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Wenn jemand zu laufen beginnt - dabei spielt der Grund, warum er das tut - überhaupt keine Rolle - dann tut er das auf der Basis seiner gegenwärtigen und sehr persönlichen Bedingungen. Und die unterscheiden sich von Mensch zu Mensch durchaus gewaltig. Schon deshalb stehe ich Empfehlungen, die über einen Kamm scheren - egal ob sie aus Büchern oder von anderen so genannten Experten stammen - sehr kritisch gegenüber. Die wesentlichen Faktoren deiner Startbasis sind:
1. Dein Bewegungsapparat weist keinerlei Gewöhnung an das Laufen auf.
2. Dein Energiestoffwechsel ist auf den Erwerb von Ausdauer durch Fußball und MB seit Jahren trainiert.
3. Du hast erhebliches Übergewicht (wär's nicht erheblich, würdest du nicht laufen wollen).
Letzteres stellt einen zusätzlichen Risikofaktor dar, weil dadurch die Belastung deines gem. 1 noch unangepassten Fortbewegungsmechanismus deutlich höher ist. Bei jedem Schritt wirken hohe Kräfte auf Gelenke, Sehnen und Bänder. Die Schmerzen durch Muskelkater (= Überlastung) und in der Wade solltest du als klare Warnung deines Körpers verstehen: SO nicht!
Laufeinsteigern wird empfohlen dreimal pro Woche mit langsamem Tempo zu laufen und zwischen den Lauftrainingstagen mindestens einen Ruhetag einzuhalten. Um die Ausdauer und bei dir vor allem den Bewegungsapparat zu entwickeln, steigerst du dein Laufpensum von Woche zu Woche. Dabei sollte von einer Woche zur nächsten das Gesamtlaufpensum um weniger als 10 % erhöht werden. Beispiel:
Wochenleistung in Startwoche: Di: 25 min / Do: 30 min / Sa: 35 min = 90 min gesamt
10 % davon = 9 min, also bleibst du mit einer Steigerung von 5 min zur nächsten Woche wie gewünscht unter der Marke. Mögliche nächste Wochenleistung:
Wochenleistung in Startwoche +1: Di: 30 min / Do: 30 min / Sa: 35 min = 95 min gesamt
Auf diese Weise wirst du relativ rasch und schonend längere Laufzeiten/-strecken erreichen. Zur Sicherheit (damit der Körper durch volle Regeneration nachziehen kann) solltest du in jeder 4. Woche ein um etwa ein Viertel bis ein Drittel reduziertes Pensum laufen.
Den unter 2 aufgezählten Umstand solltest du erstens als Riesenvorteil begreifen, weil er dir hilft Ausdauer schneller und mit weniger Mühen aufzubauen, als Nichtsportler das könnten. Zugleich solltest du ihn aber auch als ständige BEDROHUNG sehen, weil er dich verleiten möchte schneller zu steigern, als der lauf-untrainierte Bewegungsapparat das verkraften könnte. Natürlich KÖNNTE es sein, dass du schnelles Steigern mittelfristig schadlos verkraftest, weil du - genetisch bedingt - über einen besonders robusten Körper verfügst. Entscheidend aber ist, dass du das nicht weißt. Genauso gut könntest du zu jener Gruppe von Menschen gehören, die eher anfällig ist.
Bis zum Erreichen einer Ausdauergrundlage - das ist geschafft, wenn du etwa eine Stunde - ohne Unterbrechung und problemlos laufen kannst, solltest du nur langsam laufen. Langsames Laufen bildet die Grundlage für alle weiteren Trainingsarten, also zum Beispiel auch für schnelleren Dauerlauf.
Mit dem Abnehmen hat das gar nichts zu tun. Dass man langsam laufen muss, um möglichst rasch abzunehmen, ist völliger Unsinn. Mit dieser unseligen Mär wurden dann irritierende Begriffe verbunden wie der "Fettverbrennungspuls". Das ist noch übler. In der Tat basiert der Energiestoffwechsel bei langsamem Lauftempo überwiegend auf der Umsetzung vorhandener Fettsäuren im Körper. Das ist ein Umstand, den Marathonis und Ultras bei der Gestaltung ihres Trainings berücksichtigen müssen. Mit dem Abnehmen hat das gar nichts zu tun. Ob du abnimmst hängt von deiner Energiebilanz ab: Wer mehr verbraucht als er zu sich nimmt, der verliert Gewicht. So einfach ist das. Und nebenbei: Wer schneller läuft, verbraucht dabei mehr Kalorien, als wenn er dieselbe Strecke langsam absolviert. Schon dieser Umstand entlarvt oben dargestellte Aussagen als Unsinn.
Dummerweise sollen Einsteiger aber nicht schnell bzw. schneller laufen, sondern langsam. Daher wird Lauftraining zur Gewichtsreduktion erst wirklich interessant, wenn man eine Ausdauergrundlage erworben hat und auch Trainingsläufe mit Tempo einstreuen kann. Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass man auch über langsames Laufen viel für die Gewichtsreduzierung tun kann und zwar über folgenden Zusammenhang: Wer langsam läuft, kann lange laufen. Auch weit über 10 km hinaus. Dabei verbraucht er zwar pro Zeiteinheit weniger Kcal als wenn er schnell läuft, aber dafür hält er lange durch. Nur ist auch das eine Option, die dem Einsteiger verwehrt bleibt, weil er sich erst über Wochen und Monate in eine Verfassung bringen muss, die solche langen Läufe erlaubt.
Sehr lange wie auch schnelle, kürzere Läufe belasten den Energiestoffwechsel immens. Dadurch kommt es zu einem weiteren Effekt, der Gewichtsabbau unterstützt. Das ist der so genannte "Nachbrenneffekt". Er wirkt dergestalt, dass weiter Kcal verbrannt werden, wenn der Sportler nach der Trainingseinheit schon längst wieder auf dem Sofa sitzt. Der Nachbrenneffekt hält mehrere Stunden an und kann bis zu 15% Kcal zusätzlich verbrauchen (bezogen auf den Kcal-Verbrauch während der Trainingseinheit). Wie viel das ist und wie lange der Nachbrenneffekt anhält, hängt davon ab, wie hart die Trainingseinheit war. Und wenn du "hart" liest, dann ist klar: Auch das ist für Laufeinsteiger Zukunftsmusik, weil sie ihren Bewegungsapparat in der ersten Zeit nicht dermaßen belasten bzw. überlasten dürfen.
Abnehmen erfordert im übrigen eine Lebensumstellung. Das Verhalten gilt es zu unterlassen, das zu den Pfunden geführt hat. Sport (hier: Laufen) kann dabei unterstützen. Mehr nicht. Sport in jeglicher Form führt zu einer Aktivierung und Stärkung der Arbeitsmuskulatur. Dadurch steigt der Grundumsatz, den der Körper jeden Tag braucht, um ohne zusätzliche Belastungen durch Sport über die Runden zu kommen. Die Krux dieser Tatsache ist: Nur wer trainiert hat auch einen höheren Grundumsatz. Wer wieder damit aufhört braucht auch weniger. Häufig macht sich dieser Umstand durch eine rasche Gewichstsabnahme um ein paar Kilo bemerkbar, die dann stagniert. Und wenn der enttäuschte Läufer dann wieder aufhört, hat er die Kilos schneller wieder drauf als er sie runtergerannt hat.
Ich wünsche dir Erfolg auf deinem Weg zum Läufer! Aber eigentlich willst du ja gar kein Läufer werden. Egal. Mach's gut
Gruß Udo