beitrag nicht falsch verstanden werden könnte, aber irgendwer fühlt sich dann doch immer bepöbelt. Also, liebe TinaS:
" hat geschrieben:Äääh sorry, da geht m.E. was durcheinander. Jemand, der davon redet, einen Marathon in 5:30 gelaufen zu sein, ist in ca. 99 Prozent aller Fälle in einem Alter zum Laufen gekommen, in dem es sowieso außerhalb jeder Diskussion steht, noch in die deutsche oder gar internationale Spitze vorzudringen. Und auch wenn diese Leute nicht laufen können, brauchst du deshalb nicht gleich zu vermuten, dass sie auch nicht denken können: natürlich *weiß* ich, dass das was ich tue nicht das Geringste mit Leistungssport zu tun hat. Das wäre aber auch nicht anders wenn ich in einer Freizeitfußballmannschaft kicken würde (gut, Frauen tun das eher selten...).
Ich senke einmal das Niveau: Nein, *da* geht etwas durcheinander. Ich sage nicht, dass die 5:30h-Läufer lieber versuchen sollten, 2:10h zu laufen. Ich bin selbst "erst" mit 24 zum Laufen gekommen und weiß aus eigener leidvoller Erfahrung, wie sehr einen das als (bestenfalls mittelmäßig talentierter Läufer) bremsen kann. Natürlich wird keine der W50-Muttis oder der M45-Papis irgendeine Quali laufen. Und ich kann' auch nur nochmal wiederholen, dass ich - bei allem Befremden - auch und gerade solcherlei sportliche Betätigung begrüße. Was ich kritisiere ist, dass hierzulande das "Laufen" falsch definiert ist. "Laufen" meint hier etwas anderes, als das was ich (und insgesamt leider: zu wenige) unter "Laufen" verstehe. "Laufen" heißt hier die 60-Minuten-Schallmauer für 10km zu durchbrechen - heißt "endlich den Marathon zu finishen". Und *das* macht es uncool. Deshalb kann die Jugend wenig mit dem Sport anfangen. Ich meine, dass wenn sich die Jogger-Szene nicht so sehr von der eigentlichen Sportart abkoppeln würde, sondern - wie beim Fußball - sich auch die Volksläufer für Weltstars und den Sport als solchen interessieren würden, dann würde es beim Laufen auch eine Ebene geben, die junge Talente anzieht. Momentan gibt es Laufen als in "Laufen als Leistungssport" und "Laufen als Volkssport" und beides verbindet (außer der Bewegung) fast nichts. Wer Fußball hört, denkt an Messi und Ronaldo, wer Laufen hört, denkt (häufig zumindest) an die 5:30h-Jogger.
" hat geschrieben:
Nur weil ich weiß wer Carsten Schlangen ist oder gar den deutschen Rekord in meiner Altersklasse kenne (ich kenn ihn nicht, könnte aber nachschauen...), laufe ich keinen Deut schneller, genausowenig wie ich irgendwie besser Fußball spiele, nur weil ich weiß, wer Özil ist.
Vielleicht - ich kenne Dich nicht - in Deinem Fall richtig. Insgesamt betrachtet, trifft das aber genau den Punkt: Weil sich höchstens 5% derer, die sich als Läufer bezeichnen, überhaupt nur für Casten Schlangen oder den deutschen Rekord auf der Lieblingsdistanz interessiert, finden sich nicht genug, die früh auf hohem Niveau für's Laufen zu begeistern sind. Jeder 11jährige Fußballer träumt davon, mal deutscher Meister zu werden. Kaum jemand aber tritt in einen Leichtathletikverein ein, um deutscher Meister zu werden oder um sich mal für einen internationalen WK qualifizieren will (und tut das auch nicht aus anderen Gründen sondern tut's gar nicht). Warum? Weil die Idole und jeder Ansporn fehlen. Der Leichtathletiknachwuchs in Hamburg, der ist schon voll drin: Der Landesverband organisiert (quasi kostenfreie) Fahrten zum ISTAF und zur DM. Da haben wir uns bei Rudishas erstem WR die Seele aus dem Leib gebrüllt und die Mädels haben sich mit knallrotem Kopf mit Ariane Friedrich fotografieren lassen. Problem: Von denen brauchen wir niemanden mehr zu gewinnen - die sind schon längst mit Leib und Seele dabei, wenn die schon freiwillig zu sowas mitfahren. Die regionalen und die Landesmeisterschaften sind doch viel wichtiger: Damit erreicht man viel mehr Leute. Wenn man Leute in nen LA-Verein locken könnte, sie zu den LM mitnehmen würde und da einen fetten, gut organisierten WK mit Beteiligung, Spannung und Action präsentieren könnte, dann könnte man mal sagen: Trainier ein Jahr fleißig bei uns, dann darfst Du nächstes Jahr auch. Wenn aber gerade in Hamburg Landesmeisterschaften sind, weiß da (obwohl es noch verhältnismäßig ansprechend gemacht ist, im Vergleich zu einigen NDM-Veranstaltungen) außer den Teilnehmern (und vielleicht deren "Fans" aus dem Familienumfeld) niemand von. Wenn sich aber die restliche sog. "Laufszene" dafür interessieren würde und den Nachwuchs da mit hinschleppt, könnte man vielleicht auch von denen mal welche begeistern. Stattdessen sitzen die vor der Glotze und gucken mit SKY-Abo von Marathon-Mama-und-Papa Fußball Bundesliga.
" hat geschrieben:Na toll, und was passiert, wenn offensichtlich nicht Hochbegabte trotzdem ehrgeizig sind, weil sie der Meinung sind, dass man die Dinge, die man tut, wenigstens so gut wie möglich machen sollte? Sie werden doch erst recht dumm angemacht, wie du gerade sehr schön demonstrierst.
Der Reihe nach: Die nicht "offensichtlich Hochbegabten" sind mit bei entsprechendem Ehrgeiz und Trainingsfleiß zur Zeit außerordentlich erfolgreich, weil das Niveau aktuell insgesamt so mies ist. Ich gebe eine prima Beispiel ab: Fleißig und nicht sonderlich begabt und in Hamburg trotzdem nicht unbedingt immer nur *ganz* hinten. Allen anderen tut die Wahrheit weh: Es gibt auch einfach ganz viele, die eben nicht genug Ehrgeiz haben. Weißt Du, wie viele mir von ihren Riesenlaufplänen erzählen und trotzdem jede Ausrede zählen lassen, damit das Training ausfällt? Die allermeisten normalgewichtigen Menschen unter 40 sind bei entsprechendem Aufwand durchaus in der Lage, Zeiten zu laufen, die im Bundesland halbwegs konkurrenzfähig sind (nicht unbedingt für die ersten drei Plätze, aber letzter wird man nicht).
" hat geschrieben:
Vielleicht kannst du dir ja nicht vorstellen, wieviel Arbeit für manchen dahinter steckt. sich von 4:30 auf 4:00 zu verbessern (meinst du eigentlich die Marathonzeit oder die Minuten pro km? Aber im Prinzip ist das auch noch egal).
Mehr als Du denkst. Mein erster Marathon hat 4:16h gedauert (kann mich auch täuschen und es war noch länger). Und bevor Du jetzt die unsportlichen, übergewichtigen Leuten mittleren Alters anführst, die sich von 4:30 auf 4:00 steigern: Natürlich kostet das viel Arbeit und viel Anstrengung und da habe ich allen Respekt vor. Die werden natürlich nie 2:10h laufen (vermutlich auch nicht 3h und manche auch nie 3:30h oder 4h). Aber wenn ein Mittdreißiger sich auf 4h steigert und dafür (uaaaahhh) jetzt mal vier statt drei Mal in der Woche laufen musste, dann weigere ich mich, das als harte Arbeit anzuerkennen. "Hart" fängt frühestens da an, wo lauffreie Tage in der Woche die Ausnahme sind und zehn Einheiten in der Woche die Regel.
" hat geschrieben:Und genau das zeigt für mich, dass es eben *doch* erstmal darum geht, Talente zu finden. Und die muss man dann auch noch zum arbeiten kriegen. Aber ohne Talent geht gar nix.
Jetzt bin ich schon fast wieder bei Dir. Talente finden! Aber nicht, indem jeder behauptet, er sei Läufer, wenn er sich 5 1/2h auf den Beinen hält und nebenbei etwas fortbewegt. Und auch auch *ohne* Talent (Talent ungleich Idealgewicht und junges Alter) geht immer noch einiges - wenn man's denn will.