Es war in der Grundschule in unserem kleinen Kaff. Einen "richtigen" Sportunterricht gab es eigentlich garnicht. Meistens fiel er aus, warum weiß ich bis heute nicht. Seltsam. Wenn da nicht jeden Nachmittag dieser tiefe, unüberwindliche, innere Drang gewesen wäre den Ranzen in die Ecke zu donnern und schnellstens auf den Sportplatz zu gehen um Fußball zu spielen bis die Sonne hinter den Taunushügeln versinkt (wegen nicht gemachter Hausaufgaben sehr zu Lasten meiner Noten), hätte ich an diese Zeit wahrscheinlich schlechte Erinnerungen in Sachen Sport.
Ein paar Jährchen später in der hessischen Landeshauptstadt kämpfte ich dann mehr oder weniger erfolgreich auf dem humanistischen Gymnasium (wie kamen meine Eltern nur auf diese tolle Idee?) mit Latein und vor allem Biologie. Sport allerdings fand hier regelmäßig statt. Ja, eigentlich wurde er sehr deutsch, fast preußisch zelebriert. Es kam beim Turnen auf die exakten Bewegungen an. Zum Sportplatz bzw zur Halle wurde selbstverständlich in ordentlichen Zweierreihen marschiert. Das einzig Schöne war, dass wir mit den Mädels gemeinsam Sport hatten. Hach war das schön....weil....da waren ja Sanna und Wiebke (ja die hieß so)

ääähhh zurück zum Thema....
Der Sport dieser Zeit teilte sich für mich eigentlich in zwei Welten. Die eine gezwungene, ernste Muss-Sport-Welt, die mir eigentlich nie richtig Spaß machte außer äääh siehe oben. Und die andere Spaß-Sport-Welt die für mich aus dem nachmittäglichen Fußballspielen bestand. Ich glaube bis zu diesem Zeitpunkt war ich der Meinung, dass ernsthaft betriebener Sport (also unter Anleitung mit dem Ziel die Leistung zu verbessern) nicht auch gleichzeitig Spaß machen kann.
Und dann war ich plötzlich irgendwann bei der Bundeswehr (2 Jahre lang). Scheiss-Sportunterricht. Die wollten doch tatsächlich, dass ICH 5000m laufe.



Ein halbes Jahr später wurde ich dann zu einem Lehrgang in die "Fernmeldeschule des Heeres" am Starnberger See geschickt. Ein ganzes Quartal lang. Und das war dann diese erinnerungswürdige Sportdoppelstunde. Ein neuer, junger, netter Oberleutnant mit frischem Sportdiplom meinte wir würden jetzt in der ersten Stunde die wir gemeinsam hätten nix besonderes machen - nur ein wenig Gymnastik - quasi als Vorbereitung für die nächsten Wochen. Dieses Schlitzohr. Er machte Musik an. Es war die Musik der damaligen Zeit: Santana, Uriah Heep, Nazareth, Pink Floyd. Ja! Wir machten mit sehr sehr viel Spaß, viel Lachen und eben ganz locker - Gymnastik. 2 Stunden lang. Es war toll! Bis zum nächsten Morgen. Ich werde nie das Gefühl vergessen, als ich aus dem Bett jumpen wollte. Glaubt es oder glaubt es nicht - von den Fingerspitzen (wirklich) bis zu den Fußzehen tat mir jeder Muskel weh. Und nicht nur mir. Praktisch jedem, außer 2 Mann die wirklich durchtrainiert waren. Nun - Laufen konnte ich deshalb immer noch nicht

Nun, ich will Euch meine "Tenniskarierre" ersparen. Denn darüber könnte ich mit allen Hochs und Tiefs ein kleines und bestimmt interessantes Büchlein schreiben. Laufen jedenfalls, also längere Strecken laufen - nee das konnte ich immer noch nicht. Sprinten zum Netzt um den gemeinen Stop noch zu erwischen, spurten zum Netz weil der erste Aufschlag den Gegener so schöööön weit nach außen gelockt hatte, ja das ging - aber Laufen? Neeee!

Zwischendurch kam eine Trimmpfad-Zeit. Was für eine Qual für mich. Weil - ich kann ja nicht laufen

Nun im reifen Alter muss man natürlich auch was tun. Also fix im Fitnessstudio angemeldet. Und jahrelang trainiert und gedehnt und sauniert usw. Macht Spaß. Auch auf dem Fahrrad oder Crosstrainer. Aber Laufen? Nee laufen kann ich nicht.

Dann zwischen zwei meetings in der Firma... Ich unterhalte mich mit meinem Lieblingsmitarbeiter (10 Jahre jünger als ich) über's Fitnessstudio. Er erzählt vom Laufen. Ich sage "Laufen? Nee kann ich nicht!"



Kurzum im Studio auf's Laufband und ich hab gemerkt wie unendlich schwer es mir gefallen ist langsam zu laufen. Aber ich bin gelaufen. 5km, 10 km. ICH BIN GELAUFEN! ICH!

Tja und nun tue ich's seit etwas mehr als einer Woche draußen - und es macht sooolchen Spaß. Ich kanns garnicht beschreiben. Ist es sehr peinlich, wenn ich Euch sage, dass mir altem Sack ein paar Tränen übers Gesicht kullerten als ich zum allerersten Mal die 5km im Wald durchgelaufen bin, dass ich vor Glück hätte schreien können? Übertrieben? Bei mir war es so!
Und die Moral von der Geschicht: Traue Deinem Sportlehrer nicht. Vielleicht gilt das heute nicht mehr so. Vielleicht hab ich einfach nur Pech gehabt. Vielleicht hab ich selbst zu wenig drüber nachgedacht weil ich ja immer meine Ersatzsportarten hatte. Aber dennoch meine ich, dass es eine Schande ist, dass dieser kleine, fast beiläufige banale Hinweis meines Lieblings MA nicht von jemandem kam, dessen job das eigentlich war!
So, nun hab ich Euch genug bequatscht. Ein schönes WE und viel Spaß beim Laufen. (Ich werd ihn haben)
Viele Grüße
Thomas